Gabriel Garcia Márquez - Chronik eines angekündigten Todes

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 20.082 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Cuddles.

  • Ich habe zu vielen Werken dieses Autors Threads gefunden, allerdings nicht zu diesem :gruebel: Sollte es dennoch schon einen geben, bitte ich um Verschiebung


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    Chronik eines angekündigten Todes


    Beschreibung:


    In einem kleinen verlorenen Dorf an der kolumbianischen Karibikküste feiert Bayardo San Roman seine Hochzeit mit Angela Vicario. Es ist ein prunkvolles Fest, wie das Dorf noch nie eins erleben durfte. Das die Braut den Bräutigam nicht liebt, erscheint beinahe als unbedeutendes Detail - denn „Liebe erlernt sich“. Doch auf das Fest folgt der Skandal. Der enttäuschte Ehemann zieht sich in sein leeres Haus zurück und Angela, ehe sie in ein Leben voll Schande und Scham abgeschoben wird, offenbart den Namen des angeblichen Täters: Santiago Nasar. Gefangen im Netz jahrhundertealter Traditionen, haben ihre Brüder keine Wahl: Der mutmaßliche Täter muss sterben!


    Autorenportrait


    Gabriel Garcia Marquez, 1927 in Aracataca, Kolumbien, geboren, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. Er hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. 1982 erhielt Garcia Marquez den Nobelpreis für Literatur.


    Meinung:


    Die Geschichte, die Garcia Marquez erzählt, besteht in dem, was in den anderthalb Stunden zwischen der Ankündigung der Mordtat und ihrem Vollzug geschieht, was das Opfer tut und vor allem die Bewohner der Ortschaft welche fast vollständig Zeugen des Verbrechens sind.
    Es handelt sich um eine gradlinige Beschreibung – Chronik- die sich zügig und in nahezu einem Zug lesen lässt.
    Der Sprachstil ist diesem Zustand angepasst. Jedes Wort reiht sich nahtlos in die Abfolge ein, keins ist überflüssig, nirgends entsteht eine Lücke. Klar formuliert und dennoch harmonisch angepasst und bis ins kleinste Detail überlegt erscheint dieser Roman fast als ein klassisches Werk.


    Diese Reinheit der Wortwahl steht genau im Gegensatz zu dem was sie ausdrücken soll.
    Das ganze Dorf erfährt von der bitteren Pflicht. Jeder weiß von dem doch so überflüssigem Ehrenkodex. Doch keiner schreitet ein.... was hält die Dorfbewohner davon ab, dann jungen Mann zu warnen? Ihn einzuweihen in etwas das jeder von ihnen seit dem Morgengrauen weiß?


    Jahre später versucht der Ich-Erzähler dieser atemberaubenden Chronik unter Befragung aller beteiligten Personen, von Pastor über Kellnerin bis zur verschmähten Braut, die Geschehnisse in jener heißen Tropennacht und am Morgen danach zu rekonstruieren.
    Seine gesammelten Erkenntnisse reiht er logisch aneinander und beleuchtet alles ineinander verspielt von vielen verschieden Seiten. Er nimmt den Leser mit, auf eine Erkundungstour durch die Stadt und bringt ihn so näher an die Tat heran.


    Ein großartiges Buch!
    4ratten

    Ich bin, was du träumst.<br />Ich wache immer über dich.<br />Ich bin, was deine Hand lenkt.<br />(gez. Seele)

  • In geradezu journalistisch klarer Manier läßt García Márquez den Ich-Erzähler fast 30 Jahre nach den Ereignissen, die er selbst miterlebte, den die Umstände des Todes von Santiago Nasar rekonstruieren. Dies geschieht in einer geschickten Verschränkung von Aussagen der Dorfbewohner, die ihre damaligen Ansichten und ihr Wissen über die angekündigte Tat versuchen aus der Erinnerung darzustellen, und erzählerischen Passagen. Alle im Dorf haben von der geplanten Tat gewußt, keiner hat Santiago gewarnt, teils aus Absicht, teils aus Zweifel am Wahrheitsgehalt dessen, was die Zwillinge Vicario ankündigten, teils aus Vergeßlichkeit oder sonstigen Gründe. So bleibt eine Verkettung unglücklicher Umstände, die den jungen Mann letztlich das Leben kostet. Der Erzähler ist sich dabei sicher, daß die Brüder eigentlich von ihrer Tat abgehalten werden wollten – eine Einschätzung, die sich aus ihrem Verhalten durchaus ableiten läßt, ob zu Recht ist eine offene Frage. Ebenso offen bleibt, ob die Anschuldigung gegen Santiago überhaupt der Wahrheit entsprach. Sie ist zur Wahrheit geworden durch die Ereignisse dieses Morgens und die seitdem verstrichene Zeit, in der sie nicht bezweifelt wurde.


    Form und Inhalt sind hier perfekt aufeinander abgestimmt und von García Márquez, in gewohnt guter Qualität erzählt. Und ganz nebenbei war ich auch gar nicht überrascht, schon wieder auf Oberst Aureliano Buendía zu treffen, wenn es auch nur in einem Nebensatz war :zwinker:


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Eine interessante Idee steckt schon hinter diese "Chronik eines angekündigten Todes" , zwei Brüder wollen die Ehre ihrer Schwester retten und beschließen, Santiago Nasar, der angeblich ihre Schwester schon vor deren Hochzeit verführt hat, zu töten. Eigentlich würden sie sich zu gerne von diesem Vorhaben abbringen lassen und kündigen in der ganzen Stadt ihre Tat an, doch das Opfer wird zu spät gewarnt.


    In 5 Kapiteln werden 5 verschiedene Gesichtspunkte dieses Mordes beleuchtet und die Ansichten verschiedener Menschen erzählt. Ein Ich-Erzähler berichtet Jahre nach dem Mord sehr detailiert vom Tathergang.


    Leider kann ich mit dem Stil von Gabriel García Márquez nichts anfangen, er beschreibt vieles zu genau, für diesen kurzen Roman kommen viel zu viele Personen vor, auch ihre Beziehungen untereinander, ihre familiären Umstände etc. werden genau beleuchtet. Man kann sich kaum merken, wer wer ist und wer zu wem in welcher Beziehung steht, auch wenn man den Roman in kurzer Zeit durchliest. Auch andere Dinge waren mir zu viel, ich muss in so einer kurzen Geschichte nicht das genaue Aussehen der Häuser, deren Grundriss, die Kleidung der Personen erfahren, dadurch wird die Geschichte nur unnötig in die Länge gezogen und war mir zu langweilig.


    Auch die unnötig blutige Beschreibung des Mordes inklusive heraushängender Gedärme und die genaue Aufzählung aller Verletzungen Santiago Nasars war mir etwas zu viel.


    Ich fand die Idee hinter diesem Buch wirklich sehr gelungen, doch mit der Umsetzung hatte ich so meine Probleme


    2ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Ach, da bin ich ja beruhigt, dass es noch jemanden gibt, dem das Buch auch nicht gefällt! :winken: Manchmal denke ich bei so angepriesenen Büchern, die ich nicht mag, dass ich vielleicht irgendetwas nicht so ganz begriffen oder erfasst habe.

    :leserin:<br />Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Ich kopiere dieses Zitat aus dem "Was lest ihr gerade"-Thread mal hierher:


    Nicht unbedingt ein Buch, zu dem man „Viel Spaß!“ wünschen kann, aber ich hoffe, es gefällt Dir so gut wie mir :winken:


    Die Rezis sind hier ja sehr unterschiedlich ausgefallen, umso mehr interessiert mich jetzt Doris' Meinung. Und da das Buch noch auf meinem SuB liegt und nicht allzu dick ist, überlege ich auch, es spontan zwischenzuschieben. Den Stil von Márquez kenne ich ja schon von "Hundert Jahre Einsamkeit", deswegen bin ich eigentlich zuversichtlich, dass mir "Chronik eines angekündigten Todes" auch gefällt.

  • Gerade habe ich im anderen Thread noch dazugeschrieben, dass mir das Buch schon deshalb gefällt, weil es anders ist als Hundert Jahre Einsamkeit. In erster Linie liegt das daran, dass es viel dünner ist und deshalb schneller auf den Punkt kommt, zum anderen fand ich Hundert Jahre sehr verwirrend, weil so viele Familienmitglieder denselben männlichen bzw. weiblichen Vornamen hatten.


    In den nächsten Tagen schreibe ich noch einen Kommentar.

  • So, fertig, und sehr zufrieden. In erster Linie deshalb, weil ich nach Hundert Jahre Einsamkeit, das mir zu kriegslastig und wegen der vielen Personen mit den gleichen Namen verwirrend war, eigentlich nichts mehr von Herrn Garcia Márquez lesen wollte. Hier jedoch blieb alles im Fluss, nichts wurde langweilig. Kein Wort zu viel, im Gegenteil. Ich habe bedauert, dass das Buch so kurz ist.


    Der Klappentext verrät zwar den Ablauf der Handlung und wie alles endet, doch es bleibt von Anfang bis Ende spannend. Die Vorstellung, dass ein ganzes Dorf von einer geplanten Tat weiß und nicht versucht, sie zu verhindern, ist schwer zu verarbeiten. Vor allem, da die Täter ja offensichtlich gebremst werden wollten und der "Schuldige" kein Mensch war, der von den anderen abgelehnt oder gehasst wurde. Es gab eigentlich keinen Grund, nicht einzugreifen. Obwohl alle darauf warteten, ob, was und wie es passiert, taten fast alle unbeteiligt. Ein Verhalten, das man auch im wirklichen Leben immer wieder beobachten kann.


    4ratten




    Auch die unnötig blutige Beschreibung des Mordes inklusive heraushängender Gedärme und die genaue Aufzählung aller Verletzungen Santiago Nasars war mir etwas zu viel.


    Das fand ich erst gar nicht so schlimm, aber als ich mit dem Buch fertig war, wusste ich, was du meinst. Und ich gebe dir recht.

  • Ich kann mich deiner Meinung nahezu komplett anschließen, Doris. Auch wenn man weiß, was passiert, ist "Chronik eines angekündigten Todes" sehr spannend zu lesen. Allerdings war ich am Anfang ziemlich verwirrt, weil ich zuerst der irrigen Auffassung war, dass Santiago Nasar auch der Bräutigam ist. Nachdem ich diesen Fehler bemerkt habe, wurde für mich einiges klarer. Am erschreckendsten fand ich ebenfalls, wie niemand versucht, hier einzuschreiten und den Mord zu verhindern. Es ist fast so, als ob die Leute diesen Mord als Schicksal und damit als gegeben hinnehmen.


    Da ich auch "Hundert Jahre Einsamkeit" mochte, hat es mich sehr gefreut, hier einem Buendía zu begegnen - auch wenn es nur in einem Nebensatz war. :zwinker: Insgesamt hat mir "Chronik eines angekündigten Todes" gut gefallen, konnte mich aber nicht nachhaltig beeindrucken, daher meine Bewertung:


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: