Halldór Laxness - Sein eigener Herr

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  • Kapitel 68


    Bjartur, von Gvendur aufgefordert, weigert sich Asta zu besuchen.
    "Nein. Ich habe mit den Leuten nichts zu schaffen."


    Ja, er bleibt sich gleich. Und trotzdem merkt man deutlich, wieviel Asta ihm bedeutet. In seinem Gedicht bittet er sie geradezu, doch nach Hause zurückzukehren, und das Haus hat er wohl auch nur für sie gebaut. Nur ist Asta ebenso sturköpfig wie ihr Vater: "Lebend komme ich nie zu Bjartur in Sumarhus, aber meinen Kadaver kann er von mir aus verscharren."
    Dass Gvendur von sich aus versucht, zwischen den beiden zu vermitteln, hätte ich von ihm nicht erwartet.


    Kap. 69 & 71:
    Hier hätte Bjartur die Chance, eine wirklich fitte Ehefrau zu bekommen, die ihm in allem, auch der Willensstärke gewachsen ist. Aber etwas von jemand anderem annehmen kann er nun mal nicht, und so verbaut er sich auch diese Chance. Wahrscheinlich könnte er es aber sowieso nicht ertragen, eine ebenbürtige Frau zu haben, die ihm auch mal Kontra gibt.

    Kap. 70:
    Tja, da sieht man, was von all der schönen Propaganda zu halten ist. Von wegen "die Konsumgenossenschaft gehört ihren Mitgliedern und ist für deren Bestes da". Die Bauern sind der neuen Leitung ebenso ausgesetzt wie früher dem Kaufmann, und werden kein Quäntchen besser behandelt. Aus ihnen wird herausgequetscht, was nur zu holen ist, und dann müssen sie selbst sehen, wie sie ein neues Leben aufbauen.


    Kap. 72
    Politik. Island soll aufgebaut werden, und dabei hilft der Staat seinen Mitbürgern. Allerdings nur den sowieso schon Bessergestellten.
    Es hat nämlich keinen Zweck anderen als reichen Leuten gute Bedingungen anzubieten; nur reiche Leute können gute Bedingungen annehmen. Arm zu sein ist eben dieser eigenartige Zustand des Menschen, gute Bedingungen nicht annehmen zu können.
    Und Ingolfur macht weiter Karriere:


    Kap. 73:
    Das Ende von Sumarhus. Wenn sich Bjartur auch vieles selbst zuzuschreiben hat und er wirklich kein angenehmer Zeitgenosse ist, tut er mir leid. Nach Jahrzehnten härtester Plackerei steht er wieder mit leeren Händen da.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    ich bin jetzt bis Kapitel 64 gekommen und ich muss sagen Bjartur tut mir hier doch etwas Leid. Jetzt verliert er auch noch sein letztes Kind, in das er wohl einige Hoffnungen gesetzt hat. Finanziell scheint es ihm ja ganz gut zu gehen.


    Kapitel 64:
    In dem Gespräch zw. Gvendur und Asta scheint es also Asta eher diejenige ist, die Ansichten und Eigenshaften von Bjartur übernommen hat. Auch das sie ihr Kid nach Bjartur benannt hat, zeigt wie sehr sie unbewußt an ihm hängt. Ob sie noch zu ihm zurückgeht?


    Grüße
    schokotimmi

  • Kapitel 72
    Hier wird die Frage geklärt, was und wen bringt die derzeitige Politik etwas.
    Saltanah hat es mit ihrem Zitat eigentlich schon auf den Punkt gebracht.



    Es hat nämlich keinen Zweck anderen als reichen Leuten gute Bedingungen anzubieten; nur reiche Leute können gute Bedingungen annehmen. Arm zu sein ist eben dieser eigenartige Zustand des Menschen, gute Bedingungen nicht annehmen zu können.
    Und Ingolfur macht weiter Karriere:


    Was die Karriere Ingolfurs betrifft, hätte es mich doch interessiert mit wem er verheiratet war.


    Kapitel 73


    Aber gemäss seinem Leitsatz lässt Bjartur sich nicht unterkriegen. Dem Verlorenen nicht hinterhertrauern, sondern vorwärts blicken. Und somit erweist er sich mal wieder als Stehaufmännchen und macht sich sofort daran eine neue Existens aufzubauen.
    Durch und mit Bera. Ja, sie lebt immer noch! :breitgrins:


    Teil 4
    Dieser Teil trägt die Überschrift SCHLUß. Nach Beendigung der restlichen Kapitel kann ich sagen, dass mir der Titel WANDLUNGEN oder ähnlich besser gefallen hätte.


    Kapitel 74
    Während Bjartur mit Gvendur in Fjord darauf wartet, dass Blesi - ja, den gibt es auch noch, inzwischen 26 Jahre! alt - sich über Nacht satt frisst, spricht sie ein Fremder an. Es ist einer der Streikenden. Und ganz gegen sein bisheriges Verhalten geht Bjartur mit ihm mit. Zwar protestiert er in Bezug auf das gestohlene Brot zu Anfang, aber


    Kapitel 75
    Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.
    Am Morgen zweifelt er über seine nächtlichen Zusagen und lenkt seine Schritte Richtung Fjord und den dortigen Erdhütten. Ist es wirklich Zufall, dass er dort auf Björt stösst, oder hat er nicht doch unbewusst diese Richtung eingeschlagen, von der er weiß, dass dort Sola lebt, die von ihrem Verlobten verlassen worden ist. Er erkennt das Mädchen und geht mit ihr in die Hütte. Sola ist überwältigt vor Freude.


    Kapitel 76
    Die Großmutter freut sich Sola wiederzusehen. Sie glaubte Sola tot, darauf sagt diese:
    "Ja, ich war tot. Doch jetzt bin ich von den Toten auferstanden, Großmutter."
    Worauf Bera antwortet:
    "O nein, mein Kind, es steht keiner wieder auf."


    Bjartur packt Bera und die beiden Kinder auf das Pferd und die fünf machen sich auf den Weg auf die Heide.
    An Gunnvörs Grab machen sie Halt und Bjartur stürtzt den von ihm errichteten Grabstein in die Schlucht.
    Der symbolische Beweis, Gunnvör hat Bjartur in Sumarhus zu zerstören vermocht, doch nicht Bjartur in Sandgilsheide. Und so wurde nicht nur der Grabstein von ihm zu Fall gebracht, sonder bereits sein falscher Stolz. Ob nicht doch Thorirs Rede (Kapitel 73) mit eine Ursache für seine Wandlung war?
    Sola, erschöpft von ihrem Hustenanfall, wird von Bjartur getragen. Seine Lebensblume wird bei ihm bleiben.
    "Immer - solange ich lebe."

  • Bis Kapitel 49:
    Vieles habe ich ähnlich beobachtet wie Ihr. Bei manchen Dingen denke ich mir, da kommt noch was nach - so zum Beispiel der Lehrer. Der gerade angekommen ist und mächtig Eindruck bei den Kindern macht. Er dürfte leichtes Spiel haben, wenn er einigermassen helle ist, denn die drei haben in der Einsamkeit eine ungeheure Sehnsucht nach Abwechslung. Er wird's wohl ausnutzen, denn was soll sonst Astas Traum?
    Ich bin auch neugierig, was der Lehrer an Wissen streuen wird und was man so alles als wissenswert erachtete. Mir fällt ein, jemand schrieb bereits, dass er sich wundere weil die Grossmutter den Kindern nichts beibringt. Finna hat ja immer wieder mal was erzählt, gesungen und erklärt. Aber Hallbera tut offensichtlich gar nichts in der Richtung. Dabei wären die langen Wintertage, die ja fast komplett gemeinsam unter dem einen Dach verbracht werden, ideal dazu. Ist tatsächlich verwunderlich.


    Die Sucht nach einem gelegentlichen Ausbruch aus der Monotonie war überdeutlich, als nach dem Masaker an den zehn Schafen plötzlich die Bude voll von Gaffern war und zwei der Brüder eine richtige Schau daraus gemacht haben.


    Helgis Verschwinden: Kommt da noch etwas nach? Oder kann ich schon davon ausgehen, dass Helgi irgendwo erfroren im Hochland liegt? Vielleicht im Lauf des Buchs auch nicht mehr gefunden wird? Oder doch? (bzw. wird Helgi überhaupt noch Thema sein?)
    Darauf bin ich besonders neugierig.


    Dass Bjartur "arbeiten" geht, verblüfft mich auch. Was er genau tut, ist bei meinem aktuellen Stand völlig unklar - vielleicht ist er im Fjord auch einfach Mädchen für alles und ohne feste Aufgabe. Ist die Not so gross? Oder ist der Wunsch so gross, Asta ein Haus zu bauen? Seine Zuneigung zu Asta finde ich ohnehin faszinierend. Es ist nicht seine leibliche Tochter, das weiss er, aber dennoch sorgt er sich um sie mehr als um jeden anderen Menschen, der je mit ihm zusammen gelebt hat.

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  • Bis Kapitel 55:


    Der Lehrer ist ein Schuft. Mich erstaunte an dieser Szene, die ja nur aus einem Satz bestand, dass im Haus niemand etwas mitbekommt oder mitbekommen will. Das war schon bei den toten Schafen so, als ich mich darüber wunderte, dass niemand etwas mitbekommen hatte. In dieser Nacht aber denke ich, hat zumindest die Grossmutter geschnallt, was passiert ist. Möglich, dass das auch Grossmutter Ähnliches passiert ist und sie das als Bestandteil eines Frauenlebens hinnimmt :frieren:


    Aus einem Kommentar über 101 Reykjavik:
    Das Thema Inzest, das dieses Buch prägt, behandelt Helgason auch im Roman «Islands Schriftsteller»: Ein Kleinbauer vergewaltigt und schwängert seine vierzehnjährige Tochter. Es ist dies ein verdrängtes Thema der stolzen isländischen Bauerngesellschaft. Bei Laxness klingt es in «Sein eigener Herr» immerhin zwischen den Zeilen an.


    Das hatte ich beim surfen nach dem Buch mal entdeckt und das hängt seither im Hinterkopf: verdrängtes Thema. Scheint mir ein Leid zu sein, das viele Frauen verbindet und doch meilenweit voneinander trennt.
    Sehr traurig, zumal Asta in Sachen Körper noch weniger Ahnung hat als in Sachen Religion. Und die Leute im Haus perfekt aneinander vorbei leben. Wird man so abgrenzend, wenn man schon gewungen ist, auf kleinstem Raum zusammen zu leben und im Winter noch viel mehr als im Sommer? Die Hütte von Bjartur passt von der Grundfläche her wahrscheinlich locker in unser Wohnzimmer (ich habe mal einen Hof in Island besichtigt - sieht idyllisch aus, aber man geht mit Respekt vor den ehemaligen Einwohnern) und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man sich Mechanismen sucht, um die Enge zu bewältigen.


    Der Fund von Helgi kündigte sich so bedeutungsschwanger an: Raben über der Schlucht. An der Stelle erwartete ich automatisch, dass Helgi doch noch im Buch auftauchen wird und nicht nur sowohl textlich als auch gedanklich kein Thema mehr wird. Von der Natur so inszeniert, dass die Identität nicht eindeutig ist, aber Bjartur ist so gewitzt, dass er genau weiss, dass im Winter nicht beliebig viele Leute da oben rumspazieren.
    Was auch mir sehr deutlich auffiel, war wieder der Vergleich: Besser eine Leiche in der Schlucht als ein totes Schaf. Ist das auch Selbstschutz?


    P.S.
    Habe gerade noch Kapitel 56 gelesen, wo Nonni seine Schwester trösten will: Da fielen mir zwei Dinge auf. Erstens die allgemeine Einschätzung, dass Frauen nicht soviel wert sind wie Männer und zweitens die Geschwisterliebe und der Wille, die Schwester zu trösten, jetzt oder wann immer er etwas für sie tun kann. Abgesehen davon ja übel, dass Asta einen unspezifischen Wunsch nach etwas wünschenswert Schönem so bitter zerstört bekam. Das erlebte sie ja jetzt schon mindestens zum zweiten Mal, dass ein Herzenswunsch sich als ernste Enttäuschung erwies. Erst die Stadt, dann die Liebe. Beides schöne Dinge, die zerstört worden sind. Nonni hat nach wie vor seine schönen Träume.

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    Einmal editiert, zuletzt von Bettina ()

  • So, Ende von Teil III.


    Die Frau von Raudsmyri eine Niederlage? Sie kriegt genau das, was sie will und wegen was sie gekommen ist: Asta. Bjartur ist ja nahezu froh, dass er sie los ist. Das ist ja ein Knaller, für den er selbt eine Ohrfeige kassieren müsste: Erst das Kind nicht aufklären und ihm aber auch rein gar nichts von den Bienen und den Blumen erzählen und sich dann wundern, dass es schwanger wird. *kopfschüttel* Das Verhalten Männern gegenüber hat sie nie gelernt, aber sie bekommt die volle Verantwortung von Bjartur aufgedrückt.


    Sehr verwunderlich auch, dass er diesen Suffkopp nach Sumarhus schickt, den die Dichterin schildert. Der hat im Tal einen Ruf wie ein Henker und für Bjartur ist er gut genug? Hat der Lehrer auch Bjartur irgendwie um den Finger gewickelt?


    Gut, dass er von der Dichterin die Leviten gelesen bekommt. Bjartur zählt ihr zwar auch die Fehler ihrer Familie auf, aber dass Bjartur der Kopf gewaschen wird, tut auch gut. Und er bekommt zu hören, dass die Gemeinde seinen Hof schon lange auflösen will - und die Dichterin ihn immer wieder davor bewahrt hat. Eine zweischneidige Sache. Die Dichterin hat immer in Bjarturs Sinn gesprochen, ihm hat sie damit einen Gefallen getan (wenn auch selber aus einer Verblendung heraus, genau wie er). Allen anderen rund um Bjartur aber hätte eine frühere Entscheidung das Leben gerettet, wie es auch die Idee der Gemeinde war, Leben zu erhalten statt zu riskieren.


    Bin sehr gespannt, was aus Asta wird. Sie will zum Suffkopp laufen statt nach Raudsmyri, wo man sie sofort aufnehmen würde.



    Kap. 57:
    Ein Brief an Bjartur, mit großen Konsequenzen für Nonni. Hier reagiert Bjartur mit erstaunlichem Feingefühl, nimmt seinen Sohn auf ein Gespräch unter vier Augen beiseite und fragt ihn tatsächlich, was er selbst will. ... er scheint Nonni, den er als Zeichen seiner Entscheidungsbefugnis mit seinem Taufnamen Jon nennt, tatsächlich eine Wahl zu lassen.
    Nonni beweist eine große Sensibilität bei der Abschiednahme. Er wird nie vergessen, woher er kommt.
    ...
    Hier zeigt sich, wie auch in der Reaktion seiner Großmutter das enge Verhältnis, das die beiden zueinander hatten. Sie schenkt ihm ihren einzigen Besitz, Kopftuch und Ohrenschaber, was ich als Zeichen nehme, dass sie die nächste Weihnacht nicht mehr erleben wird. Die Familie wird kleiner und kleiner.


    Ahnt die Großmutter, dass sie nicht mehr lange leben wird? Sie ahnte ja schon vieles und wunderte sich auch darüber, wie lange sie leben darf.

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  • Sehr verwunderlich auch, dass er diesen Suffkopp nach Sumarhus schickt, den die Dichterin schildert. Der hat im Tal einen Ruf wie ein Henker und für Bjartur ist er gut genug? Hat der Lehrer auch Bjartur irgendwie um den Finger gewickelt?


    Diese Entscheidung habe ich bis jetzt nicht begriffen. Wie konnte Bjartur sich nur auf diese Abmachung einlassen?



    Habe gerade noch Kapitel 56 gelesen, wo Nonni seine Schwester trösten will: Da fielen mir zwei Dinge auf. Erstens die allgemeine Einschätzung, dass Frauen nicht soviel wert sind wie Männer und zweitens die Geschwisterliebe und der Wille, die Schwester zu trösten, jetzt oder wann immer er etwas für sie tun kann.


    Am Ende des 25. Kapitels, als Asta sich anzog, machte Nonni sich Gedanken über sie.
    ... und legte dabei einen Knöchel auf das andere Knie, ohne Scham, so dass der Junge, als er ihren unvollkommenen Körper betrachtete, es diesmal wie auch sonst nur deshalb tat, um sich davon zu überzeugen, dass sie, obwohl sie die große Schwester sein sollte, dennoch auf Grund ihrer Körperbeschaffenheit ein weniger bedeutendes Wesen war als ihre Brüder.
    Ich hatte den Eindruck, dass er seine Schwester für unvollkommen hielt, weil er den kleinen Unterschied zwischen den Geschlechtern noch nicht kannte. Das weckte in ihm den Beschützerinstinkt. :breitgrins:
    Aber im allgemeinen werden Frauen auf manchen Höfen sicher hinter dem Vieh eingeschätzt worden sein. Eine Frau war ersetzbar, verlorene Schafe eher nicht.

  • Nach einer kleinen Pause bin ich wieder mit dabei und gerade beim 72. Kapitel angelangt.


    Zitat von Bettina

    Aus einem Kommentar über 101 Reykjavik:
    Das Thema Inzest, das dieses Buch prägt, behandelt Helgason auch im Roman «Islands Schriftsteller»: Ein Kleinbauer vergewaltigt und schwängert seine vierzehnjährige Tochter. Es ist dies ein verdrängtes Thema der stolzen isländischen Bauerngesellschaft. Bei Laxness klingt es in «Sein eigener Herr» immerhin zwischen den Zeilen an.


    Das hatte ich beim surfen nach dem Buch mal entdeckt und das hängt seither im Hinterkopf: verdrängtes Thema. Scheint mir ein Leid zu sein, das viele Frauen verbindet und doch meilenweit voneinander trennt.


    Nachdem ich ja durch Helgasons Roman "Vom zweifelhaften Vergnügen, tot zu sein" auf dieses Buch kam, hab ich eigentlich die ganze Zeit drauf gewartet, dass Bjartur sich an Asta vergreifen würde und war sehr erleichtert, dass er sich beherrschen konnte. Aber es scheint wirklich so, dass dieses Thema gang und gäbe war und vielleicht sogar Normalität und einfach tot geschwiegen wurde.



    Aus der Geschichte mit Gvendur werde ich nicht recht schlau. Er hat die Möglichkeit nach Amerika zu gehen und will sie auch nutzen, dass seinem Vater das nicht in den Kram passt, war klar, schließlich ist er der einzig verbliebene Erbe von Sumarhus. Dass er ihm für Asta einen Reim mitgibt, zeigt, dass er sie nicht vergessen hat, obwohl er sie verstoßen hat. Und Astas Antwort zeigt, dass sie nicht weniger seine Tochter ist, wie ein leibliches Kind. Sturköpfe, alle beide!
    Dann trifft Gvendur auf Ingis Tochter, und bei dem Kapitel bin ich irgendwie ausgestiegen... Träumt er einen Teil davon nur? Will er eigentlich doch nicht nach Amerika und sucht einen Vorwand, um das Schiff zu verpassen? Oder ist er wirklich so dämlich? Mit keinem Wort wird erwähnt, wie Bjartur darauf reagiert, dass sein Sohn nun doch auf dem Hof bleibt, oder dass er ein Vermögen für ein Pferd ausgibt. :schulterzuck: Das sieht ihm ja wirklich nicht ähnlich.


    Bjartur lässt sich auch von den Politikern einlullen und glaubt an die guten Geschäfte: er beginnt zu bauen. Die Strategie der Sparkasse und der Handelsgenossenschaft scheint er nicht so recht zu durchschauen und dann treten auch noch Risse im Keller auf. Er hat vergessen, eine Tür zu bestellen und nicht daran gedacht, dass ein Haus auch Möbel braucht... Für mich ging es an dieser Stelle schon bergab mit Sumarhus. Den einzigen Lichtblick, seine Wirtschafterin, wirft er hinaus anstatt sie zu heiraten, weil sie für die Familie Lebensmittel gekauft hatte. Bei soviel falschem Stolz kann Bjartur mir einfach nicht mehr leid tun.


    Von Asta erfahren wir, dass sie in ärmlichen Verhältnissen lebt, wieder schwanger ist und ihren Verlobten wohl doch nicht so sehr liebt, wie sie vorgibt. Ausserdem scheint sie vom Lehrer mit Tuberkulose angesteckt worden zu sein. Sie ist sehr hart geworden. Schade, gerade für sie hätte ich mir einen schöneren Lebensweg gewünscht.

    Einmal editiert, zuletzt von WannaBe ()


  • Nachdem ich ja durch Helgasons Roman "Vom zweifelhaften Vergnügen, tot zu sein" auf dieses Buch kam, hab ich eigentlich die ganze Zeit drauf gewartet, dass Bjartur sich an Asta vergreifen würde und war sehr erleichtert, dass er sich beherrschen konnte. Aber es scheint wirklich so, dass dieses Thema gang und gäbe war und vielleicht sogar Normalität und einfach tot geschwiegen wurde.


    Ich hatte das auch erwartet, und wurde angenehm von Bjartur überrascht. Dass es dazu nicht kam, war erfreulich. Oder lag das vielleicht nur an der zeit, in der das Buch geschrieben wurde? War das in den 30ern noch ein so großes "Unthema", dass Laxness darüber nicht schreiben "durfte"?



    Dann trifft Gvendur auf Ingis Tochter, und bei dem Kapitel bin ich irgendwie ausgestiegen... Träumt er einen Teil davon nur? Will er eigentlich doch nicht nach Amerika und sucht einen Vorwand, um das Schiff zu verpassen? Oder ist er wirklich so dämlich?


    Alles zusammen, glaube ich. So richtig begeistert war er ja nicht, als er den Brief bekam, wenn ich mich recht besinne. Er wollte nach Amerika, weil man eben nach Amerika geht, wenn man die Gelegenheit dazu bekommt, aber nicht aus großer Überzeugung oder als Erfüllung geheimer Träume.
    Ich gehe davon aus, dass Ingis Tochter mit ihm flirtete, und er sich dann viel zusammenträumte à la "Nacht mit ihr verbracht". Er deutet mehr in ihren Flirt, als darin zu finden ist, in typisch jugendlicher Manier.
    Wie Bjartur darauf reagiert, dass Gvendur bleibt, würde mich auch interessieren. Aber wahrscheinlich reagiert er wie gehabt nicht, akzeptiert das ebenso wortlos wie vorher die Auswanderungspläne.



    Bjartur lässt sich auch von den Politikern einlullen und glaubt an die guten Geschäfte: er beginnt zu bauen.


    Mir kommt gerade der Gedanke, dass Gvendurs Auswanderung vielleicht mit dem idiotischen Hausbau zusammenhängt. Ich glaube nämlich nicht, dass Bjartur wirklich an die Versprechungen anderer glaubt, dass er wirklich ein Haus haben will. Dumm ist er ja nicht. Auch dass es die "Pannen" mit fehlenden Türen und Möbeln gibt, liegt meiner Meinung nach nicht an Gedankenlosigkeit, sondern an Desinteresse. Er will ein Haus, das Gebäude also, weniger um darin zu wohnen, sondern um es vorzeigen zu können. Das ist nämlich seine Strategie, um Asta zu sich zurückzuholen. Nachdem Gvendur sich durch seine Reisepläne als sein "Alleinerbe" disqualifiziert hat, ist ihm ja kein Kind mehr geblieben und er fühlt, wo seine eigentliche Liebe liegt. Asta bedeutet ihm ebenso viel wie Sumarhus, aber er bringt es ja nicht fertig, zu ihr zu gehen, der Sturkopf, sondern will sie mit Hilfe des Hauses zurücklocken.



    Sehr verwunderlich auch, dass er diesen Suffkopp nach Sumarhus schickt, den die Dichterin schildert. Der hat im Tal einen Ruf wie ein Henker und für Bjartur ist er gut genug? Hat der Lehrer auch Bjartur irgendwie um den Finger gewickelt?


    Gut möglich, dass ich mich von Bjartur um den Finger wickeln lasse, denn ich mag ihn einfach und habe insgesamt doch eine recht hohe Meinung von ihm. (Wenn er nur nicht so verbohrt wäre :rollen: .) Ich glaube, er meint es gut mit seinen Kindern, solange sie durch ihre Handlungen nicht den Hof "riskieren". Ich glaube also, dass er seine Familie nicht über mehrere Monate alleine auf dem Hof lassen will, ohne männliche Aufsicht. 3 Kinder (Asta ist 15,16?) und eine alte Frau mitten im Winter weitab von dem nächsten Hof? Er muss einfach weg, Geld verdienen, und braucht einen "Stellvertreter" auf dem Hof. Außerdem schützt er sich durch die Anstellung eines "Lehrers" vor Anschuldigungen des Gemeindevorstehers. "Meine Kinder können lesen und schreiben, sind nicht ungebildet, brauchen keine schulische Unterweisung." Einen Besseren als den Lehrer kann er sich natürlich nicht leisten. Was die beiden miteinander verbindet, ist wohl eine Liebe zur Dichtkunst.



    Und er bekommt zu hören, dass die Gemeinde seinen Hof schon lange auflösen will - und die Dichterin ihn immer wieder davor bewahrt hat. Eine zweischneidige Sache. Die Dichterin hat immer in Bjarturs Sinn gesprochen, ihm hat sie damit einen Gefallen getan (wenn auch selber aus einer Verblendung heraus, genau wie er). Allen anderen rund um Bjartur aber hätte eine frühere Entscheidung das Leben gerettet, wie es auch die Idee der Gemeinde war, Leben zu erhalten statt zu riskieren.


    Sehr zweischneidig. Natürlich wünsche ich mir, jemand hätte frühzeitig eingegriffen und den Kindern ein besseres Leben besorgt. Aber ob das wirklich besser geworden wäre? Nun kenne ich mich mit den isländischen Gepflogenheiten nicht aus, weiß aber, was mit den Kindern in Schweden passiert wäre: Sie wären versteigert worden! Die Gemeinde hätte sie nicht an den Höchstbietenden, sondern an den am wenigsten Verlangenden versteigert. An den, der am wenigsten Geld von der Gemeinde dafür fordert, dass er sich um die Kinder "kümmert". Wie diese Kinder behandelt wurden, wie sehr sie schuften mussten, könnt ihr euch sicher vorstellen. Als Alternative zu Bjartur eigentlich keine Alternative. Zu der schlechten Behandlung wäre dann noch die Verachtung der Umwelt gekommen: Gemeindekinder, elternlos (auch wenn diese noch lebten), standen auf der alleruntersten Stufe der Hierarchie, während Bjarturs Kinder doch immerhin Kinder eines freien Bauern waren. War Bjartur vielleicht selbst eines dieser Gemeindekinder (falls es also in Island ein ähnliches System wie in Schweden gab)? So was wurde ja mal angedeutet.



    Teil 4 - Schluß
    In Bjartur tut sich tatsächlich was. Er scheint schließlich bemerkt zu haben, dass sein Stolz übertrieben war. Er nimmt, wenn auch widerwillig, ein Stück gestohlenes Brot an, und dadurch ist ein Knoten in ihm geplatzt. Jetzt ist er selbst ein Verbrecher/Sünder wie Asta auch und kann deshalb zu ihr gehen. Vater und Tochter können sich auf gleicher Ebene begegnen.
    Eigentlich ein schönes Ende, wenn Asta nur nicht totkrank wäre, es bald wirklich mit ihr zu Ende wäre.



    Ja, er sagt den Leuten zu, zu ihrer Unterstützung seinen Sohn in Fjord zu lassen. Was um Himmels willen ist denn in Bjartur gefahren?!


    Er hat meiner Meinung nach endgültig eingesehen, dass sein ganzer Kampf umsonst war, von vornehinein zum Scheitern verurteilt war. Seinem Sohn will er die Fortsetzung des Kampfes nicht auferlegen, der soll ein anderes Leben führen, nicht das eines Kleinbauern. Er selbst ist zu alt für eine Änderung. Er wird auf Urdarsel sein eigenes Ende abwarten.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • So,


    ich habe nun das Buch auch beendet und ich muss sagen, der vierte Teil hat mir wirklich überhaupt nicht gelegen.
    Ich weiß nun was aus Gvendur geworden ist und das Asta sein einzig "wahres" Kind ist, seine Lebensblume.



    Dass der Wohlstand der Kriegsjahre ins Unglück stürzen wird, ließ sich leicht erahnen und ich glaube es gab insofern einen Gott der Bera so lange leben läßt als dass Bjartur nun ihren alten Hof pachten kann. Ich frage mich was in den ganzen Jahren mit dem Hof passiert ist - lag er brach?


    Insgesamt empfand ich den letzten Teil als weniger interessant, kann aber nicht sagen woran es liegt - ich bin einfach froh, dass es zu Ende ist. Komisch eigentlich, obwohl ich doch vor allem die ersten beiden Teile als sehr positiv in Erinnerung habe.
    Hm, merkwürdig.


    Sonnige Grüße
    schokotimmi

  • Mir kommt gerade der Gedanke, dass Gvendurs Auswanderung vielleicht mit dem idiotischen Hausbau zusammenhängt. Ich glaube nämlich nicht, dass Bjartur wirklich an die Versprechungen anderer glaubt, dass er wirklich ein Haus haben will. Dumm ist er ja nicht. Auch dass es die "Pannen" mit fehlenden Türen und Möbeln gibt, liegt meiner Meinung nach nicht an Gedankenlosigkeit, sondern an Desinteresse. Er will ein Haus, das Gebäude also, weniger um darin zu wohnen, sondern um es vorzeigen zu können. Das ist nämlich seine Strategie, um Asta zu sich zurückzuholen. Nachdem Gvendur sich durch seine Reisepläne als sein "Alleinerbe" disqualifiziert hat, ist ihm ja kein Kind mehr geblieben und er fühlt, wo seine eigentliche Liebe liegt. Asta bedeutet ihm ebenso viel wie Sumarhus, aber er bringt es ja nicht fertig, zu ihr zu gehen, der Sturkopf, sondern will sie mit Hilfe des Hauses zurücklocken.


    Ja, das könnte es treffen. Immerhin hatte er Asta ja schon als Kind ein Haus versprochen und sähe es wahrscheinlich auch als persönliche Niederlage, jetzt keines zu bauen, wo er sich es doch vermeintlich leisten kann. Wie wohnlich es dann wird, ist Nebensache.


    Gestern bin ich auch fertig geworden.
    Ingolfur hat es ja weit gebracht! Ich hab ihm viel zugetraut, das aber doch nicht. Beschämend umsomehr, dass er sich nicht um seine uneheliche Tochter kümmert. Sehr gut fand ich es, wie Laxness die Wirtschaftspolitik auf den Punkt brachte. Sogar einen Jauchegrubenfond gab es - natürlich bringt der aber (wie alle anderen Unterstützungen) nur den Großbauern etwas. Denn was nützt die exklusivste Jauchegrube, wenn man nur eine Kuh am Hof hat :breitgrins:

    Seine Rettung ist Bera, jetzt über 90 und ein Fels in der Brandung. Für mich eine der eindrucksvollsten Figuren des Romans.


    Teil 4


    Auch in Fjord sind schlimme Zeiten, die Arbeiter, die den Wellenbrecher bauen sollten streiken. Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie bei den Löhnen betrogen wurden oder von falschen Voraussetzungen ausgingen, jedenfalls können sie ihre Familien nicht ernähren und sind darauf angewiesen, Brot zu stehlen. Bjartur und Gvendur treffen auf einen von ihnen und verbringen die Nacht bei den Arbeitern. Aus ihrer Sicht ist ein "Arbeiter- und Bauernstaat" vielleicht wirklich die bessere Lösung. Bjartur lässt seinen Sohn bei ihnen zurück, wir erfahren nicht, was aus ihm wird. :sauer: Eine kleine Andeutung darüber hätte ich mir schon erhofft.


    Dann die nächste Überraschung: Bjartur sucht Asta auf! Ich konnte es nicht fassen, wird er weich auf seine alten Tage? Wirklich scheint sein Stolz gestorben zu sein, als er von den Arbeitern das gestohlene Brot nimmt - fremder Leute Brot, tiefer kann er sowieso nicht mehr sinken.
    Auch Asta ist überwältigt, ihren Vater wieder zu sehen und weint an seinem Hals. Da scheinen doch mehr Gefühle in den beiden getobt zu haben, als lange Jahre an der Oberfläche sichtbar waren. Zum Schluss ziehen alle auf Beras Besitz, nachdem Bjartur noch Gunnvörs Gedenkstein in die Schlucht gestürtzt hatte. Die Geister waren schließlich doch stärker als er.


    Mir hat der letzte Teil recht gut gefallen, es gab einige überraschende Wendungen und ein Happy End wäre bei diesem Buch unmöglich gewesen. Das Ende von Sumarhus war für mich vorauszusehen, eigentlich ein Wunder, dass sich die Familie so lange halten konnte.


    Sicher ein Buch, das sich noch etwas bei mir setzen muss. Bestimmt werde ich auch noch darüber grübeln, wie es Bjartur und den seinen in Steinhütte ergehen wird, über kurz oder lang wird er mit den Kindern und den Schafen dort alleine sein und das Leben wird so ärmlich wie in Sumarhus in den schlechtesten Zeiten.
    Für mich war es ein sehr beeindruckendes Leseerlebnis, einmal so drastisch die extrem schlechten Lebensbedingungen der damaligen Landbevölkerung vor Augen geführt zu bekommen. Krieg und sozialistische Strömungen sieht man da aus einem ganz anderen Blickwinkel.
    Ich bin gespannt, wie Eure abschließende Meinung ausfällt.

  • Zumindest wegen mir müsst Ihr nicht Spoiler anwenden :zwinker:


    Bei diesem Buch finde ich es nicht schlimm zu wissen, was passieren wird. Das geht meistens zwar nicht, aber hier macht das Lesen an sich den Reiz aus und nicht das Raten um das Ende.


    Aber ich kam gut voran in den letzten Tagen und bin irgendwo bei 65 oder 66.

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  • Seine Rettung ist Bera, jetzt über 90 und ein Fels in der Brandung. Für mich eine der eindrucksvollsten Figuren des Romans.


    Das finde ich auch, aber sie ist viel zu kurz gekommen in unseren Kommentaren. Es freut mich für sie, dass sie schließlich doch wieder "nach Hause" kommt.
    Bemerkenswert ist eigentlich auch, dass Bjartur sich auch nach dem Tod ihrer Tochter weiter um sie gekümmert hat, auch nachdem sie zu alt geworden war, um noch wirklich etwas zum Haushalt beitragen zu können. Aber ihm fiele es wohl nie ein, eine der "Seinigen" der Obhut der Gemeinde zu überlassen.


    Für mich war dieses Buch ein großes Leseerlebnis, nicht zuletzt wegen eurer Unterstützung. Mir hat die Leserunde viel Spaß gemacht. Ich freue mich schon auf den nächsten Laxness.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Das finde ich auch, aber sie ist viel zu kurz gekommen in unseren Kommentaren. Es freut mich für sie, dass sie schließlich doch wieder "nach Hause" kommt.


    Helgi und Nonni haben sich nach dem Tod der Mutter mal über die Großmutter unterhalten. Dabei sagte Helgi
    "Wer Großmutter versteht, versteht alles." Ich habe das als großes Lob verstanden. Und es ist ja der Gleichmut der alten Frau, der sie alle Ereignisse, ob gut oder schlecht, fast unverändert überstehen lässt.



    Bei diesem Buch finde ich es nicht schlimm zu wissen, was passieren wird. Das geht meistens zwar nicht, aber hier macht das Lesen an sich den Reiz aus und nicht das Raten um das Ende.


    Ich stimme mit dir überein, dass hier der Weg das Ziel ist, dennoch gibt es Stellen, die einen überraschen oder dazu anregen Spekulationen anzustellen. Da der Autor manchmal mit Informationen geizt, lechzt man als Leser um so mehr nach Aufklärung. Wie etwa bei der Frage: Was wurde aus Helgi? (Obwohl man es sich denken kann.)

  • Hallo,


    ich wollte euch nochmal für die tolle LR danken. Ohne Euch wäre mir der letzte Teil sicher noch viel schwerer gefallen.
    War wirklich toll - danke, vielleicht bin ich bei einem anderen Laxness ja doch wieder dabei.


    Hier meine Rezi, ich habe einen neuen Thread aufgemacht, ich hatte nix existierendes gefunden. Hoffe das war OK.


    Sonnige Grüße
    schokotimmi

  • Ich habe den Laxness gestern beendet, muss aber sicher den einen oder anderen Teil setzen lassen.


    Für mich war dieses Buch ein großes Leseerlebnis, nicht zuletzt wegen eurer Unterstützung. Mir hat die Leserunde viel Spaß gemacht. Ich freue mich schon auf den nächsten Laxness.


    Ohne LR mag ich Laxness schon gar nicht mehr lesen - gehört inzwischen irgendwie zusammen :breitgrins:



    Wunderbar die Analyse des Konfliktes zwischen Frankreich und Deutschland durch den Bergkönig: Eigentlich gibt es keinen Unterschied zwischen den beiden Ländern und deren Bewohnern, außer vielleicht ein wenig in der Frisur. Beide Länder halten sich für was besseres, täuschen sich aber darin, und kämpfen eigentlich nur aufgrund dieses Missverständnisses.


    Das war ja schon "Comedy". So simpel sehen die isländischen Bauern das ganze Problem.


    Grabstein für Gunnvör: Ich werd's auch nicht kapieren :schulterzuck:
    Hat er gemerkt, dass der Hof nicht guttut und erwartet, er könnte sie damit beruhigen? Den größten und würdigsten Stein ablegen, nachdem er das sonst nie tat?


    Gvendurs Reise: Der arme Kerl. Da bietet ihm sein Bruder eine große Chance, er wird "berühmt" in der Region und dann vergeigt er alles. In dieser Situation ist er keinen Deut besser dran als seine Schwester Asta im Umgang mit anderen Menschen. Davon haben sie keine Ahnung und ein Bub mit mehr Kontakt zur Außenwelt hätte vielleicht gewiefter reagiert oder sich nicht so leicht einwickeln lassen.


    Interessant fand ich übrigens auch, dass die Rettungsinsel Amerika lange Zeit als Schande galt.


    Brynja: Juchu! Endlich hat Bjartur eine Frau kennen gelernt, die ihm ebenbürtig ist. Körperlich fit, tolle Wirtschafterin, macht nicht viele Worte, würde bei ihm blieben, kommt mit der Situation auf Sumarhus ohne Murren zurecht. Und was macht er? Wirft sie raus! Einmal ohrfeigen bitte!



    Kapitel 71
    "Anderer Leute Brot ist das schlimmste Gift,..." (Kapitel 68)
    ... Seine Dienstbotin kann sich mehr leisten als er und er hat das Gefühl Almosen von ihr zu erhalten. Er fühlt sich ihr unterlegen. ... Wieder ist sein Stolz ein Hemmschuh für den Hof. Brynja würde ihn wollen und der Hof bekäme eine Finanzspritze. Da das für den alten Sturkopf nicht in Frage kommt, er aber auch unter diesen Umständen mit Brynja nicht unter einem Dach leben kann, schickt er sie fort. Und sie geht.


    Dieser alte Esel. Seine Prinzipien sind wirklich haarsträubend. Denn die Sachen sind zwar nicht seine, aber Brynja gehören sie ja rechtmäßig. Sie hat sich ihr Geld ja nicht durch dumm gucken verdient, sondern auch durch Arbeit (die ihres Mannes und ihrer guten Wirtschafterei). Er kauft sich seine Lebensmittel doch auch von seinem verdienten Geld und Brynja macht nichts anderes.


    Hausbau:



    ... Auch dass es die "Pannen" mit fehlenden Türen und Möbeln gibt, liegt meiner Meinung nach nicht an Gedankenlosigkeit, sondern an Desinteresse. Er will ein Haus, das Gebäude also, weniger um darin zu wohnen, sondern um es vorzeigen zu können.


    Das fand ich eine sehr interessante Idee!
    Mich überrascht es dennoch, wie Bjartur an den Bau herangeht. Er übernimmt sich und baut völlig über seine Verhältnisse. Und merkt es noch nicht einmal. Oder will es nicht merken. Er hat es tatsächlich nötg, den Leuten von Raudsmyri die Stirn bieten zu wollen. Sobald es nicht um Schafe geht, hat er kein Maß mehr, scheint's mir.



    Dann die nächste Überraschung: Bjartur sucht Asta auf! Ich konnte es nicht fassen, wird er weich auf seine alten Tage? Wirklich scheint sein Stolz gestorben zu sein, als er von den Arbeitern das gestohlene Brot nimmt - fremder Leute Brot, tiefer kann er sowieso nicht mehr sinken.
    Auch Asta ist überwältigt, ihren Vater wieder zu sehen und weint an seinem Hals. Da scheinen doch mehr Gefühle in den beiden getobt zu haben, als lange Jahre an der Oberfläche sichtbar waren.


    Die beiden verbindet mehr, als sie geahnt haben. Erstaunlich, dass ausgerechnet Bjartur derjenige ist, der den ersten Schritt tut. Seine Begründung, dass er bei ihr auftaucht, klang so als wolle er sagen "ich habe schon zwei schlimme Dinge heute getan und da kam's auf das dritte nicht mehr an." Nicht unbedingt das, was ich hätte hören wollen. Aber: Er hat es getan und es war gut so.
    Asta geht auch gerne mit. Das mit dem Verlobten war wohl kein großartiger Zauber. Vielleicht ist die Siedlung auch nichts für Asta, die in den Bergen groß geworden ist und einen anderen Rhythmus lebt als die "Städter".


    Am Ende arbeitet Bjartur zwar auf einem fremden Hof, aber er ist wieder Bauer und die alte Bera wird ihn sicher wirtschaften lassen.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Nachdem wir alle nun das Buch beendet haben, möchte ich euch für die interessante Leserunde danken.
    Es hat Spaß gemacht, zusammen mit euch, dieses Buch zu lesen. Im Alleingang wäre es manchmal ein ganz schöner Brocken gewesen. So konnten wir die aufsteigenden Gefühlswallungen ( :rollen:) wenigstens miteinander teilen.


    Der Isländer wird für mich weiterhin eine eigentümliche Spezies bleiben. :zwinker:

  • Ich wollte mich auch nochmal für die LR mit Euch bedanken, es hat großen Spass gemacht, mit Euch in Island zu sein :winken: und manche Gedankengänge waren sehr erhellend, gerade wenn ich Bjartur mal wieder nicht verstanden habe.


    Laxness mit Euch immer gerne wieder :winken: