Das Ende der Print-Lexika wird eingeläutet...

Es gibt 94 Antworten in diesem Thema, welches 19.144 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Klassikfreund.

  • Davon, dass die Software einen Knall haben kann oder die Hardware crasht und sowieso in 3 Jahren weder Hard- noch Software zu den teuer gekauften Teilen mehr erhältlich sind - von neuen Einträgen im Lexikon ganz zu schweigen - - - nein, davon reden wir gar nicht ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Volle Zustimmung!
    Und das der Brockhaus nicht mehr seinem Namen gerecht wird ist schade. Aber man kann ja noch die alten Auflagen erwerben.
    Außerdem sollten wir hier die Begriffe Lexikon und Enzyklopädie unterscheiden. Beide haben ein ganz unterschiedlichen Anspruch, der sich im Inhalt und der Gestaltung niederschlägt.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001


  • Außerdem sollten wir hier die Begriffe Lexikon und Enzyklopädie unterscheiden. Beide haben ein ganz unterschiedlichen Anspruch, der sich im Inhalt und der Gestaltung niederschlägt.


    Dann klär uns bitte über die Unterschiede auf.


    Gruß, Thomas

  • Ich hab im Studium mal gelernt, dass man Enzyklopädie und Lexikon nach der Anzahl und Länge der Artikel unterscheiden kann. Ein Lexikon hat mehr, dafür kürzere Einträge, die sich meist auf den reinen Informationsgehalt beschränken. Eine Enzyklopädie dagegen hat meist weniger längere Einträge, die versuchen, die ganze Bandbreite eines Themas darzustellen.


    Der (aktuelle) Brockhaus wär demnach eine Mischform aus Enzyklopädie und Lexikon.

  • Huhu,


    ach Quark... Papier und Bücher wird es so lange geben, so lange wir noch nicht wieder in unsere Höhlen zurückgekehrt sind. Wie lange wird denn im Bürobereich schon prophezeit "Mit dem Zeitalter der Computer zieht ein papierloses Zeitalter ein" - Fakt ist, dass noch nie so viel Papier in den Büros gebraucht wurde.


    Warum gibt es immer noch Tageszeitungen, obwohl doch jede Information online abrufbar ist oder man für das "Wichtigste" die Nachrichten im TV ansehen kann?


    Hätte ich die nötige Prioritäten, das nötige Kleingeld und viel mehr Platz würde ich mir lieber eine 5000-bändige Britannica ins Regal stellen anstatt die gleiche Anzahl an Seiten auf ein technisches Hilfswerk *g* zu laden.


    Und was, wenn der Strom ausfällt? Das Internet lahm liegt? Ich keine Batterien finde? Und dann, genau dann, eine ganz wichtige Information auf Leben und Tod brauche?


    Ne, ich mache mich in meiner Freizeit nicht auch noch abhängig von der Technik, sondern verlasse mich lieber auf meine natürlichen Hilfsmittel.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Und dann, genau dann, eine ganz wichtige Information auf Leben und Tod brauche?


    Auf Leben und Tod brauchst du vielleicht einen Arzt, aber bestimmt keinen Brockhaus oder die Britannica :breitgrins:


    Gruß, Thomas

  • Auf Leben und Tod brauchst du vielleicht einen Arzt, aber bestimmt keinen Brockhaus oder die Britannica :breitgrins:


    Unfug. Soll ich einen Einbrecher etwa mit dem erst mühsam gerufenen Arzt erschlagen? :vogelzeigen: :elch:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Unfug. Soll ich einen Einbrecher etwa mit dem erst mühsam gerufenen Arzt erschlagen? :vogelzeigen: :elch:


    Oder etwa mit Deinem Laptop? Die sind heutzutage doch viel zu leicht, um eine wirksame Waffe abzugeben, die Britannica würde da erheblich mehr Schaden anrichten. :elch:

  • Hätte ich die nötige Prioritäten, das nötige Kleingeld und viel mehr Platz würde ich mir lieber eine 5000-bändige Britannica ins Regal stellen anstatt die gleiche Anzahl an Seiten auf ein technisches Hilfswerk *g* zu laden.


    Das nötige Kleingeld? Ach, sieh an. Genau das ist doch der Punkt. Es wird noch ein paar solvente "Bildungsbürger" geben, die sich die Britannica ins Regal stellen, aber die Software-Version gibt es halt viel, viel günstiger. Ich bevorzuge auch eine gedruckte Version, aber ich habe eben auch nicht den notwendigen Platz. ABER bei unseren Kindern wird sich das Bild vermutlich schon drehen. Sie wachsen ganz anders mit dem Internet auf als wir und werden bestimmte Inhalte online bevorzugen.


    Ich glaube nicht, dass das Buch tot ist, auch nicht das Fachbuch, aber einem 20bändigen Lexikon im Brockhaus-Stil gebe ich keine große Zukunft. Ich stimme BigBen schon zu, dass dies vor allem an der inhaltlichen Aufmachung liegt. Ausführliche, gut lesbare Artikel zu weniger Stichworten wären vielleicht ein Weg, um auch mehrbändige Werke noch unters Volk zu bringen.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Das nötige Kleingeld? Ach, sieh an. Genau das ist doch der Punkt. Es wird noch ein paar solvente "Bildungsbürger" geben, die sich die Britannica ins Regal stellen, aber die Software-Version gibt es halt viel, viel günstiger.


    Die Solvenz ist meiner Meinung nach nur ein Problem in Kombination mit anderen Faktoren (bei mir: Platz und Prioritäten - wie ich oben geschrieben habe). Wenn mir der Besitz einer Britannica wichtig ist, dann gebe ich auch das nötige Kleingeld aus. Mir ist der Besitz aber in diesem Fall sehr unwichtig, weshalb ich mein Geld lieber für andere Dinge ausgebe (als weiteres Beispiel: BIO kann mich meiner Meinung nach die meisten derjenigen leisten, die darüber klagen, dass Biolebensmittel zu teuer sind - aber manchen sind halt andere Dinge wichtiger als die Ernährung und kaufen sich lieber Bücher, DVDs, Süßigkeiten - das liegt aber nicht daran, dass man zu wenig Geld dafür hat. Oder jemand sagt "Ich habe keine Zeit zu lesen" - das sind Ausreden, denn wenn man sich die Zeit dafür nehmen WILL, dann geht es auch - nur ist die Priorität eben nicht so hoch).


    Zitat

    ABER bei unseren Kindern wird sich das Bild vermutlich schon drehen. Sie wachsen ganz anders mit dem Internet auf als wir und werden bestimmte Inhalte online bevorzugen.


    Nach der Theorie dürfte die Malerei auch schon sehr lange ausgestorben sein (Fotografie gibt es schon länger als das Internet und die Digitaltechnik).

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Nach der Theorie dürfte die Malerei auch schon sehr lange ausgestorben sein (Fotografie gibt es schon länger als das Internet und die Digitaltechnik).


    Nein. Das hat damit gar nichts zu tun. Noch mal: Ich behaupte nicht, dass es zukünftig KEINE Bücher mehr gäbe. Das Gegenteil wird der Fall sein. Es geht hier um besondere Anwendungen, nämlich Lexika. Genauso wie in der Fotografie der "Film" tot ist, werden bei Lexika die digitalen Formate weit überwiegen.


    Und die ersten Auswirkungen der anderen Mediennutzung sind doch schon beobachtbar. So kam eine Studie darauf, dass sich Kinder heutzutage nicht mehr so lange auf ein Thema konzentrieren können wie vor vielen Jahren. Und was passiert: Viele Tageszeitungen verkürzen ihre Artikel oder machen bunte Bildchen hinein. Die Zeit hat den Zeilenabstand vor einigen Jahren deutlich erhöht, so dass Artikel heute weniger Worte umfassen als noch vor 10 Jahren.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Dann klär uns bitte über die Unterschiede auf.


    Cuddles hat das ja schon für mich getan. Ergänzen möchte ich noch dazu, das eine Enzyklopädie nicht unbedingt alphabetisch geordnet sein muß. Es wäre auch eine themenorientierte Reihung möglich. Nur durch die Vermischung von Lexikon und Enzyklopädie sind wir diese alphabetische Ordnung heutzutage gewohnt.
    Im 19. Jahrhundert gab es viele Auflagen eines sogenannten Lexikons für Zeitungsleser ("Hübner"). Der umfaßte thematisch das Wissen, was man zum Verständnis der täglichen Lektüre benötigte. Dagegen haben Pierer, Ersch-Gruber, Krünitz oder Zedler mehr wert auf die klassische Bildung bzw. umfangreichere Darstellungen bestimmter Themen gelegt. Diese Trennung ist am Ende des 19. Jahrhunderts durch Meyer und Brockhaus aufgeweicht worden.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001


  • Wenn mir der Besitz einer Britannica wichtig ist, dann gebe ich auch das nötige Kleingeld aus.


    Das ist doch kein Argument, das ist doch eine Tautologie. Klar wird es immer einige Menschen geben, denen das wirklich wichtig ist. Meine Behauptung ist doch, dass es immer weniger Menschen wichtig sein wird, ein Lexikon zu besitzen, WEIL es eine (kostengünstige und platzsparende) Alternative gibt und WEIL sie das Lesen einer online-Version eines Lexikons auch nicht mehr so stören wird, wie das in unserer Generation der Fall ist. Die Lesekultur ändert sich.


    Gruß, Thomas

  • Genauso wie in der Fotografie der "Film" tot ist, werden bei Lexika die digitalen Formate weit überwiegen.


    Ist der Film tot? Für den Gebrauchsfotografen: ja. Für den Künstler? Ist die Vinyl-Platte tot? Vielleicht (vielleicht!) werden die Brockhäuser & Co. einen oder zwei Kunden mehr erreichen mit ihren Silberscheiben und on-line-stores. Der klassische Kunde eines Lexikons, einer Enzyklopädie, wird auf der Printversion beharren. Weil er auch mal was nachschlagen will, wenn es zwei Uhr nachts ist, und ohne dass er irgendeine Maschine hochfährt. Das Publikum von Silberscheibe & Co. sind die Schüler und Studenten, die rasch eine Hausarbeit zusammenschustern wollen. Die Printversion wird den kultivierten Herrn, die kultivierte Dame ansprechen, die mal rasch etwas nachschlagen für die im Nebenzimmer stattfindende gepflegte Konversation. (Deshalb hiessen die Dinger ja auch einst "Konversationslexikon" ;).)


    Und die ersten Auswirkungen der anderen Mediennutzung sind doch schon beobachtbar. So kam eine Studie darauf, dass sich Kinder heutzutage nicht mehr so lange auf ein Thema konzentrieren können wie vor vielen Jahren.


    Das ist das Emtiwih-Syndrom. Das weisen aber die jungen Leser von heute selbst dann auf, wenn sie Papier bevorzugen. Wirf mal einen Blick in Leserunden, wo Klassiker (z.B. Thomas Mann ;)!) hier gelesen werden. Dem heutigen Leser fehlt der lange Atem des Lesers des 19. oder gar 18. Jahrhunderts. Aber deswegen will er doch Papier lesen.


    Das kritische Argument ist doch das des benötigten Hilfmittels: PC, Reader oder was immer. Solange ein elektronisches Lexikon nicht ohne weitere Hilfsmittel gelesen werden kann, werden nur Freaks dieses gegenüber dem Buch bevorzugen. Die Finanzen spielen da keine Rolle: Ein Lexikon zu beseitzen, war eh immer Merkmal des besser gestellten Bildungsbürgertums. Das wird so bleiben.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Das Publikum von Silberscheibe & Co. sind die Schüler und Studenten, die rasch eine Hausarbeit zusammenschustern wollen.


    Stimmt. Copy&Paste sieht beim gedruckten Brockhaus wie ein Erpresserbrief aus. Das fällt dem Lehrer bestimmt auf. :elch:

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Ist der Film tot? Für den Gebrauchsfotografen: ja. Für den Künstler? Ist die Vinyl-Platte tot? Vielleicht (vielleicht!) werden die Brockhäuser & Co. einen oder zwei Kunden mehr erreichen mit ihren Silberscheiben und on-line-stores. Der klassische Kunde eines Lexikons, einer Enzyklopädie, wird auf der Printversion beharren. Weil er auch mal was nachschlagen will, wenn es zwei Uhr nachts ist, und ohne dass er irgendeine Maschine hochfährt.


    Ja, der Film ist auch bei den Profis tot (Presse, Hochzeitsfotografie, Werbung). Allenfalls noch ein paar Künstler und ein paar enthusiastische Hobby-Fotografen (so wie mich), die noch mal einen Film benutzen. Das ändert aber nichts daran, dass er nur noch ein Nischendasein führt.


    Bei den Lexika ist es doch genauso. Sonst hätte doch Brockhaus jetzt nicht die Kehrtwende gemacht. Das machen die ja nicht aus reiner Nächstenliebe zu den Schülern. Im Interview wird das doch sehr deutlich bestätigt.


    Ich persönlich mag ja durchaus auch Print-Versionen. Aber ich bin auch altmodisch und habe noch mit Film fotografiert, wo wirklich jeder in meinem Umfeld schon auf digital umgestiegen war. Brockhaus hat nun mehr als 100 Jahre Print-Versionen rausgegeben, nun sagen sie, dass es sich nicht mehr lohne. Die Fakten sprechen eine andere Sprache als deine durchaus soliden Argumente. Aber offensichtlich wollen nicht sehr viele etwas um zwei Uhr nachts nachschlagen. Und auch die anderen Vorteile reichen nicht mehr aus, um genügend potentielle Käufer zu bewegen 2650 EUR auszugeben.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Das ist das Emtiwih-Syndrom. Das weisen aber die jungen Leser von heute selbst dann auf, wenn sie Papier bevorzugen.


    Das bestreite ich doch gar nicht. Werden meine Argumente denn hier gar nicht verstanden? Es geht darum, dass sich Mediennutzung ändert und dies auch zu einer Veränderung der Medienlandschaft führt sowie zu einem veränderten Umgang mit ihr. Was man früher noch per Brief gemacht hat, macht man heute per Telefon, was man früher per Buch gelesen hat, liest man zukünftig eben am Bildschirm oder druckt es sich aus etc.


    Gruß, Thomas


  • Was man früher noch per Brief gemacht hat, macht man heute per Telefon, was man früher per Buch gelesen hat ...


    ... lässt sich sogar noch weiterführen: was man früher per Telefon gemacht hat, passiert heute per E-Mail ;)


    Gerade bei den Lexika glaube ich auch an den Wandel, den Thomas da sieht.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Gerade bei den Lexika glaube ich auch an den Wandel, den Thomas da sieht.


    Eindeutig. Nicht zuletzt auch aus unternehmerischer Sicht. DVD-Rohlinge und Webspace sind nunmal sehr viel billiger als Papier (bei gleicher Datenmenge). Als Lexikonherausgeber würde ich es mir zweimal überlegen, ob ich Zeit und Geld in den Druck eines Lexikons investieren würde, dass dann irgendwo in einem Lagerhaus vergammelt, weil die Leute ihre Infos lieber bei Wikipedia zusammensuchen. Von daher hat Brockhaus das Richtige getan. Die Frage ist nur, ob es am Ende aufgeht - und das wiederum hängt von der Qualität, der Aktualität und der Benutzerfreundlichkeit des Online-Angebotes ab.


    Natürlich wird es immer noch ein paar "Freaks" geben, die lieber eine Printausgabe hätten. Die kann man dann zu den Analog-Fotografen, den Briefeschreibern und den Fax-Benutzern in die Kuriositätensammlung stellen. :breitgrins: (Ist übrigens weder böse noch despektierlich gemeint.)


    :winken:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.