Victor Hugo - Der Glöckner von Notre-Dame

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  • sandhofer
    Danke. Ich habe mich nämlich schon gefragt wie das Buch eigentlich im Original heißt. Nur steht dies in meiner Ausgabe nicht drin.
    Von daher ergeben ja auch einige Dinge einen ganz anderen Sinn.


  • Ich weiß gar nicht, wie weit ich bin - Buch ist nicht in Reichweite - aber ich habe gerade Trillerblümchens Geschichte gelesen und nun drängt sich mir der Verdacht auf, dass das kleine geraubte Mädchen unsere Esmeralda ist. Schlimm, wie sehr sich manche Menschen in ihr Leid ergehen können. Mich wundert, dass Trillerblümchen sich nicht schon längst freiwillig aus dem Leben verabschiedet hat. Wenn ich mich jetzt an Hugos Stelle versetzen würde, käme mir ein spätes Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter in den Sinn. Warum sonst eine arme Seele so lange leiden lassen?


    Grüße
    Doris


    " Die Geschichte eines Schmantkuchens" fand ich auch sehr traurig. Das Trillerblümchen vermisst ihr Kind so sehr und gleichzeitig hasst sie es. Aber nur weil sie nicht weiß das das Zigeunermädchen Esmeralda ihr Kind ist. Würde sie es immer noch lieben wenn sie es wüsste?

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


  • Hallo zusammen,


    Ich habe jetzt das 7. Buch gelesen


    Wie furchtbar. :entsetzt: Ich habe ja die ganze Zeit auf das gewartet, was Schlimmes passieren wird. Ich bin so wütend und traurig darüber, wie die arme Esmeralda in diese Falle ging. Und wie genau diese geplant wurde. :grmpf:


    Ihre Verführung durch den Hauptmann war ja schon schlimm. Ihre Unschuld und Naivität tut richtig weh, man möchte sie am liebsten irgendwie aus diesem Zimmer schaffen, damit sie sich nicht ihr Herz brechen lassen kann von diesem Widerling. Aber die größere Gefahr lauerte ja zudem noch im Hintergrund.



    Mir war schon ganz unwohl, als Frollo mit diesem furchtbaren Blick von Notre Dame herunter auf den Platz und dort genau auf Esmaralda stierte. Das hatte schon was Bedrohliches und da bekam ich schon richtig Angst um die kleine Zigeunerin. Und in der Zelle wurde dann Frollos Besessenheit richtig deutlich. Seine Selbstgespräche, das Einritzen des Wortes und dann sein Ausbruch wegen der Spinne und ihrer Fliege im Netz, waren einfach beängstigend. So ein wahnsinniger Kerl! Aber erschüttert hat mich dann Jeans Langeweile in seinem Versteck, nachdem ich total erschrocken über die Entwicklung im Zimmer war und mir große Sorgen um Esmeralda machte. Da ist ja alles abgeperlt! Das war ein richtiger Kontrast zu der bei mir erzeugten Stimmung bzw. Befürchtung beim Lesen und dieses Desinteresse verstärkte das beängstigende Gefühl irgendwie.


    Ja, und Quasimodo konnte auch nicht mehr seiner normalen Tätigkeit nachgehen, wenn er Esmeralda sah. Was so ein Mädchen nur durch ihre bloße Anwesenheit bewirken kann. Ich bin gespannt, wie es mit ihm jetzt nach dem Verbrechen weitergeht. Wenn er sich mit der gleichen Kraft in Esmeralda verliebt hat wie vorher im Abschnitt in seine Glocken, wird seine Reaktion wohl heftig werden...


    Traurig finde ich auch, dass Trillerblümchen ausgerechnet immer Esmeralda verfluchte, wenn sie an ihr vorbeikam. Ob sie wohl noch die Wahrheit über sie erfahren wird?


    Hier ist jetzt jedenfalls ein Punkt erreicht, an dem ich gefühlsmäßig am liebsten nicht mehr weiterlesen möchte, weil es so traurig ist und bestimmt nicht besser wird. Natürlich lese ich weiter aber, oh je…

  • 7. Buch:
    Ich habe diesen Abschnitt heute Nachmittag gelesen und bin auch einigermassen schockiert, vor allem über Esmeraldas Verhalten.


    Wie ich schon schrieb: Im Beschreiben von Unglück und Elend ist Hugo wirklich ein Meister, das zeigen diese letzten Szenen des siebten Buches wieder mal ganz deutlich.


    Und Frollo junior ist genau die Sorte Mensch, die ich am wenigsten leiden mag. Ein ewig jammernder Nichtsnutz, der nur das eigene Vergnügen im Sinn hat.
    Als Frollo senior wäre ich bestimmt nicht so ruhig geblieben, als der Junior frohlockend durch die Gassen zog und über den älteren Bruder herzog. Das kam dem Senior wohl seine eiserne Disziplin zugute - schliesslich hatte er ja einen wichtigeren Plan zu verfolgen als dem Bruder die Kappe zu waschen.


    Na, das wird noch viel Aufruhr geben in der zweiten Hälfte des Buches...

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Hallo Ihr Lieben,


    bin leider die letzten Tage nicht so weit gekommen, habe jetzt erst Kapitel 1 von Band 3 beendet, die Beschreibung von "Notre-Dame". Ich finde es ganz faszinierend, was Hugo an der Kirche alles aufgefallen ist und worüber er sich Gedanken macht (z.B. dass die Pfeiler eine andere Bogenart tragen müssen und es so aussieht, als wäre das Gewicht des Bogens zu schwer für die Pfeiler...)! Sehr faszinierend.


    Jetzt widme ich mich dann heute der Beschreibung von Paris, nachdem ihr euch schon alle so "begeistert" angehört habt, bin ich ja jetzt echt neugierig! :breitgrins:


    Ich glaube man muss das Buch wirklich unter dem Gesichtspunkt lesen, dass Hugo wohl "Notre-Dame" damit ein Denkmal schreiben wollte. Nur später wurde dann der Glöckner mehr hervor gehoben, als die Kirche, was vllt. gar nicht so im Interesse von Victor Hugo gewesen wäre? :zwinker:


    Liebe Grüße
    Tammy

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Wie ich schon schrieb: Im Beschreiben von Unglück und Elend ist Hugo wirklich ein Meister, das zeigen diese letzten Szenen des siebten Buches wieder mal ganz deutlich.


    Ich glaube Victor Hugo's Werke wären auch nur halb so interessant wenn sie ohne seine Meisterhaften Szenerien des Unglücks und Elends wären. Manche seiner Beschreibungen sind etwas lang, aber dafür um so lebendiger, so das es keinen schwer fällt sich alles Bildlich vor Augen zu führen.

    Ein nicht zu Ende gelesenes Buch gleicht einem nicht zu Ende gegangenen Weg.<br />(Weisheit aus China)<br /><br />Gruß Pinky


  • Diesen Abschnitt fand ich auch faszinierend. Dieses Verwachsen mit dem Gebäude und die Freundschaft mit den Steinfiguren, das war sehr intensiv beschrieben, besonders eindringlich natürlich dieser "Ritt" auf der Glocke. Das war mir auch unheimlich. Auch die Bezeichnung als Zentaur, halb Mensch , halb Glocke, war irgendwie furchterregend.


    Die Beschreibungen Victor Hugos für Quasimodo finde ich schon sehr hart. Er wird von seinen Mitmenschen nur gehänselt und verachtet, da sie Angst vor seinem Äußeren haben.
    Da wundert es mich nicht, dass die Kathedrale die ganze Welt für ihn darstellt, in der er geborgen ist. Warum nicht dann auch auf der Glocke reiten? Er hat eben keine Angst vor ihr. Mir kam es eher vor als sei er hier auf "seinem Spielplatz".
    Wie sagt Hugo: im alten Ägypten wäre er ein Gott, zu dieser Zeit macht man einen Dämon aus ihm. Alles nur Auslegungssache.


    Meine Ausgabe scheint hier gekürzt zu sein: Lange Beschreibungen von Paris hatte ich nicht.

  • Wenn der Wurm mal drin ist, ist er drin.... :grmpf: Ich komme einfach nicht dazu, weiter zu lesen!


    Morgen fahre ich in Urlaub mit dem Glöckner im Gepäck, aber da ich erst am nächsten Wochenende wieder komme, weiß ich nicht, ob ich euch noch vor Ende der Leserunde erreiche. Immerhin kann ich dann all die interessanten Beiträge hier dazu lesen und vielleicht auch noch etwas zum Schluss beitragen. Man sollte die Hoffnung nie aufgeben!

    Liebe Grüße!<br />Zoe

  • Die Beschreibung der Menschen gegen über Quasimodo ist der heutigen noch ähnlich. Wir Menschen fürchten was wir nicht kennen oder verstehen. Die Menschen verstehen nicht wie ein Mensch so entstellt sein kann wie es Quasimodo ist, obwohl er ja selber nichts dafür kann. Unsicherheit und Angst wird oft durch Gewalt oder durch harte Worte übertüncht.

    Ein nicht zu Ende gelesenes Buch gleicht einem nicht zu Ende gegangenen Weg.<br />(Weisheit aus China)<br /><br />Gruß Pinky


  • Die Beschreibungen Victor Hugos für Quasimodo finde ich schon sehr hart. Er wird von seinen Mitmenschen nur gehänselt und verachtet, da sie Angst vor seinem Äußeren haben.
    Da wundert es mich nicht, dass die Kathedrale die ganze Welt für ihn darstellt, in der er geborgen ist. Warum nicht dann auch auf der Glocke reiten? Er hat eben keine Angst vor ihr. Mir kam es eher vor als sei er hier auf "seinem Spielplatz".


    Diese Freude, die er beim Spiel mit seinen Glocken hatte, war auch sehr gut zu spüren. Ich musste richtig lächeln beim Lesen und habe mich für ihn mitgefreut. Aber im Laufe der Beschreibung wurde diese Freude so extrem und wie besessen, das es mir wirklich unheimlich wurde. Das Äußere finde ich auch nicht schlimm von der Schilderung her, aber sein Inneres ist manchmal beklemmend.


    Es ist wirklich wahr, da kann ich Alfa_Romea nur zustimmen: Victor Hugo versteht es sehr gut, Leid und Elend intensiv zu beschreiben. Es kommen ja noch einige "Kandidaten", deren innere "Dämonen" so einringlich beschrieben werden, das es einem eiskalt den Rücken runterläuft.

  • Mir lief es im 6. Buch eiskalt den Rücken herunter, als Quasimodo auf dem Pranger kniete und sich das Volk an seinen Qualen ergötzte. Erschreckend, dass sich daran bis heute nichts geändert hat, dass viele Leute sich gegenseitig so aufputschen und aufhetzen können und gegen Wehrlose vorgehen. Übel!


    Angesichts des Handeln des Priesters in der Dachkammer (7. Buch) würde mich interessieren, wie die Geistlichkeit bei Erscheinen dieses Buches reagiert hat. Es ist ja doch ziemlich starker Tobak, was Dom Frollo da angeheftet wird. Wenn ich das vergleiche mit dem Wirbel, den Dan Browns Illuminati verursacht hat in einer Zeit, da man an solche Handlungen schon gewöhnt sein sollte, müsste die Reaktion recht unwirsch gewesen sein. Dadurch wird verständlich, dass der Buchdruck verteufelt wurde, weil er dazu beitrug, solche Geschichten zu verbreiten.


    Ach ja, und Esmeralda... (tiefer Seufzer). Irgendwie passt sie für mich nicht richtig zusammen. Einerseits erscheint sie so weltgewandt, andererseits so unwahrscheinlich naiv. Sie lebt immer nur den Moment, denkt kein bisschen voraus und entscheidet sich so impulsiv, dass sie letzten Endes in einer solchen Misere enden musste. Jedoch - verdient hat sie es nicht.

  • 8. Buch
    Hierzu kann man eigentlich gar nichts schreiben, ohne alles in einen dicken, fetten Spoilerkasten zu verpacken. Hier hat Hugo wirklich alles mit reingepackt, das ist der bislang dramatischste Abschnitt und viel zu analysieren gibt es nicht, da die Handlung eigentlich für sich selber spricht.


    Ein paar Dinge möchte ich aber doch noch loswerden.


    Zu der Gerichtsverhandlung gegen die Esmeralda:


    Ich kenne das ausgehende Mittelalter/die frühe Neuzeit in der Beziehung anders und denke, dass Hugos Schilderungen hier nicht korrekts sind. Allerdings möchte ich ihm das nicht vorwerfen, damals wusste man es einfach nicht besser.


    Zu Claude Frollo:


    Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Hallo Ihr Lieben,


    na, ihr seid mir ja schon weit voraus. Ich habe jetzt Buch 3 beendet und mir die seitenlange Beschreibung von Paris gegeben! Oh man! :rollen: Ich konnte mir zwar einiges schon gut vorstellen, da ich schon 2mal in Paris war, aber die Beschreibungen hätte man doch auch abkürzen können, oder? :zwinker: Jedoch ist es so, dass man auch heute noch auf Notre-Dame steigen und die Stadt von oben betrachten kann. Jedoch gibt es mittlerweile andere Gebäude, die fast noch höher sind und von wo die Aussicht fast noch besser ist. Sehr faszinierend finde ich trotzdem Hugos Beobachtungsgabe: Die Vergleiche die er zwischen Paris im 13. und im 15. Jahrhundert anstellt, finde ich schon sehr interessant (wenn auch ein bisschen arg langatmig!) :breitgrins:



    Die Beschreibung der Menschen gegen über Quasimodo ist der heutigen noch ähnlich. Wir Menschen fürchten was wir nicht kennen oder verstehen. Die Menschen verstehen nicht wie ein Mensch so entstellt sein kann wie es Quasimodo ist, obwohl er ja selber nichts dafür kann. Unsicherheit und Angst wird oft durch Gewalt oder durch harte Worte übertüncht.


    Ja, die BEschreibung wie Quasimodo als 4jähriger ausgesetzt wird und ihn die einige der Frauen am liebsten verbrennen möchte, fand ich echt schlimm! Zum Glück denkt heute wenigstens niemand mehr, dass jemand vom Teufel besessen ist, nur weil er missgestaltet auf die Welt gekommen ist! Die Erklärung von dem einen Priester, dass sich über dem Auge keine Warze, sondern ein Ei mit der Saat des Teufels befindet und da drinnen wieder ein Ei und wieder ein Ei... Br! :entsetzt: Da kann man doch nur den Kopf schütteln, dass es Leute gibt, die das WIRKLICH glauben! :sauer:


    Ich habe nur ein paar Seiten gebraucht, bis ich gecheckt habe, dass der Sonntag mit "Quasimodo" bezeichnet wird! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum Sonntag und Quasimodo so komisch hintereinander kommen! :redface: :breitgrins:


    Liebe Grüße
    Tammy

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Hallo allerseits!
    Mittlerweile bin ich ja schon mit dem Buch durch, habe aber noch viel zu kommentieren. Das mache ich in den nächsten Tagen peu à peu.


    Fünftes Buch:
    1. Kap.: Aha, Frollo ist wirklich ein Alchimist, und sein größter Traum ist natürlich der aller Alchimisten: Gold machen. Das erklärt auch, wieso sein 2., mysteriöser Besucher so an seiner Arbeit interessiert ist, dass er ihn auch weiterhin immer wieder besucht:


    2. Kap.: Mal wieder ein typisch Hugo'scher Exkurs, der seine Daseinsberechtigung aus ein paar nebenbei geäußerten Worten Frollos bezieht. Meine erste Reaktion war ein "Nein, nicht schon wieder!", aber dann erwies er sich als richtig interessant.


    Eine schöne These, aber meiner Meinung nicht sehr haltbar, auch wenn sich Hugo alle Mühe gibt, sie auf x Seiten zu begründen.


    Haltbar ist sie sicher nicht, aber schon spannend. Architektur als die alte "Schrift" der Menschheit, mit deren Hilfe sie ihre Ideen dauerhaft festhält - der Gedanke gefällt mir. Und ein bisschen ist sicherlich auch da dran: man kann schon gewisse Rückschlüsse auf das Denken einer Zivilisation ziehen, wenn man sich ihre Bauwerke ansieht. Aber so weitgehend, wie Hugo das hier darzustellen versucht, geht es bestimmt nicht. Und dass die Kunst der Architektur verfallen soll, weil der Buchdruck erfunden wurde und Gedanken so leichter verbreitet werden können - nein, nein, nein.


    6. Buch:
    1. Kap.: Zu der tollen Gerichtsverhandlung mit dem noch tolleren "Verhör" habt ihr ja schon genug geschrieben. Große Klasse! Ich wusste gar nicht, ob ich mehr grinsen oder mich aufregen sollte! Ich habe dann beides gleichzeitig getan.


    3. Kap.: Wie gut, dass ich die "umständliche", verschlungene Erzählweise vieler Autoren des 19. Jahrhunderts mag! Hugo beginnt das Kapitel mit den Worten

    Zitat

    Zu der Zeit, als sich diese Geschichte zuträgt, war die Zelle in der Tour-Roland besetzt. Wenn der Leser zu erfahren wünscht, so braucht er nur die Unterhaltung dreier rechtschaffender Gevatterinnen anhören, die...

    ...sich natürlich über alles mögliche unterhalten, nur nicht über die Insassin der Zelle :breitgrins: . Dass ihre Unterhaltung aber dennoch viel mit dem Thema dieses Buches zu tun hat, ist eine andere Sache.
    Schon früh ahnt man, welche Bedeutung Paquettes anrührende Geschichte (ja, in der Beschreibung von psychischem und physischem Elend ist Hugo wirklich gut!) besitzt - obwohl ich die schon so frühe Verbindung von Quasimodo und Esmeralda nicht erwartet hatte -, und auch, dass und wo der besagte Schuh wieder auftauchen würde, hatte ich schon früh vermutet. Aber trotz dieser Vorhersehbarkeit hat mir das Kapitel sehr gefallen.


    Dies gilt auch für das 4. Kap., Quasimodo am Pranger. Hugo beschreibt auch dies mitsamt Esmeraldas Einsatz mit dicken Pinselstrichen; er trägt wie gewohnt dick auf. Andeutungen sind seine Sache nicht - aber obwohl ich im Allgemeinen solche plakativen Schilderungen nicht mag, stören sie mich hier (ebenso wie in den "Elenden") nicht. Dazu macht Hugo seine Sache einfach zu gut und so ruft er mit seinen deutlichen Darstellungen starke Gefühle in mir hervor, so wie er das auch wollte.
    Auch wenn ich z. B. wusste, dass die Büßernonne

    musste ich dann, als es so weit kam, schlucken. Die Armen!

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Zum Glück denkt heute wenigstens niemand mehr, dass jemand vom Teufel besessen ist, nur weil er missgestaltet auf die Welt gekommen ist! Die Erklärung von dem einen Priester, dass sich über dem Auge keine Warze, sondern ein Ei mit der Saat des Teufels befindet und da drinnen wieder ein Ei und wieder ein Ei... Br! :entsetzt: Da kann man doch nur den Kopf schütteln, dass es Leute gibt, die das WIRKLICH glauben! :sauer:


    Ja, man kann sich aus heutiger Sicht bei vielem kaum vorstellen, dass die Menschen sowas früher geglaubt haben. Aber wenn man sich in die damalige Zeit versetzt, kann ich es auch wiederum verstehen, denn woher sollten sie es besser wissen, wenn es ihnen so von Kirche und Co. gesagt wird. Und die Angst vor Unverständlichem wird schnell übermächtig, da kann ja nur der Teufel dahinter stecken. Dafür wird heutzutage ja vieles bis ins Kleinste zerredet und erklärt und das von allen Seiten, dass einem da auch manchmal Angst und Bange werden kann. :zwinker:


    8. Buch:



    Zu der Gerichtsverhandlung gegen die Esmeralda:


    Ich kenne das ausgehende Mittelalter/die frühe Neuzeit in der Beziehung anders und denke, dass Hugos Schilderungen hier nicht korrekts sind. Allerdings möchte ich ihm das nicht vorwerfen, damals wusste man es einfach nicht besser.


    Ich denke auch, es ist etwas übertrieben, falls das keine Absicht von ihm war. Wobei ja auch heute noch bei vielen eine überwiegend düstere Meinung vom Mittelalter besteht.



    Esmeralda und Frollo:


  • 3. Kap.: Wie gut, dass ich die "umständliche", verschlungene Erzählweise vieler Autoren des 19. Jahrhunderts mag! Hugo beginnt das Kapitel mit den Worten

    ...sich natürlich über alles mögliche unterhalten, nur nicht über die Insassin der Zelle :breitgrins: . Dass ihre Unterhaltung aber dennoch viel mit dem Thema dieses Buches zu tun hat, ist eine andere Sache.


    Diese Szene fand ich auch klasse! Ich habe die Damen richtig vor mir gesehen, konnte ihr Gespräch regelrecht hören. Diese indirekte Art, Informationen zu liefern, hat mir auch sehr gut gefallen und die Damen waren einfach köstlich. :breitgrins:



    ... er trägt wie gewohnt dick auf. Andeutungen sind seine Sache nicht - aber obwohl ich im Allgemeinen solche plakativen Schilderungen nicht mag, stören sie mich hier (ebenso wie in den "Elenden") nicht. Dazu macht Hugo seine Sache einfach zu gut und so ruft er mit seinen deutlichen Darstellungen starke Gefühle in mir hervor, so wie er das auch wollte.
    Auch wenn ich z. B. wusste, dass die Büßernonne

    musste ich dann, als es so weit kam, schlucken. Die Armen!


    Das hast du schön gesagt! Ich habe ähnlich empfunden, bekam einen Kloß im Magen, weil es so traurig ist und
    8. Buch:


    Mit der Intensität seiner Beschreibungen erzeugt er wirklich Emotionen beim Lesen, die einen richtig mitnehmen können, so dass ich nach manchen Abschnitten erst mal wieder Luft holen muss. Gleichzeitig entsteht auch ein Sog, dass ich das Buch in einem Rutsch durchlesen möchte und mich zwingen muss, etwas langsamer zu machen.


  • Schön auch, dass Victor Hugo den Buchdruck als die wichtigste Erfindung des Jahrtausends sieht. Das ging amerikanischen Journalisten im Jahr 2000 nicht anders, als der Buchdruck von ihnen zur als Erfindung des Jahrtausends gekürt wurde. :smile:


    Victor Hugo ist ja auch Autor :smile:



    Noch interessanter finde ich allerdings den Gedanken, dass die Architektur früher als "Speicher" des Wissens gedient haben soll und dass dann das Buch diese Aufgabe übernahm. Natürlich war Architektur auch ein Ausdruck des Wissens, Verzierungen und Kirchenfenster erzählten Geschichten. Aber auch damals gab es schon Dokumente, sei es auf Papyrus, Pergament oder auch gestickte Wandteppiche und Bilder, die ich nicht zur Architektur zählen würde.
    Eine schöne These, aber meiner Meinung nicht sehr haltbar, auch wenn sich Hugo alle Mühe gibt, sie auf x Seiten zu begründen. Oder sieht das jemand anders? :smile:


    Architektur speichert nicht nur Wissen, sondern auch die Kultur die ein Volk hat / hatte. Nicht umsonst gibt es das UNESCO-Weltkulturerbe. Ich kann Hugos Gedanken schon nachvollziehen. Das kann natürlich auch an der Bautechnikerin in mir liegen :breitgrins:
    Und wenn man überlegt, dass man heutzutage noch rätselt wie man damals die Pyramiden gebaut hat und die alten Römer schon "Fußbodenheizung" hatten,so sagt das doch schon eine Menge über ihre Kulturen aus.


    Mir kam aber eher die Idee die Kathedrale mit der Gutenberg-Bibel zu vergleichen. Ein Bauwerk wie eine Kathedrale ist schon durch seine Architektur einschüchternd, mächtig und imposant. Ein Buch dagegen leicht, flexibel und kann von Ort zu Ort getragen werden.
    Die Kirchen werden entmachtet, denn jeder der Lesen kann muss nicht mehr dem Vorleser (hier wohl dem Priester) alles glauben.
    Dass man dabei auch sein Hirn einschalten muss, hat Hugo bisher aber noch nicht erwähnt. :rollen:


  • Die Kirchen werden entmachtet, denn jeder der Lesen kann muss nicht mehr dem Vorleser (hier wohl dem Priester) alles glauben.
    Dass man dabei auch sein Hirn einschalten muss, hat Hugo bisher aber noch nicht erwähnt. :rollen:


    :breitgrins:

  • Ich bin 10. Buch angekommen. Esmeraldas Odyssee ist noch nicht beendet, der Schauplatz wurde lediglich in die Kirche verlagert. Ihr Leben ist zwar nicht mehr unmittelbar in Gefahr, aber die Entdeckung, dass Phöbus noch lebt, macht ihr sehr zu schaffen. Die eigentliche Gefahr sehe ich nun in Dom Frollo, der feststellt, dass Esmeralda in seiner Kirche Zuflucht gefunden hat. Seine Gedanken sind wenig priesterlich, er kann nicht von ihr lassen. Ich vermute, diese Ambivalenz ist schuld daran, dass er Esmeralda an die Obrigkeit verraten hat und bewirken kann, dass die Freistatt aufgehoben wird. Wer sonst soll das gewesen sein? Alfa Romea hat es weiter oben mit der Bemerkung über Priester und Liebesdinge ganz treffend formuliert. Frollo ist ohnehin ein sehr ungewöhnlicher Priester, auch ohne seine emotionalen Verwirrungen.


    Quasimodo ist mir unterdessen ans Herz gewachsen. Was für eine traurige Szene, als er feststellt, dass man "nur von außen schön" zu sein braucht. Sein Gedicht beweist, dass er geistig doch nicht so zurückgeblieben ist, wie es anfangs den Anschein hatte. Esmeralda hat inzwischen schon verdrängt, was der Glöckner für sie getan hat und versucht, ihn mit Schmeicheleien dazu zu bewegen, dass er Phöbus zu ihr bringt. Hugo zeichnet hier jeden Charakter extrem, egal ob gut oder böse.


    Der im 4. Kapitel beschriebene Ansturm der Gauner auf Notre Dame erinnert mich in seiner Ausführlichkeit an "Die Elenden", in dem ausufernd erzählt wird, wie eine Hand voll Freiwilliger eine Barriere errichtet und verteidigt. In diesem Zusammenhang erfahren wir auch, dass es damals noch keine Polizei im heutigen Sinn gab. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass damals Recht und Ordnung noch viel lockerer gehandhabt wurden.


  • Architektur speichert nicht nur Wissen, sondern auch die Kultur die ein Volk hat / hatte. Nicht umsonst gibt es das UNESCO-Weltkulturerbe. Ich kann Hugos Gedanken schon nachvollziehen.


    Das kann ich ein Stück weit auch, Architektur sagt ja auch heute noch viel über unsere Kultur (und über unser technisches Know-how) aus. Übertrieben hat er trotzdem, indem er die Architektur schon fast als den einzigen Speicher von Wissen bezeichnete... :smile:


    Ich habe Buch 9 gelesen, hier meine Eindrücke:



    Quasimodo ist mir unterdessen ans Herz gewachsen. Was für eine traurige Szene, als er feststellt, dass man "nur von außen schön" zu sein braucht.


    Gut, Esmeralda ist oberflächlich und schaut zuallererst auf das Optische - aber das hängt auch mit ihrem Alter zusammen. Aber im Fall von Quasimodo verstehe ich, wenn sie jedesmal ein wenig zusammenzuckt, wenn sie ihn sieht. Ich könnte mir das wahrscheinlich verkneifen, aber einen so missgestalteten Menschen anziehend finden... es gibt halt einfach Grenzen und wenn ein Mensch zu weit ausserhalb der "Norm" ist, wird er einfach keinen Partner finden. Ist wahrscheinlich evolutionsbiologisch bedingt, da Nachkommen eines Quasimodo wohl nur bedingt lebenfähig wären und dann legt Mutter Natur eben ein Veto ein, indem sie die Weibchen einen grossen Bogen um ihn schlagen lässt. Auch wenn er eine Seele von einem Menschen wäre...



    Sein Gedicht beweist, dass er geistig doch nicht so zurückgeblieben ist, wie es anfangs den Anschein hatte.


    Da erstaunt er mich auch. Nach den anfänglichen Beschreibungen fand ich diese Entwicklung erstaunlich. Das fing schon mit der

    an und findet seine Fortsetzung in seinen längeren Diskussionen mit der Zigeunerin und eben auch in seinem Gedicht. Vielleicht wollte Victor Hugo den Leser da auch ein wenig an der Nase herumführen, um dann aus dem kreuzhässlichen Idioten einen kreuzhässlichen Menschen zu machen...


    Zu Claude Frollo:
    Der lernts wirklich nicht mehr.


    :entsetzt: Der ist ja wirklich drauf und dran, denselben Mist nochmal zu machen... :grmpf:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.