Patricia Shaw - Südland

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 8.235 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von honeyjazz.

  • Klappentext:


    "Pioniergeist und Abenteuerlust, große Gefühle und tödliche Gefahr: »Südland« erzählt auf unerreicht fesselnde Weise von der Eroberung des fünften Kontinents im 19. Jahrhundert - und vom erbitterten Widerstand der Ureinwohner, deren mythische Welt gegen die Siedler aus Europa keine Chance hatte. Über mehr als hundert Jahre spannt sich der Bogen dieses australischen Epos, in dem ganze Familiendynastien für ihren Traum von einem neuen Leben kämpfen - Südland ist historischer Roman, Familiensaga und Abenteuergeschichte zugleich."


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    Das Buch hat mir jetzt nicht so gefallen.
    Beworben wird das Buch als “historischer Roman, Familiensaga und Abenteuerroman zugleich”, in welchem “Pioniergeist, Abenteuerlust und große Gefühle” eine Rolle spielen.


    Soweit, so gut. Bei dieser angeblichen “Familiensaga” handelt es allerdings sich vielmehr um die Geschichten von gut 10-12 Personen handelt. Von Familie kann gar keine Rede sein. Ich hatte mich auf einen Roman gefreut, der die Besiedlung Australiens beschreibt. Statt dessen wird abwechselnd und anfangs in scheinbar wahlloser Reihenfolge von allen möglichen Leuten erzählt, die mit dem gleichen Schiff aber aus unterschiedlichen Gründen von England nach Australien kommen. Auch daraus hätte man sicher ein spannendes Buch machen können, aber diese Möglichkeit hat Patricia Shaw ganz klar verschenkt. Es werden die Geschichten der einzelnen Personen häppchenweise erzählt, man findet lange Zeit gar keinen roten Faden. Immer wieder mal ein Kapitel von Mister Soundso, dann Miss Sowieso, Lady Wasweißich… so zieht sich das gut über die Hälfte hin, alles Einzelschicksale, die nichts miteinander zu tun haben. Ganz allmählich erst werden diese Einzelgeschichten dann miteinander verwoben, aber es fehlt an einem sinngebenden Handlungsstrang.


    Was mich besonders gestört hat, ist das völlige Fehlen von Zeitangaben. Man kann doch keine “Saga” schreiben, die sich über circa 30-35 Jahre erstreckt, ohne dem Leser auch nur das geringste Zeitgefühl zu vermitteln! Lediglich das erste Kapitel und der Prolog tragen eine Zeitangabe in der Überschrift. Den Rest kann sich der Leser selbst zusammenreimen, was extrem schwer ist, da nicht einmal das Alter der Personen erwähnt wird oder auch nur angedeutet wird, dass diese überhaupt altern. Zwischen einzelnen Kapiteln können Jahre oder Wochen liege, man weiß es einfach nicht. Nur anhand der Tatsache, dass die zu Beginn des Romans geborenen Kinder am Schluss schließlich Heiratsabsichten hegen, kann man in etwa nachvollziehen, über welchen Zeitraum sich der Roman eigentlich erstreckt.


    Gut gefallen hat mir, dass an vielen Stellen sowas wie Pioniergeist, Abenteuerlust und Neugierde auf ein Leben auf einem völlig unbekannten Kontinent sehr plastisch beschrieben wurde. Allerdings finde ich die Erzählweise Shaws recht steif und unangemessen.
    Genervt hat mich außerdem, dass die Aborigines (stets nur als “die Schwarzen” bezeichnet) sehr einseitig als “Wilde” dargestellt werden. Im Nachwort des Buches schreibt Patricia Shaw salbungsvoll über die vierzigtausendjährige Geschichte der Aborigines, welche durch spirituelle Aspekte geprägt war etc. Im Roman selber wird mit keiner Silbe darauf eingegangen. Es wird zT beschrieben, wie die Eingeborenen sich gegen die weißen Siedler zurecht auflehnten, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass die Aborigines im Vergleich eher schlecht wegkommen.


    Alles in allem hat mir das Buch nicht so gefallen, ich hatte mir wesentlich mehr erwartet. Mehr Gefühl, mehr Pathos, mehr Authentizität und vor allem deutlich mehr LEBEN. Die meisten der handelnden Personen sind durch die Bank furchtbar oberflächlich beschrieben - und das trotz 750 Seiten, auf denen sich Charakter hätte entwickeln können. Eine einzige Person war mir ansatzweise sympathisch, und auch ihre Geschichte fand mit dem Schluss des Romans ein sehr abruptes Ende.


    Ich finds schade, hatte da einfach andere Erwartungen. Wahrscheinlich werde ich aber trotzdem noch das ein oder andre Buch von Shaw lesen. Mich interesiert das Thema Kolonialismus einfach, auch von der nichtwissenschaftlichen Seite aus. Da muss es doch gescheite Romane drüber geben…

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  • Ich habe von Patricia Shaw zwar ein anderes Buch gelesen "Tal der Träume", aber wenn ich diese Rezi hier von Dir so lese, meint man, es könnte sich um dasselbe gehandelt haben. Die Autorin strickt da anscheinend nach demselben Muster ein Buch nach dem anderen dahin.
    Mir ist es da bei meinem Buch ganz gleich wie Dir gegangen. Ich konnte mit den Figuren nicht mitleben und am Ende hatte ich das Gefühl, sie hat eine Handlung überhaupt nur mit Müh und Not zustande gekriegt. Und das Ganze ohne irgendein erzählerisches Talent heruntergebetet.
    Dabei würden solche Siedlerschicksale in Australien doch eine Fülle an Möglichkeiten bieten, sollte man meinen.

    Ich werde von dieser Autorin jedenfalls nur im äußersten Notfall noch einmal etwas lesen, darin hat mich auch Deine Meinung erneut bestärkt. Unter Familiensagas stelle ich mir nämlich auch ganz was anderes vor.


    Vielen Dank für die Vorstellung und Deine ausführliche Meinung,
    liebe Grüße, Sue.

  • Na dann überlege ich mir das nochmal, ob ich wirklich noch eines von ihr lesen möchte. Ich hatte gehofft, dieses Buch sei ein "Ausrutscher" gewesen, aber nochmal möchte ich sowas Langweiliges nicht lesen. :sauer:


    Finds auch schade, dass sie da so gar nichts draus gemacht hat, die Siederschicksale könnte man so spannend beschreiben!

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  • "Südland" fand ich eigentlich interessant, aber die Fortsetzung "Heiße Erde" hat mir dann wirklich nicht mehr gefallen.


    Hinsichtlich der ersten Siedler in Australien fällt mir "Insel der Verlorenen" von Colleen McCullough ein, das fand ich gut, angenehm lesbar.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Nein, ich glaube, das war kein Ausrutscher, honeyjazz!
    Diese Erfolgsautoren bleiben dann meistens bei ihrem Schema, weil sie ja auch eine ganze Menge Leser haben, denen gerade diese Schreibweise gefällt. Und um die sind sie natürlich bemüht.
    Wir spielen da in der Statistik eher keine Rolle.


    Aber gerade das finde ich an den Bücherforen so gut, dass man mit ehrlichen Lesermeinungen rechnen kann und sich dadurch so manche weitere Fehllektüre erspart.
    Ich hätte auch eher so gedacht wie Du, vielleicht war das ein Ausrutscher, die anderen Bücher sind sicher viel besser, probiere ich noch eines und schon wäre wieder kostbare Lesezeit verschwendet gewesen.
    Abbrechen möchte ich Bücher auch nur im äußersten Notfall, wenn es fast schon unerträglich wird. Aber das kommt bei mir höchstens einmal in 5 Jahren vor.


    Bis zum nächsten Mal,
    liebe Grüße, Sue.

  • Ja stimmt, anhand solcher Rezensionen (ob gut oder schlecht im Ergebnis) kann man sich dann schon ein Bild machen. Ich muss sagen, dass ich das Buch owhl eher nicht gelesen hätte, wenn ich eine Rezension wie meine dazu gefundne hätte. Aber die Geschmäcker sind leider auch sehr verschieden, da ist es manchmal sehr schwer zu differenzieren.

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  • Hallo Kiba!
    Mit diesen beiden süßen Stubentigern muss Dir ja die schlimmste Lektüre zum Genuss werden.


    Ich habe von Colleen McCullough natürlich "Dornenvögel" mit der allergrößten Begeisterung und Anteilnahme gelesen, während ich mir von der "Insel der Verlorenen" deswegen wahrscheinlich viel zu viel erwartet habe. Für mich war das Buch einfach nur langweilig.
    Das ist aber ein gutes Beispiel dafür, dass man von einem Autor mehr als ein Buch gelesen haben sollte. Bei umgekehrter Reihenfolge der Bücher von McCullough wäre ich zu den Dornenvögeln vielleicht gar nicht gekommen.


    Liebe Grüße, Sue.

  • Die Dornenvögel hab ich diesen Monat auch gelesen und fand das Buch eigentlich ziemlich schlecht ;) Die Geschichte war mir aber bekannt (durch den Film, den ich zar nicht gesehen habe, dessen Inhalt mir aber meine Mutter schon oft runtergebetet hat) und so war ich auf seeeeeeehr viel Pathos durchaus gefasst.
    McCullough kann aber wenigstens erzählen, diess Talent hat Shaw meiner Meinung nach gar nicht, und so finde ich, sind die Dornenvögel definitiv das bessere Buch.

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  • Falls Dir mal die "Insel der Verlorenen" unterkommt, würde mich Deine Meinung dazu sehr interessieren.

  • Tja, ich finde ja immer, eine 2. Chance sollte man einem Schriftsteller schon geben - aber eine dritte nicht mehr.


    Wobei mir von McCullough bisher eigentlich alles gefallen hat, auch Tim und Die Ladies von Missalonghi (und natürlich auch die Dornenvögel).


    Keine 2. Chance? Wenn für mich das erste (und letzte) Buch von Daphne du Maurier nun "Die standhafte Lady" gewesen wäre, hätte ich nie das tolle "Gasthaus Jamaica" und das obertolle "Die Bucht des Franzosen" gefunden...

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Es ist oft wirklich eine Frage des Zufalls und des Glücks in welcher Reihenfolge man an die Bücher gerät.


    Von John Irving hat mir bis jetzt noch nichts gefallen und trotzdem möchte ich sein letztes Buch lesen, weil ich glaube, dass er prinzipiell gut schreibt, und ich immer noch die stille Hoffnung hege, dass er mich eines Tages mit einem späten Werk fesseln wird.


    Auf Mrs. Shaw werde ich aber nicht mehr hereinfallen, weil sie meiner Meinung nach kein Talent besitzt, wie auch schon honeyjazz festgestellt hat.


    Vielleicht hört man ja immer wieder von Euch und Eurer aktuellen Lektüre. Da findet man immer wieder Interessantes und Neues. So habe ich gar nicht gewußt, was Daphne du Maurier noch alles geschrieben hat. Mir hat "Rebecca" total gut gefallen, und so werde ich auch noch anderes von ihr versuchen. Danke für diesen Tipp, Kiba


    und liebe Grüße von Sue.

  • Also bei mir bekommt keiner ne zweite Chance, der schon bei der ersten durchgefallen ist :D Wozu auch? Ist kaum zu erwarten, dass da noch was kommt. Manchmal les ich noch ein zweites, wenn ich die Geschichte an sich interessiert un dich dann weiß, dass ich mit schlechtem Schreibstil klarkommen muss (Beispiel Jodi Picoult), aber Martin Suter zB hats bei mir total verschissen. Wenn ich mich bei einem Buch nuuuur gelangweilt habe, dann will ich einfach kein zweites von diesem Autor lesen - Auswahl gibts ja auch so genug ;)

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