Amos Oz – Mein Michael

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    Inhalt: Die dreißigjährige Hannah blickt auf die zehn Jahre zurück, seit sie ihren Mann Michael kennenlernte. Die Bekanntschaft begann mit einem Ausrutscher Hannahs auf der Treppe eines Universitätsgebäudes, Michael fing sie auf. Der zurückhaltende Michael und Hannah treffen sich und beschließen frühzeitig, entgegen der Ratschläge aus ihrem geamten Umfeld, zu heiraten. Schon ein Jahr später wird der Sohn Yair geboren, der sich als ruhiges und kluges Kind entpuppt. Während Hannah ihr Studium der hebräischen Literatur aufgibt, verfolgt Michael das seine der Geologie fort. Er macht seine Examen, übernimmt eine Stelle an der Uni und arbeitet an seiner Dissertation. Hannah geht nur noch ihrer Halbtagsstelle im Kindergarten nach. Die Ehe, deren Basis von Beginn an zumindest fragwürdig war, versandet zunehmend in einem Nebeneinander.



    Meine Meinung: Das Auseinanderdriften bekommt in Oz' Darstellung geradezu etwas Zwangsläufiges und Unaufhaltsames. Das ist, da alles aus Hannahs Sicht geschildert wird, nicht verwunderlich. Im Klappentext zum Buch heißt es, daß Hannah den Widerstand von Michaels Verwandtschaft ertragen habe und seine Lieblosigkeit. Ersteres ist nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber letzteres konnte ich nicht finden. Michael ist sicher kein mustergültiger Ehemann, er ist durchaus in vielen Dingen zögerlich und versucht oftmals, Antworten und potentiellen Konflikten mit Schweigen und Lächeln aus dem Weg zu gehen. Aber Lieblosigkeit ist kein Vorwurf, den ich aus Hannahs Bericht herausgelesen habe. Eher wirkte es auf mich so, als scheiterte diese Ehe an Hannahs Unfähigkeit oder Unwillen erwachsen zu werden und die entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Stattdessen flüchtet sie sich in Traumwelten, wo sie die Prinzessin ist und alle anderen ihre Untertanen und Bedienten.


    Auch scheint mir ihre Selbstliebe größer zu sein als die zu anderen Menschen, jedenfalls sofern es sich um Lebende handelt. Während sie ihrem verstorbenen Vater nämlich durchaus positive Gedankten widmet, vermeidet sie Kontakte und klärende Gespräche mit ihrer Mutter, und auch das Verhältnis zu ihrem eigenen Sohn scheint mir nicht normal. Im Grunde hätte die ganze Familie mal wachgerüttelt gehört, ich kann aber nicht beurteilen, inwieweit die Verhaltensweisen von der Situation in Israel in den 1950er Jahren, vor der diese Geschichte angesiedelt ist, beeinflußt sind. Die Apathie, in die Hannah sich geflüchtet hat, unterstützt Oz durch den gewählten Tonfall, der recht gleichmütig dahinplätschert und zwischendurch immer mal frühere Aussagen wiederholt, wie eine Selbstvergewisserung der Erzählerin, daß dies die Wahrheit sei und gesagt werden müsse.


    Auch wenn mich dieser Roman nicht in letzter Konsequenz überzeugt hat, so könnte ich mir doch vorstellen, daß dies zwar mein erstes, aber nicht das letzte Buch von Amos Oz war.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen