Jetzt muss ich mich dringend aufraffen, endlich meine Meinung zu diesem Buch aufzuschreiben, obwohl ich mir immer noch nicht sicher bin, wie ich es denn fand. Anfangs hatten mich die sehr begeisterten Rezensionen überzeugt, die ich hier gelesen habe. Der Schauplatz (München) und die Zeit, in der die Geschichte spielt (19. Jahrhundert) finde ich grundsätzlich auch sehr spannend. Es war also klar: Dieses Buch muss ich haben. Und nun kommt meine abschließende Meinung, die leider nicht ganz so positiv ausfällt, wie ich erwartet hätte:
In einem Münchner Hotel ist ein magisches Manuskript verschwunden, das in den falschen Händen den Untergang der ganzen Welt zur Folge haben könnte. Zahlreiche Personen versammeln sich dort, um entweder das Manuskript in die eigene Gewalt bringen zu können oder es vor dem Zugriff anderer zu schützen. Auch unbeteiligte Reisende werden in die Sache hineingezogen. Und um das Ganze noch etwas interessanter zu machen, gibt es in dieser Geschichte nicht nur normale Menschen, sondern auch Fey mit diversen übernatürlichen Fähigkeiten.
Am Anfang war ich schier erschlagen von den vielen Personen, die einem auf wenigen Seiten präsentiert werden, doch zum Glück gibt es eine spoilerfreie Personenübersicht, die man zu Rate ziehen kann, wenn man wieder einmal nicht mehr weiß, wer jetzt mit wem welchen Plan verfolgt. Da gibt es zum einen den britischen Agenten Delacroix, der in Zusammenarbeit mit zwei bayerischen Offizieren und Cérise Denglot, einer berühmten Opernsängerin, im Auftrag König Ludwigs II. das Manuskript sicherstellen soll. Dann wäre da eine junge Dame, Corrisande Jarrencourt, die eigentlich mit ihrer Anstandsdame und ihrer Zofe nur in München ist, um sich einen geeigenten Ehemann zu suchen, aber ganz unerwartet in die Geschichte rund um das geheimnisvolle Manuskript gezogen wird. Außerdem gibt es noch einen Vampir, eine Gruppe fanatischer Ordensbrüder und eine ganze Menge anderer magischer und nichtmagischer Figuren.
Wer mich ein bisschen kennt, wird wissen, dass ich kein Freund dicker Bücher bin. So haben mich auch hier die über 800 Seiten lange Zeit abgehalten, das Buch zur Hand zu nehmen. Und auch jetzt bin ich noch zwiegespalten, ob es gerechtfertigt war, die Geschichte so ausführlich zu erzählen. Man muss Ju Honisch zugute halten, dass sie sich Zeit nimmt für ihre Charaktere. Sie erweckt sie bis zur kleinsten Nebenfigur auf jeder Seite mehr zum Leben und erschafft eine unglaublich dichte Atmosphäre, die den Leser wirklich in das magische München des Jahres 1865 versetzt. Und doch denke ich, dass 200 Seiten weniger auch gereicht hätten.
Der Spannungsbogen war für mich eher eine Spannungs-Schwankung, die auch manchmal in den negativen Bereich absinkt. Immer wieder gibt es mitreißende Passagen, in denen viel Action geboten ist, in denen man das Buch kaum mehr aus der Hand legen mag. Dann gibt es ruhigere Kapitel, die notwendig sind, um komplexe, mehrdimensionale Figuren zu erschaffen und die Atmosphäre zu erzeugen. Zusätzlich sind mir allerdings Kapitel aufgefallen, in denen einfach viel geredet, das gerade Geschehene von diversen Personen wieder und wieder durchgekaut und das geplante Handeln besprochen wird. An dieser Stelle wären mir persönlich Kürzungen lieb gewesen, aber natürlich gibt es auch Leser, für die ein Buch gar nicht dick genug sein kann.
Bei so vielen Figuren ist es ganz natürlich, dass man manche sympathisch findet und andere eher nicht mag. Einige sind logischerweise auch als Unsympathen konzipiert. Trotzdem fiel es mir bei Kapiteln über einen gewissen Orden sehr schwer, am Ball zu bleiben. Zu grausam und fanatisch waren mir diese Brüder und ich fand sie abstoßend und nervig. Leider spielen sie eine nicht gerade kleine Rolle im Roman und sind wohl leider dringend nötig für die Handlung.
Ein großes Plus ist die äußere Aufmachung des Buches. Ich finde das Cover sehr gelungen und auch das kleine Format liegt gut in der Hand. Besonders schön ist die Gestaltung der Kapitelüberschriften mit kleinen Tintenklecksen, in denen man mit ein bisschen Fantasie auch mehr als bloße Kleckse sehen kann. Bei den Seitenzahlen hätte ich mir allerdings eine leserlichere Schriftart gewünscht, so dass man nicht raten muss, auf welcher Seite man sich gerade befindet.
Fazit: Das Obsidianherz ist für mich eine wunderbare, fesselnde Mischung aus dem realen München des 19. Jahrhunderts und einer fantastischen Parallelwelt. Die Charaktere sind glaubhaft und dreidimensional angelegt, ihre Menge erfordert trotz des Personenregisters einiges an Konzentration. Leider gab es für mich einige Längen, die mein Leseerlebnis getrübt haben. Mit meiner Bewertung bin ich mir sehr unsicher, ich würde mich am ehesten bei und einpendeln