Assia Djebar – Die Schattenkönigin

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    Inhalt: Isma erzählt eine doppelte Geschichte. Sie erzählt die Geschichte der Ehe ihres Ex-Mannes mit seiner zweiten Frau, die sie für ihn ausgesucht hat, und sie erzählt ihre eigene Geschichte. Isma kommt aus guter Familie, der Vater hat sie – zur Überraschung der weiblichen Verwandten – relativ frei erzogen, sogar in ein Pensionat hat er seine Tochter geschickt und sie einen guten Schulabschluß machen und studieren lassen. Isma verbringt viel Zeit außerhalb Algeriens, mit ihrem Mann, den sie nach längerer Beziehung erst geheiratet hat, lebt sie wohl v. a. in Frankreich. Sie kommt aber an den Punkt, wo sie ihn um ihretwillen verläßt, weil sie nicht seinen Ansprüchen nicht mehr folgen will. Beide kehren, allerdings geschieden, nach Algerien zurück, wo Isma ihm Hajila als neue Frau und Mutter seiner Kinder aussucht. Hajila kommt aus einfacheren Verhältnissen, tut sich in der neuen Situation schwer, will aber ihrer Mutter und den Geschwistern zuliebe, die in der guten Partie eine Chance insgesamt wittern, sich darein fügen. Aber auch sie entdeckt recht früh in dieser Ehe einen Freiheitsdrang, der sie nachmittag unverschleiert in die Straßen Algiers treibt.



    Meine Meinung: Es ist ausgesprochen schwer, dieses Buch zusammenzufassen, weil es auf mehreren Ebenen abläuft, die sich mir mangels detaillierter Kenntnis von algerischem Frauenleben wahrscheinlich nicht einmal im Detail erschlossen haben. Einen Reiz bezieht es aus seiner merkwürdigen Erzählkonstruktion, die ich anfangs doch etwas sperrig fand. Zwar erzählt durchgehend Isma, aber im ersten Teil immer abwechselnd ein Kapitel über ihre eigene Beziehung zu „dem Mann“ (er bleibt das ganze Buch über namenlos, was ihn wahrscheinlich als Prototypen charakterisieren soll) und dann ein Kapitel über Hajila und den Mann. Dabei spricht sie Hajila quasi direkt an, schwankt dabei aber zwischen Feststellungen und Vermutungen, wobei man sich schon fragen müßte, woher sie das alles wissen kann. Darum geht es aber natürlich gar nicht. Im zweiten Teil bekommen wir Ismas Kindheit erzählt, in der sich viele Schlüssel für ihr Verhalten und ihre Äußerungen zu Hajila im ersten Teil finden. Im letzten Teil kehrt Isma erzählerisch wieder in die Gegenwart zurück und sorgt für ein erstes persönliches Treffen mit Hajila, das aber wieder im Stile des ersten Teils daherkommt.


    Das „normale“ Frauenleben, das im Alter von etwa 10 bis 50 oder 60 von Verschleierung, Wegsperren, Unsichtbarmachen, Mutterschaft und Verheiratung der Kinder geprägt ist, wird von Djebar eindeutig angeprangert. Allerdings zeigen ihre jüngeren Frauenfiguren Ansätze von Selbständigkeit und Widerstand, die die von den älteren Frauen bewahrten Traditionen in Frage stellen und die Männer überforden, die damit nicht umgehen können und sich in Prügel und Alkohol flüchten. Dadurch bleibt man als westlicher Leser nicht mit einfach mit einem Gefühl der Frustration über solche Frauenleben zurück, sondern erhascht einen kurzen Blick auf mögliche und stattfindende Änderungen, auch wenn diese nur in sehr kleinen Dingen ihren Anfang nehmen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Dieses Buch war das erste (oder zweite?) das ich von Assia Djebar gelesen habe. Einerseits war es mir sehr fremd in den doch sehr anderen Lebensbedingungen der algerischen Frauen vor einigen Jahrzehnten und auch ich hatte das Gefühl, vieles nur ansatzweise zu verstehen. Andererseits hat es mich doch so fasziniert, dass Djebar seitdem eine meiner Lieblingsschriftstellerinnen ist und ich stets nach weiteren Büchern von ihr Ausschau halte.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Zu dem Status einer Lieblingsschriftstellerin wird es Djebar bei mir wahrscheinlich nicht bringen, aber ich würde durchaus gerne noch weitere Bücher von ihr lesen und werde das auch tun, wenn sie mir über den Weg laufen. Mich würden auch ihre Filme interessieren, aber ich bin nicht sicher, ob da dran zu kommen ist. Sie schreibt zwar französisch, aber ihre Filme sind wohl auf arabisch entstanden. Ich muß mich mal danach umsehen, ob es überhaupt und nach Möglichkeit in Deutsch oder Englisch synchronisierte Fassungen gibt (oder wenigstens Untertitel, sonst wird's schwer :rollen: ).