Yasushi Inoue - Schwarze Flut

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    Im Jahr 1950 erschien Inoues erster Roman - nachdem er in Japan mit den Erzählungen "Das Jagdgewehr" und "Der Stierkampf" bekannt geworden war.
    Auf knapp 200 Seiten greift Inoue ein damals aktuelles Ereignis auf: den Tod Shimoyamas, der Generalpräsidenten der staatlichen Eisenbahn, dessen zerstückelte Leiche auf einem Bahndamm gefunden wird, gerade als Shimoyama Massenentlassung durchgeführt hat. War es Mord? Oder Selbstmord?
    Inoues Protagonist ist der Redakteur Hayami, der bei der Zeitung K. mit der Leitung der Berichterstattung betraut ist. Während Hayami in seinem Blatt eine neutrale Haltung bewahrt, stürzen sich die anderen Zeitungen sensationslüstern auf den Fall und stellen ihn als Mord dar. Über weite strecken erzählt Inoue das Arbeitsleben der zuständigen Redakteure in den zwei Monaten, die sie der Fall beschäftigt. Das macht er neutral, reportagenhaft, so dass die handelnden Personen hier wie hinter einer Glasscheibe bleiben - auch bezieht er, wie die Zeitung K. keine Stellung zu dem Fall.
    Sein eigentliches Thema ist aber Hayami, bei dem viele verschüttete Emotionen wiederaufleben: der tragische Tod seiner Frau, die Möglichkeit einer erneuten Heirat mit Keiko, der Tochter seines ehemaligen Zeichenlehrers Usan, der sich damit beschäftigt mit alten Methoden Stoffe zu färben. So verflicht sich der reale Kriminalfall für Hayami immer wieder mit seinen ureigenen Ängsten und Emotionen.


    Inoue hat einen leisen und unterschwellig traurigen Roman geschrieben, in dem sich die verschiedenen Ebenen wunderbar ergänzen. Er zeichnet mit dem Zeitungsmilieu eine Branche, die er aus eigener Erfahrung gut kennt, eine Berufswelt in der die Redakteure in solchen Krisenzeiten nur für ihren Fall zu leben scheinen. An vielen Stellen merkt man deutlich, dass die japanische Welt hier anders als die europäische funktioniert - nicht nur, dass Ehen oft noch arrangiert werden.
    Ein Roman über unseren Umgang mit Wahrheit und mit dem Tod.


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Katia

  • Ich habe gerade mal nachgesehen, weil mir der Name so bekannt vorkam und tatsächlich: Bei mir subt Liebe von ihm. Das habe ich auf Grund der ersten Seite mal ausgewählt gehabt, die mir einen etwas anderen Tonfall als die (wenige) übrige neuere japanische Literatur zu haben schien, die ich kenne. Nach Deiner Rezi bin ich dann doch gespannt, inwieweit sich das bei diesem Autor (wenn auch in einem anderen Buch) bestätigt oder nicht, da ich zugegebenermaßen mit japanischer Literatur bislang so meine Probleme habe.


    Schönen Gruß,
    Aldawen


    P. S.: Magst Du vielleicht noch den Titel des Buches im Posting-Betreff korrigieren? Das hilft dem ein oder anderen vielleicht bei der Suche :winken:

  • Bin gerade schon ob des "Schwarzen Flug"s erschrocken und hab' das gleich geändert :redface:


    "Liebe" hab' ich vor zwei oder drei Jahren auch gelesen, drei Erzählungen, die mir gut gefallen haben, besonders die erste! "Das Jagdgewehr" habe ich auch - eine wirklich ansprechende Novelle über eine "verbotene" Liebe, die aus drei Sichten geschildert wird: der des Ehemann, der Ehefrau und der Geliebten.


    Ich mag die Japaner allgemein sehr gerne, ich mag diesen nüchternen Tonfall, der von poetischen Bilder durchzogen wird. Auch wenn mir bei Inoue und Oe manche Verhaltensweisen sehr fremd vorkommen (bei Murakami schon weniger), genieße ich die literarischen Ausflüge auch die Inseln immer sehr - auch wenn die Themen der Bücher oft melancholisch sind.


    Katia

  • "Schwarze Flut" und auch "Die Eiswand" fand ich gut, weil die auftretenden Personen und die geschilderten Ereignisse irgendwie normal, durchschnittlich und glaubwürdig erscheinen, verglichen mit einigen anderen japanischen Romanfiguren - beispielsweise aus Schneeland und dem Haus der schlafenden Schönen von Kawabata, oder dem Tempelbrand von Mishima, von den bisechsuellen Schulmädchen mit ausschließlich entweder toten oder komatösen Freunden und Verwandten einer Yoshimoto Banana ganz abgesehen.



    "Liebe" hab' ich vor zwei oder drei Jahren auch gelesen, drei Erzählungen, die mir gut gefallen haben, besonders die erste! "Das Jagdgewehr" habe ich auch - eine wirklich ansprechende Novelle über eine "verbotene" Liebe, die aus drei Sichten geschildert wird: der des Ehemann, der Ehefrau und der Geliebten.


    "Liebe" habe ich erst kürzlich gelesen. Nett fand ich die dritte Geschichte über die Hochzeitsreise dieses übersparsamen Ehepaars. Etwas unbefriedigend fand ich den "Steingarten", der allerdings wirklich beeindruckend aussieht. Bleibt die erste Geschichte, die ich auch am besten fand, auch wenn das Ende vorherzusehen war. Mich wundert immer wieder die Fähigkeit "der Japaner", das Alter von Personen so präzise abschätzen zu können: "Er erinnerte sich deutlich, daß ihr Alter auf der Karte mit dreiundzwanzig angegeben war, doch ihre brüske, kühle Art und die Gelassenheit, mit der sie ihn ignorierte, ließen sie zwei, drei Jahre älter erscheinen." (S. 13). Bei der Adresse der Frau (S. 11) ist in der Übersetzung ein kleiner Aussprachefehler unterlaufen: der Stadtteil von Tokyo heisst nicht Suginarabi-ku, sondern Suginami-ku; die Übersetzerin, Richmod Bollinger, die ja auch Kawabatas "Rote Bande von Asakusa" verdeutscht und darüber ihre Dissertation geschrieben hat, hätte sich doch eigentlich mit Tokyos Stadtteilnamen auskennen müssen.


    "Das Jagdgewehr" habe ich jetzt noch einmal gelesen, nachdem ich letzte Woche eine Verfilmung gesehen hatte, die sich ziemlich genau an den Roman hält. Vom gleichen Regisseuer, Gosho Heinosuke, stammt übrigens die erste von sechs Verfilmungen von Kawabatas "Tänzerin von Izu", des medial meistfältig verarbeiteten Romans, den ich kenne - 6x Kino (drei davon habe ich gesehen), 5x TV-Drama, 2x Theater, 1x Anime. Die drei Briefe aus dem "Jagdgewehr" sind aber von der Tochter der Geliebten, von der Ehefrau und von der Geliebten; die Stimme des Ehemanns findet sich nur im kurzen Begleitschreiben zu den drei Briefen an ihn; was aus dem Ehemann geworden ist, würde mich interessieren.


    Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, werde ich in den nächsten Monaten (Jahren?) alle deutschen Übersetzungen von Inoue Yasushi lesen, die ich auftreiben kann, beginnend mit dem Stierkampf.