Jules Verne - Fünf Wochen im Ballon

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    Jules Verne - Fünf Wochen im Ballon


    Zum Autor:

    Jules Verne wurde 1828 in Nantes geboren. Er studierte Jura, schrieb aber bereits Theaterstücke und Erzählungen. Sein erster Erfolgsroman "Fünf Wochen im Ballon" erschien 1863. Von jetzt an werde ich nur noch im Traum reisen, soll der elfjährige Jules reumütig versprochen haben, als sein Vater ihn vom Schiff holte, mit dem er heimlich nach Indien hatte ausreißen wollen. 1863 verfaßte er, beeinflußt von Dumas dem Älteren und von Poe, einen Abenteuerroman, Fünf Wochen im Ballon, der von beachtlicher Wirkung war: Nicht nur, daß er Jules Verne über Nacht berühmt machte und ihm einen phantastischen Vertrag mit seinem Verleger sicherte - sein Erstling machte auf Tolstoi einen solchen Eindruck, daß dieser ihn eigenhändig für seine Kinder illustrierte, und inspirierte den Ingenieur Andree zu seiner verhängnisvollen Luftfahrt. Seine großen Romane waren von Anfang an Bestseller. Als neuer Mythenmeister und Klassiker ist er der Begründer der modernen Science-fiction-Literatur. Jules Verne starb 1905 in Amiens.


    Inhalt:


    "Fünf Wochen im Ballon" war der Roman, der Jules Verne mit einem Schlag weltberühmt gemacht hat. Er berichtet von den Abenteuern, die Furgusson, Kennedey und Joe bei ihrer Ballonfahrt über Afrika zu bestehen haben. Gegen Stürme, Regengüsse und steil aufragende Felsspitzen haben sie zu kämpfen, gegen abergläubische und streitbare Eingeborene, gegen wilde Tiere, Hitze, Durst, Fieber und Verzweiflung. Mehr als einmal rettet ihnen der Ballon das Leben. Über den reißenden Wassern des Senegal aber scheint ihr Schicksal endgültig besiegelt: das Gas entweicht aus dem Ballon....


    Meine Meinung:


    "In achtzig Tagen um die Welt" kennt wohl fast jeder, und wer es kennt, hat auch sofort die Figur des Phileas Fogg und seines getreuen Dieners Passpartout vor Augen. Daher hatte die Einführung der Hauptfiguren in "Fünf Wochen im Ballon" eine gewissen Wiedererkennungeffekt, steht doch dort mit Dr. Samuel Fergusson eine exakte Kopie des Mister Fogg im Mittelpunkt, und sein Diener Joe könnte glatt ein Zwilling von Passpartout sein. Sehr schön gelungen fand ich die Vorstellung dieser Figuren, die im Falle des Dr. Fergusson niemand anderes vornimmt als der Präsident der Königlichen Gesellschaft für Geographie in London. Er und seine weitgereisten Kollegen begeistern sich für dieses unerhört ehrgeizige Projekt des Dr. Fergusson, den afrikanischen Kontinent mit dem Ballon zu überqueren - und zwar von Ost nach West - und dabei die Nilquellen zu entdecken, wobei es gilt, etlichen am Boden agierenden Forschungsgruppen zuvorzukommen.


    Diese Ausgangslage und der Reiz einer noch unentdeckten Welt hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Die technischen Probleme beim Ballonfahren auf dem Stand der damaligen Zeit werden von Jules Verne sehr ausführlich dargestellt und auch die Lösungen präsentiert er und unter Auflistung ausgeklügelter Berechnungen in Hinsicht auf Gewicht, Auftriebskraft, Rauminhalt des Ballons und so weiter. Ob dies alles nach dem heutigen Wissenstand physikalisch korrekt dargestellt ist, kann ich nicht beurteilen; aber Tatsache ist, dass Jules Verne dieses Ballonmodell konsequent über die ganze Geschichte hinweg verfolgt und in meinem Augen schlüssig in die Handlung einbaut.


    Der Hype um Dr. Fergusson und sein Projekt ist in der Heimat ziemlich groß; der Abenteurer und Wissenschaftler selbst hingegen gibt sich bescheiden und orientiert sich auf sein Ziel hin, unberührt von dem großen Aufsehen, das er erregt. Dass sein Diener Joe bei der Ballonfahrt mit von der Partie ist, ist klar; aber er braucht auch noch einen "Mann fürs Grobe", und diese Rolle hat er seinem Freund Dick Kennedy zugeschrieben, einem passionierten Jäger, was in Afrika nie vekehrt ist. Bodenständig wie dieser Schotte ist, hat er für Spinnereien wie diese ominöse Ballonfahrt überhaupt nichts übrig, und mir hat es sehr viel Spaß gemacht, wie Dr. Fergusson nach und nach mit sanfter Gewalt den Widerstand bei Kennedy bricht und dieser dann sich quasi in letzter Minute doch "freiwillig" entschliesst, die Expedition zu begleiten - was aber von Anfang an klar war. Der Roman hat also auch eine gewisse trocken-humorige Seite, die das Lesen zum Vergnügen machte.


    Zunächst startet man jedoch mit dem Schiff und umfährt das Kap der Guten Hoffnung mit dem Ziel Sansibar. In Sansibar geht es nun endlich los mit der Ballonfahrt und bereits beim Start stößt man auf den Widerstand der Eingeborenen, die den Ballon am Aufsteigen hindern wollen, da er eine Beleidigung für ihre Sonnen- und Mondgötter darstellt. Überhaupt stellen die Eingeborenen die Ballonfahrer immer wieder vor haarsträubende Situationen, und so mancher abgeschossene Pfeil fliegt unseren Helden um die Ohren. Die Darstellung dieser Völker ist natürlich der Entstehungszeit des Romans entsprechend sehr distanziert, die Eingeborenen gelten als fremde Spezies, die in erster Linie an der Verspeisung ihrer Artgenossen interessiert ist.


    Sehr gut haben mir vor allem die Landschaftdarstellungen gefallen; beim Blick aus dem Ballon erhält man eine sehr abwechslungsreiche und exotische Landschaft präsentiert, die mit ihrer fremden Tier- und Pflanzenwelt die Begeisterung bei Ballonfahrern und Lesern wecken. Dabei baut Jules Verne immer wieder haarsträubende Erlebnisse und Begegnungen mit Mensch und Tier ein, denn natürlich unternehmen die Abenteurer immer wieder den einen oder anderen Ausflug auf den afrikanischen Boden. Amüsant fand ich, dass der Ballon bei diesen Gelegenheiten meistens nicht dirket landet, sondern mit einem Anker an einem Baum fixiert wird und weiter in der Luft schwebt.


    Wie bereits erwähnt, spielen Ballontechnik und auch die vorherrschenden Winde immer wieder eine wichtige Rolle bei der Weiterreise, und so verwundert es nicht, dass der Ballon nicht immer genau da langfährt, wo Dr. Fergusson es vorgesehen hat. Eine Steuerung ist nur durch Auf- und Absteigen und die damit verbundene Änderung der Windrichtung möglich, daher ergibt sich ein ausgiebiges Zickzack in der Reiseroute, und auch die Höhe des Ballons variiert ständig von knapp über dem Boden bis hin über die Wolken. Teilweise muss da ganz nett improvisiert werden, um die Weiterfahrt nicht zu gefährden, und insbesondere der Diener Joe erweist sich als sehr gewitzt und mutig, wenn es darum geht, das Gewicht im Ballon zu verringern und ihn damit schneller aufsteigen zu lassen.


    Am Ende macht Jules Verne es nochmal richtig spannend und lässt den Ballon sprichwörtlich aus dem letzten Loch pfeifen; ob und wie es den Dr. Fergusson und seiner Mannschaft gelingt, den Ballon über den Senegal zu bringen und damit das Projekt als erfolgreich werten zu können, das lasse ich offen. Mir hat die Lektüre dieses Klassikers der Abenteuerliteratur jedenfalls viel Vergnügen bereitet und ich werde bestimmt noch zu weiteren, vielleicht auch unbekannteren Büchern dieses Autors greifen. Wer sich näher für "Fünf Wochen im Ballon" interessiert, dessen Aufmerksamkeit möchte ich auf diese wunderbar gestaltete Seite lenken, die noch sehr viele weitere Informationen zum Roman und vor allem eine Karte enthält.


    5ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Ach, ich habe gerade wieder richtig Lust bekommen, einen Jules Verne zu lesen. :klatschen: Als Jugendliche habe ich ein paar gelesen und vor einiger Zeit dann mal wieder 20.000 Meilen unter den Meeren. Das hat richtig Spaß gemacht. Ich habe eben auch gleich mal deinen tollen Link danach abgesucht, da gibt es ja viele Infos dazu!


    Fünf Wochen im Ballon kenne ich noch nicht, aber das hört sich auch spannend und interessant an und ist gleich auf meinem Wunschzettel gelandet. Momentan auf dem SUB habe ich leider nur Der Kurier des Zaren liegen, worauf ich mich aber auch schon freue.

  • Schöne Rezension, Miramis! Und danke für den Link zu der Seite. Die ist ja toll gemacht, da werde ich mich nachher gleich einmal durchschmökern!


    Inhaltlich bleibt mir nicht viel zu ergänzen :zwinker: , du hast die Handlung und den besonderen Reiz des Buches ja sehr gut zusammengefasst.
    Da ist zum einen die Tatsache, dass die Geschichte zu einer Zeit spielt, als es tatsächlich noch weiße Flecken auf der Landkarte gab. Das ist für unsere Generationen soo weit weg - wir kennen Bilder von unserer Weltkugel aus allen möglichen Perspektiven, wir können in einer Tagesreise fast jedes Land der Welt erreichen (und uns vorher alle nötigen Infos zusammengoogeln) ... während es vor 150 Jahren noch Expeditionen in vollkommen unerforschte Gebiete gab, die noch nie zuvor ein Europäer betreten hatte!


    Zum anderen ist da natürlich der Ballon. Mir war im Vorhinein nicht klar, wie raffiniert Jules Verne das alles ausgetüftelt hat und welche Besonderheiten sich dadurch im Lauf der Geschichte ergeben. Der Ballon ist nicht (wie ich ursprünglich vermutet hatte) nur ein literarisches Hilfsmittel, um Afrika aus der Luft beschreiben zu können, sondern mit seinen Eigenarten prägt er den Roman ganz entscheidend.


    Trotzdem sind die Schilderungen aus der Vogelperspektive natürlich ein besonderes Bonbon. Wie Miramis schon geschrieben hat, ändert sich der Blick dabei auch ganz häufig, je nachdem in welcher Höhe die Abenteurer gerade unterwegs sind. Hier zum Beispiel hat sich der Ballon gerade mitten durch ein tobendes Gewitter bis über die Wolken nach oben gekämpft:


    Die elektrischen Entladungen erfolgten jetzt zu ihren Füßen, und wenn man aus der Gondel nach unten blickte, sah es aus wie ein riesiges Feuerwerk, eins der schönsten Schauspiele, die die Natur dem Menschen zu bieten hat. Unter ihnen das Gewitter und über ihnen der klare, schweigende, von Sternen erfüllte Himmel, in dem der Mond sein friedliches Licht auf die sturmgepeitschten Wolken schienen ließ.


    Am nächsten Tag gleitet die Gondel dann wiederum ganz niedrig über eine mit mannshohem Gras bewachsene Ebene dahin:


    Der Flug über dieses fast durchsichtige Grün war wirklich eine bezaubernde Spazierfahrt, wie eine Bootsfahrt auf einem glasklaren Gewässer, das vom Wind in leichten Wellen bewegt wurde. Die Gondel machte ihrem Namen alle Ehre, schien sie doch die Fluten zu zerteilen. Sie schwebte so niedrig über dem Boden, dass sie von Zeit zu Zeit einen Schwarm Vögel mit herrlich leuchtendem Gefieder aufscheuchte, der unter hellem Schreien aus dem hohen Gras aufstieg. Die Anker tauchten in dieses Blumenmeer und zogen Furchen hinter sich her, die sich alsbald wieder schlossen, nicht anders als das Kielwasser eines Schiffes.


    So ganz nebenbei wird auch viel Hintergrundinformation über Afrika eingestreut - über die Geographie, über die verschiedenen Stämme, über bisherige Expeditionen ...


    Ich würde dem Buch ja liebend gerne 5 Ratten geben, weil es so abwechslungsreich war und mir so viel Spaß gemacht hat - aber ich schaffe es einfach nicht, nicht wenigstens eine Ratte abzuziehen für ein paar Punkte, die meine Lesefreude stellenweise sehr getrübt haben:


    [li]das (damals leider typische) Überlegenheitsgefühl gegenüber den Eingeborenen[/li]
    [li]die weitgehend unkritischen Erwähnungen von Sklaverei[/li]
    [li]die Schießwütigkeit des Jägers Kennedy, der am liebsten alles abknallen würde, was sich bewegt, auch wenn sie gerade nichts zu essen brauchen und im Ballon natürlich nicht einmal irgendwelche "Trophäen" transportieren können (... ja, die Europäer waren ja so zivilisiert! :rollen: )[/li]


    Ich habe mich hier ja schon mit Aldawen darüber unterhalten und sie konnte mich auch davon überzeugen, dass man den Roman im historischen Kontext sehen muss. Außerdem schimmert an manchen Stellen tatsächlich durch, dass das alles nicht unbedingt Jules Vernes tiefster Überzeugung entspricht, sondern damals eben Mainstream war.


    Insgesamt jedenfalls trotz der Wermutstropfen ein schönes Leseerlebnis und ich bin ganz froh, dass ich noch etwas von Jules Verne auf dem SUB habe. :smile:


    4ratten

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

    Einmal editiert, zuletzt von Bluebell ()

  • Meiner Ausgabe des Buches fehlen leider ein paar Seiten, allerdings nur die mit dem Impressum. Dafür enthält die Ausgabe alle Kupferstiche des Originals.

  • Die Kupferstiche sind in der Diogenes-Ausgabe auch enthalten, die haben mir gut gefallen. :smile:

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  • Eigentlich könnte ich hier die Rezis von Miramis und Bluebell unterschreiben, denn viel mehr bleibt mir auch nicht zu sagen.


    Abgesehen von einigen Ungereimtheiten ist der Roman eine runde Sache. Spannende Szenen wechseln sich mit ruhigen Abschnitten ab, wobei der Humor nie zu kurz kommt. Der Spannungsaufbau war für mein Empfinden etwas verdreht, weil einige Passagen der Mitte aufregender waren als am Ende und die erwartete Steigerung zum Schluss hin leider ausblieb. Am meisten gestört hat mich aber die schießfreudige Einstellung des Dick Kennedy. Für das Jagen aus Leidenschaft habe ich wenig übrig, und selbst wenn es zum Nahrungserwerb geschieht, muss man wegen einem Dutzend Steaks keine ausgewachsene Antilope schießen. Kennedy lässt auch keinen Zweifel daran, dass er notfalls auch auf Eingeborene schießt. Andere Lösungen scheinen für ihn von vornherein ausgeschlossen. Aber das sieht man aus heutiger Sicht bestimmt kritischer als zu Vernes Zeiten. Immerhin lässt Verne den Leiter der Expedition mit sanften Worten Kritik am Verhalten seines Reisegefährten üben.


    Das Leben in der Gondel hätte Verne gerne ausführlicher beschreiben dürfen. Wenn drei so unterschiedliche Männer für fünf Wochen auf so engem Raum eingepfercht sind, noch dazu unter teilweise lebensgefährlichen Bedingungen, sollte man doch mit einigen Konflikten rechnen, die des Erzählens wert sind.


    Davon abgesehen ist es ein schöner Abenteuerroman, der Lust auf mehr Reisen unter Jules Vernes Federführung macht.


    4ratten