Mark Wallington – Der Mann auf dem Fahrrad

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    Inhalt: Clive Peacock, 52, ist leidenschaftlicher Briefträger und Radfahrer. Kein Wunder, daß es ihn hart trifft, nach 35 Dienstjahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt zu werden, überflüssig gemacht von einer Sortiermaschine, seinen schlechten Augen und dem deshalb fehlenden Führerschein. Unfähig, sich ein Leben ohne das Zustellen von Briefen ausmalen zu können, bringt er von seiner letzten Tour die Briefe aus dem von ihm zu leerenden Briefkasten nicht ins Verteilzentrum, sondern radelt einfach los, um sie persönlich zu überbringen – die Marken entwertet mit seinem Kugelschreiber und seinen Initialen. Von seiner Heimat in Dorset aus fährt er durch ganz England und bis Schottland hoch und wieder nach London hinunter. Natürlich erregt der Fall des „verschwundenen Briefträgers“ bald auch die Aufmerksamkeit der Medien, die im Sommerloch nichts besseres zu berichten haben. Aber Clive ist ihnen meist eine Nasenlänge voraus. Und während er unterwegs durchaus auch auf viele nette Menschen trifft, die ihm weiterhelfen, und auf solche, die ihren eigenen Protest gegen „die Umstände“ in ihn bzw. seine Aktion hineinprojizieren, geht zu Hause einiges durcheinander. Clives Frau gestaltet das ganze Haus im Gammellook um, und der Nachbar von der Polizei, der mit Clives Fall betraut ist, leidet unter dem Medieninteresse, einem schikanösen Vorgesetzten und seinem eigenen, unergiebigen Leben.



    Meine Meinung: Das klingt jetzt vielleicht so, als würden hier Selbstfindung oder (pseudo-)psychologische Analysen betrieben: Weit gefehlt! Auf dem Cover steht „Heiterer Roman“, was nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig ist. Clive ist eigentlich ein rechter Durchschnittstyp, in nichts auffällig – bis er die Briefe klaut und losradelt. Seine Erlebnisse unterwegs sind meist nicht einmal spektakulär (abgesehen vielleicht von der Verwechslung mit einem Wilderer und dem Zusammentreffen mit einer Fernsehbekanntheit), laden dafür manches Mal zum Schmunzeln ein, aber insgesamt durchzieht die Geschichte eher ein Hauch von Melancholie. Clive trauert seinem Briefträgerdasein nach, und ein bißchen trauert er wohl auch dem Leben nach, das er vielleicht hätte führen können, oder dem Typ, der er hätte sein können. Seine Verwandlung ist für den Leser fast unmerklich und bezieht sich zunächst vor allem auf das Äußere, aber als er schließlich in London angekommen ist, spürt man, daß dieser Sommer ihn auch innerlich verändert hat. Er ist nicht mehr derselbe Mensch, der Wochen zuvor aufgebrochen ist. Und so bleibt eigentlich nur die Frage, ob er sich denn in dieses teils neue (ohne den Beruf), teils alte (mit seiner Frau und in seinem Haus und Garten) Leben hineinfinden kann. Eine Frage, die am Ende nicht nur für ihn, sondern auch für den Polizisten beantwortet wird.


    Das ganze kommt dabei sprachlich leicht daher, es rollt dahin, wie Clives Fahrrad mit gut aufgepumpten Reifen auf der Straße. Die Protagonisten Clive, seine Frau Christine und der Polizist Pitman sind gut gezeichnet, die beiden letzteren vielleicht ein bißchen überzeichnet, aber nicht übertrieben. Ansonsten gibt es ein Sammelsurium skurriler Charaktere, wie man das von einer englischen Geschichte auch erwarten darf :zwinker: Alles in allem nette Unterhaltung für zwischendurch, auch wenn man zwischendurch versucht sein kann, sich selbst in der „Tretmühle“ wiederzuerkennen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen