Sonya Hartnett - ALMA-Preisträgerin 2008

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.058 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Preisträgerin des Astrid Lindgren Gedächtnispreises für Literatur (ALMA) 2008 ist die australische Schriftstellerin Sonya Hartnett. Frühere Preisträger waren u.a Christine Nöstlinger und Philip Pullman, was hoffen lässt, dass auch Sonya Hartnett gute (Jugend-)Bücher schreibt. Ich muss gestehen, dass sie mir bisher nicht einmal dem Namen nach bekannt war. Wie sieht es bei euch aus? Kennt sie jemand von euch? Habt ihr gar etwas von ihr gelesen und könnt etwas empfehlen?


    Amazon bietet 3 ihrer Bücher in deutscher Übersetzung an, alle 3 sind allerdings vergriffen und nur noch gebraucht zu erhalten.
    Teuflische Stimmen. Chili
    Prinzen
    Schlafende Hunde

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    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo Saltanah,


    Ich dacht grade schon irgendwie kenne ich den Namen, als ich den Threadtitel gelesen habe und siehe dam jetzt weiß ich auch weshalb.^^ Schlafende Hunde ist eines meiner Lieblingsbücher und steht bei mir im Regal. Es war auch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Ich glaube das müsste 1998 gewesen sein. (Da war auch Die Mitte der Welt nominiert und ich wurde so auf das Buch aufmerksam). Ich müsste das Buch mal wieder lesen, dann schreibe ich eine Rezi!


    Grüße


    HC


  • Ich müsste das Buch mal wieder lesen, dann schreibe ich eine Rezi!


    Oh ja, mach das, Holden! Ich habe mir vorgenommen, in der Bib mal nach Hartnetts Büchern zu schauen. Sie klingen nicht uninteressant.

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • @ Saltanah:


    Ich kenne (und habe) alle drei Bücher, aber "Schlafende Hunde" ist m.E. mit Abstand das beste davon. Der Roman ist nach dem Eisberg-Prinzip geschrieben - Hemmingway wäre von diesem Buch begeistert gewesen. Allein für "Schlafende Hunde" hat Sonya Hartnett den Literaturpreis doppelt und dreifach verdient.


    "Schlafende Hunde" ist ein phantastisches Buch - unprätentiöse Sprache, kristallklar und ungeheuer intensiv geschrieben. Jeder Satz knapp und exakt auf den Punkt gebracht, kein Wort zuviel, keins zu wenig. Keine ausschweifenden Beschreibungen, keine überflüssigen Erklärungen, sondern präzise, nüchterne Darstellung mit einfachen Stilmitteln, die dem Leser dennoch Raum läßt, sich seine eigenen, zutreffenden Vorstellungen vom Geschehen und seinen Hintergründen zu machen. Die Protagonisten sind treffend charakterisiert, die Geschichte ist flüssig zu lesen und die Handlung wirkt allein durch den konsequent durchgehaltenen Präsensstil sowie den Verzicht auf Erläuterungen zum "richtigen" Verständnis des Inhalts ungeheuer realistisch.
    Der Titel des Buches spielt auf das Sprichwort von den schlafenden Hunden an, die man nicht wecken soll, um kein Unheil heraufzubeschwören. Doch das geschieht, als ein Fremder Einblick in den in sich geschlossenen Mikrokosmos einer Familie bekommt, die auf ihrer abseits gelegenen Farm einen Campingplatz betreibt. Die Geschichte handelt von den Folgen, die aus eigentlich belanglosen Ursachen entstehen können, wenn mißverständliche Informationen in falsche und rachsüchtige Hände gelangen. Geschildert am Beispiel der platonischen Beziehung zweier erwachsener Geschwister, die unter der Knute eines Familienpatriarchen leben, der über seine Familie und seine Kinder wie Gottvater herrscht. Hartnett rührt hier am christlichen Inzestverbot, gleichwohl es allein dem Leser überlassen bleibt, ob er zu dieser Interpretation gelangen will.



    "Teuflische Stimmen" ist weniger konsequent und schonungslos geschrieben, die Handlungsstränge sind vielschichtiger angelegt und spielen mit der Thematik, welchen Grad an Wirklichkeit subjektive und objektive Wahrheiten haben können. Man ist sich als Leser niemals wirklich sicher, ob die Handlung nun real im Rahmen der Geschichte ist oder nur jene emotional begründete Variante der Realität ist, die derjenige als real empfindet, dessen erzählerische Perspektive gerade zum Tragen kommt. In der Intention der Autorin lag es offensichtlich, Wahnvorstellungen nacherleb- und dadurch begreifbar zu machen. Das ist ihr bis zu einem gewissen Grade sehr gut gelungen, aber letztendlich betrachtet man den Wahn des Protagonisten zwangsläufig doch nur wie durch einen milchigen Rauchvorhang.
    Hartnett erzählt hier auf ihre eigene Weise die Liebesgeschichte zwischen einem Mädchen und dem Jungen aus dem Nachbarhaus, der von seinem Großvater, einem Familientyrann, solange gequält wurde, bis ihm völlig unerwartet "jemand" zu Hilfe kommt, der ihm in gewisser Weise einen Ausweg aus seiner Misere anbietet, aber auch Gelegenheiten, sich an seinem Quälgeist zu rächen. Die Geschichte handelt von familiärer Gewalt in verschiedenen Erscheinungsformen, ihren möglichen Folgen sowie davon, was Liebe vermag und wo ihre Grenzen liegen.



    Das literarische Spiel mit unterschiedlichen Ebenen von Realität, Wirklichkeit und Wahrheit spielt auch in "Prinzen", dem dritten und einem m.E. ziemlich grausamen Buch, die zentrale Rolle. Geschildert werden die psychischen Interaktionen von Zwillingsbrüdern, deren Leben sich in einer gleichsam von der Realität der Außenwelt abgetrennten Seifenblase abspielt. Die Geschichte ist in Bewußtseinsstromtechnik geschrieben und die erzählerische Perspektive wechselt ständig, so daß man als Leser sehr schnell die Übersicht verliert, durch die Augen wessen der beiden Brüder man die Welt und den anderen gerade sieht. Was in der Intention der Autorin gelegen haben muß, denn sie spielt bewußt und sehr gekonnt mit den Themen Identität, Identitätskrise und den psychischen Grundlagen multipler Persönlichkeiten. Zugleich ist der Roman eine facettenreiche, moderne Adaption der biblischen Geschichte von Kain und Abel, den beiden feindlichen Brüdern sowie diversen anderen Bibelmotiven - kombiniert mit mehr als nur einer Prise der Thematik von Oskar Wildes Erzählung des Bildnisses von Dorian Gray.



    :teufel: :kaffee: :engel:

  • Danke für die Buchvorstellungen, Tamlin! Die erhöhen mein Interesse für Hartnett noch weiter.
    Ich habe leider noch keine Möglichkeit gehabt, mir Hartnetts Bücher anzuschauen, da die Bücher jetzt in den Bibliotheken ständig ausgeliehen sind und die Regale in den Buchhandlungen leergeräumt sind. Aber letztens tauchten die ersten Neuauflagen der ins Schwedische übersetzten Bücher auf und ich bin fest überzeugt, dass bald auch englische Bücherstapel auf besonderen Tischen zu finden sein werden.

    Wir sind irre, also lesen wir!