Jonathan Littell - Die Wohlgesinnten

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  • Dies ist eines der beeindruckendsten neueren Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Es ist auch nicht die Art von Werk, zu der ich mich eine rattenmässige "Bewertung" abzugeben berechtigt fühle. Trotzdem gibt es einige kleinere Kritikpunkte, die ich kurz ansprechen möchte:
    Wenn das Buch mit dem Kopfschuss Aues geendet hätte, wäre ich wahrscheinlich restlos begeistert gewesen; in der zweiten Hälfte hat der Roman dann aber doch noch einige Schwächen. Es wird etwa das wohl intendierte Identifikationspotential Aues für die meisten Leser durch sein zunehmend psychopathisches Verhalten zerstört. So wird aus dem gebildeten Massenmörder "wie du und ich" so etwas wie German Psycho. Darüber hinaus entwickelt sich die (ursprünglich interessante) inzestuöse Beziehung zur Schwester zusehends zu langwierigen und, wenigstens für mich, recht ermüdenden Fantasien des Protagonisten. Schwierigkeiten hatte ich auch mit dem James-Bond-artigen dicken Superbösewicht, der einfach nicht in das ansonsten mit präziser Kaltblütigkeit geschilderte historische Setting passt.
    Alles dies klingt zwar jetzt eher negativ, es sind aber auch wirklich die einzigen Punkte, die ich kritisieren würde. Es ist ein monströs-grossartiges Werk und ich kann mir vorstellen, dass es einmal in zehn oder zwanzig Jahren noch einmal neu besprochen und bewertet wird.

    Tell all of my friends, I don&#039;t have too many: just some rain-coated lovers&#039; puny brothers. Dallow, Spicer, Pinkie, Cubitt - rush to danger, wind up nowhere.<br />Patric Doonan - raised to wait. I&#039;m tired again, I&#039;ve tried again...<br />and now my heart is full. Now my heart is full and I just can&#039;t explain, so I won&#039;t even try to.<br />(Morrissey)