Alev Croutier - Das Haus der Seidenweberin

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    Der Übergang vom osmanischen Reich zur modernen Türkei unter Atatürk bildet den historischen Hintergrund für diesen Roman. Über mehrere Generationen wird aus der Sicht der Frauen einer alteingesessenen Seidenweberdynastie über gesellschaftliche Veränderungen, familiäre Verwicklungen und Anpassungen an die Moderne berichtet.


    Esmas Ehe wurde noch traditionsgemäß von den Eltern gestiftet, ihre große Liebe findet sie erst als Witwe in Süleyman, dem Hauslehrer ihrer beiden Söhne. Aida, das Kind aus dieser verbotenen Liaison, wächst bei ihrer Schwester auf und zu einer Schönheit heran, die schon als Teenager von Atatürk persönlich zur Miss Türkei gekrönt wird. Statt der Geliebten des großen Mannes wird sie aber dann lieber die Frau eines seiner Adjutanten, bringt einen missratenen Sohn zur Welt und verzweifelt schließlich am Verlust ihrer Schönheit.


    Eine der interessantesten Figuren des Romans ist aber Amber, Enkelin von Esma und als Mädchen in dieser Türkei des Umbruchs zwischen allen Fronten stehend. Sie liebt ihren Großvater, den Patriarchen, und die verloren gegangene Kultur, für die er steht. Er führt sie in die Geheimnisse der Seidenspinnerei und in die spirituellen Traditionen ein, formt ihren Blick auf die Welt und gibt ihr so das Rüstzeug, sich in einer sich modernisierenden Welt zu behaupten. Ihre hellwache, kluge Art ist vielen ihrer Familienmitglieder unheimlich, und erst die Emigration in die USA und das Gründen einer eigenen Familie macht sie zu der unabhängigen, starken Frau, als die sie am Ende auch gegenüber ihrer Mutter und ihren Tanten auftreten kann.


    Der Blick der Frauen auf die Welt um sie herum ist prägend für dieses Buch. Die Männer, eigentlich Entscheidungsträger und voller Macht über ihre Ehefrauen und Töchter, spielen hier nur eine Nebenrolle. Jede der Protagonistinnen wird durch die episodenhafte Erzählweise sehr prägnant dargestellt; mit großen Zeitsprüngen werden exemplarische Passagen aus den jeweiligen Biographien berichtet, die häufig auch einen Wendepunkt in der Entwicklung der gesamten Großfamilie darstellen. So wird der Handlungsbogen von annähernd 100 Jahren zwar nicht umfassend in historischer Ausführlichkeit erzählt, dafür bekommen die Figuren eine unverwechselbare Persönlichkeit - sofern die Autorin ihnen den nötigen Raum widmet. Einige der Frauen werden leider eher “im Vorbeigehen” abgehandelt, scheinbar um einen Anknüpfungspunkt für eine spätere Episode zu haben; diese Vorgehensweise weckt Erwartungen, die dann nicht befriedigt werden. Geschickt eingeflochten sind aber auch die immer wieder auftauchenden verbindenden Elemente zwischen den Generationen, wie das titelgebende Haus, in dem Esma zu Beginn lebt, oder die Figur des Süleyman.


    Der Roman atmet orientalisches Flair aus jeder Seite. Nicht nur die Traditionen des Clans, die sich auch nach Verlust des Seidenimperiums in einem heruntergekommenen Istanbuler Mietshaus am Leben erhalten, berichten von dieser fremdartigen Welt, auch die blumige, metaphernreiche Sprache der Autorin. Sie schafft einen bemerkenswerten Balanceakt zwischen Phantastik und Lebensnähe, die ein gelungenes Abbild dieser Welt im Umbruch ist.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Viele Grüße aus dem Zwielicht<br />[size=9px]Rihla.info | blooks - Rezensionen und mehr<br />[b][url=http://www.librarythi