John Irving ~ Die imaginäre Freundin: Vom Ringen und Schreiben
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Seiten: 163
Erscheinungsjahr: 1996
Verlag: Diogenes
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"Schreiben ist wie Ringen. Man braucht Disziplin und Technik. Man muss auf eine Geschichte zugehen wie auf einen Gegner."
Als Leser von John Irving ist man Romane von epischem Umfang gewohnt. In dieser erstaunlich kurzen und knappen Autobiographie umreißt John Irving seinen Werdegang als Schriftsteller und Ringer. Angefangen von seiner Zeit in der Exeter Academy bis hin zum Erscheinen seines Romans "Zirkuskind" erfährt der Leser viele kleine Anekdoten rund um den amerikanischen Schriftsteller.
Für mich, der alle Romane von Irving gelesen hat und liebt, war dieses Buch eine Enttäuschung. Als Autobiographie kann man dies wahrlich nicht bezeichnen, da Irving hier nur fragmentarisch über bestimmte Ereignisse schreibt - vorrangig über das Ringen. Was mich so daran gestört hat, war, dass Irving sehr detailliert auf bestimmte Ringkämpfe eingeht. Namen von Kampfpartnern, Trainern und Mitschülern inklusive deren Gewicht in Klammern werden in einer Geschwindigkeit aufgezählt, dass man als Leser kaum zum Luftholen kommt. Der John Irving als Schriftsteller kam hier viel zu kurz. Ich habe ein paar Gedanken und Anekdoten zu seinen Werken und seinen skurillen Charakteren gewünscht, dieses sucht man leider vergeblich. Natürlich kommt Irving auch in diesem Buch sehr sympathisch rüber, allerdings bin ich der Meinung, dass man in seinen gesamten Werken vom Mensch John Irving mehr erfährt als in dieser viel zu oberflächlichen Autobiographie. Eher unspannende Themen wie zahlreiche Ringkämpfe werden detailliert ausgeschmückt, während Irvings Zeit als Schriftsteller sowie seine Studienzeit in Wien kurz abgehandelt werden. Das Buch bietet auch für eingefleischte Irving-Fans wenig Neues, was man nicht schon anderweitig erfahren hätte, wenn man sich für den Schriftsteller ernsthaft interessiert.
Wenn überhaupt, dann nur etwas für Fans, aber ich würde eh seine Romane wie "Gottes Werk und Teufels Beitrag", "Owen Meany" oder "Das Hotel New Hampshire" empfehlen!