Andrea Gunschera - Das dunkle Fenster/Kill Order

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    So, jetzt bin ich durch mit dem Buch, und gebe hier eine Rezension ab, solange es noch frisch ist.



    Zum Buch:


    Während einer Rede zur Eröffnung des Jüdischen Museums in Berlin wird der einflussreiche israelische Politiker Jonas Levi Rosenfeldt erschossen. Der Killer kann entkommen; Indizien weisen zur PLO als Drahtzieher des Attentats. Das Attentat platzt wie eine Bombe in laufende Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina und löst eine Vergeltungsaktion aus, die den Friedensprozess um Jahre zurückwirft.


    Beirut, vier Jahre später:
    Nikolaj Fedorow lebt auf seinem abgelegenen Anwesen in einem Bergdorf im Libanongebirge. Er widmet seine Tage der Malerei und der Instandsetzung des alten Hauses.
    Azizah Abourjelij, eine Kunststudentin der Mailänder Akademie, verbringt die Sommerferien im Haus ihrer Eltern in den libanesischen Bergen. Sie glaubt in Nikolaj einen bekannten Maler zu erkennen, der vor einigen Jahren abrupt vom Parkett der europäischen Kunstszene verschwand. Als sie die Neuigkeit unter ihren Freunden in Mailand verbreitet, interessieren sich plötzlich Mossad und CIA für das kleine Dorf im Wadi Qadisha.
    Denn wenn ihre Beobachtung richtig war, hat sie einen Geist aufgespürt, einen Assassinen, der nie gefasst werden konnte - und dessen Spur sich nach dem Rosenfeldt-Attentat im Nichts verlor.
    Bald beteiligen sich nicht mehr nur Geheimdienste an der Jagd auf den Mann, der als einziger die Identität der Auftraggeber kennt - die ihrerseits um jeden Preis zu verhindern suchen, dass Nikolaj dem Mossad lebend in die Hände fällt und Informationen über das Attentat und seine Hintergründe preisgibt.
    Die Ereignisse eskalieren, als Carmen Arndt auf der Bildfläche erscheint – eine Frau, die Nikolaj vor vielen Jahren liebte, die er verraten hat und die nun für seine Jäger arbeitet.



    Fazit:
    Schon der Hintergrund dieses Buches ist spannend - ein richtiges Wespennest, angelehnt an wirkliche Ereignisse (im Herbst 2000 wäre es beinahe zu einem Friedensvertrag zwischen Israel und Palästina gekommen, doch nach heftigen Unruhen scheiterten die Verhandlungen). Im 'dunklen Fenster' platzt ein Attentat auf den israelischen Politiker Rosenfeldt in die Friedensverhandlungen, angeblich bezahlt von der PLO. Die Israelis brechen daraufhin die Gespräche ab. Bei einer hastigen Vergeltungsaktion wird ein palästinensisches Dorf dem Erdboden gleichgemacht, viele Zivilisten sterben. Damit ist der Friedensprozess im Nahen Osten vom Tisch - vielleicht für immer.
    Als im Verlauf der Handlung deutlich wird, wer wirklich dafür verantwortlich zeichnet, wird einem schlecht, wenn man sich vorstellt, dass es tatsächlich so gewesen sein könnte...


    Die Protagonisten sind absolut charismatisch, und das macht das Buch auch so fesselnd. Ich habe wirklich mit ihnen mitgelitten, mitgekämpft, mich mit ihnen gefürchtet... Nikolaj zum Beispiel, ein tragischer Held, der als Junge eigentlich Maler werden wollte, aber zwanzig Jahre später der Killer ist, der Rosenfeldt erschießt und damit die ganze Ereigniskette in Gang setzt. Das ist so eine ambivalente Figur, in einem Moment kalt und präzise, an anderer Stelle aber den eigenen Geistern ausgeliefert, die er mit sich herumträgt.
    Oder Lev Katzenbaum, der alternde Mossad-Ermittler, der sich nie sicher war, ob sie mit ihrer Vergeltungsaktion gegen das palästinensische Dorf das Richtige getan haben, und für den die Frage nach den Hintermännern des Attentats auch eine Frage um sein eigenes Seelenheil ist.
    Dann Carmen, eine ehemalige Weggefährtin Nikolajs, die inzwischen für den Mossad arbeitet. Eigentlich soll sie ihn nur identifizieren, doch dann kommt es zu einer Schießerei und er nimmt sie als Geisel mit sich. Plötzlich sind sie wieder aneinandergekettet, und müssen sich entscheiden, ob sie gegeneinander kämpfen wollen oder miteinander.


    Dieses Buch ist vielschichtig und komplex und intelligent geschrieben, und niemals schwarzweiß. Immer schrammt es an diesem 'so könnte es gewesen sein'-Grat entlang, bleibt aber zugleich spannend und temporeich. Mich hat es ein bisschen an Bourne-Identität erinnert, nur nicht so amerikanisch.
    Ich wünsche mir, dass es vielleicht demnächst eine Fortsetzung gibt, das Ende läßt es jedenfalls hoffen.


    5ratten


    LG, Elena

    :lesen: Anna im blutroten Kleid

  • Diesen Krimi kenne ich von der Autorin noch nicht, aber ich habe vor einiger Zeit Die dunklen Farben des Lichts gelesen und war begeistert. Viel Spaß bei der Leserunde :winken:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

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    Andrea Gunschera - Kill Order


    Inhalt:
    Der Russe Nikolaj Fedorow, ein ehemaliger Kämpfer der PLO und Auftragsmörder, lebt zurückgezogen im Libanongebirge als Maler und versucht, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Durch einen Zufall erfährt der israelische Geheimdienst Mossad von Nikolajs Aufenhaltsort – der Geheimdienst ist an den Hintergründen und Auftraggeber von Nikolajs letzten Auftrag, den Mord an einem jüdischen Politiker, interessiert. In der Gruppe um Lev Katzenbaum, der die Aktion leitet, befinden sich der Libanese Rafiq Abou-Khalil und die Deutsche Carmen Arndt, ehemals gute Freunde und Kampfgefährten von Nikolaj, die vor vielen Jahren jedoch von ihm verraten wurden. Carmen wird auf Nikolaj angesetzt und soll ihn identifizieren.
    Es gibt jedoch noch eine weitere Partei, die daran interessiert ist, daß Nikolaj dem Mossad nicht lebend in die Hände fällt – die Situation eskaliert dramatisch.


    Meine Meinung:
    Wer einen Politthriller mit Spannung und Action sucht, indem es auch mal ordentlich kracht, liegt mit diesem Buch goldrichtig. Es bietet alles, was einen guten Politthriller ausmacht: Geheimdienste, politische Verstrickungen, rasante Verfolgungsjagden, undurchsichtige Machenschaften, politisch brisante Themen. Was mir aber an „Kill Order“ besonders gut gefällt: die widersprüchlichen Gefühle der Protagonisten sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen spielen neben der Spannung ebenfalls eine wichtige Rolle und verleiht der Handlung Tiefe.


    Im ersten Teil des Buches wechseln verschiedene Zeitebenen miteinander ab: der Prolog spielt im Januar 2001, wenige Stunden nach dem durch Nikolaj verübten Attentat auf den jüdischen Politiker Rosenfeldt in Berlin. Die aktuellen Geschehnisse spielen im Jahre 2005: die Jagd auf Nikolaj durch den Mossad. Diese Zeitebene wechselt sich mit den Ereignissen in der Südlibanesischen Sicherheitszone 1992 ab, in der der Leser etwas über die gemeinsame Vergangenheit von Nikolaj, Rafiq und Carmen erfährt.


    Wie das gerne bei Polit- und Agententhriller ist, tauchen auch hier eine Menge Namen auf, die von dem Leser viel Aufmerksamkeit abverlangen, um sie nicht zu verwechseln. Und ebenfalls typisch sind die verschiedenen Hierarchien und Abteilungen von innerem und äußeren Geheimdienst, Abteilungen der PLO usw. - geübte Politthriller-Leser werden wahrscheinlich weniger Probleme damit haben.


    Die Darstellung der Charaktere ist sehr gut gelungen: sie werden vielschichtig und jenseits von reinem Gut-und-Böse-Denken dargestellt. Nikolaj ist die Hauptperson, die auch am detailliertesten herausgearbeitet ist: der ehemalige Kämpfer der PLO und Auftragmörder hat sich von seinem mörderischen Beruf verabschiedet und sich zurückgezogen, um seiner Leidenschaft, der Malerei, nachzugehen. Geschickt webt die Autorin die Gründe für Nikolajs Werdegang in die Handlung ein.


    Daneben gibt es noch Rafiq und Carmen, die mit Nikolaj vor vielen Jahren aus idealistischen Gründen zusammen in der PLO gekämpft haben. Nikolaj war wie ein Bruder für Rafiq – heute hat Rafiq nur noch Hass für ihn übrig. Die Gründe für Rafiqs Hass erfährt der Leser ebenso wie die Gründe, warum er und Camen aktuell für den israelischen Geheimdienst arbeiten.


    Vordergründig geht es um die Verfolgung eines ehemaligen Attentäters durch den Mossad, der sich Auskunft über die Hintergründe und den Auftraggeber des Anschlags in Berlin erhofft.
    Tiefergründig geht es aber um Lügen, Rache und Mißverständnisse, die dafür sorgen, daß sich Rafiq und Nikolaj, die einst wie Brüder waren, sich nun als Todfeinde gegenüberstehen und um die gleiche Frau, Carmen, kämpfen.


    Einen klitzekleinen Kritipunkt habe ich noch: die Auflösung, wer hinter dem Attentat an Rosenfeldt steckt, hätte für meinen Geschmack zu einem späteren Zeitpunkt im Buch kommen können, auch wenn ich schon einen Verdacht hatte, mit dem ich richtig lag.


    Mir hat Andrea Gunscheras Roman spannende Lesestunden beschert und ich hoffe, daß „Kill Order“ nicht der letzte Politthriller aus ihrer Feder sein wird.


    5ratten

    Liebe Grüße

    Karin

  • Da es sich um eine überarbeitete Neuauflage handelt, könnte man den Thread vielleicht mit dem von "Das dunkle Fenster" zusammenfassen?


    Kein Problem, :winken: Holden

    LG, Dani


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    Einmal editiert, zuletzt von HoldenCaulfield ()

  • Um Agententhriller mit politischen Hintergrund mache ich normalerweise einen weiten Bogen. Aber durch die Autorin kam ich dann doch einmal in dieses Genre hinein. Und obwohl ich anfangs große Probleme mit der Zuordnung der vielen Namen und Organisationen hatte, habe ich es nicht bereut.
    Der ehemalige Profikiller Nikolaj Federow hat sich aus seinem "Beruf" verabschiedet und lebt zurückgezogen in einer entlegenen Gegend, um sich seinem Hobby, der Malerei zu widmen. Nur zufällig erfährt der israelische Geheimdienst von seinem Aufenthaltsort und setzt seine Agenten auf ihn an. Doch im Gegensatz zum Mossad, der Nikolaj als wichtigen Zeugen lebend haben will,
    muss es eine Weitere Organisation geben, die den Russen am liebsten tot sehen will ...
    Nach anfänglichen Schwierigkeiten durch die vielen fremd klingenden Namen kam ich doch später gut ins Geschehen hinein. Durch die immer wieder eingestreuten Rückblenden lernt man als Leser langsam die Unterschiede der einzelnen Organisationen kennen, auch wenn man sich nie sicher sein kann, wer der Gute und wer der Böse ist. Ausserdem sind wir dabei, wie aus drei Freunden erbitterte Feinde werden, weil eine dringend notwendige Aussprache viel zu spät erfolgte.
    Andrea Gunschera ist es gelungen, den Spannungsbogen bis zum schlüssigen Ende aufrecht zu erhalten. Das immer aktuelle Thema Nahost-Konflikt wird auch dem politisch uninteressierten Leser spannend dargestellt.
    Fazit: Ein gelungener Thriller, der zum Nachdenken anregt.


    4ratten

  • Bei „Kill order“ handelt es sich um eine überarbeitete Neuauflage von „Das dunkle Fenster“. Da dieses vergriffen und nur noch als ebook erhältlich war, habe ich mich sehr gefreut, die Geschichte nun doch noch zu lesen zu bekommen.
    Das Buch erzählt die Geschichte von drei ehemaligen Freunden. Nikolaj, Rafiq und Carmen waren als junge Leute abenteuerlustig und idealistisch und haben sich dem Kampf gegen Israel angeschlossen. Doch etwas ging schief und ihre Leben verliefen danach in ganz unterschiedliche Richtungen und sie haben den Kontakt zueinander verloren.


    Dies ändert sich, als Nikolaj plötzlich auf der Abschussliste des Mossad auftaucht. Er soll vor Jahren einen jüdisch-amerikanischen Senator getötet haben, was eine schreckliche Vergeltungsaktion nach sich zog, die sich im Nachhinein als militärisches Desaster herausgestellt hat. Einigen der Verantwortlichen geht diese Fehlentscheidung bis zum heutigen Tage nach und so will man nun endlich die Gelegenheit nutzen, den vermeintlichen Attentäter dingfest zu machen. Hierzu setzt der israelische Geheimdienst Nikolajs ehemalige Gefährten ein, insbesondere durch Carmen hofft man, an ihn heranzukommen.


    Doch schnell stellt sich heraus, dass hier von unterschiedlichen Parteien ganz unterschiedliche Ziele verfolgt werden, bei denen ein Menschenleben nicht viel zählt und die eingesetzten Agenten oft nur Spielfiguren auf dem Schachbrett von Politik und Geheimdienst sind.


    Die Geschichte beginnt ein wenig verworren, viele Namen und Personen müssen erst einmal eingeführt und sortiert werden. Nach und nach kristallisiert sich dann eine Geschichte von Freundschaft und Verrat heraus. In Rückblenden setzt sich das Bild zusammen und die Puzzleteile fallen an ihren Platz. Die wahre Auflösung über das Attentat wird recht früh enthüllt, für mich nahm das der Geschichte aber keinesfalls an Spannung, sondern zeigte umso deutlicher die Verwicklungen und Fallstricke, denen die handelnden Personen hier ausgesetzt sind.


    Ein rasanter Agenten-Thriller voller interessanter Hintergründe und ganz ohne Fantasy – Andrea Gunschera zeigt hier mal wieder ihre Vielseitigkeit und konnte mich auch in diesem Genre absolut begeistern! Jederzeit gerne mehr hiervon!

    LG, Dani


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