Wer kennt sie nicht, die zahlreichen Verfilmungen dieses Klassikers, die schon seit Jahrzehnten in immer wieder neuen Fassungen über die „Leinwände“ der Kinos und Wohnzimmer flimmern. So war es nun auch für mich an der Zeit, den Roman zu diesem bewegenden Abenteuer zu lesen. Doch meine anfängliche Begeisterung bekam mit fortschreitender Lektüre einen leichten Dämpfer. Der Anfang des Buches entfacht einen Sog in diese Geschichte hinein und vermag mit Spannung zu fesseln. Jedoch flacht diese Spannung langsam aber sicher mit der Entwicklung des Edmond Dantes zum Grafen von Monte Christo immer weiter ab.
Dantes konstruiert in diesem Roman Beziehungsgeflechte, die sich einzig und allein in einem sehr engen Rahmen bewegen. Alle vorgestellten Personen und seinen es Diener stehen im Zusammenhang mit der Sache, es gibt kaum Aussenstehende. Auf mich macht dies einen etwas unglaubwürdigen Eindruck. Der anfangs doch stark naiv wirkende Held entwickelt sich durch einen Schicksalsschlag getrieben von seinem Schwur und seinem Durst nach Rache zu einem „überheblichen“ fast schon größenwahnsinnigen Menschen, dem es meiner Meinung nach aber an menschlicher Wärme fehlt. All seine Handlungen sind nur auf sein Ziel gerichtet und so sind die vielleicht vereinzelt guten Taten nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Das Ränkespiel, in dem die einstigen Verschwörer blind in ihr Unglück rennen wirkt wie ein Marionettentheater. Der Graf von Monte Christo zieht an den Fäden und lässt die Puppen tanzen. Die einst so hinterlistigen Feinde ergeben sich naiv und brav ihrem Verderben und sind dabei noch so elend vertrauensselig. Es gibt in diesem Buch eine viel zu gerade Trennlinie zwischen Schwarz und Weiß. Die Charaktere sind entweder abgrundtief böse oder fast schon engelsgleich. Es fehlt einfach das menschliche Zwischendrin. Lediglich Edmond Dantes und auch Villefort bekommen am Ende des Romans ein Gesicht und nehmen als geläuterte Seelen eine gewisse Graustufe ein, wenn auch erst durch Schaffung neuen Leides an Unschuldigen.
Fazit für mich:
Eine interessante Geschichte mit durchaus spannenden und fesselnden Passagen. Manchmal zu detailliert und an anderen Stellen zu oberflächlich. Dies mag aber auch eventuell an der gekürzten Ausgabe liegen.