Thomas Nashe - Der glücklose Reisende oder Das Leben des Jack Wilton

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 2.111 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Da sich bei Amazon die deutsche Ausgabe nur ohne Bild finden lässt, habe ich die englische Version verlinkt. Der Schutzumschlag meiner Version ist dabei nicht so dramatisch wie die hier gezeigte Version


    Klappentext:


    Zäh und unbeirrt „wie eine Krähe, die immer dahin fliegt, wo es Aas gibt“, sucht der junge Jack Wilton sein Glück überall dort, wo etwas los ist im Europa des 16. Jahrhunderts. Er erlebt die verheerende Schwitzseuche in London, die Belagerung von Tournai und Thérouanne und die blutige Niederwerfung der Wiedertäufer in Münster. Ganz nebenbei lernt er die Großen seiner Zeit kennen – die Gelehrten Thomas More, Martin Luther, Erasmus von Rotterdam, den zauberkundigen Cornelius Agrippa, den skandalumwitterten Dichter Pietro Aretino. Auf allerlei Umwegen gelangt er schliesslich nach Italien, dem „klassischen Land der Räuber und Mörder“, gerät zunächst ins Gefängnis, dann in das sündige Bett einer Gräfin und um ein Haar lebendig auf den Seziertisch eines Arztes. Nachdem er knapp dem Giftbecher einer päpstlichen Konkurbine entgangen ist und manch andere gefahrvolle Abenteuer bestanden hat, kehrt er dem „Sodom Italien“ den Rücken und ist am Ende wieder dort, wo seine Glückssuche begann – im Lager des Königs von England.



    Meine Meinung:


    Ich fühlte mich durch den Klappentext dieses Büchleins wie magisch angezogen. Wer jedoch dabei einen klassischen historischen Roman erwartet oder zumindest das Eintauchen in die Ereignisse des 16. Jahrhunderts, der wird schwer enttäuscht. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Page Jack Wilton der als Ich-Erzähler seine Geschichte kundtut. Er neigt dabei insbesondere am Anfang zu masslosen Übertreibungen hinsichtlich der eigenen Genialität, indem er anderen Streiche spielt, die mich ein wenig an das Wesen Till Eulenspiegel erinnern – jedoch ist Jack Wilton hier eher kein sympathischer Possenreisser. Im weiteren Verlauf wandelt sich dieses Bild jedoch zur Erzählung der Abenteuer auf dem Weg nach und in Italien. Dabei werden sämtliche Themen über Humanismus, Reformation, Krieg, Raub, Mord, Vergewaltigung, Pest, Folterungen, Judenverfolgung und und und angesprochen. Einen Kontrast zu diesen Grausamkeiten bildet dabei die lockere Erzählweise, so dass sich gewisse Textpassagen durchgängig sehr gut lesen lassen. Im Wechsel dazu finden sich dann aber wieder unzählige lateinische Zitate, die einem zwischendurch das Lesen vermiesen können, da sich einem Latein- und Zitateunkundigen nicht nur aus dem Handluungsstrang reissen. So wandelt sich während des Lesens auch die Sympathie zum Erzählenden immer wieder je nachdem wie Jack Wilton auftritt - als Schalk, Berichterstatter, armes Opfer oder kritischer lateinzitierender Möchtegerngelehrter.


    Wer also einen reinen Unterhaltungsroman lesen möchte, dem ist dieses nich mal 150 Seiten-Büchlein nicht zu empfehlen. „Der glücklose Reisdende“ entpuppt sich als satirisch kritische Gesellschaftsstudie des 16. Jahrhunderts und im Kontext dazu finde ich die Umsetzung sehr gelungen.


    Fazit: Es gibt 2 Ratten für die gut lesbaren Teile....


    2ratten

  • Danke für die Rezension!
    Du hast mich damit neugierig auf ein Buch und einen Autor gemacht, von dem ich noch nichts wusste. Da muss ich mal Ausschau nach halten.


    Ich habe den Thread zu den "Klassikern" verschoben, da es sich ja um keinen historischen Roman (= vor Lebzeiten des Autors spielend), sondern eher um einen zeitgenössischen (von der Warte des Autors aus gesehen) handelt, und der Autor ja nun wirklich mehr als 70 Jahre tot ist.

    Wir sind irre, also lesen wir!