Empfehlungen Detektiv- und Kriminalgeschichten

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.731 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mondpilz.

  • Liebe Krimileser! :winken:


    Ich werde nächstes Semester höchstwahrscheinlich ein Seminar namens "Detektiv- und Kriminalgeschichten" besuchen. Allerdings bin ich in diesem Genre nicht sonderlich belesen und habe mir von der Dozentin etwas empfehlen lassen:


    - von Conan Doyle die Sherlock-Holmes-Romane/Erzählungen
    - von Agatha Christie die Miss Marple oder Hercule Poirot-Geschichten
    - von George Simenon die Maigret-Romane
    - von Chandler die Werke um Philip Marlowe
    - von Hammett sein wohl bekanntester Roman "Der Malteser Falken" um den
    Privatdetektiv Sam Spade oder die Op-Geschichten


    Allerdings habe ich hier wiederum das Problem, dass ich keine Ahnung habe, wo ich anfangen soll.
    Könntet ihr mir vielleicht ein paar Tipps geben, was ein guter Einstieg zu den jeweiligen Autoren wäre oder welche Geschichte besonders empfehlenswert oder repräsentativ ist?


    Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir helfen könntet!


    Liebe Grüße,


    mondpilz

    Einmal editiert, zuletzt von mondpilz ()

  • Meist empfiehlt es sich, einen Autor von hinten aufzurollen: Frühestes Werk, zweifrühestes Werk ... zweitspätestes Werk, spätestes Werk. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Die Sherlock-Holmes-Geschichten mag ich sehr gern. Hier kannst Du eigentlich mit beliebigen Kurzgeschichten anfangen, um ein Gefühl für Arthur Conan Doyles Stil zu bekommen. Einige Geschichten nehmen zwar Bezug auf ältere Fälle, bauen aber inhaltlich nicht unbedingt aufeinander auf (bis auf die späten Romane mit dem "Ende" und der anschließenden "Wiederauferstehung"...:zwinker:).


    Ganz nett sind z.B.:


    [li]Das gesprenkelte Band[/li]
    [li]Der blaue Karfunkel[/li]
    [li]Das Musgrave-Ritual[/li]


    Ein sehr guter Einstieg ist natürlich auch der erste Roman (und gleichzeitig die erste Geschichte) "Eine Studie in Scharlachrot".

  • Hallo Mondpilz,


    was mich bei deiner Liste wundert: warum wurden dir keine aktuellen Autoren empfohlen?
    Neuere Entwicklungen sind bei dieser Auswahl doch gar nicht berücksichtigt.
    Oder geht es bei dem Seminar ganz speziell um die "Urformen"?


    Fragt Annabas :winken:

  • Hallo Mondpilz,


    geht es mehr um das Genre an sich oder um Detektivfiguren? Falls letzteres zutrifft denke ich mir die Auswahl deiner Dozentin in etwa so:


    Sherlock Holmes als eine der Urfiguren des Genres. Hier finde ich die Geschichten besser, weil treffender, als die Romane. Zu beachten ist, dass es in der Chronologie einen Bruch gibt, weil Doyle Holmes mal hatte sterben lassen, ihn auf Druck der Leser aber wiederauferstehen ließ. Die späten Geschichten unterscheiden sich ein ganzes Stück von den früheren. Wie MacOss würde ich auf jeden Fall auch "Das gesprenkelte Band" empfehlen und zusätzlich "Der Daumen des Ingenieurs".


    Hercule Poirot als Vertreter des Gentleman-Detektivs und Nachfolger von Sherlock Holmes, der immer seine berühmten "grauen Zellen" benutzt und auch zu wissenschaftlichen Beweisen greift. Es gibt rund 30 Poirot-Romane und einge Kurzgeschichtensammlungen. Der berühmteste Poirot-Roman ist sicher "Mord im Orientexpress" aber auch "Die Morde des Herrn ABC" und "Tod auf dem Nil" sind recht bekannt und typisch für seine Art zu ermitteln.


    Miss Marple ist eher das Gegenteil von Hercule Poirot. Sie verlässt nur selten ihr Dorf und löst die Fälle dadurch, dass sie die Menschen genau beobachtet und Analogien zu Vorfällen in ihrem Umfeld zieht. Sie ist eine typische Amateurdetektivin, also jemand, der zunächst zufällig mit einem Verbrechen konfrontiert wird, sich dann einen Ruf erwirbt und sozusagen als Hobby weiterhin Fälle löst, im Gegensatz zu Polizisten oder professionellen Detektiven. Es gibt ca. 13 Miss Marple-Romane von denen vier ja mit der legendären Margaret Rutherford verfilmt wurden. Besonders typisch finde ich aber die beiden weniger bekannten frühen Romane "Mord im Pfarrhaus" und "Die Schattenhand" sowie den letzten Roman "Das Schicksal in Person".


    Kommissar Maigret ist einer der nicht gar so häufigen Polizisten als Krimiheld, wobei er oft eher wie ein Privatdetektiv ermittelt. Trotzdem hat er natürlich ganz andere Möglichkeiten und der Polizeiapparat spielt auch eine wichtige Rolle in den Romanan, insbesondere die Konflikte mit seinen Vorgesetzten (gehört mittleweile zum Standardrepertoire von geschätzten 80 % aller Buch- und Filmkommissaren, aber damals war es vermutlich ein neues Element :smile:). Die ca. 100 Maigret-Romane umfassen eine lange Zeitspanne von den 30er bis in die früher 70er-Jahre und sind daher hinsichtlich der Atmosphäre auch sehr verschieden. Ich würde auf jeden Fall einen der in Paris spielenden Romane empfehlen. Alles zu Maigret gibt es hier.


    Sam Spade und Philip Marlowe sind die Prototypen des melancholischen einsamen "Private Eye" der schwarzen Serie, professionelle Privatdetektive, die ihre eigenen Ansichten von Recht und Unrecht haben, harte Kerle mit einem weichen Kern. "Der große Schlaf" (Chandler) und der von Dir schon erwähnte Malteser Falke sind DIE Klassiker schlechthin.


    Wie Annabas stellt sich mir auch die Frage, ob nur die klassischen Grundtypen des Genres behandelt werden sollen? Es gäbe ja noch jede Menge moderne Detektivfiguren als Kontrast und Ergänzung. Vielleicht hilft Dir das ja etwas weiter bei der Auswahl.



    Viele Grüße
    christie

  • Vielen Dank! Vor allem du, christie, hast mir wirklich sehr geholfen. Jetzt weiß ich einigermaßen, was ich bestellen kann.


    Hier der Kommentar aus dem aktuellen Vorlesungsverzeichnis der LMU:


    'Krimis’ erfreuen sich anhaltender Beliebtheit: man denke an die Bestsellererfolge von zeitgenössischen Autoren wie E. George, A. Camilleri oder H. Mankell, aber auch an die Dominanz des Krimigenres im Fernsehen, die sich nicht zuletzt aus Verfilmungen dieser Autoren speist. Was macht dieses Genre so erfolgreich? Welche Rolle spielen dabei die stark kodifizierten Gattungsmerkmale (Handlungsstruktur, Figurenpersonal, erzählerische Vermittlung) sowie die Nähe zur Trivialliteratur? Wie unterscheidet sich Kriminal- von Detektivliteratur? Im Seminar werden wir diesen Fragen anhand der Geschichte des Genres nachgehen: Ausgehend von Vorläufern wie E.T.A. Hoffmanns „Das Fräulein von Scuderi“ (1819) beschäftigen wir uns mit dem amerikanischen ‚Vater’ der Detektivgeschichte E. A. Poe, dem Höhepunkt des Genres bei A. Conan Doyle sowie mit A. Christie als Vertreterin der british crime ladies der 1920er/30er Jahre. Außerdem werden als spezifische Ausprägungen die amerikanische hard-boiled detective fiction bei D. Hammett oder R. Chandler sowie die psychologische Variante des belgisch-französischen Schriftstellers G. Simenon von Interesse sein. Besonderes Augenmerk soll dann auf Variationen liegen, die sich am Rande des Genres bewegen oder mit den Gattungsregeln spielen, etwa bei J. L. Borges (Argentinien) oder beim ‚Anti-Klassiker’ F. Dürrenmatt (Schweiz). Außerdem sollen neueste Entwicklungen, etwa anhand der oben genannten Autoren, kritisch beleuchtet werden. Da fast alle Autoren auch Kurzkrimis verfasst haben, bietet sich eine Konzentration auf die Kurzform an; außerdem treten hier die jeweiligen Merkmale besonders deutlich zu Tage.


    Ich hoffe, das beantwortet eure Frage.


    Liebe Grüße,


    mondpilz

  • Hallo mondpilz,


    die Seminarbeschreibung klingt interessant, der Schwerpunkt liegt ja eindeutig bei den Klassikern des Genres. Falls Du Dich endgültig für das Seminar entscheidest, wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg :winken: !


    Viele Grüße
    christie

  • Huhu,


    also ich habe mir jetzt gekauft:


    - alle Kurgeschichten Miss Marple
    - alle Kurgeschichten Sherlock Holmes
    - The Big Sleep
    - Der Malteser Falke
    - Der Richter und sein Henker
    - einen Maigret-Band mit drei oder vier Geschichten (deren Namen ich gerade nicht weiß)
    - Mord im Orient-Express



    Gelesen habe ich:


    - die Kurgeschichten-Sammlung "Das Geheimnis des Plymouth-Express" mit Poirot (das hatte ich vom Wichteln schon zu Hause)
    --> Die Geschichten sind für meinen Geschmack ein bisschen zu kurz, aber Poirot gefällt mir; ich freue mich schon auf den Orient-Express.


    - Der Richter und sein Henker
    --> Dürrenmatt :klatschen: Er ist einfach gut. In der Mitte war ich zeitweise etwas irritiert und genervt, aber es hat sich ja dann alles aufgelöst.


    - The Big Sleep (wobei mir da noch 50 Seiten fehlen)
    --> Der Stil ist klasse. Bei der ganzen Erzählweise wird klar, dass das wohl ein Klassiker sein muss, auf dem viel anders aufbaut.



    --> Schön langsam gewöhne ich mich auch an das Genre; es gefällt mir imme besser! Danke noch einmal für die Tipps.


    lg,


    mondpilz