Susanne Goga - Leo Berlin

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  • Titel: Leo Berlin
    Autorin: Susanne Goga
    Verlag: DTV Premium
    Erschienen: Juli 2005
    Seitenzahl: 275
    ISBN: 3423244682
    Preis: 14.00 EUR


    Inhalt:
    Berlin 1922. Die Inflation läuft sich warm. Deutschland ist politisch zerrissen, die Menschen finden nach dem verlorenen Krieg keine Ruhe. Kriminalkommissar Leo Wechsler, verwitweter Vater von zwei Kindern, bekommt es mit einem mysteriösen Mord zu tun: Ein Wunderheiler, der Patienten und vor allem Patientinnen aus den besten Kreisen behandelte, wurde mit einer Buddhafigur aus Jade erschlagen. Es gibt keine Zeugen, keine Spuren. Doch der Heiler war kein unbeschriebenes Blatt: Er hat, wie sich herausstellt, viele seiner Patienten mit Kokain versorgt. Wenig später wird im Scheunenviertel eine Prostituierte ermordet. Leo vermutet eine Verbindung zum Tod des Heilers. Seine Ermittlungen führen ihn in elegante Villen, ärmliche Hinterhöfe, Kokainhöhlen und Rotlichtbezirke, doch erneut drohen alle Spuren im Sande zu verlaufen. Dazu kommt noch, dass Leos Kollege von Malchow, der aggressiv seine adlige Herkunft und seine rechtsnationalen Ansichten zur Schau trägt, ihm Steine in den Weg legt, wo er nur kann. Aber Leos Hartnäckigkeit ist berüchtigt …


    Autorin:
    Susanne Goga wurde 1967 geboren, studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und arbeitet seit 1995 als freie Übersetzerin aus dem Englischen und aus dem Französischen. Sie lebt mit ihrer Familie in Mönchengladbach.


    Meine Meinung:
    1922 nahm die Inflation Fahrt auf, die Menschen stehen vor riesigen Problemen. Auch die Polizeibeamten bildeten da keine Ausnahme, auch sie trafen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit voller Wucht. Schon damals konnte man sehen, dass die Weimarer Republik nur auf Sand gebaut war und bereits 1922 wurde deutlich, dass dieser erste demokratische Versuch in Deutschland über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt war. Susanne Goga schafft es auf eine bemerkenswerte Art und Weise, diese Stimmung in ihrem Buch einzufangen. Die Menschen stehen bei ihr im Vordergrund. Sie schildert ihre Hauptfiguren mit großen Sensibilität und der Leser kann schon zu Beginn einen Bezug zu ihnen herstellen. Gerade das macht das Buch auch so lesenswert. Oft steht bei einem Kriminalroman die Handlung im Vordergrund, die handelnden Figuren bleiben blass, bei diesem Buch ist die Handlung zwar auch wichtig, aber es ist mehr ein zeitgeschichtlicher Roman mit einer Mordermittlung. Susanne Goga schafft es, diese Zeit in ihrem Buch wieder lebendig werden zu lassen.
    Leo Wechsler, der ermittelnde Kommissar und Hauptperson dieses Buches ist ein ganz normaler Mensch, ein Mann der nach dem Tode seiner Frau mit zwei Kindern dasteht und der mit seiner Schwester in einer nicht unproblematischen Wohngemeinschaft lebt. Beide haben es offensichtlich nicht gelernt miteinander zu reden, eigentlich eint sie nur die Sorgen um die beiden kleinen Kinder.
    Ein sehr gut erzählter, ein sehr sensibler Kriminalroman aus einer Zeit, wo in Deutschland schon das Unheil die Hand zum Anklopfen erhoben hielt.
    Sehr empfehlenswert.


    5ratten



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  • Da ich derzeit einen besonderen Faible für Krimis, die in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg bis zum Ende des Zweiten spielen, auslebe, habe ich u. a. auch Susanne Gogas Leo Berlin empfohlen bekommen.


    Allerdings habe ich, trotz der schönen Aufmachung, bei dem Preis von Euro 14,00 für ein 276-seitiges Debüt etwas zurückgeschreckt. Ist immerhin ein Seitenpreis von 5 Cent. Mehr als sehr viele HCs. Habe es mir dann als Mängelexemplar bei amazon-marketplace für 8 Euro inkl Versand besorgt, also zum Taschenbuchpreis... und nach dem ich es jetzt gelesen habe, nicht bereut.


    Ein atmosphärisch dichter Roman, der in die Zeit des Berlin der 20er Jahre führt, mit starken Charakteren und einer interessanten, schlüssigen Handlung.
    Nichtraucher schließe ich mich in allem an, aber zwei Dinge sind mir besonders aufgefallen:


    Die Motivation des Täters ist endlich wieder einmal etwas anderes, als das Übliche. Zum Schluß hatte ich Mitgefühl mit dem „Bösen", der durch die Verkettung unglücklicher Umstände dazu geworden ist.


    Das Alltagsleben der „normalen wie du und ich", mit all seinen Problemen damals, ist sehr nachvollziehbar eingestreut, ohne die Spannung und Krimihandlung zu beeinträchtigen.
    Das Leben in der damaligen Zeit ist durch kleine Randszenen geschickt eingefangen und eingebunden, wie der aufkommende Nationalismus und Judenhass durch die Schulszenen mit Georg, die Inflation durch Ilses Einkaufen oder der Nebenfall mit Matussek, der die alltägliche Gewalt demonstriert.


    Der Roman hält mit den für mich mit den besten zu diesem Thema, denen von Rudolf Hültner und seinem Inspektor Kajetan im München der 20er, fast schon problemlos mit.
    Die Autorin hat es geschafft, eine Krimi zu schreiben, der sehr viel in verhältnismäßig wenig Seiten packt und das ganze richtig rund wirken läßt. Kein Wort zu viel und keines zu wenig. Respekt.


    Für den zweiten Fall von Leo Wechsler werde ich wohl in den nächsten Wochen irgendwie Budget freischaufeln müssen. Qualität im Aussehen und Inhalt hat halt seinen Preis.



    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Muß ja schließlich für Band 2 noch eien Stgeigerung möglich sein.


    LG Dyke

  • Jetzt hätte ich doch fast vergessen, nach der Leserunde meine Meinung zu dem Buch auch hier zu posten ...



    Ich lese gerne Krimis und historische Romane und deshalb hat mich Leo Berlin gleich angesprochen. Besonders, da ich über die 20er Jahre bisher so gut wie nichts gelesen habe. Es scheint auch nicht viele Bücher zu geben, die in der Zeit spielen. Um so gespannter war ich auf das Buch und kann vorab schon sagen, dass es mir gut gefallen hat.


    Kleine historische Details, wie nebenbei erwähnt, haben die damalige Zeit immer schön deutlich gemacht. Man konnte die Atmosphäre gut spüren, wenn man in den Straßen Berlins unterwegs war. Die Charaktere waren sehr interessant und vielschichtig. Leo war mir sympathisch, aber nicht alles was er tat oder auch nicht tat, gerade in Bezug auf seine Kinder und seine Schwester, war immer toll und richtig. Andererseits waren auch unsympathische Personen nicht nur schlecht und das gefällt mir gut, wenn nicht alles entweder schwarz oder weiß ist. Überhaupt kamen die Protagonisten sehr lebendig rüber.


    Die Krimihandlung war interessant und spannend. Toll gelöst war die parallele Sicht aus unterschiedlichen Perspektiven, das hat mir sehr gut gefallen. Verfolgte man einerseits die kriminalistischen Recherchen Leos und seiner Kollegen, hatte man andererseits Einblick in die Gedanken und Handlungen des Täters, ohne vorerst zu wissen, wer es ist. Nach und nach werden dem Leser so von beiden Seiten kleine Häppchen an Informationen serviert, die dann eigene Vermutungen bestätigen oder verneinen. So kommen wir der Sache schneller näher als die Polizei und beobachten gleichzeitig, wie auch diese den Fall löst, um dann gemeinsam im Finale mit dem Täter zusammen zu treffen. Mir persönlich war das Ende dann etwas schnell und glatt, die Lösung zu einfach für die Polizei parat, ich hätte da gerne noch ein paar Seiten mehr dafür gehabt. Aber es hat mich insgesamt dann nicht so sehr gestört, denn die Geschichte war alles in allem toll zu lesen, hatte ,wie gesagt, interessante Charaktere, das Miträtseln hat viel Spaß gemacht, die Atmosphäre der 20er Jahre war schön zu erleben und ich werde den nächsten Fall auch wieder lesen.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Meine Meinung:


    "Leo Berlin" hat mir sehr gut gefallen; eine geniale Idee, einen Krimi im Berlin der 20er Jahre anzusiedeln. Die Atmosphäre kommt auch ganz toll rüber, weil immer wieder Details aus dem damaligen Leben zur Sprache kommen. Die ganze Aufbruchstimmung, der Beginn der Industrialisierung, die politischen Wirrungen, das passt alles sehr gut und hat mich sehr neugierig auf diese Zeitepoche gemacht.


    Die Krimihandlung selbst ist sehr raffiniert ausgeklügelt. Dadurch, dass der Leser beide Perspektiven mitbekommt, nämlich die des Täters und die des Ermittlers, geht zwar mancher Überraschungseffekt verloren; umso spannender ist es jedoch, die erschreckende Entwicklung des Täters zu beobachten und gleichzeitig Leo zu begleiten, wie er bei seiner Arbeit in so manche Sackgasse gerät, letztendlich aber richtigen „Riecher“ hat.


    Die Figuren finde ich alle sehr lebendig - Leo Wechsler ist ein sympathischer Polizeibeamter, der im Laufe der Handlung einige Ecken und Kanten zeigt, was ihn greifbarer macht. Leos Familie ist sehr liebenswert, obwohl hier auch Konfliktstoff vorhanden ist, der abseits vom Kriminalfall das Geschehen belebt. Ebenso verhält es sich mit seinen Kollegen, die alle sehr unterschiedlich gezeichnet sind und auf ihre persönliche Art und Weise zum Gelingen oder Scheitern der Ermittlungen beitragen.


    Ich kann das Buch gerne weiterempfehlen an Leser, die auch bei einem Krimi Wert auf eine stimmungsvolle Atmosphäre sowie ausgefeilte Charakterzeichnungen legen und anstelle des absoluten Thrills lieber als Beobachter die Krimihandlung verfolgen.


    Meine Bewertung: 4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Ich kann mich den positiven Stimmen hier nur anschließen. Schon lange hat es kein Krimi mehr geschafft mir positiv im Gedächtnis zu bleiben. Susanne Gogas "Leo Berlin" bildet hier eine angenehme Ausnahme. Diese Mischung aus geschichtlichen Ereignissen und Kriminalroman war einfach genau richtig. Susanne Goga zeichnet ein lebendiges Bild der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, ohne ihr Wissen dem Leser aufzudrängen. Leo Wechsler ist ein sympathischer Kommissar der keinesfalls perfekt ist sondern auch Fehler macht. Außerdem verzichtet Goga auf blutige Effekthascherei und konzentiert sich lieber auf ihre Hauptfiguren und derren kriminalistische Arbeit.
    Die Autorin baut eine Spannung auf die sie bis zum Schluss halten kann, und dies obwohl der Leser schon etwas früher als Wechsler die Lösung kennt denn sie lässt auch den Täter zu Wort kommen.


    Für mich gehört der Roman jedenfalls zu einem der besten Krimis der letzten Zeit und ich wünsche ihm noch ganz viele Leser!


    Mehr als verdiente:


    5ratten

  • Hallo,


    eine nette Überraschung am Abend :zwinker:. Ich hoffe, Leo findet noch mehr so begeisterte Leser wie dich, dann gibt es vielleicht noch einen Dritten.


    Schönen Abend,
    Susanne :smile:

  • Schön. Wir haben ja auch noch keinen Termin und wenn es soweit ist, kannst du ja mal sehen wie er dir passt, vielleicht klappt es ja sogar. :smile:

  • Hallo zusammen!


    Ich empfand den Krimi auch als sehr gelungen.
    Nach dem Cover hätte ich das Buch nie gekauft oder auch gelesen.


    Durchwegs positive Meinung zu diesem historischen Kriminalroman haben mich überzeugt und ich habe es nicht bereut, das Buch gelesen zu haben.


    Die Familie um Leo Wechsler und seine Kollegen sind alle sehr sympatisch und menschlich dargestellt.


    Toll war beschrieben wie die Menschen zur Zeit der Wirtschaftkrise gelebt haben oder leben mußten, aber die anfänglichen bildlichen Beschreibungen auch der Häuser und der Wohngegend hätte ich mir noch bis zum Ende des Buches gewünscht. Ich fand das hatte nachgelassen.


    Durch die kursiven Zwischenpassagen aus Sicht des Mörders ist man zum Mitraten eingeladen und es wird einem leicht gemacht auf den Täter zu kommen. Trotz allem ist die Auflösung ein wenig anders als man denkt und macht sie zu was Besonderen.
    Auch empfand ich das Mordmotiv als sehr stimmig und passend zu der damaligen Zeit und der Stimmung des Buches.



    5ratten


    Ich freue mich schon auf Teil 2: Tod in Blau!


    Gruß SilkeS.

  • Hallo Susanne,
    herzlichen Glückwunsch zum Moerser Literaturpreis! :klatschen:
    Deine Geschichte habe ich mir gleich mal heruntergeladen und werde sie heute abend in aller Ruhe lesen.


    Viele liebe Grüße :winken:
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Guten Abend,


    hier meine Meinung zu Leo Berlin:


    Von selbst hätte ich mir diesen Krimi wohl nicht gekauft. Der Klappentext sprach mich nicht sonderlich an, das Berlin der zwanziger Jahr klang vor einiger Zeit noch nicht sehr verlockend für mich.


    Umso überraschter war ich, dass die Meinungen im Forum so durchweg positiv waren und so wurde ich dann doch neugierig.
    Leo Wechsler, der verwittwete Vater von zwei Kindern, ist Polizist. Er meistert seinen Alltag, beruflich und privat, im inflationären Berlin der Zwanziger. Zunächst dachte ich, ziemlich viele Parallelen zu "Der nasse Fisch" von Volker Kutscher zu erkennen. Aber damit lag ich falsch. Die Handlung spielt zur gleichen Zeit und Leo´s Kuchen liebender Chef findet sich auch in "Der nasse Fisch" wieder, aber das war es dann auch schon im Groben mit den Übereinstimmungen.


    Die Morde spielten für mich eine eher nebensächliche Rolle. Mich interessierten vielmehr die Geschehnisse hinter den Kulissen der Polizei und das tägliche Leben der Menschen in Berlin. Die Probleme, mit denen sie sich beschäftigen mussten genauso wie die Erwartungen an das Leben. Ich finde die Sprache des Buchs wunderbar, um sich in das Berlin der zwanziger Jahre hineinzuversetzen. Auch die Ängste und Nöte der Nebenfiguren waren für mich sehr spannend. Die Aufklärung der Morde hatte ich hatte ich so nicht erwartet. Aber wie schon gesagt, dass war so oder so nicht mein Hauptaugenmerk während des Lesens. Insgesamt gesehen, war mir "Leo Berlin" viel zu kurz. Ich hätte noch viele hundert Seiten weiterlesen mögen, so wunderbar ist dieser Krimi erzählt.


    Und so bin ich, von einer sehr skeptischen zu einer durchweg begeisterten Leserin von Susanne Goga geworden. Der nächste Teil wird sehr bald gekauft und gelesen.


    Ich vergebe begeisterte 4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Hallo Muertia,


    schön, dass dir das Buch auch gefallen hat.


    Ich finde es total schade, dass die Bücher nicht mehr Aufmerksamkeit gefunden haben und nach Tod in Blau kein weiterer Teil erschienen ist. Dabei stechen die Bücher meiner Meinung nach wirklich aus der Masse der Krimis heraus, gerade auch durch die vermittelte Atmosphäre, die einen so schön in die Zeit der 20er Jahre zurückversetzt. Ich würde gerne noch mehr von Leo lesen.


  • Dabei stechen die Bücher meiner Meinung nach wirklich aus der Masse der Krimis heraus, gerade auch durch die vermittelte Atmosphäre, die einen so schön in die Zeit der 20er Jahre zurückversetzt.


    Und damit hast du mich überzeugt, dass ich dieses Buch auf alle Fälle haben und vorallem auch lesen muss :breitgrins:
    Das hört sich echt toll an!


    :winken:

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Mir haben die Bücher von Susanne Goga auch super gefallen und bedaure es auch sehr, dass keine Fortsetzungen mehr erscheinen :sauer:

    Gruß Mascha


  • Heimfinderin
    Die Autorin hat mal vor einiger Zeit gemeint das ein anderer Verlag interessiert wäre, einen dritten Band herauszubringen. Vielleicht wird ja doch noch was drauß. Ich fänds jedenfalls toll!


    Ja, stimmt. Ich schaue auch immer mal wieder auf Susannes Homepage. Dort steht zwar, dass es einen historischen Roman in diesem Jahr geben wird, aber leider nichts von Leo. Aber vielleicht wird es ja noch was.


    kathchen
    Na, dann hoffe ich, dass es dir auch so gut gefällt. :winken: