J.M. Coetzee - Warten auf die Barbaren

Es gibt 22 Antworten in diesem Thema, welches 6.493 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mombour.

  • @mombour:
    Natürlich zeigt Coetzee auch die Mitschuld des Magistrats und aller anderen auf. Unter anderem deswegen ist das Buch ja so gut.
    Ich habe mich da nicht gut ausgedrückt, als ich von "der bösen Seite", die ja eine gute impliziert, sprach. (Haupt)täter wäre besser gewesen. Mir ging es auch nur um die Frage, wieso nur die beiden Hauptfolterer Namen haben, während alle anderen Personen anonym bleiben.


    Die "Mitschuld" des Magistrats am Unheil, das das Empire vollbringt, drückt der Magistrat gut im 5. Kapitel aus:
    For I was not, as I liked to think, the endulging pleasure-loving opposite of the cold rigid Colonel. I was the lie that Empire tells itself when times are easy, he the truth that Empire tells when harsh winds blow. Two sides of Imperial rule, no more, no less.


    In diesem Kapitel fiel mir übrigens zum ersten Mal auf, dass das Empire ohne bestimmten Artikel genannt wird: Nicht "the Empire", sondern nur "Empire". Um noch deutlicher zu markieren, dass es nicht um ein bestimmtes Reich geht, sondern um zentrale Machtausübung überhaupt? Um alle Reiche zu allen Zeiten, die über andere Völker bestimmen wollen?


    :sauer: Ach, ich möchte eigentlich noch so viele Aspekte des Buches aufgreifen, aber irgendwie bekomme ich meine Gedanken nicht ausreichend geordnet. Scheiß Grippe - mein Kopf ist immer "zu". Ich schreibe später mehr.


    Schöne Grüße,
    Saltanah

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Hallo Saltanah,


    ich wünsche dir gute Besserung, und wenn die Grippe verflogen ist, können wir hier jederzeit noch stundenlang diskutieren. Im Übrigen, was den Roman betrifft, sind wir ja derselben Auffassung, wie ich das sehe.


    Also bis später noch, dann meine Gedanken zu Kap. 5.


    Liebe Grüße ans Nordlicht :winken:


    mombour

  • Hallo,


    In Kap.5/6 spricht Coetzee geschichtsphilosophische Thematik an. Nun, davon habe ich leider keine Ahnung. Es geht um Geschichte und Geschichtslosigkeit.


    Der Magistrat wird von der Geheimpolizei schon bewusst nicht als Gefangener in den Akten geführt, ihm droht kein Prozess. Hier schon wird er aus der Geschichte herauskatapultiert, weil er postmortem schnell in Vergessenheit gerät. Der Magistrat fühlt sich zwar berufen, einen historischen Abriss über die Reichsprovinz zu schreiben, ist dazu aber dazu nicht in der Lage. Im fällt der Charme des Lebens ein in dieser wunderbaren Gegend und


    Zitat

    Wir lebten mit dem Zyklus der Jahrerszeiten, der Ernten, der Vogelzüge....


    Das ist sehr schön, hat aber nichts mit Geschichte zu tun.



    Am Schluss des fünften Kapitels heißt es:



    Das schöne an dem Roman ist ja, dass immer wieder neue Überlegungen ins Hirn schießen, der Roman vielfältig zum Denken anregt. Darum ist das großartige Literatur, und ich freue mich, dass alle anderen Romane von J. M. Coetzee noch vor mir liegen. :klatschen:


    Liebe Grüße
    mombour

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