Khaled Hosseini - Drachenläufer

Es gibt 90 Antworten in diesem Thema, welches 33.111 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aldawen.

  • Hallo,


    jeder in der LR scheint von dem Buch angetan. Ich kann das auch wirklich nachvollziehen. Es gibt kaum ein Buch was mich so sehr berührt hat, wie dieses.
    Ich stelle jetzt trotzdem mal eine provokante Frage, gibt es denn keine Kritiker, habt ihr irgendwas gefunden dem ihr kritisch gegenübersteht?


    Ich weiß nicht, mir ist das ganze nämlich ein bisschen unheimlich :redface:
    Tschuldigung.


    Was mir im übrigen noch so durch den Kopf geht ist die Ebene der Religion - schön wie gezeigt wird, das Islam nicht gleich Terror ist und dass es durchaus auch in dieser Glaubensgemeinschaft aktive und weniger aktive gibt... hat mir sehr gut gefallen.


    Grüße
    schokotimmi


  • Ich stelle jetzt trotzdem mal eine provokante Frage, gibt es denn keine Kritiker, habt ihr irgendwas gefunden dem ihr kritisch gegenübersteht?


    Kritisch will ich es im Moment noch nicht nennen, ich kann es nämlich noch nicht recht greifen. Aber es gibt ein unterschwelliges Unbehaben, von dem ich noch nicht weiß, ob es mit dem Buch selbst zu tun hat, oder mit den darin geschilderten Begebenheiten in Afghanistan (die ja in weiten Teilen als solche nicht erfunden und daher dem Buch auch nicht anzulasen sind). Vielleicht klärt sich das über Nacht und ich kann die Frage morgen beantworten.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich habe das Buch auch beendet..


    Kapitel 19
    Die Aussage von Farid, "Sie waren immer nur ein Tourist" finde ich ziemlich bezeichnend. Amir hat immer schon einer "besseren Welt" angehört, als die meisten in Afghanistan, auch wenn die Unterschiede in Amirs Jugend natürlicher waren und nicht durch wegen Minen unbebaubarer Felder etc. verstärkt. Der kleine Amir hatte nicht genug Mitgefühl um die Unterschiede schon als Kind wahrzunehmen und er hat Afghanistan verlassen, bevor er erwachsen werden konnte. Beispielhaft finde ich die Sache mit den Bettlern: in seiner Jugend waren Bettler immer Erwachsene und die Anzahl war ausgeglichen, sie hatten ein "ordentliches Einkommen", da der gläubige Moslem ja auch zum regelmässigen Spenden verpflichtet ist. Jetzt betteln ehemalige Professoren und Unmengen von Kindern und natürlich reicht s nicht für alle, da die einzigen mit Einkommen die Taliban sind, die die das Gebot des Spendens wohl nicht sonderlich ernst nehmen...


    Kapitel 20
    Ich frage mich, ob das Fußballspiel stattfindet, damit die Taliban die Menschen nicht ins Stadion zwingen müssen, um dort Publikum der Hinrichtungen zu werden. "Spass" am Sport kann es ja nicht sein., da ejgliche Reaktion auf das Spiel verboten ist.


    Spoiler für das restliche Buch:


    Ein sehr gutes Buch, was ich unbedingt weiterempfehelen werde!
    ... und nein, mir fällt nichts ein, was ich unbedingt kritisch anmerken will :zwinker:


    illy

  • Kritisch will ich es im Moment noch nicht nennen, ich kann es nämlich noch nicht recht greifen. Aber es gibt ein unterschwelliges Unbehaben, von dem ich noch nicht weiß, ob es mit dem Buch selbst zu tun hat, oder mit den darin geschilderten Begebenheiten in Afghanistan (die ja in weiten Teilen als solche nicht erfunden und daher dem Buch auch nicht anzulasen sind). Vielleicht klärt sich das über Nacht und ich kann die Frage morgen beantworten.


    Schönen Gruß,
    Aldawen


    Ich würde mich freuen von dir oder allen anderen noch was dazu zu hören, der Ausdruck "Unbehagen" gefällt mir ganz gut - das Buch ist mir insgesamt (auch nach 2 Tagen) noch unheimlich. Es ist toll, rundum gelungen, aber das auch du ein leichtes Unbehagen dabei spürst, beruhigt. Dann bin ich damit nicht allein :zwinker:


    Schönen Abend
    schokotimmi

  • schokotimmi: Ich habe jetzt mal in meiner Rezi versucht, dieses Gefühl zu lokalisieren. Möglicherweise hat es bei Dir andere Gründe, das würde mich interessieren – von allen anderen natürlich auch, sofern Ihr Euch angesprochen fühlt :winken:


  • Dass es im Islam weniger aktive und aktivere gibt, ist doch klar, es gibt, wohl gerade in Ländern wie Deutschland, unglaublich viele, die dem Namen nach dazugehören, aber so ziemlich sämtliche "Regeln" und Gebote, die dazugehören würden, ausser Acht lassen, genauso wie bei den "Christen" hierzulande oder sonst wo - und von den Aktiven hört man ja quasi jeden Tag in den Nachrichten.....

  • Dass es im Islam weniger aktive und aktivere gibt, ist doch klar, es gibt, wohl gerade in Ländern wie Deutschland, unglaublich viele, die dem Namen nach dazugehören, aber so ziemlich sämtliche "Regeln" und Gebote, die dazugehören würden, ausser Acht lassen, genauso wie bei den "Christen" hierzulande oder sonst wo - und von den Aktiven hört man ja quasi jeden Tag in den Nachrichten.....


    Ich weiß nicht ob ich dich jetzt falsch verstehe, aber ich meinte es ein bisschen anders, dass nämlich die die man in den Nachrichten hört überhaupt nicht das Groh des Islams zeigen, sondern dass es sehr viele gibt, die mehr oder weniger aktiv ihrer Religion nachgehen, ohne Fundamentalisten und Radikale zu sein.
    Als Amir z.B. im Krankenhaus betet, den nutzt er die Religion die ihm vertraut ist und an deren Regeln und Gebote er glaubt, mal mehr und mal weniger in seinem Leben.


    Grüße
    schokotimmi


  • schokotimmi: Ich habe jetzt mal in meiner Rezi versucht, dieses Gefühl zu lokalisieren. Möglicherweise hat es bei Dir andere Gründe, das würde mich interessieren – von allen anderen natürlich auch, sofern Ihr Euch angesprochen fühlt :winken:


    Ich habe mir die Rezi angesehen und muss sagen, ich kann dich verstehen - doch ob es das bei mir ist, kann ich nicht (noch nicht) sagen. Ich hatte eigentlich nie das Gefühl, dass es zu viele Parallelen gab und es dadurch zu konstruiert wirkte. Vielleicht ging es mir für Amir zu glatt oder, was eine ganz andere Richtung ist, vielleicht bereitet mir das Buch soviel Unbehagen, weil es jetzt und heute war "ist". Hm, ich mag es sehr und bleibe bei meinen 5 Ratten, vielleicht ergibt sich in meinen Gedanken noch was wenn mehr Zeit vergangen ist. :rollen:


    Grüße
    schokotimmi

  • Auch bei mir wirkt das Buch noch nach und ich denke öfters an die Geschichte zurück. Für mich hat es ebenfalls die volle Punktzahl verdient.
    Kritik? Nein, mir fällt keine ein. Auch die Parallelen zwischen Vater und Sohn sind gar nicht so ungewöhnlich. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass Kinder das gleiche oder ein ähnliches Schicksal erleiden oder Leben führen, wie ihre Eltern es hatten.


    Ich bin sehr gespannt auf den Film, den ich mir auf jeden Fall anschauen werde.


    @Aldawen: Deine Rezi ist toll. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was ich da noch zu schreiben soll.


    LG Murkxsi

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!


  • oder, was eine ganz andere Richtung ist, vielleicht bereitet mir das Buch soviel Unbehagen, weil es jetzt und heute war "ist".


    Das ist ein anderes Unbehagen, das nichts mit der Geschichte als solches zu tun hat und das ich auch nachvollziehen kann. Aber speziell seit den 1990er Jahren ist in den (Büger-)Kriegsgebieten der Welt eine Entwicklung festzustellen, die die Beschreibungen Hosseinis fast als „harmlos“ erscheinen läßt. Das reicht von unter Drogen stehenden Kindersoldaten, die im Rausch ihre eigene Verwandtschaft abschlachten, über wahllose Verstümmelungen von Zivilisten, bei denen per Los entschieden wird, welche Gliedmaße, weibliche Brust oder Pobacke abgehauen wird (und zugedröhnte Schlächter brauchen dafür dann auch noch mehrere Hiebe) bis zu Massenvergewaltigungen, bei denen die Penetration dann auch mit Gewehrläufen und anderen häßlichen Gegenständen erfolgt. Viele der betroffenen Frauen werden daraufhin von ihren Gemeinschaften ausgeschlossen und haben zusätzlich extreme gesundheitliche Probleme, z. B. daß sie kein Wasser mehr halten können. Ich lese solche Dinge leider regelmäßig in den entsprechenden Berichten und mir wird dabei jedesmal ganz schlecht.


    Aber gerade das macht solche Bücher so wichtig. Es schafft (hoffentlich!) ein etwas weiteres Bewußtsein dafür, was Menschen tagtäglich an Gewalt angetan wird.


    Schönen Gruß,
    Aldawen