Wirklich verstanden habe ich es auch nicht, Doris ...
Vielleicht will McEwan, dass jeder Leser sich seinen Teil dazu denkt, und es wäre prinzipiell alles möglich?
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Wirklich verstanden habe ich es auch nicht, Doris ...
Vielleicht will McEwan, dass jeder Leser sich seinen Teil dazu denkt, und es wäre prinzipiell alles möglich?
Doris
Es ist schon eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe, habe es auch nicht vorliegen, da ich es damals ausgeliehen hatte, aber ich habe es am Ende so empfunden, dass
diese Begegnung der beiden von Brioni (sie war doch dann Schriftstellerin oder hat zumindest geschrieben?) so für die beiden von ihr erdacht, erdichtet wurde, damit es quasi doch noch ein gutes Ende nimmt, was es aber in Wirklichkeit nicht gab.
Ich weiß die Details leider nicht mehr so genau, aber das war so mein Eindruck am Ende. Bestimmt kann man auch anders empfinden.
Ich hätte jetzt gerade Lust, das Buch nochmal zu lesen. Ich muss es unbedingt auf meine reread-Liste setzten.
Wirklich verstanden habe ich es auch nicht, Doris ...
Da bin ich aber erleichtert, dass es noch jemandem etwas zweideutig erscheint
Vielleicht will McEwan, dass jeder Leser sich seinen Teil dazu denkt, und es wäre prinzipiell alles möglich?
Das habe ich ähnlich empfunden. So kann sich jeder Leser für das Ende entscheiden, dass ihm besser gefällt oder wahrscheinlicher vorkommt. Im Zementgarten hat McEwan das Ende auch ein wenig offen gelassen. Zumindest war es für mein Empfinden eher vage mit mehreren möglichen Konsequenzen.
Liebe Grüße
Doris
Huhu, ihr Lieben!
Ich habe dieses Buch vorgestern im Zug zu Ende gelesen und bin ebenso begeistert wie ihr. Das Problem mit dem Ende kann ich, glaube ich, aufklären:
Das Treffen hat wirklich nicht statt gefunden. Robbie starb noch am Strand und hat Cecilia, die einem Attentat zum Opfer fiel, nie mehr gesehen. Briony hat sich diesen Teil also nur ausgedacht, damit die Geschichte wenigstens in ihrem Roman ein gutes Ende nimmt - oder nehmen könnte...
Bei mir ist das alles noch ganz frisch im Gedächtnis, drum kann ich meine Gedanken noch gar nicht richtig in Worte fassen. Was mich schwer beeindruckt hat, war Ian McEwans Erzählstil und seine Ideen, die mit der Hauptgeschichte, mit dem Plot, wenn man so will, nichts zu tun haben, wie das Kapitel, in dem Briony darüber nachdenkt, ob sie sich dabei ertappen kann, wie ihr Gehirn den Befehl an ihren Finger sendet, sich zu bewegen.
Die heißen Sommertage im ersten Teil des Buches fühlt man wirklich selbst auf der Haut, man sieht den Boden förmlich kochen, man will selbst in den Teich mit der Tritonstatue springen...
Ebenso realistisch fühlten sich die Kriegsszenen und, vor allem, die Szenen am Ende im Krankenhaus an.
Auch interessant fand ich, dass ich mir bis jetzt nicht sicher bin, ob ich Briony mag oder nicht. Ich denke schon, aber so ganz hundertprozentig sympathisch ist sie mir nicht. Ebenso wenig wie Cecilia. Nur Robbie ist mir total ans Herz gewachsen, vom ersten Moment an.
Auch schön war, dass der Anfang und das Ende so einen schönen runden Abschluss bilden, vor allem, wenn man im Nachhinein überlegt, was für Welten sich zwischen diesen beiden Buchdeckeln befinden. Ganz toll!
Hallo!
Habe das Buch gelesen und bin auch verzaubert.
Mir kommt es vor als hätte ich mehrere Bücher auf einmal gelesen - es hat mich schwer beeindruckt.
Für mich persönlich war total klar,
dass die Begegnung von Briony und Robbie real war.
Und nun danke ich euch sehr, dass ihr mich zum Nachdenken angeregt habt.
Ich muss das nocheinmal komplett neu überdenken...
Von mir gibt es auf alle Fälle 5ratten. Und ich freue mich darauf mehr von ihm zu lesen.
Lg, mara
Saltanah und ich möchten hier eine kleine spontane Lese-und Diskussionsrunde zu dem Buch starten, ich hänge die jetzt einfach mal hier mit an. Wer möchte kann natürlich gerne auch noch mitmachen.
Erstmal vorweg, dies ist mein erstes Buch von Ian McEwan und wären hier nicht so viele begeisterte Rezis, hätte ich dieses Buch wohl eher nicht gekauft. Alleine vom Klappentext her hört es sich nämlich nicht wirklich interessant an, finde ich.
Die ersten 3 Kapitel habe ich jetzt durch und finde noch nicht so richtig den Zugang zur Geschichte. Irgendwie ist der Anfang doch sehr ruhig, passiert ist bisher noch nicht wirklich viel.
Aber da dieses Problem ja wohl auch mehrere hier hatten, das Buch aber trotzdem gut fanden, macht es mir Hoffnung das es noch was wird.
Irgendwie bin ich nur etwas verwirrt was den Schauplatz angeht. Ich denke die ganze Zeit ich befinde mich irgendwo in den amerikanischen Südstaaten, die Hitze, Fliegen, baden im Pool, ich sehe die Geschichte einfach nicht auf einem englischen Landsitz spielend. Obwohl es natürlich auch in England durchaus mal heiße Tage gibt.
Keine Ahnung............mal sehen ob ich das bildlich noch auf die Reihe bekomme.
Briony finde ich als Figur sehr faszinierend. Ein sehr intelligentes Mädchen.
Und die eine Stelle mit ihrem Zeigefinger fand ich gut, diese Gedanken mache ich mir nämlich auch immer, wie das eigentlich so funktioniert.
LG
Flor
Hallo Flor,
da antworte ich mal. Allerdings ist es schon eine Weile her, daß ich das Buch gelesen habe, und nicht mehr alles so frisch im Gedächtnis. Ich kann mich aber noch erinnern, daß ich es ausgesprochen gut fand, eines meiner Highlights der letzten Jahre.
Ja, es beginnt etwas schwerfällig, aber du wirst merken, daß es sich entwickelt und die Geschichte Fahrt aufnimmt, wenn du weiterliest. Thema des Buches ist ja u.a., wie ein kleiner Irrtum, Fehltritt, Fehler Brionys, oder wie man es nennen mag, gewaltige Auswirkungen auf das Leben aller Beteiligten hat. Eine kleine Änderung mit großer Wirkung. Durch die langsame Anfangsentwicklung der Geschichte auf diesen Fehler Brionys hin wird verständlich gemacht, wie und warum es dazu kam, in welcher geistigen Welt sie sich bewegte und daß sie die Auswirkungen zu der Zeit gar nicht überblicken konnte.
Viel Spaß beim Weiterlesen
Katja
Hallo Flor ,
es freut mich, dass du eine Mitleserin zu diesem Buch suchtest, ansonsten hätte es bei mir wohl noch eine Weile gesubt. Es gefällt mir (nach 5 Kapiteln) nämlich ausnehmend gut. McEwan ist für mich ein alter Bekannter - ein sehr alter. Vor Jahrzehnten (als Jugendliche) habe ich nämlich "Der Zementgarten" gelesen und nie wieder vergessen. Das faszinierte mich, aber gleichzeitig fand ich es ... unbehaglich, bedrückend, so dass ich nichts weiter von McEwan las. Erst hier im Forum bin ich wieder auf ihn gestoßen und freue mich nun darauf, die Bekanntschaft zu erneuern.
Ich lese eine englische Ausgabe mit insgesamt 371 Seiten. Ich hoffe, dass dein Buch ähnlich dick ist, denn sonst bekommen wir später Schwierigkeiten damit, die aktuelle Lesestelle anzugeben. Ab Teil 2 fehlt nämlich die Kapitelnummerierung.
Witzig, dass du dir die Südstaaten als Handlungsort vorstellst. Mir geht das ganz anders, für mich war von Anfang an klar, dass wir in England sind. Das kann natürlich daran liegen, dass ich viel mehr britische als us-amerikanische Literatur lese, und mir diese Bilder sozusagen viel näher liegen.
Schon der Anfang hat mich fasziniert. McEwan lässt sich Zeit bei der Vorstellung seiner Personen und deren Umfeld. Durch Brionys - und später Cecilias - Augen und Gedanken öffnet sich uns langsam ihre Welt. Das ist hervorragend gemacht, aber nicht ganz einfach zu lesen. Vielleicht liegt dies daran, dass wir zwar einerseits richtig in den Personen "drin" sind, aber dahinter auch immer eine Erzählerstimme hörbar wird, die weitere Informationen zu den Personen (z. B. Brionys Vorliebe für Ordnung und Geheimnisse) gibt. Beide Erzählperspektiven vermischt McEwan geschickt.
Brionys Entdeckung, dass jeder Mensch ein "Ich" ist, sich selbst im Mittelpunkt sieht (und nicht nur im Verhältnis zu Briony selbst existiert), zeigt wohl das endgültige Ende ihrer Kindheit an. Ab jetzt lebt sie in einer größeren und kälteren, weniger umhegten Welt. Sie ist nicht mehr das Zentrum des Universums, sondern nur ein kleines Teilchen desselben neben vielen anderen gleich viel bedeutenden Teilchen auch. Kein Wunder, dass diese Offenbarung ihr den Atem raubt.
Cecilia, die 22-23 Jahre alt sein müsste, hängt diesen Sommer "in der Luft". Sie hat fertig studiert - allerdings keinen "richtigen" Abschluss, da Frauen kein "degree" bekommen. Hier wird endgültig deutlich, dass das Buch nicht in unserer Gegenwart spielt. Was sie jetzt tun soll, weiß sie nicht. Irgendeinen langweiligen Job annehmen? Karriere ist für Frauen auch keine Option. Sich für längere Zeit bei Verwandten einquartieren? Alles läuft wohl darauf hinaus, dass sie früher oder später heiraten wird; eine andere Zukunftsperspektive hat sie nicht, im Gegensatz zu Briony, die mit ihrer Schriftstellerei ihre Lebensaufgabe gefunden hat. Mir tut Cecilia leid. Obwohl ihr eigentlich die ganze Welt offensteht (sie ist jung, hat Geld), ist sie eigentlich gefangen in einer Welt in der die Männer das Sagen haben. Zwar wehrt sie sich noch gegen männliche Bevormundung (die Szene am Brunnen), aber ich sehe das eher als die letzten "Todeszuckungen", bevor sie sich ihrem Schicksal ergibt.
Hoffnung besteht für sie - so wie ich das sehe - nur in dem im Klappentext erwähnten Handlung Brionys, die aller Leben verändern wird. Da Briony allerdings für ihre Handlung (ebenfalls laut Klappentext) ihr Lebtag lang Abbitte leisten wird, dürfte daraus auch nichts Gutes erwachsen.
Hallo ,
Mittlerweile bin ich mit dem 9. Kapitel durch. Obwohl ich eigentlich recht häufig am Tag an dem Buch lese, komme ich nicht sehr schnell voran. Der ständige Wechsel der Personen, das Vor und Zurück in der Handlung, immer wieder werden die gleichen Ereignisse aus der Sicht einer anderen Person geschildert, erfordert schon etwas Aufmerksamkeit.
McEwan ist wirklich ein guter Beobachter, er schildert alles so im Detail, dass man als Leser einfach nicht anders kann, als sich in der ein oder anderen Figur, oder ihren Gedanken, wiederzufinden.
Die Stelle an der Cecilia schildert, dass sie sich immer lieber das schlimmst Mögliche vorstellt, dass wird dann schon nicht eintreten.
Genau mein Reden immer, nur keiner in meiner Familie mag das hören.
Ich meine, ist doch völlig klar, sich immer das schlimmste Vorstellen, dann wird schon nichts passieren und wenn doch.........na ja, dann ist man ja schon vorbereitet. Doch ganz logisch, oder ?
So langsam komme ich auch etwas besser mit dem Schauplatz England klar, obwohl mich diese "Südstaaten" Hitze und Schwüle immer noch etwas verwirrt.
Alles wirkt so unwirklich, die Figuren so neben sich, wie Beobachter des ganzen Geschehen.
Die Mutter: Anfangs hatte ich sie schon verurteilt:
Klar, wieder mal so eine übersensible englische Lady die sich anstatt um ihre Familien zu kümmern in irgendwelche eingebildete Krankheiten flüchtet. Als dann aber Mrs Tallis selber "zu Wort" kam und uns so ausführlich ihre Migräne geschildert wurde, hatte ich nur noch Mitleid mit ihr. Da konnte man beim Lesen ja schon förmlich den Kopfschmerz spüren. Auch die Vorstellung, sie ist bei diesen Migräneattacken an ihr Bett gefesselt obwohl sie sich eigentlich um etwas anderes kümmern wollte. Sie wird nur noch zum Lauscher der Geräusche im Haus, anstatt wirklich am Leben im Haus teilzunehmen.
Und dann kommt nun auch endlich der Brief ins Spiel.........ich bin jetzt schon gespannt auf die kommenden Geschehnisse, die Veränderungen die Briony einleiten wird.
Saltanah
Meine Ausgabe hat 500 Seiten und tatsächlich ab dem 2. Teil, dass ist bei mir genau ab der Hälfte des Buches, gibt es keine Kapitel mehr.
LG
Flor
Hallo,
so, mittlerweile kann ich die ganze Begeisterung die über dieses Buch hier herrscht verstehen :smile:.
Auf den ersten 140 Seiten dümpelt die Geschichte so ruhig, hitzig-schwül vor sich hin. Ganz klar, mit einer sehr guten Beobachtungsgabe und schönen Sprache aber doch nicht wirklich fesselnd.
Dann kommt dieser Brief ins Spiel und die Geschichte fing an mich so zu fesseln, dass ich gestern gar nicht mehr vom Buch los kam.
Die Notizen die ich mir eigentlich noch zum 1. Teil gemacht habe sind angesichts des 2. Teils schon gar nicht mehr wichtig.
Der 2. teil war wie ein anderes Buch. Diese Kriegsbeschreibungen, erschreckend, deutlich sieht man das Grauen des Krieges vor Augen, ohne das McEwan in seinen Beschreibungen blutig werden muss. Hier ist wirklich kein Wort zu viel, jeder Satz hat mich tief bewegt und gefesselt. Nebenbei erfährt man auch noch alles was in den Jahren dazwischen, also zwischen dem 1. und 2. Teil passiert ist. Und das alles auf nur 100 Seiten.
Auch das im 2. Teil gradliniger, nur noch aus der Sicht Turners erzählt wird, macht das Lesen flüssiger.
gleich schreibe ich weiter......
Hallo Flor,
leider komme ich nicht so viel wie geplant zum Lesen. Mich hat die Herbstmüdigkeit fest in ihren Klauen und ich kann mich immer nur kurzfristig auf Mc Ewan konzentrieren. aber ich bleibe dran.
Mir gefällt McEwans Art des Erzählens sehr. Seine Protagonisten werden sehr lebendig, sehr glaubwürdig geschildert. Toll zu lesen, wie dasselbe Geschehnis von den verschiedenen Teilnehmern ganz unterschiedlich aufgefasst wird.
Ich stecke gerade in Kapitel 9 und erwarte mit Grauen, dass der (falsche) Brief von irgendwem gelesen wird.
Saltanah
Dann bist du jetzt so weit wie ich gestern war, bevor mich dieser Lesesog erfasst hat.
Da du ja noch mitten im 1. Teil steckst, möchte ich doch noch ein bisschen zu meinen Gedanken dazu schreiben.
Lieber erst lesen wenn du mit dem 1. Teil durch bist.
Lola
Ich kann gar nicht glauben, dass wirklich die Zwillinge Lola so verletzt haben. Mein erster Gedanke war hier, Lola hat sich selber verletzt um Mitleid, Aufmerksamkeit zu bekommen. Was ja auch geklappt hat. Was mich hier nur wundert, dass angeblich Marschall es gesehen hat, wie die Zwillinge Lola "überfallen" haben. keine Ahnung.........aber irgendwie habe ich das Gefühl hier stimmt etwas nicht.
Tja dieser falsche Brief.....typischer Fall von "dumm gelaufen" aber das Robbie
ausgerechnet Briony den Brief in die Hand geben musste.........auch wenn es der richtige Brief gewesen wäre, wir erfahren hier ja leider nicht was in dem "richtigen" Brief stand, aber ich denke es wäre so oder so nicht schlau von ihm gewesen ihn einem dritten zu übergeben.
Für die Geschehnisse dann kann ich Briony einfach nicht verurteilen, die Worte in dem Brief sind ja schon "shocking"
für eine unschuldige, unaufgeklärte 13jährige. Plus die Geschehnisse in der Bibliothek, dass da Brionys Fantasie mit ihr durchgeht ist doch ganz verständlich. Robbie als gewalttätiger Psychopath....diese Gedanken liegen doch auf der Hand.
Als dann diese Vergewaltigung passiert kann es in Brionys Augen nur einen Täter geben.
Hier wären natürlich die Erwachsenen gefragt gewesen, die Geschehnisse etwas zu hinterfragen, aber jeder war froh diesen unangenehmen (Vor)Fall so schnell wie möglich zu lösen. Die Polizei, Brionys Eltern.
Irgendwie kann ich immer noch nicht so recht glauben, dass es wirklich bis zur Vergewaltigung gekommen ist.
Irgendwie ist mir Lola da suspekt........allerdings wurde sie ja vom Arzt untersucht.......darauf wird aber dann gar nicht mehr weiter eingegangen.
Ich habe ja auch stark diesen Marshall im Verdacht.
ich bin ja gespannt ob sich da noch irgendetwas bis zum Schluss aufklärt, oder ob das einfach so stehen bleibt, ohne richtige Aufklärung.
LG
Flor
Man kann McEwan wirklich nicht vorwerfen, vorhersehbar zu schreiben! Das 12. Kapitel hat mich ziemlich umgehauen; die Ereignisse in der Bibliothek hatte ich nach dem Vorangegangenen wirklich nicht erwartet, sie ist aber trotzdem sehr stimmig.
Faszinierend auch die Gedanken Brionys zur Schriftstellerei. Hier sehen wir ein Autorin in den Startlöchern. (Schade, dass es sie nicht wirklich gibt; auf ein Buch von ihr wäre ich richtig neugierig :smile: .)
Ich bin gerade mit dem Buch durch und wirklich ganz begeistert von diesem gewaltigen Werk.
Bevor ich mir Gedanken über das mache, was ich gerade gelesen habe, möchte ich etwas zum Ende sagen.
Ich war die ganze Zeit gespannt eure Spoiler zu lesen, dass das Ende irgendwie so oder so verstanden wurde. Also, ihr habt mich jetzt total verwirrt. Für mich ist eigentlich völlig klar, dass
das Treffen zwischen Robbie, Cee und Briony stattgefunden hat. Es wird doch im Epilog geschrieben, dass Cee beim Bombenattentat auf die U-Bahn Station stirbt im gleichen Jahr wie Robbie an einer Blutvergiftung, als er wieder in den Krieg zieht. Als das Treffen der 3 war, war Robbie doch nur auf kurzen Erholungsbesuch, bevor er ja an diesem Tag des Treffens wieder in den Krieg musste und der "Blitz" auf die Station hatte ja noch nicht stattgefunden, sondern sollte erst einige Monate später sein.
Das was Briony sich letzten Endes denkt ist doch, dass sie für ihr Buch, dass sie ja in den Jahren immer wieder umschreibt, vielleicht ein anderes Ende wählen könnte. Das die beiden nicht sterben, sondern das es doch noch ein glückliches Ende gibt.
Das hat für mich jetzt aber gar nichts mit dem Treffen zu tun gehabt
.
Hm.....ihr habt mich jetzt verwirrt, habe ich das Buch jetzt so missverstanden?
Ich bin hier sehr gespannt auf Saltanahs Meinung.
Ich habe den ersten Teil jetzt auch durch. Wow, welch ein Finale! Und wieder etwas, das ich nicht erwartet hatte.
LolaIch kann gar nicht glauben, dass wirklich die Zwillinge Lola so verletzt haben. Mein erster Gedanke war hier, Lola hat sich selber verletzt um Mitleid, Aufmerksamkeit zu bekommen. Was ja auch geklappt hat. Was mich hier nur wundert, dass angeblich Marschall es gesehen hat, wie die Zwillinge Lola "überfallen" haben. keine Ahnung.........aber irgendwie habe ich das Gefühl hier stimmt etwas nicht.
Ich hatte gleich den starken Verdacht, dass bei Marshall was faul ist. Schon in der Szene, als er mit den Kindern im Kinderzimmer ist und dann die Jungen zum Baden gerufen werden, lief es mir kalt den Rücken runter. Hinzu kommt noch, dass er auch einen Kratzer im Gesicht hat. Andererseits dachte ich die ganze Zeit, dass McEwan nicht so melodramatisch werden würde, dass wir ja keinen Krimi lesen. Aber ob er jetzt Lola überfallen hat, oder ob es Danny Hardman war, der ja auch Interesse an Lola gezeigt hatte...
Tja dieser falsche Brief.....(...) wir erfahren hier ja leider nicht was in dem "richtigen" Brief stand,
Ich war davon ausgegangen, dass er seinen letzten Entwurf, nur eben ohne den berüchtigten "Zusatz", nehmen wollte.
"You'd be forgiven to thinking me mad - wandering into your house barefoot, or snapping your antique vase.The truth is, I feel rather leght-headed and foolish in your presence, Cee, and I dont think I can blame the heat! Will you forgive me? Robbie
Aber es stimmt schon, es wird nicht direkt gesagt, dass er gerade diesen Entwurf wählte.
Für die Geschehnisse dann kann ich Briony einfach nicht verurteilen, die Worte in dem Brief sind ja schon "shocking"
Nein, wirklich verurteilen kann man Briony nicht, auch wenn sie selbst das wohl später tut.
McEwan schildert sehr nachvollziehbar, wie sie zu ihrer Schlussfolgerung kommt, und wieso sie ihre Aussage nie richtig zurückzieht. Das wäre zu viel verlangt für eine Dreizehnjährige, aber andererseits ist sie sich ja schon darüber im Klaren, dass sie nicht hundertprozentig die Wahrheit sagt, sondern nur das, was sie für die Wahrheit hält, dass sie Robbie eben nicht wirklich "gesehen" hat. Ganz "unschuldig" ist sie eben auch nicht. Es wäre zu einfach, sie vollkommen von aller Schuld freizusprechen.
Sie trägt mit Schuld daran, dass Robbie verdächtigt (und verurteilt?) wird, zusammen mit Lola, die ihr nicht widerspricht, aus welchen Gründen auch immer, und den Erwachsenen, die nicht hellhörig genug sind, um die Versuche, ihre Aussage zu modifizieren, wahrzunehmen.
So, alles streichen was ich zum Ende geschrieben habe . Tatsächlich
das Treffen zwischen Cee, Briony und Robbie hat nie stattgefunden.
Ich habe jetzt das Ende noch mal nachgelesen, den 2. Teil noch mal überflogen und vor allem geguckt
wann die Evakuierung der Soldaten in Dünkirchen war und tatsächlich Robbie ist nie wieder nach England zurück gekommen. Es steht ja das Turner am 1. Juni an einer Blutvergiftung stirbt, genau zum Zeitpunkt der Evakuierung. Gesagt, na ja nicht wirklich klar aber doch schon irgendwie, wird es bei mir sogar in einem Nachwort.
Irgendwie ist es jetzt auch völlig klar, aber ohne eure Kommentare wäre mir das wirklich nie aufgefallen.
Unglaublich, ich hätte das Buch völlig falsch verstanden, dass ist so genial verwirrend gemacht und ich war so von McEwans Erzählkraft gefangen, das ich das nicht gemerkt hätte.
Mittlerweile stecke ich im 3. Teil.
Ab Teil 2 ist das Buch, wie Flor schon sagte, tatsächlich viel einfacher zu lesen, aber ich sehe das eher als Nachteil an. Gerade das Hin- und Herspringen zwischen den verschiedenen Personen hat mich im ersten Teil fasziniert, während die nächsten beiden Teile jeweils nur aus einer Perspektive erzählt werden. Ich finde es auch schade, dass es im 2. und 3. Teil so viel äußere Handlung gibt. Dies ist natürlich den Ereignissen angemessen, aber mich interessiert nun mal mehr, was in den Personen vorgeht. Das klingt jetzt alles sehr kritisch, bedeutet aber nur, dass sich das Buch von einem hervorragenden in ein sehr gutes Buch verwandelt.
2. Teil:
Die Kriegsbeschreibungen sind wirklich furchtbar, obwohl wir von eigentlichen Kämpfen ja nichts mitbekommen. Die ganze Unmenschlichkeit des Krieges wird aber trotzdem sehr deutlich, einschließlich der verrohenden oder zumindest abhärtenden Auswirkungen auf die Betroffenen.
Robbies harsche Verurteilung von Brionys Handlung kommt wie eine kalte Dusche. Dies liegt natürlich daran, dass wir wissen, was sie dazu führte, und dass sie wirklich an Robbies Schuld glaubte. Er kann dies nicht wissen und sieht so nur eine abgrundtiefe Boshaftigkeit hinter ihrem Verhalten.
Dass Cecilia sich völlig von ihrer Familie lossagt, hätte ich nicht erwartet, passt aber und freut mich für sie auch. Denn so hat sie sich aus der Falle ihres Oberschichtsfrauendaseins befreien können und hat ein eigenes, unabhängiges Leben begonnen. (Dass der Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens allerdings der unerreichbare Mann ist...)
Das Ende dieses Teils ist offen. Hat Robbie überlebt oder nicht? Ich wünsche es ihm ja, aber er schien mir schon sehr krank zu sein, ganz abgesehen davon, was den Soldaten beim Weg auf die Schiffe noch bevorsteht.
3. Teil (bis etwas über die Hälfte):
Die Arbeitsbedingungen für Krankenschwesternschülerinnen sind ja grauenhaft! Die Ausbildung wirkt genauso Identitätsraubend wie das Dasein als Soldat oder Gefängnisinsasse. Bloßer Gehorsam ist gefragt, für eigene Gedanken ist kein Raum. (Damit relativiert sich auch ein bisschen, was ich über Cecilias positive Wahl gesagt habe. Vielleicht doch lieber ein behütetes, leeres Oberschichtleben als dies!)
Briony wählt dieses Leben meiner Meinung nach, um sich selbst für ihre Handlung zu bestrafen und zugleich auch, weil die ständige Erschöpfung sie "delivers from introspection", sie so weit betäubt, dass sie an ihre Handlung nicht denken muss.
Was mir hier fehlt, ist eine Beschreibung davon, wie ihr allmählich die Ausmaße ihrer Handlung klar wurden, wie sie zu verstehen begann, dass sie gelogen hatte. Aber vielleicht kommt das ja später noch.
Was war wirklich geschehen? Mir scheint, wir bekommen die Erklärung hier: als Briony erfährt, dass Paul Marshall und Lola heiraten, denkt sie, dass sie diese Verbindung möglich gemacht hat. Das scheint mir zu bedeuten, dass es tatsächlich Paul war, und dass Lola sich ihm freiwillig "hingegeben" hatte. Hätte Briony Paul identifiziert oder Lola ihn genannt, hätte er seine gesellschaftliche Stellung verloren, wäre vielleicht sogar im Gefängnis gelandet.
Jetzt muss ich schnell weiterlesen, um endlich eure spoiler zum Ende lesen zu können.
. Ich finde es auch schade, dass es im 2. und 3. Teil so viel äußere Handlung gibt. Dies ist natürlich den Ereignissen angemessen, aber mich interessiert nun mal mehr, was in den Personen vorgeht. Das klingt jetzt alles sehr kritisch, bedeutet aber nur, dass sich das Buch von einem hervorragenden in ein sehr gutes Buch verwandelt.
Das sehe ich ja genau andersherum. Ich habe ja lieber eine interessante äußere Handlung als wie seitenlange Beschreibungen was in den Personen vorgeht.
Ich habe den 1. Teil als eher langweilig empfunden, bis zum Auftauchen des Briefes halt, als das Buch für mich richtig losging. Den 2. und 3. Teil fand ich so fesselnd.
3. Teil (bis etwas über die Hälfte):Die Arbeitsbedingungen für Krankenschwesternschülerinnen sind ja grauenhaft! Die Ausbildung wirkt genauso Identitätsraubend wie das Dasein als Soldat oder Gefängnisinsasse. Bloßer Gehorsam ist gefragt, für eigene Gedanken ist kein Raum. (Damit relativiert sich auch ein bisschen, was ich über Cecilias positive Wahl gesagt habe. Vielleicht doch lieber ein behütetes, leeres Oberschichtleben als dies!)
Ja, extrem interessant fand ich diese Beschreibungen und auch wie sich die Vorstellungen was gut ist für die Patienten bis heute geändert hat. Völlige Bettruhe als bestes Heilmittel. 2 Wochen für einen gebrochenen Zeh . Und das Bettpfannen wechseln. Die hatten feste Zeiten wann die Patienten müssen mussten? Einmal eine Bettpfannenrunde morgens eine abends. Ich hoffe doch die Patienten durften auch mal dazwischen .
Das scheint mir zu bedeuten, dass es tatsächlich Paul war, und dass Lola sich ihm freiwillig "hingegeben" hatte. Hätte Briony Paul identifiziert oder Lola ihn genannt, hätte er seine gesellschaftliche Stellung verloren, wäre vielleicht sogar im Gefängnis gelandet.
Nur irgendwie wird das gar nicht richtig klar. Hat Briony nun wirklich Paul gesehen, ich meine ihn wirklich erkannt, oder denkt sie jetzt im Nach hinnein nur das es eher Paul gewesen sein muss als Robbie. Sie sich jetzt so sicher.
Welch' ein großartiges Ende!
Der Teil "London, 1999", von Briony selbst erzählt, hat mich vollkommen fasziniert. Noch einmal überwiegt die "Innenperspektive", die mir im ersten Teil so gut gefallen hatte. McEwan gelingt mit der Rückkehr ins frühere Elternhaus und der Theateraufführung ein runder Schluss. Der wäre mir fast zu rund, wenn da nicht die eifrig bespoilerte Frage auftauchen würde. Auch ich war einen Moment am Überlegen, wie dies aufzufassen sei, bin mir aber sicher
dass Robbie tatsächlich am Strand bei Dünkirchen gestorben war, und Cecilia ihn nie wiedergesehen hat. Vermutlich hat auch Briony ihre Schwester nie mehr getroffen. Als Beweis dafür nehme ich die Tatsache, dass Briony mit dem noch unveröffentlichten, immer wieder umgeschriebenen Manuskript "Abbitte" leisten will. Dies konnte sie nämlich nie direkt bei Robbie und Cecilia tun, da die beiden starben, bevor Briony dazu eine Chance hatte. Sonst hätte sie ihr "Verbrechen" nicht ihr ganzes Leben über verfolgt, sie hätte ihre Handlung wenigstens teilweise "wiedergutmachen" können, hätte direkt bei den Hauptbetroffenen Sühne, Abbitte leisten können. Dieser Ausweg blieb ihr aber für immer versperrt, und das macht die eigentliche Tragik ihres eigenen Lebens aus.
Hat Briony nun wirklich Paul gesehen, ich meine ihn wirklich erkannt, oder denkt sie jetzt im Nach hinnein nur das es eher Paul gewesen sein muss als Robbie. Sie sich jetzt so sicher.
Meiner Meinung nach hat sie Paul nicht wirklich erkannt, dazu war es ja zu dunkel. Sie hat nur noch einmal 2+2 (mit anderen Ausgangswerten sozusagen) zusammengezählt und ist zu einem anderen Ergebnis gekommen. Ein kleiner Zweifel bleibt natürlich, ob es nicht doch Robbie war. Anfangs sah ich Robbies Gedanken im 2. Teil als "Beweis" für seine Unschuld, aber nun lese ich Teil 1-3 als das Buch, dass Briony über die ganze Affäre geschrieben hat, als das Buch, mit dem sie "Abbitte" leistet, und das erst nach dem Tod aller Beteiligten erscheinen kann. Das bedeutet dann natürlich auch, dass nicht Robbies "wirkliche" Gedanken geschildert wurden, sondern die, die Briony Robbie "in den Kopf legt". (McEwan lassen wir hier besser aus dem Spiel, sonst wird das Ganze noch komplizierter.)
Ein weiteres Thema, das sich durch das gesamte Buch zieht, und das mir sehr gefallen hat, sind die Überlegungen zur Schriftstellerei. Von Brionys ersten Gedanken dazu, was man mit Worten anstellen kann, über ihr erstes "richtiges" Manuskript - genial, wie wir durch den Ablehnungsbrief genaueres über die Erzählung erfahren - bis zu der Stelle, an der ihr kriegsspezifischer Korrekturleser kleine, aber wichtige Fehler bekrittelt (nicht "On the double" sondern "At the double" ), taucht dieses Thema immer wieder auf.
Für ein großes Leseerlebnis, das Lust auf weitere Bücher des Autors macht, vergebe auch ich
Schön, dass du auch durch bist, Saltanah. Ja, ein wirklich geniales Ende.
Gut hast du das noch mal formuliert so habe ich das auch verstanden.
Okay, bei mir hat es ja einen Tag lang gedauert und nochmaliges Nachlesen erfordert, bis ich es kapiert hatte, aber immerhin .
dass Robbie tatsächlich am Strand bei Dünkirchen gestorben war, und Cecilia ihn nie wiedergesehen hat.
Das muss auch einfach so ein. Ich denke ja das das Buch historisch super korrekt ist und die
Evakuierung aus Dünkirchen war genau zu der Zeit, an dem der im Buch genannte Todestag Robbies war. Er konnte es also nicht mehr geschafft haben nach England zurück, eine Zeit dort bleiben und dann wieder zurück in den Krieg.
Das ist echt die große Tragik, dass sich Robbie und Cecilia nie mehr richtig wieder gesehen haben. Allerdings, wer weiß ob sie sich auch verstanden hätten, bei ihrem kurzen Treffen, bevor Robbie in den Krieg musste, waren sie sich schon so fremd geworden.
Aber es ist alles wirklich perfekt. Ich meine natürlich das Buch.
Nichts ist wirklich 100 % klar. Wer war der Vergewaltiger wirklich, gab es überhaupt eine Vergewaltigung?
Daran glaube ich nämlich persönlich gar nicht, habe ich nie geglaubt.
Schon am Tag, als die angebliche Vergewaltigung geschehen ist. Und eine klare Aussage vom Arzt. der Briony untersucht hat, haben wir ja auch nie bekommen.
Klartext, es mag ja gerne zum intimeren Verkehr gekommen sein, aber ob wirklich mit Gewalt, dass bezweifle ich doch stark.
Ein weiteres Thema, das sich durch das gesamte Buch zieht, und das mir sehr gefallen hat, sind die Überlegungen zur Schriftstellerei. Von Brionys ersten Gedanken dazu, was man mit Worten anstellen kann, über ihr erstes "richtiges" Manuskript -
Das hat mir auch wirklich sehr gut gefallen. So einen "Insider" Einblick was in einem Menschen vorgeht, der sich schon von Kindheit an zum Schriftsteller berufen fühlt.
Für mich war das auch ein ganz besonderes Buch. Das einen schwierigen Anfang hat, wie ich finde. Wenig fesselnd zumindest. Die ersten Tage habe ich gerade mal 30 Seiten an einem Tag lesen können und habe schon Angst gehabt, das Buch schaffe ich nie in 2 Wochen (Die Zeit die ich für das Buch hatte, weil ich es nun nicht noch nach Deutschland mitschleppen will). Als dann aber die ersten 140 Seiten überwunden waren, hat mich das Buch total mitgerissen.
Wirklich ein ganz, ganz tolles Buch .
Das von mir natürlich auch nur eine Bewertung bekommen kann.
"Saturday" habe ich mir denn gleich gestern bestellt und weitere Bücher von Ian McEwan werden ganz sicher bald folgen.
LG
Flor