Fatou Diome - Der Bauch des Ozeans

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 3.566 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Breña.

  • Dieses Buch ist mein Beitrag für Senegal im Projekt 'Wir lesen uns rund um die Welt'


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    Kurzbeschreibung
    Europa ist kein Paradies, auch nicht für Einwanderer aus dem Senegal. Trotzdem will Salies kleiner Bruder Madické‚ nach Frankreich, um als Fußballer reich und berühmt zu werden. Doch die Träume, die auf der kleinen Insel inmitten des Ozeans ersonnen werden, stoßen auf ein Hindernis: die Wirklichkeit



    Meine Meinung
    Mit dem ersten Teil dieses Buches habe ich mich doch etwas schwer getan. Ich dachte, das würde zu einem Pamphlet werden, was verlauten wolle 'Nur Auswandern bietet einen Ausweg aus der Misere, Frankreich (in diesem Fall) ist das gelobte Land - aber bist du erst einmal da wirst du als Ausländer auch nicht gut behandelt und das Elend geht weiter'.


    Dies ändert sich im Laufe des Buches etwas - und für den, der noch keine Geschichten von Emigranten gelesen hat, mag dieser erste Teil ja auch noch amüsant sein, für mich war darin etwas zu viel 'déjà vu' und auch wenn ich jedem Menschen seine eigene Geschichte (und es ist sicherlich viel eigene Biographie von Fatou Diome in dieses Buch geflossen) zuerkennen will - ich habe deren dann doch vielleicht schon ein paar zu viele gelesen.


    Ab dem Moment wo sie dann im zweiten Teil damit anfängt, mir die Menschen aus dem Heimatdorf der Geschwister Salie (die in Frankreich lebt) und Madické anhand von kleinen Geschichten näher zu bringen, komme ich auch ihrer Geschichte etwas näher. Damit kann ich mehr anfangen als mit stereotypischen Phrasen.


    Zum Schluss rutscht es dann wieder etwas ab weil sie (wie auch zu Anfang) die Problematik der westlichen und der dritten Welt anhand von Fussball schildern will, aber SO einfach wie es bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft zugeht, lassen sich Nationalitätenkonflikte nun doch nicht (er)klären.


    FAZIT - ihre Sprache hat mich im zweiten Buch von Fatou Diome (das ich letztes Jahr gelesen habe und was bisher -noch- nicht übersetzt wurde) für sich eingenommen. Teile dieser Faszination fand ich auch in ihrem Erstlingswerk aber die Geschichte an sich ist eigentlich wirklich nur zu empfehlen, wenn man einen ersten Einstieg in Emigrantenliteratur wagen will.


    3ratten


    Kenavo

  • Hallo zusammen


    Im Grossen und Ganzen kann ich mich meiner Vorrednerin nur anschliessen. Ich habe das Buch ebenfalls mit grossem Vergnügen gelesen, auch wenn ich von Zeit zu Zeit fand, dass die Autorin nun doch der Bilder zu viele aufeinander türmt - Bilder, von denen jedes einzelne durchaus klug und poetisch gewesen wäre, die in der Masse aber schlicht und ergreifend ermüden.


    Gemocht habe ich, dass Diome sehr neutral die Schicksale der jeweiligen Emigranten schildert - weder das Heimatdorf der Erzählerin, das auf einer zu Senegal gehörenden Insel im Bauch des Atlantiks liegt, noch Paris bzw. Strassburg werden da geschönt dargestellt. Man spürt, wie sich die Erzählerin einen dritten Weg sucht: Sie ist keine Senegalesin mehr und wird nie zur Französin werden.


    Es gibt keine grossartige Handlung, die man zusammenfassen könnte. Wie im richtigen Leben gehen die Jahre vorbei, ohne dass wirklich etwas passiert.


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wenn man das Buch vor allem als Emigranten-Schicksalsbeschreibung liest, sind die angeführten Kritikpunkte sicher berechtigt. Ich fand etwas anderes daran viel wesentlicher und denke auch, daß Diome damit in mehr als ein Wespennest gestochen hat. Sie kritisiert nämlich vor allem eine Einstellung in afrikanischen Gesellschaften, die man fast als deren modernes Grundproblem bezeichnen könnte: Die unbedingte Erwartung von Unterstützung durch jeden in der Familie, der – ob nun tatsächlich oder vermeintlich – ein kleines bißchen mehr hat. Einerseits sorgt dieses Prinzip zwar dafür, daß keiner im Notfall ins Nichts fällt, sondern immer mit einer Grundabsicherung rechnen kann, aber andererseits (jetzt mal ökonomisch gesprochen) macht die mangelnde Möglichkeit von Kapitalakkumulation den Aufbau von tragfähigen, lokalen Wirtschaftsstrukturen quasi unmöglich. Und dem, der es versucht, wird dann auch noch ein schlechtes Gewissen eingeimpft. Es ist wahrlich kein Wunder, daß an diesem Spagat immer wieder Menschen scheitern. Diese Zerrissenheit hat Diome sehr gut eingefangen, daher gibt's von mir


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich habe das Buch in der Hörbuchfassung der Reihe Afrika erzählt gehört und verlinke zur Rezi im Hörbuchbereich.


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    In Kürze:
    Schöne, abwechslungsreiche Sprache, hervorragend vorgelesen von Martina Gedeck, sehr interessantes Thema, eindrucksvoll und lebhaft, aber ohne Larmoyanz geschrieben.


    4ratten

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Die Erzählerin Salie lebt in Straßburg, ihre Familie auf der Insel Niodior im Senegal. Aus Rückblicken erfährt man, dass sie als uneheliches Kind am Rand der Dorfgemeinschaft lebte und nach Frankreich ging, um dieser Erniedrigung zu entkommen. Außerdem erzählt sie nicht nur von ihrem Leben in Straßburg, sondern auch von ihrer Familie und Mitgliedern des Dorfes, was einen interessanten Einblick in den senegalesischen Alltag bietet. Man erfährt aber auch von den Schwierigkeiten, die Emigranten abgesehen von ihrem Fremdsein anderswo haben, denn die Daheimgebliebenen - nicht nur die Familie, sondern das gesamte Dorf - erwarten finanzielle Unterstützung. Salie hat also nicht nur keine Heimat, sondern muss außerdem ihr Leben hinter das Wohl anderer stellen, eine Situation, die wahrscheinlich allzu realistisch ist.


    An den teils sehr poetische Stil musste ich mich erst gewöhnen, mochte ihn dann aber sehr gern. Durch die episodenhafte Erzählweise entsteht auf wenigen Seiten ein facettenreiches Bild, besonders was das Leben auf Niodior angeht, diese Aneinanderreihung war mir allerdings insgesamt nicht homogen genug. Hinzu kommt, dass die starke Ausrichtung auf Fußball mich leider nur mäßig interessiert hat. Es scheint zwar alleine deswegen ein wichtiges Thema zu sein, weil viele junge Senegalesen darin ihre Chance sehen, nach Frankreich zu kommen, ich hätte aber lieber weitere Anekdoten aus dem Alltag gelesen. Madické, der Bruder der Erzählerin, hat mit seinem Fanatismus für einen italienischen Fußballer zu viel Raum eingenommen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges