Friedrich Dürrenmatt - Die Physiker

Es gibt 25 Antworten in diesem Thema, welches 14.448 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von cynthor.

  • Ich war doch positiv überrascht. "Der Richter und sein Henker" hat mir nicht soooo gut gefallen, teilweise etwas langweilig. "Die Physiker" hingegen haben mir wirklich gut gefallen. Witzig, spannend und macht nachdenklich. Definitv zu empfehlen.

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

  • apassionata
    Da seh ich grad das ich nie begeistert von dem tollen Film erzählt habe *gg* Die Verfilmung wird der Vorlage absolut gerecht und ist genial besetzt! Vorallem Therese Giehse überzeugt 100 %. Dürrenmatt selbst hatte ja um ihre Teilnahme gebeten. Fals Du mal aus Zufall die Gelegenheit hast den Film zu sehen kann ich ihn dir nur empfehlen! Ich find da kommen bestimmte Dinge auch einfach besser rüber, da es ja auch ein Theatherstück ist und die Geschichte auch durch die Requisiten lebt bzw. Situatuionskomik bekommt.

  • HoldenCaulfield, hey, Danke für den Tipp mit dem Film. Da werde ich mal drauf achten. :zwinker:
    Freut mich, wenn es dir so gut gefallen hat.
    Ich habe "Die Pysiker" ja schon als Bühnenstück gesehen und fand es sehr gelungen. Hier vor allem
    auch die Umsetztung zum Buch. Ist alledings auch schon eine ganze Weile her. :rollen:


    Grüssle
    Marion :winken:

    "Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt." Mahatma Gandhi


  • Das kann ich genau so unterschreiben!
    Ich habe das Buch in der 13. Klasse gelesen und fand es grandios. Super klasse Humor. Wir haben Teile des Buches in der Schule in Rollen gelesen und schon zu Beginn konnte ich beim Lesen kaum mehr vor Lachen ;)

  • Vor ein paar Wochen habe ich ganz plötzlich an Die Physiker gedacht.
    Das Stück haben wir damals in der 9. Klasse gelesen - leider, leider wurde fast nur auf Stilmittel, Aufbau etc. eingegangen und viel zu wenig auf den Kern (Geschichtliches, Thema Verantwortung, ...), der hier ja so wesentlich ist!
    Sollte ich demnächst daran denken, werde ich es sicherlich in der Buchhandlung kaufen und noch einmal lesen!

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Inhalt


    Nachdem ein Patient einer Irrenanstalt eine Krankenschwester ermordet hat, ermittelt Inspektor Voß, scheitert aber am Widerstand der Leitung in Gestalt von Dr. Mathilde von Zahnd. Drei ihrer Patienten sind besonders wichtig, von denen sich zwei für Einstein bzw. Newton handeln, während Möbius, dem dritten, angeblich Salomo erschienen ist.
    Möbius, ein hervorragender Physiker, verliert aufgrund der Erscheinungen Reputation und Beruf, anschließend die Familie, und lebt nun alleine.


    Es stellt sich heraus, dass auch die beiden anderen Physiker von Weltformat sind, die von ihren jeweiligen Regierungen (Washington bzw. Moskau) dazu gebracht wurden, ihre Unzurechnungsfähigkeit auch mittels Mord zu beweisen, um an das Wissen zu kommen, das Möbius besitzt.


    Meinung


    Kennen wahrscheinlich viel aus der Schule – aus dem Deutsch- nicht dem Physikunterricht. Dürrenmatt gelingt eine exzellente Mischung aus Tragödie und Komödie.
    Genial finde ich zum einen die auffallende Parallelität zwischen erstem und zweitem Akt, nur dass die Handlung mit umgekehrtem Vorzeichen abläuft. Ist Voß anfangs noch bemüht, den ersten Mord an der Krankenschwester aufzuklären, genießt er schnell die Möglichkeit, sein Gewissen und damit die Gerechtigkeit einmal ruhen zu lassen. Was zeichnet es für das Bild der personifizierten Justitia, die nicht aufgrund ihrer Neutralität blind ist, sondern weil sie einfach keine Lust hat, sich selbst mit einem Mordfall (!) zu befassen? Überaus düstere Ansichten des Schriftstellers, was polizeiliche Ordnungsgewalt angeht.


    Mit der Figur des Möbius hat Dürrenmatt den Prototypen eines idealen Wissenschaftlers geschaffen: hochintelligent, schließlich gelingt ihm nicht weniger als das, was die Physiker seit Jahrhunderten umtreibt, nämlich das Aufstellen der Weltformel. Auch wenn dies nicht auf naturwissenschaftlicher Basis explizit beschrieben wird, ist es Möbius also gelungen, die vier Grundkräfte in einen logischen Zusammenhang zu bringen, was auch eine Manipulation der Gravitation ermöglicht.


    Möbius zweite hervorstechende Charaktereigenschaft ist sein Vermögen, aus seinen Schlussfolgerungen die richtigen Konsequenzen zu ziehen und zu diesen zu stehen. Der Physiker drückt sich keineswegs vor der Verantwortung, die sich aus seiner Forschung bzw. seinem Wissen ergibt. Über die Väter der Atombombe wurde genug geschrieben, und Möbius „Erfindung“ übertrifft die positiven und negativen Möglichkeiten der Atomkraft nochmals bei weitem, aber ich halte es für müßig, über Auswirkungen zu philosophieren.


    Viel entscheidender ist die reine Tatsache, dass Möbius sich nicht auf dem sprichwörtlichen Elfenbeinturm der Wissenschaft versteckt, sondern alles aufgibt, was ihm wichtig ist: Frau, Kinder und Beruf, auf all das verzichtet er sehenden Auges, weil es seiner Meinung nach die einzige Chance ist, die Situation zu einem befriedigenden Ende zu führen. Unbestritten ist Möbius bewusst, dass mit seinem Wissen viel Gutes getan werden könnte. Schlichtweg die Tatsache, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt, treibt ihn zu seinem Opfer, und das ist Zeichen eines beeindruckend bewundernswerten Charakters, der sein Selbst und sein persönliches Wohlergehen – selbst in Verbindung mit dem Glück seiner Familie – weit geringer ansieht als das Wohlergehen der Menschheit.


    Er mordet selbst die unschuldige Krankenschwester, deren einziges Vergehen darin bestand, die Wahrheit herauszufinden. Möbius Verhalten ist konsequent, und er legt an sie nicht mehr als den gleichen Maßstab an, dem auch er sich unterworfen hat: ähnlich wie er ist auch Monika Wissen zuteil geworden, und weil dieses niemals ans Licht kommen darf, sieht Möbius ihren Tod als einzigen Ausweg.


    Abgesehen von dem eigentlichen Stoff der „Geschichte“, wie Dürrenmatt sie in seinen 21 Punkten bezeichnet, sind ebendiese tiefschürfender, als ihre Schlichtheit vermuten lässt.


    „Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkungen alle Menschen.“,


    lautet Punkt Nummer 16 und ist die Quintessenz des Dramas, der Satz, der Triebfeder des Handelns Möbius ist.
    Auch die Nummer 18,

    „Jeder Versuch eines Einzelnen, für sich zu lösen, was alle angeht, muss scheitern.“,


    verdeutlicht die Problematik ebenso. Möbius Selbstopfer ist zwar gut gemeint, aber nicht nur sinnlos, sondern führt gerade erst zur schlimmstmöglichen Wendung. Dürrenmatt fordert Partizipation. Wenn Schwierigkeiten auftreten, die sich auf die Gesamtheit der Menschheit erstrecken, dann muss auch ebendiese Gesamtheit aktiv werden, das Problem angehen und eine Lösung finden – wobei man sich vor allzugroßer Kompromissbereitschaft hüten sollte. In dem globalen Dorf, zu dem unsere Welt leider (?) geworden ist, ist sonst nichts zu holen.


    Sonnige Tage und erholsame Nächte!


    5ratten

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