Knut Hamsun - Victoria

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    Knut Hamsun - Victoria


    Johannes, der Sohn eines Müllers liebt Victoria, die Tochter des "Herrenhauses", hier auch gerne das "Fräulein vom Schloß" genannt. Daß das nicht gutgehen kann, weiß man bereits nach den ersten Seiten. In dem sehr kurzen Roman passiert nicht viel, weshalb ich jetzt auch keine weiteren Angaben zum Inhalt machen möchte. Wer es lesen möchte, dem rate ich ab bei amazon die Inhaltsangabe zu lesen, das ist im Prinzip nämlich schon das ganze Buch.


    Aus der Amazon.de-Redaktion Leseprobe
    "Wie war also die Liebe? Sie konnte einen Mann ruinieren, wieder aufrichten und erneut brandmarken; heute konnte sie mich, morgen dich und morgen nacht ihn lieben, so unbeständig war sie. Sie konnte aber auch fest sein, wie ein aufbrechbares Siegel und unauslöschlich brennen, wie zur Stunde des Todes, so ewig war sie. Wie war also die Liebe? Oh, die Liebe ist eine Sommernacht mit Sternen am Himmel und Duft auf der Erde. Warum aber läßt sie den Jüngling verborgene Wege gehen und den Greis in seiner einsamen Kammer sich auf Zehenspitzen stellen? Ach, die Liebe läßt das Menschenherz zum Pilzgarten werden, einem üppigen und unverschämten Garten, in dem geheimnisvolle und freche Pilze stehen... So war die Liebe... Die Liebe ist Gottes erstes Wort, der erste Gedanke, der durch sein Gehirn flog. Als er sagte: Es werde Licht!, da wurde die Liebe. Und alles, was er erschaffen hatte, war so gut, und er wollte nichts davon ungetan wissen. Und die Liebe war der Anfang der Welt und die Herrscherin der Welt; all ihre Wege aber sind voller Blumen und Blut; Blumen und Blut." (Victoria, S. 40f)


    Wem dies gefällt, der hat wohl seinen Spaß mit dem Buch. Mir ist es auf die Nerven gegangen :rollen: Die ganze Liebesgeschichte schien mir total unpersönlich, trotz des permanten Geschwafels. Es lässt sich zwar sehr leicht lesen, aber man kommt den Personen einfach nicht nahe, sprich: Es war mir völlig egal, ob sie nun zueinander finden oder nicht, ich wollte nur, daß es schnell vorbei ist.
    Hamsun wechselt zudem beim Schreiben ständig von der Vergangenheit in die Gegenwart z.B.


    Zitat

    Er öffnete das Fenster und sieht hinaus...


    Das irritiert nicht nur, man kommt auch nicht wirklich rein. Dazu seine merkwürdige wörtliche Rede. Meist fehlen die entsprechenden Satzzeichen, oft auch wer das eigentlich sagt und man fragt sich, ob es überhaupt laut ausgesprochen wurde. Das schafft eine eigenartige Distanz, die zumindest mir jeden Spaß am Lesen nimmt. Vielleicht bin ich auch nur zu blöd, um irgendeine Art von Anspruch oder was weiß ich zu erkennen :rollen:
    Der nächste Punkt ist das unerträgliche "Gesabbel" bzw die Gedanken des Hauptprotagonisten, völlig wirr, nicht nachvollziehbar und häufiger habe ich mich wirklich gefragt, ob der nette Herr geistig gestört ist.
    Mir ist bewußt, daß der Roman in einer Zeit spielt, die ich selbst nie vollständig verstehen kann, aber was da geboten wird, ist mir ehrlich zu doof. Die "Liebenden" sind stolz und verletzen einer permanent gegenseitig, soweit so gut, aber wenn man sie das schon tun lässt, dann bitte richtig (Sturmhöhe), ansonsten lässt man es besser sein :rollen: Wobei ich im Falle von Johannes ja schon eher von Besessenheit statt Liebe sprechen würde, aber auch das ist nicht richtig ausgearbeitet und somit schlecht (in meinen Augen).
    Das einzig Positive...das Machwerk hat nur 176 Seiten, groß gedruckt! Danke dafür!
    Für den Schluß bekommt das Buch


    :marypipeshalbeprivatmaus:


    der war wirklich passend :rollen:

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Hallo Gytha,



    ich schätze Hamsun außerordentlich (Hunger, Mysterien, Pan, Segen der Erde, Das letzte Kapitel).


    Victoria kenne ich (noch) nicht, werde mich aber dazu noch äußern. Z.ZT. kann ich nur so viel sagen, dass nicht alles im Frühwerk Hamsuns glänzt.


    Ferguson (Biograf) sagt:


    Zitat

    Victoria ist weitgehend eine reife Neufassung des Kurzromans Bjorger, den Hamsun als Achtzehnjähriger im Nordland schrieb,...


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • @Heidi


    Da ich nur das eine Buch von ihm kenne kann ich nicht sagen, ob das sein genereller Stil ist :zwinker: Also...bevor Du mit ungutem Gefühl daran gehst, wartest Du vielleicht lieber was Mombour dazu sagt. Ich möcht Dir keinesfalls den Spaß am Lesen verderben :zwinker:


    @mombour


    Würdest Du das Buch denn noch als Frühwerk bezeichnen? Wenn ich mich jetzt recht entsinne kam das erste Buch schon 10 Jahre zuvor heraus....obwohl ich beim Lesen durchaus den Eindruck hatte das Erstlingswerk eines pubertierenden Schriftstellers zu lesen :rollen: Aber das scheint ja auch tatsächlich die Grundlage gewesen zu sein, als "reif" würde ich diese Neufassung aber keinesfalls bezeichnen.
    Ich bin gespannt auf Deine Meinung, wenn Victoria "typisch" für seinen Stil ist, dann werde ich von ihm definitiv nichts mehr lesen.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Hallo Gythia,


    Hamsun hat vor "Victoria" schon Meisterwerke wie "Hunger", "Mysterien" und "Pan" geschrieben. "Hunger" ist u.a. deswegen ein Meisterwerk, weil Hamsun darin schon mit der Technik des "Bewussseinstroms" arbeitet, und dass viele Jahre vor Joyce und Virginia Woolf.


    Es kann ja sein, dass "Victoria" wirklich nicht so überzeugend ist, wird auch in der Biografie nicht besonders herausgehoben. "Victoria" würde ich als letzes seiner früheren Werke bezeichnen, mittlere Phase etwa bis "Segen der Erde", Spätwerk nach dem Nobelpreis.


    Du machst mich auf jedenfall neugierig auf "Victoria" Ich bin ja auch gespannt, ob es ein Ausrutscher war.


    Man muss aber nicht wegen einem schlechten Buch gleich den ganzen Autor verhunzen. :zwinker: Die guten Werke, die ich von Hamsun gelesen habe, habe ich in meinem ersten Beitrag mitgeteilt.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Zitat

    Man muss aber nicht wegen einem schlechten Buch gleich den ganzen Autor verhunzen. :zwinker: Die guten Werke, die ich von Hamsun gelesen habe, habe ich in meinem ersten Beitrag mitgeteilt.


    Das ist auch nicht meine Absicht :zwinker: Was die anderen Werke betrifft, warte ich lieber ab was Du zu Victoria sagst, denn wenn DAS Hamsuns typischer Stil ist, dann sind seine Werke definitiv nichts für mich. Man muß ja auch nicht alles mögen :zwinker:

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Hallo Gytha,



    Es gibt wunderbare Passagen von Lakonie. Wo andere Autoren vielleicht hundert Wörter brauchen, reichen Hamsun dreißig. Darum ist es in diesem Roman so, dass Hamsun vieles nur andeutet, und der Leser die gewaltigen Emotionen (erotische Spannung, Verzweiflung, Wut usw,) zwischen den Zeilen erspüren muss. Gerade deshalb versuchte Hemingway so zu schreiben wie er. Man braucht also ein wenig Einfühlungsvermögen in den Text und gewint dann Einfühlung in die Figuren. Wenn man das kann, wird man den Roman nicht als "Gesabbel" :grmpf: abtun.


    In deiner Rezension war heraus zuhören, im Roman passiert ja nicht viel. Richtig. Ich werfe so etwas nie einem Autor vor, weil es in erster Linie auf Sprache ankommt und auf die Umsetzung des Themas. In anderen Romanen entwirft Hamsun schon ausführlicher die Charaktere der Figuren. Ich habe den Verdacht, es handelt sich hier eher um eine Erzählung oder sogar um eine Novelle, weil Hamsun hier nur ein Thema umkreist: Nämlich die Liebe. Ein Vergleich zu Stefan Zweig tut sich auf, da bei Zweignovellen (z.B. in "Brennendes Geheimnis") auch ein Gefühl im Mittelpunkt steht.


    Lakonisch ist Hamsun auch in anderen Romanen, ebenfalls verzichtet er in wörtlicher Rede auf Gänsefüßchen. Trotzdem ist jeder Roman immer wieder ein anderes Erlebnis.


    Insgesamt verteile ich auf "Victoria" drei Ratten. Warum? "Pan" gefällt mir noch mehr, wegen der grandiosen Naturstimmung. Auch ein tragischer Liebesroman (ist halt so bei Hamsun). Ich habe aber Zweifel, ob dir das mehr gefallen würde. Viel passiert dort auch nicht, wie schon gesagt, als ob es darauf ankommen würde.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Hi mombour,


    erstmal danke für Deine Rezi, jetzt weiß ich, daß Hamsun definitiv nicht mein Fall ist, muß ja auch nicht :smile:


    Bemängelt habe ich übrigens nicht, daß so wenig passiert, sondern daß Hamsun es nicht schafft, mich zu berühren. Seine Geschichte geht völlig an mir vorbei und zwar aufgrund seines Stils. Schönes Beispiel ist "He! Rebeck!", da passiert m.E. sogar noch weniger, trotzdem fand ich es einfach wunderschön :smile:


    Es geht auch nicht um Einfühlungsvermögen....das hab ich schon und ich hab die Figuren auch verstanden bzw es nachvollziehen können, trotzdem gefiel es mir nicht aus den schon genannten Gründen :zwinker:
    Stefan Zweig mag ich übrigens auch nicht *duckundwech*

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Stefan Zweig mag ich übrigens auch nicht *duckundwech*


    Stefan Zweig ist auch nicht mein Sweety. Er lässt sich, was seine Prosa berifft, natürlich überhaupt nicht mit Hamsun vergleichen. Mein Vergleich bezog sich nur auf "Victoria" und "Brennendes Geheimnis" (von Stefan Zweig), da es sich in beiden Geschichten um ein Gefühl dreht.


    Habe nur das nochmal so hingeschrieben, damit niemand irgendwann einmal auf die Idee kommt, mombour schmeißt die beiden in einen Topf. :breitgrins:


    Liebe Grüße
    mombour

  • Dieses 1898 (dt. 1899) erschienene Werk ist eines der weniger bekannten bzw. seltener erwähnten Bücher des norwegischen Autors.


    Vom Inhalt gebe ich ein bisschen mehr preis, vielleicht kommt ja jemand auf den Geschmack :zwinker: :
    Bereits seit der Kindheit ist der Müllerssohn Johannes in Victoria, Tochter aus gutem Hause, verliebt. Jahre später gibt Victoria bei einem zufälligen Treffen zu erkennen, dass sie Johannes ebenfalls liebt, verhält sich aber trotzdem abweisend. Johannes versteht sie nicht, zieht sich zurück und hegt Selbstmordgedanken und widmet sich nur noch seiner Schriftstellerei. Weitere Jahre später treffen sie sich wieder, an ihren Gefühlen hat sich nichts geändert. Als sich Victoria mit einem wohlhabenden Offizier verlobt, resigniert Johannes und verlobt sich seinerseits. Doch da schlägt das Schicksal nochmals zu...


    Das Buch ist sehr einfach geschrieben, inhaltlich und stilistisch bietet es keine Herausforderung. Das Hin und Her zwischen Gegenwarts- und Vergangenheitsform empfand ich als äußerst störend, vor allem weil es ohne erkennbare Linie geschieht. Irritierend sind die fehlenden Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. Normalerweise gewöhne ich mich mit der Zeit daran, aber hier begann manchmal mitten im Absatz einer der Beteiligten zu sprechen, ohne dass zunächst ersichtlich war, wer es ist bzw. dass überhaupt gesprochen wurde.


    Der Ablauf der Geschehnisse ist fast etwas zu unruhig. Es findet ein ständiger Wechsel zwischen Handlung und Dialogen statt; um Gedankengut zu verarbeiten oder die Vorgehensweise der Protagonisten zu analysieren, bleibt viel zu wenig Zeit. Überhaupt ist es schwierig, sich in Johannes und Victoria richtig hineinzuversetzen, es bleibt immer eine gewisse Distanz zu den Figuren gewahrt, da ihnen kaum Spielraum gegeben wird, sich zu entwickeln. Hier krankt es an der Länge des Buches, denn mit lediglich 111 (klein geschriebenen) Seiten bleiben Einzelheiten eben leicht auf der Strecke. Bisweilen hatte ich schon die Befürchtung, eine gekürzte Übersetzung erwischt zu haben, aber das Impressum gab keinen Hinweis darauf.


    Die ganze Geschichte mutet durchwegs düster an, permanent lag ein Hauch von Melancholie über den Ereignissen. Im Mittelpunkt steht neben der verhinderten Liebesbeziehung der verletzte Stolz von Johannes und die Probleme, die er dadurch heraufbeschwört. Von Victoria und dem Opfer, das sie bringt, ist leider zu wenig die Rede.


    2ratten

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    Von diesem Buch hatte ich mir mehr erwartet. Eine Liebe zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten, eine Frau, die für ihren Vater und dessen Gutshof diese Liebe opfert, ein junger Mann der sich aus verletztem Stolz einer anderen zuwendet, das Schicksal, das die beiden einfach nicht zusammenkommen lassen will - klingt eigentlich ganz vielversprechend, zumal wenn ein großer Name wie Knut Hamsun diese Geschichte verarbeitet.
    Leider konnte ich mit keinem der beiden Hauptfiguren wirklich mitfühlen, trotz großer Worte und tragischer Wendungen hatte ich immer ein Gefühl von Distanziertheit und Kühle. Meiner Meinung nach ein Buch, das man lesen kann, aber sicher nicht muss...


    1ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • Schön, dass dieser Thread wieder hoch kommt. Mit Bedauern sehe ich, dass ein Leser wie mombour mir in unserem Forum fehlt. Und dann erinnere mich daran, dass dieses Buch als Lieblingsbuch von <Name entfallen> in einer Runde mit Roger Willemsen genannt wurde.


    Gruß, Thomas