[Ägypten] Miral al-Tahawi - Das Zelt

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.038 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aldawen.

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    Klappentext
    Fatima wächst in einer Beduinenfamilie in der Wüste auf. Die älteren Schwestern sehnen den Tag der Hochzeit herbei und fürchten ihn zugleich, die Mutter verzweifelt, weil sie nur Töchter zur Welt bringt, und die tyrannische Großmutter hält alle Zügel in der Hand. Der geliebte Vater kommt und geht und bleibt doch nie.
    Die Mauern des väterlichen Gehöfts lassen sich nur im Traum überwinden, das große Tor lässt sich nicht öffnen. Mittels ihrer unbändigen Fantasie, mittels Geschichten, Legenden und Liedern schafft sich Fatima ihre eigene Freiheit - eine Freiheit, bei der die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit gefährlich verschwimmen.


    Die Autorin
    Miral al-Tahawi, geboren 1968 in Sharqiya in Ägypten, wuchs in einer Beduinenfamilie auf. Sie studierte Literaturwissenschaft und arbeitet zurzeit als Lehrbeauftragte an der Kairoer Universität. »Das Zelt«, 1996 erschienen, ist ihr erster Roman und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. 1998 folgte ihr zweiter Roman, »Al-Bad-hingana az-zarqa« (Die blaue Aubergine), für den sie als erste Schriftstellerin den ägyptischen Förderpreis für Literatur erhielt.



    Vielleicht war der Klappentext mit Schuld, dass ich erwartete die Geschichte aus der Sicht eines Mädchens zu Beginn der Pubertät erzählt zu bekommen. Zwar erstrecken sich die Ereignisse über Jahre hinweg, aber der grösste Teil wird aus der Sicht eines 5 bis 7jährigen Mädchens erzählt.


    Und so wie sich Kinder in diesem Alter mitteilen, ist das Buch auch geschrieben. Bruchstückhaft, sprunghaft, ohne weitere Erklärungen. Etwa in der Mitte hatte ich es geschafft jede Person nach Stellung und Verwandtschaft zuzuordnen.


    Eine richtige Handlung gibt es eigentlich nicht. Fatima erzählt in Ausschnitten was um sie herum geschieht. Da sie es schildert wie sie es erlebt, muss der Leser sich den Rest zusammenreimen. Im Laufe der Geschichte erkennt man dann auch gleich, wann es sich dabei um Träume und Fantasien handelt. In wie weit, oder ob überhaupt, Beziehungen zur Wirklichkeit bestehen, konnte ich nicht feststellen.


    Wie der Klappentext schon andeutet, werden diese Fantasien ein Gemisch aus allen möglichen sein. Mittels dieser Figuren versucht Fatima ihrer engen Welt zu entkommen und die Zuwendung zu erhalten, nach der sie sich sehnt. Wie etwa eine Freundin und Spielgefährtin. Der Falke, der an einem Pfahl gebunden ist, soll wohl ein Symbol für Fatimas eigenes Leben sein.


    Man hat den Eindruck Fatimas Leben in ihrer Familie besteht aus beobachten, Haarpflege, den Kopf in den Schoß von irgendjemand zu legen (das scheint überhaupt eine Lieblingsbeschäftigung einiger Personen zu sein) und auf Bäume zu klettern. Gerade letzteres wird ihr dann zum Schicksal.


    Das kleine Mädchen klettert auf Bäume um einen Blick über die Mauer werfen zu können, um ihren Geist wie einen Falken weit in die Welt hinaus zu schicken. Durch diese Kletterei wird sich ihr Leben, für einige Zeit, völlig von dem ihrer Geschwister unterscheiden - letztendlich für immer.


    Ich hatte mir von dem Buch etwas völlig anderes versprochen. Die Figuren blieben ziemlich blass, vieles wurde unzusammenhängend erzählt. Einen Einblick in das Leben von Beduinen bekam man sicher nicht. Fatimas Leben ist für ihre Verhältnisse aussergewöhnlich - nicht zu vergleichen mit dem normalen Leben eines Beduinenmädchens.


    Während die erste Hälfte circa zwei Jahre umspannt, ist die zweite Hälfte mit Zeitraffer erzählt und es bleibt der eigenen Fantasie überlassen wie viele Jahre wohl vergangen sein könnten.
    Manchmal war ich mir nicht sicher, ob etwas real ist oder nicht. Es ist teilweise verwirrend erzählt.


    Der Text ist mit Liedern und Sprüchen durchzogen, die dem Leser wohl die Kultur der Beduinen näher bringen soll. Die meisten habe ich nur noch überflogen, weil sie nicht vollständig und aus dem Zusammenhang herausgerissen zu sein schienen.


    Am Ende soll durch die Erwähnung, dass ihre Halbschwestern die Schule besuchen und auch durch das inzwischen immer offen stehende Tor der Anbruch einer neuen Zeit angedeutet werden. Vielleicht würde der Roman verständlicher, wenn man die Hintergründe besser kennen würde, aber gerade dies habe ich mir davon erhofft!


    2ratten



    Land im Betreff eingefügt. LG Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Das Zelt erzählt die Geschichte der kleinen Fatima, die in einer Beduinenfamilie aufwächst. Da alles aus der Sicht Fatimas, also aus der Sicht eines kleinen Mädchens, erzählt wird, ist die Handlung nicht immer ganz klar. Erklärungen gibt es nicht, man muss sich alles selber zusammenreimen und zum Beispiel die Familienverhältnisse ihrer Großfamilie selbst ableiten, was mir bei einigen Personen bis zum Ende nicht ganz gelungen ist. Die wichtigsten Familienmitglieder kann man aber klar zuordnen. Da gibt es eine verrückte Mutter, eine Großmutter, die nur zu gerne die Herrschaft über alles an sich reißt und einen Vater, der nur selten zuhause ist. Ob es sich bei den anderen Familienmitgliedern nun um Schwestern, Tanten, Cousinen oder etwas anderes handelt, ist für das Verständnis eigentlich nicht wichtig.


    Die fehlenden Erklärungen haben mich nicht gestört. Ich fand es im Gegenteil sogar sehr interessant, wie die Autorin es schafft, einen diese fremde Welt durch die Augen eines kleinen Mädchens sehen zu lassen. Der Leser erfährt nur das, was auch Fatima weiß und muss somit auch selbst nachdenken und interpretieren. Auch die Sprache ist zu Beginn recht einfach und kindlich, entwickelt sich im Laufe des Buches aber weiter, in dem Maß, in dem auch Fatima älter wird.


    Die Grenze zwischen Traum und Realität ist hier fließend, oft beschreibt die Erzählerin eine alltägliche Handlung, bevor sie wieder in verrückte Träume abdriftet, die man nicht so ganz zuordnen und nachvollziehen kann. Da war es für mich oftmals etwas schwierig, den Faden nicht zu verlieren und der Geschichte noch zu folgen.


    Die Lieder und Gedichte, die fast nur am Kapitelanfang zu finden sind, haben für mich genau den Effekt gehabt, der damit wohl auch beabsichtigt war. Man erhält einen sehr kleinen Einblick in die kulturelle Welt eines fremden Volkes und bekommt Lust darauf, sich noch mehr mit dieser Kultur auseinanderzusetzen.


    Ich hätte mir an manchen Stellen auch mehr Informationen über die Beduinen und ihre Lebensweise gewünscht, aber es ist ja nicht unbedingt der Sinn eines Romans, den Leser zu informieren und weiterzubilden. In dem Fall müsste man dann wohl ein Fachbuch lesen.


    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, Fatima und ihr Schicksal sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich fand es traurig, als ich sie wieder verlassen musste. An manchen Stellen war mir die Verwirrung und die Vermischung von Realität und Traum etwas zu groß, weshalb ich nur
    3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus: vergebe.

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  • Meine Leseerfahrung mit diesem Buch war leider nicht so positiv wie bei stefanie_j_h:



    Die Ich-Erzählerin Fatima wächst in einer Beduinenfamilie auf. Während sie als jüngstes Kind ungeduldig auf jede Rückkehr ihres Vaters aus der Wüste wartet, warten ihre älteren Schwestern darauf, dass sie endlich verheiratet werden und dem trostlosen Heim mit der depressiven Mutter und der tyrannischen Großmutter den Rücken kehren können. Da der Vater die meiste Zeit jedoch unterwegs ist, um sich um die Viehherden und andere Dinge zu kümmern, ist das Leben für die kleine Fatima beinah unerträglich langweilig, zumal ihre Welt lediglich auf das Gehöft ihres Vaters begrenzt ist, dessen Tore für sie verschlossen sind. In ihrer Einsamkeit blüht ihre Fantasie auf und sie erfindet Freunde und Geister – Geschichten, die ihr keiner glaubt und die sie von ihrer Familie entfremden. Sie sehen in ihr ein Unglücksbringer, ein Kind, dass viel zu sehr nach der unglücklichen Mutter kommt und daher gemieden werden muss.


    Der einzige Mensch, der sich Fatimas in den folgenden Jahren annimmt, ist eine Engländerin. Doch auch sie hat dabei ihre Hintergedanken, denn sie möchte unbedingt das prächtige Pony von Fatima für ihre Zucht nutzen. Während sich Fatima nach einem komplizierten Beinbruch bei der Engländerin aufhält und sich von ihr pflegen lässt, lernt sie deren Sprache und ihre Welt kennen. Dabei wird ihr jedoch immer deutlicher bewusst, wie sehr sie außerhalb der ihr bekannten Realitäten lebt. Sie gehört nicht mehr zu den Beduinen, die ihre englischen Sprachkenntnisse mit Argwohn betrachten, noch gehört sie zu den europäischen Kreisen, die sie und ihre Geschichten eher als ein exotisches Kuriosum betrachten, denn als gleichwertigen Mensch.


    Während dieser zweite Teil des Buches mit seiner Tragik mich nicht unberührt ließ, konnte ich mit der jungen Fatima so überhaupt nichts anfangen. Ihr Charakter blieb mir trotz der eigentlich sehr persönlichen Erzählperspektive völlig fremd und auch ihre Familie war mir ein Rätsel. Abgesehen davon, dass der Leser kaum etwas über die Wesenszüge ihrer Schwestern erfährt und die Mutter sowieso nur ein beinah durchsichtiges Schemen war, habe ich nicht einmal durch die Familienverhältnisse durchgeblickt. Wer ist jetzt Schwester und wer nicht? Gab es neben Fatimas Mutter noch andere Frauen in der Familie und welche davon ist die Mutter welcher Schwester? Und was ist mit Bediensteten?


    Absolut verwirrt wurde ich schließlich durch Fatimas Fantasien. Wie viel von dem, was sie erzählt hat, ist tatsächlich Realität und was hat sie sich ausgedacht? Die Grenzen verschwammen immer mehr und da mir jeglicher Überblick über das Personal des Buches fehlte, wusste ich irgendwann nicht mal mehr, ob die Personen, von denen Fatima gerade sprach, wirklich existierten oder nur Geister waren.


    Fazit: Viel zu wirr, um mich irgendwie begeistern zu können. Lediglich für die Schilderung von Fatimas Aufenthalt bei der Engländerin vergebe ich noch 1ratten

  • Myriel, das deckt sich dann ja ziemlich mit meiner Auffassung. Ich weiß noch, dass ich damals sehr enttäuscht war, da ich mir wesentlich mehr Hintergrund zum Leben der Beduinen erhofft hatte.

  • Eure Kommentare zusammen mit meinen eigenen Eindrücken von ihren Romanen Die blaue Aubergine und Gazellenspuren bestätigt mich darin, daß ich kein weiteres Buch von Miral al-Tahawi anpacke. Nicht mal geschenkt, das wäre für mich einfach Zeitverschwendung.