Halldór Laxness – Die glücklichen Krieger

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    Inhalt: Island vor rund 1000 Jahren. Thorgeir Havarsson und Thormod Bessason sind zwei junge Isländer, die einen gemeinsamen Traum teilen: den Traum vom Heldentum wie er ihnen von ihren Müttern mit den Geschichten und Sagas nahegebracht wurde. Während Thorgeir schon als Junge eine Schwäche für den Kampf hat und seine „Karriere“ entsprechend sieht, will Thormod als Skalde in die Fußstapfen seines Vaters treten. Die beiden werden Schwurbrüder und machen zunächst gemeinsam den Westen Islands unsicher. Thorgeir folgt dann Thorkell dem Langen auf seinen Zügen nach England und Frankreich, aber das Heldentum findet sich nicht so einfach ein. Auch als Kämpfer in der Truppe von Olaf Haraldsson, dem späteren König von Norwegen, ist ihm nur wenig Glück beschieden. Währenddessen frönt Thormod in Island seinen Frauengeschichten bevor er als Bauer seßhaft wird und eine Familie gründet. So könnte für ihn das Leben weitergehen, bis eines Tages Thorgeirs Kopf an sein Hoftor genagelt wird. Er macht sich auf, den Schwurbruder zu rächen.



    Meine Meinung: Hier muß ich in hohem Maß Inhalt und Form trennen. Inhaltlich hat mir das Buch nämlich sehr gefallen, aber mit der Umsetzung hatte ich erhebliche Probleme, die auch den Lesegenuß deutlich getrübt haben.


    Laxness erzählt zwar im Prinzip eine tausend Jahre alte Geschichte, aber es lassen sich ohne Probleme Parallelen zu Krieg, seinen Ausführenden und Anzettelnden zu allen Zeiten ziehen. Aus dieser Allgemeingültigkeit bezieht es einen gewissen Reiz, zumal Laxness sich nicht scheut, die Herrschenden für just dieses Kriegführen und dessen Folgen für die normale Bevölkerung deutlich zu kritisieren. Er spielt mit Begriffen wie Ehre, Gerechtigkeit, Rache, Glaube und was es sonst noch an Begründungen gibt und führt diese damit ad absurdum. Auch die christliche Kirche bekommt ordentlich ihr Fett weg, denn die meisten ihrer Vertreter in diesem Buch zeigen eine alles andere als christliche Grundhaltung ihren Nächsten gegenüber. Das Weltbild von Thorgeir und Thormod ist zu ihrer Zeit schon anachronistisch, wenn es je eine Zeit gegeben hat, in der es so galt. Aber während Thorgeir seinen Traum bis zum Schluß lebt (dabei aber immerhin, was scheinbar ein Widerspruch ist, in wenigstens einer Situation viel menschlicher handelt als seine Kampfkumpane), erkennt Thormod wenigstens zum Ende seines Lebens, daß ihr Weg ein Fehler, eine Illusion war und dafür hat er einen hohen Preis gezahlt.


    Berichtet wird das ganze in einem Stil, der an die alten nordischen Sagas angelegt ist. Mir fehlen da etwas die Vergleichsmöglichkeiten, aber ich glaube in der Beziehung einfach auch dem interessanten Nachwort. Ich weiß nicht, ob es typisch für Sagas ist, daß die Figuren eher Archetypen als Charaktere sind, aber mich hat dies beim Lesen ziemlich gestört. Selbst Thorgeir und Thormod als Protagonisten blieben völlig blaß, wie die übrigen Figuren nicht nachvollziehbar in ihrer Motivation und in ihren wenigen geschilderten Gedankengängen unverständlich. Auch die Tatsache, daß die Geschichte zwischendurch für längere Zeit von den beiden wegdriftet und sich in aller Ausführlichkeit Olaf II. Haraldsson widmet, war nicht förderlich. Ja, Harald erfüllt im Gesamtkontext eine wichtige Funktion, aber das war einfach zu viel des Exkurses. Auch finde ich es eher lästig, wenn eine Eigenheit mündlicher Vortragskunst in Bücher übernommen wird, nämlich die Wiederholung. Bei längeren mündlichen Vorträgen ist das sinnvoll, um die Zuhörer nochmals an bestimmte frühere Ereignisse oder Eigenschaften oder von jemandem gesprochene Worte zu erinnern, aber in einem geschriebenen Text ist das ein Stilmittel, auf das ich gerne (in diesem Umfang) verzichte.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

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    Meine Eindrücke
    Thormod und Thorgeir erleben ihre Jugend stets begleitet von alten Heldensagas, in denen unbeirrbare, kraftvolle und furchtlose Kämpen um jeden Preis für ihre Ziele eintreten. Ruhmreich sind die Kämpen wegen ihrer Taten und ruhmreich die Skalden, die über sie kunstvolle Gedichte machen dürfen. Im ärmlichen Island gibt es nicht viel zu holen - die beiden Schwurbrüder machen sich lediglich einen unrühmlichen Namen, weil sie sich willkürlich mit jedem anlegen, der ihnen nicht gefällt und für ein paar Lebensmittel töten. Thorgeir muss deshalb das Land verlassen und schließt sich Olaf Haraldsson an, der König von Norwegen werden will.


    Wie schön könnte es sein: Zwei junge Männer haben einen Traum von Ruhm und Ehre und wollen ihn unbedingt verwirklichen. Doch sie nehmen ihr Ziel recht verbissen ins Visier und sind der Umwelt gegenüber blind. Mehr als einer erklärt ihnen, dass Heldentum in Island gegen Hunger nicht hilft oder dass die Heldensagas nicht sonderlich wahrheitsgetreu sind. Kämpe Thorgeir erlebt zwar viele Kämpfe, aber stets in bunt zusammen gewürfelten Haufen, mit schlechten Waffen und nie für große Könige, sondern für einen Halunken, der einen verlgeichbaren Traum wie Thorgeir hat: Vom Nichts zum König.


    Thormod ergeht es nicht besser. Er erinnert sich an den alten Schwur, als er von Thorgeirs Ermordung erfährt und will ihn rächen, aber er gibt ein erfülltes Leben mit seiner Familie auf und begreift nur sehr langsam, dass die Rache die Aufgabe nicht wert war. Der einst so verehrte Olaf ist überall geächtet und Thormod stößt mit seiner beharrlichen Bewunderung nur auf Unverständnis. Er begreift die Veränderung so langsam, dass es ihn letztlich das Leben kostet. Aber eine Rückkehr käme für ihn ebenso wenig infrage, wie sie für Thorgeir denkbar war.


    Das Buch demontiert den alten Glauben an Heldentum und zeigt die Sagas als das, was sie vermutlich wirklich waren: Prachtvolle Märchen, die lange, harte Winter und ein entbehrungsreiches Leben erträglicher machen sollten. "Glückliche Krieger" gibt es im Buch keine und Krieg erweist sich als das denkbar schlechteste Mittel, um Wohlstand für König und Bevölkerung zu erzielen. So wichtig und interessant die Botschaft ist, so umständlich war für mich die Umsetzung - daher auch meine niedrige Einstufung. Ich mag den Saga-Stil, in dem das Buch geschrieben ist, aber ich hatte einige Schwierigkeiten.
    Allen vorweg der Punkt, dass das Buch eigentlich nicht nur - wie im Klappentext beschrieben - von Thormod und Thorgeir handelt, sondern auch von Olaf, dem König, dem sie sich bedingungslos verschreiben. Bis das klar war, hatte ich schon 3/4 des Buchs gelesen, mich über die ellenlangen Texte über Olaf gewundert und allzu oft den Faden verloren. Die drei Geschichten über Thormod, Thorgeir und Olaf schneiden sich oft nicht oder werden von parallelen Begebenheiten garniert, die mit ganz anderen Personen zu tun haben und deren Bedeutung nicht immer schnell genug klar wird. Zudem habe ich meist so meine Probleme mit Hauptpersonen, die ganz und gar nichts begreifen wollen und sich ein Buch lang nicht entwickeln. Thormod war nur knapp eine Ausnahme.


    2ratten



    Übrigens: Ich habe das Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen und muss im Nachhinein sagen, dass das bei diesem Werk genau das Richtige war. Da das Buch etwas sperrig war, waren die Diskussionen perfekt, um erstens am Ball zu bleiben und zweitens, um an kritischen Stellen neue Perspektiven zu bekommen. Mehr Augen und mehr Köpfe entdecken einfach mehr.

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    Halldór Laxness - Die glücklichen Krieger
    Steidl Verlag
    328 Seiten



    Klappentext:
    Island vor eintausend Jahren: Thorgir Havarsson und Thormod Bessason haben einen Traum. Ruhm wollen sie erlangen, der eine als unerbittlicher, grausam-stolzer Krieger, der andere als Skalde, als Hofdichter eines großen Königs. Doch in dem Westfjorden Islands gibt es niemanden der kühner Taten wert wäre. So folgen sie macht- und raubgierigen Eroberern in ihre Schlachten: nach England, Frankreich, Norwegen. Und verlieren alles - sogar ihre Illusionen.
    Halldór Laxness hat in "Die glücklichen Krieger" an Stoffe und Vorstellungswelt der gr0ßen Isländersagas angeknüpft und doch einen ganz und gar modernen Roman geschrieben. Immer wieder bricht er die tradionellen Ideale mit satirischer Schärfe auf und schildert mit respektloser Deutlichkeit den Krieg, die Krieger und die Mächtigen.


    Über den Autor:
    *23.4.1902 | † 8.2.1998
    - erhielt 1955 als erster Isländer den Literaturnobelpreis
    - Werke u.a. Atomstation, Weltlicht, Am Gletscher uvm.


    Meine Meinung:
    Trotz dem der Sagas nachempfundenen trockenen Stils, der ohne Innenschau und Gedankenwelt der Charaktere auskommt ist es sehr interessant zu lesen. Anfangs hat man Probleme mit dem Protagonisten, besonders mit Thorgeir Havarsson warm zu werden, erscheinen sie einem doch viel zu grausam, gefühllos und unverständlich. Wenn man sich aber an den Stil gewöhnt hat ist es gut zu lesen.
    Laxness zeigt auf interessante Weise ein völlig anderes Heldentum, das aber auf den zweiten Blick vieles des heutigen "Heldentypus" überzeichnet. Ich werde wohl nie wieder an Helden denken können, ohne an Thorgeir und Thormod erinnert zu werden, die an ihren Überzeugungen und Idealen, so seltsam sie auch sein mögen festhalten und alles dafür aufgeben.


    Speziell zu dem Klappentext muss aber gesagt werden, dass es sich um eine Geschichte mit drei Protgonisten handelt: Thorgeir Havarsson, Thormod Bessason und Olaf Haraldson (später Olaf der Heilige). Das muss man wissen, um sich nicht über die langen Passagen zu ärgern, in denen eben nur Olaf vorkommt.
    Besonders interessant finde ich, dass viele der auftretenden Charaktere tatsächlich existiert haben, so zB der oben genannte Olaf.


    Meine Bewertung:
    4ratten