Katharina Hacker - Die Habenichtse

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    Ausgerechnet am 11. September 2001 treffen sich Jakob und Isabelle wieder, nachdem sie sich fast zehn Jahre nicht gesehen hatten. Auf der Party, die lang geplant war und deshalb trotz der Anschläge stattfand, schart sich alles um Jakob, der noch kurz zuvor in den Twin Towers gearbeitet hatte - und der Isabelle nicht vergessen konnte.


    Die beiden heiraten nach ein paar Monaten und ziehen nach London, wo Jakob eine Stelle in einer angesehenen Anwaltskanzlei antritt, während Isabelle zu Hause einige Arbeiten für ihre Werbeagentur erledigt und ihr ansonsten ziemlich die Decke auf den Kopf fällt in dem kleinen Reihenhäuschen, wo gelegentlich das Geplärr der Nachbarn und anderer Lärm durch die Wände dringt.


    Die Nachbarn, das ist die Familie der kleinen Sara, die immer noch in die Hose macht und nicht zur Schule geht, obwohl sie eigentlich das Alter dafür erreicht hat, deren einziger Trost ihre Katze ist und Dave, der große Bruder, der sie zu beschützen versucht, wo die Eltern versagen, doch er hält es immer weniger zu Hause aus.


    Ein paar Häuser weiter lebt Jim, ein Auftragsdealer, ziemlich am Ende, seit seine Freundin Mae spurlos verschwunden ist, nachdem er sie brutal attackiert hat.


    Inga Busch liest mit heller, klarer, emotionsloser Stimme und verleiht dem Buch exzellent Gestalt, denn auch Katharina Hackers Stil ist sachlich, schnörkellos und emotionsarm. Die Personen leben aneinander vorbei, echte Kommunikation findet nicht statt, jeder strebt nach seinen eigenen Zielen und sieht nur das, was er sehen will. Die Ehe von Isabelle und Jakob, zunächst so heiß ersehnt, verkommt zu einer bloßen Formsache ohne jede sichtbare Gefühlsregung. Gelegenheiten, Mitgefühl und Menschlichkeit zu zeigen, verstreichen ungenutzt, stattdessen auch hier Herzenskälte und Egoismus.


    Die einzigen Figuren, die ich wirklich mochte, waren die kleine Sara in ihrem lieblosen Umfeld und ihr Bruder Dave, der sich zumindest um sie bemüht. Der Rest war sehr unsympathisch, negativ dargestellt und mir dabei vollkommen gleichgültig und in seinen Aktionen unverständlich. Sex und Gewalt fließen an deplazierten Stellen in die Handlung ein, es entsteht ein sehr düsteres Bild von einer Welt, in der jeder sich selbst der Nächste ist, was aufrüttelnd sein könnte, hier aber nur niederdrückt.


    Die Anschläge vom 11. September und die daraus resultierende weltpolitische Situation und Stimmungslage als Tableau eines Romans hat meines Erachtens Ian McEwan in "Saturday" wesentlich besser, glaubwürdiger und stimmiger verarbeitet.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen