John Steinbeck: Meine Reise mit Charley

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 6.756 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von chil.

  • John Steinbeck: Meine Reise mit Charley - Auf der Suche nach Amerika


    Sozusagen im „Angesicht des Alters“ - vom Arzt wurden bereits einige Alterserscheinungen festgestellt – will es John Steinbeck noch einmal wissen. Gemeinsam mit seinem Königspudel Charley macht er sich in einem umgebauten Wohnmobil, das er liebevoll „Rosinante“ nannte, auf eine 3-monatige Reise quer durch die USA. Sein Ziel ist es, die Menschen und das Land, über die er schon so viele Bücher geschrieben hatte, ganz persönlich kennen zu lernen. Er hat Reisen um die ganze Welt gemacht, doch die Heimat, die kennt er am allerwenigsten.


    Mit offenen Augen und sehr wachem Verstand beobachtet er die amerikanische Gesellschaft der 60-er Jahre. Er wird konfrontiert mit den Anfängen des „Fast Food“, dem Nomadentum der Amerikaner, den „mobile homes“, der Oberflächlichkeit und Scheinheiligkeit, den politischen Strömungen (angehender Kalter Krieg, Feindbild Russland, Rassismus). Er besucht die Stätten seiner Kindheit, erinnert sich an seine Jugend, macht sich auf sehr humorvolle Art Gedanken über Land und Leute, behandelt aber auch ernsthafte Themen kritisch und aufgeschlossen. Dennoch lässt er immer wieder seine große Liebe zu diesem Land durchblicken.


    Meine Meinung


    Es ist schwer, dieses Buch in eine Kategorie zu stecken. Es ist Autobiografie genauso wie Reisebericht, Sozialkritik ebenso wie historischer Roman. Mir gefällt Steinbecks Stil sehr gut, er liest sich flüssig, oft musste ich lauthals auflachen. Seine augenzwinkernde Gesellschaftskritik aber auch die sehr ernsthafte Behandlung von Themen wie Rassismus, sozialer Ungerechtigkeit und Scheinheiligkeit der Gesellschaft haben mir sehr gut gefallen. Der liebevolle Umgang mit seinem Hund Charley als „vollwertiger Reisegefährte“ zeigt auch von der Größe des Menschen John Steinbeck und auch Hundefreunde kommen auf ihre Kosten.


    5ratten


    John Steinbeck


    John Ernst Steinbeck wurde am 27.2.1902 in Salinas, Kalifornien als Sohn eines Buchhalters und einer Lehrerin geboren. Zusammen mit 3 Schwestern wuchs er in Kalifornien auf. Diese südlich von San Francisco liegende Gegend heißt heute „Steinbeck County“ und ist Schauplatz der meisten seiner Romane.


    Er begann ein Studium der Geisteswissenschaften an der Stanford University, brach das Studium 1924 ab und lebte als Wanderarbeiter und Gelgenheitsjobs. Diese Zeit prägte auch seine Werke.


    1925 ging er als Journalist und freier Schriftsteller nach New York, war aber eher erfolglos und kam bald darauf wieder in seine Heimat zurück. Sein erster Roman „Cup of Gold“ ( Eine Handvoll Gold, 1929) blieb unbeachtet, John Steinbeck brachte sich und seine Frau Carol mit Gelegenheitsjobs durch.


    Seinen ersten Erfolg feierte er 1935 mit dem Roman „Tortilla Flat“, mit den folgenden Werken etablierte er sich als freier Schriftsteller. Seine Romane beschäftigen sich mit der sozialen Unterschicht, dem Elend der Landarbeiter, der Ausbeutung und Ungerechtigkeit im Land.


    Im Zweiten Weltkrieg war er als Kriegsberichterstatter in Europa unterwegs.
    In den 60-er Jahren unterstützt er aktiv Präsident Lyndon B. Johnson, setzt er sich für die Aufhebung der Rassentrennung und eine bessere Sozialgesetzgebung ein. Er war ein Befürworter des Vietnam-Krieges.


    Im Jahr 1962 erhielt er den Nobelpreis für Literatur „ für seine einmalige realistische und fantasievolle Erzählkunst, gekennzeichnet durch mitfühlenden Humor und sozialen Scharfsinn“.


    John Steinbeck starb am 20.12.1968 in New York an Herzversagen.


    John Steinbeck gehört zu den meistgelesenen amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts - sowohl innerhalb als auch außerhalb der USA.


    Seine Werke:


    Romane und Erzählungen:


    1929: Eine Handvoll Gold (Cup of Gold)
    1935: Tortilla Flat (Tortilla Flat)
    1936: Stürmische Ernte (In Dubious Battle)
    1937: Von Mäusen und Menschen (Of Mice and Men)
    1939: Früchte des Zorns (The Grapes of Wrath)
    1942: Der Mond ging unter (The Moon is down)
    1945: Die Straße der Ölsardinen (Cannery Row)
    1947: Die Perle (The Pearl)
    1950: Die wilde Flamme (Burning Bright)
    1951: Logbuch des Lebens (The Log from the Sea of Cortez)
    1952: Jenseits von Eden (East of Eden)
    1954: Wonniger Donnerstag (Sweet Thursday)
    1962: Meine Reise mit Charley (Travels With Charley in Search of America)


    Weiters verfasste er noch journalistische und essayistische Schriften und Drehbücher.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Vielen Dank creative für diese schöne Rezension. Ich habe das Buch gerade gestern erst wieder in meinem Regal entdeckt und war mir gar nicht mehr sicher, ob ich es behalten möchte. Dank deiner Rezi weiß ich jetzt wieder, warum es in meinem Regal steht! :)

  • Ich hab dieses Buch auch schon mehrfach gelesen und krame es immer gern mal wieder hervor. Besonders gefällt mir, wie selbstverständlich und mit welcher Leichtigkeit Steinbeck die guten und die schlechten Seiten seiner Landsleute nebeneinander stellt und beschreibt - da findet sich keine Spur von Schwarz-Weiß-Malerei. Er versucht nicht, ein "Volk" oder eine Nation als ganzes zu portraitieren, sondern zeichnet ein Bild, das aus vielen einzelnen Eindrücken und Situationen besteht. Da zeigt sich sehr deutlich, dass US-Amerikaner eben auch nur Menschen sind (was in mancher Diskussion heutzutage ja gern vergessen zu werden scheint :zwinker: )

    Viele Grüße aus dem Zwielicht<br />[size=9px]Rihla.info | blooks - Rezensionen und mehr<br />[b][url=http://www.librarythi

  • Hallo zusammen!


    Er spürt, dass er alt wird. Er spürt, dass ihm die Ideen ausgehen. Er spürt, dass er den Kontakt mit "seinem" Amerika verloren hat. Der Schriftsteller John Steinbeck beschliesst, dem radikal abzuhelfen.


    Er lässt sich ein kleines Wohnmobil zuschneidern, verabschiedet sich von Frau und Boot - und los geht's von New York quer durch Amerika. Sein einziger Begleiter ist Charley, sein schwarzer Königspudel.


    Es ist v.a. das ländliche Amerika, das den Reisenden fasziniert, die einfachen Leute, über die er sein Leben lang geschrieben hat. Doch Steinbeck muss realisieren, dass die Urbanisierung fortschreitet, der Beton das Land verdrängt. So ist er froh, als er zum Schluss sehr schnell nach Hause kommt.


    Es ist ein melancholisches Buch, das Alterswerk eines Schriftstellers, der realisiert, dass "seine" Zeit, "sein" Amerika vorbei sind. Es ist auch ein tröstliches Buch, da Charley uns und den Autor immer wieder daran erinnert, dass wir uns an den einfachen Dingen erfreuen könnten.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ich habe mir das Buch gerade vor ein paar Tagen bei Amazon bestellt und bin nun schon ganz hibbelig vor Erwartungsfreude!
    Ich liebe Steinbecks " Cannery Row" und habe auch - Burning Bright, Sweet Thursday, The Winter of our Discontent und
    Of Mice and Men - gelesen.
    Aber eure Beschreibung dieses Buches macht mir so richtig den Mund wässrig! :zwinker:
    Steinbeck beschreibt die Personen in seinen Werken immer mit großer menschlicher Wärme und einem tiefen Verständnis
    für die Ab- und Umwege die so ein Menschenleben nehmen kann. Außerdem schätze ich seinen augenzwinkernden "Südstaatenhumor" sehr!

  • Ich habe die deutsche Fassung vor einiger Zeit gelesen, das Büchlein (es ist leider nicht sehr dick) hat mir sehr gut gefallen. Ich fand es wirklich schade, dass es nur so wenige Seiten hatte.


    lg, Frau 32

  • Ein sehr schönes Buch :smile: Vor langer Zeit gelesen und in guter Erinnerung behalten. Aber Die Straße der Ölsardinen hat mir besser gefallen :zwinker:


    LG :winken:

  • Da ich mein Buch „Travels with Charley“ in der gestrigen Lesenacht beendet habe versuche ich hier nun meine erste Buchbesprechung:


    John Steinbeck - Travels with Carley
    In Search of Amerika


    Mit 58 Jahren macht sich Steinbeck auf den Weg, sein eigens Land zu bereisen.
    Sein Plan, das eigene Land ganz privat zu erkunden und für sich neu zu entdecken, entspringt dem Bedürfnis, sich und der Welt zu beweisen, dass er noch keineswegs zum alten Eisen gehört.
    Auf den Spuren der Altvorderen aus der Pionierzeit bereist er also „inkognito“ mit seinem Königspudel Charley und seinem eigens für diesen Zweck entworfenen Wohnmobil „Rosinante“ (einem Pick-up Truck mit Häuschen auf der Ladefläche) die USA.
    Mit einem feinen Gespür für seine Umwelt nimmt er Entwicklungen wahr, die seiner Zeit weit voraus sind. In den 60er Jahren schien die Welt ja noch in Ordnung…. Er unterhält sich mit dem Mann auf der Straße, der Kellnerin im Diner und dem Farmer auf dem Feld, er hört die jeweiligen lokalen Radiosender und liest die dazugehörigen Lokalblätter.
    Ganz nebenbei entwickelt er eine bis dato unbekannte Methode auf Reisen seine Wäsche zu waschen (köstlich) und führt tiefsinnige Gespräche mit seinem Reisebegleiter Charley, dessen ewige Antwort auf alles ein schlichtes „ftt“ ist.


    Meine Meinung


    Ein sehr persönlicher Reiseführer durch die USA, der viele Einblicke in lokale Besonderheiten - und mit feinem Humor einen unverstellten Blick auf die USA der 60er Jahre durch Steinbecks Augen bietet.
    Von mir erhält dieses Buch 5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Jane Austen ()