William Trevor: Turgenjews Schatten

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    William Trevor erzählt von Marie Louise Dallon, die mit dem Textilhändler Elmer Quarry eine Vernunftehe eingeht, um dem kargen Leben auf dem Bauernhof zu entfliehen . Ihr lockt das Leben in der Stadt, und Elmer, der übrigens 14 Jahre älter ist als das Bauernmädchen, heiratet sie aus Berechnung. Ihm geht es darum, die Fortführung seines Textilunternehmens zu gewährleisten. Die Ehe steht unter einem schlechten Stern. Schon körperlich passen sie nicht zusammen. Sie, ein zierliches Bauermädchen, er, ein dickleibiger kleinwüchsiger Herr im Anzug. Sie leben in zwar in einem Hause, aber getrennt. Elmers Schwestern Rose und Matilde mögen sie nicht, und haben ihn vor der Ehe mit ihr gewarnt. Sie wirken eher wie Hexen, die nur böses in Mary Louise sehen, aber auch Letty, Mary Louises Schwester, ist enttäuscht über diese Verbindung.


    Ein typisch irisches Extra, der Konflikt der Konfessionen, wird im Roman gelegentlich angedeutet:

    Unter den Hochzeitsgeschenken zu Lettys Hochzeit befindet sich „ein gerahmtes Bild der Jungfrau Maria mit einer Herz-Jesu Darstellung. Letzteres kränkte Mrs. Dallon. Es stammte entweder von jemandem, der nichts von Lettys Glauben wußte, oder aber von jemandem, der das Bildnis in dem Hausstand, der gegründet wurde, für unverzichtbar hielt. Letty würde es nicht aufhängen, sie würde es bestrimmt beiseite legen.“


    In erster Linie erzählt Trevor von der unerfüllten Liebe zu ihrem Cousin Robert. Schon in ihrer Schulzeit war sie in ihn verliebt gewesen. Als sie ihn Jahre später wieder trifft, stellt sich heraus, dass Robert ihre Zuneigung erwiedert. Er liest ihr auf einem Friedhof aus Turgenjew vor. Nach ein wenig Recherche bin ich darauf gekommen, das Robert ihr aus dem Roman „Vorabend“ vorgelesen hat. Bei Trevor heißt es über Turgenjews Roman:


    „Jelena Nikolajewna liebte Insarow, ohne es zu wissen.“


    So war ja Mary Louises Liebe zu Robert einige Jahre verschüttet gewesen. Auch Roberts Schicksal ähnelt dem Schicksal Insarows.


    William Trevors Prosa erzählt von Liebesschmerz, Tod, Einsamkeit und Wahn, und wie er es erzählt, erinnert an Prosa des neunzehnten Jahrhunderts. Sehr nachvollziehbar ist das Zitat des Hessischen Rundfunks auf dem Klappentext.


    „>Turgenjews Schatten> wirkt, als hätte William Trevor die Geschichte einer Madame Bovary aktualisiert und dadurch für die Leser das Erzählen traditionellen Stils in unsere Zeit hinübergerettet.<“


    Um nochmal auf Turgenjews Roman „Vorabend“ zurückzukommen: Auch Jelena war brünnet wie Mary Louise. Das Jelena „ ein schwieriges Wesen hatte“, wie Trevor erzählt, gilt auch für Mary Louise.


    Den Roman empfehle ich gerne weiter, nur rätsele ich darüber, warum bloß hat Mary Louise den Textilhändler geheiratet. Wohl aus "kindlicher Unschuld".


    4ratten


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()