Historische Genauigkeit - ein Muss im historischen Roman?

Es gibt 289 Antworten in diesem Thema, welches 70.527 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Teres.

  • Mir würden sicher nur die allergröbsten Schnitzer auffallen, wenn überhaupt, denn leider war ich in der Schule eine totale Niete in Geschichte. :schäm:

    &quot;Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler&quot; (Philippe Dijan)<br /><br />[url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/11612.0.html]Mein SUB[/url

  • Hallo Skywalkerin!


    Zitat von "Skywalkerin"

    Das Problem ist nur... woher kann ich wissen, dass ich mich auf den Autor "verlassen" kann?


    Rezensionen können ein gutes Hilfsmittel sein. Erstaunlicherweise sind Rezis in der Presse meist unzuverlässiger als manche fundierte Amazon.de-Leserreaktion. Die fundierten kennt man auch ziemlich schnell heraus.
    Und man sollte sich in Leserforen umtun. Das hilft wirklich weiter, strapaziert allerdings den Geldbeutel, wie wir alle aus Erfahrung wissen. :breitgrins:


    Zitat

    Ganz große Schnitzer fallen allerdings sogar mir auf und dann versuche ich eben herauszubekommen, wie es wirklich war. Allerdings kann es dann sein, dass es das letzte Buch von dem Autor war, das ich gelesen habe.


    Geht mir genauso. Diese Probleme haben dazu geführt, daß ich inzwischen einen Riesenbogen um historische Romane US-amerikanischer Provenienz mache. Ich habe in dieser Hinsicht schon ziemlich viel Geld zum Fenster rausgeschmissen -- und man wird diese Dinger ja auch nicht mehr los! :sauer:
    Auch bei deutschen Autoren habe ich meine No-nos, wobei das zum Teil an Erzählweise und Stil liegt, also tw. auch reine Geschmackssache ist.
    Aber eigentlich kriegen gute Autoren bei mir immer wieder ihre Chance. Z.B. Robert Harris' Fatherland ist großartig, Enigma ein spannender Roman, der so ziemlich alles hatte -- glasklar und einfach gut geschrieben --, Pompeii hingegen finde ich schlichtweg Sch###. Trotzdem würde ich mir den nächsten Harris vermutlich wieder zulegen.


    Zitat

    Wenn die Story interessant ist, dann stört mich auch ein leichtes Stirnrunzeln nicht, wenn mir etwas auffällt.


    Bei mir müssen dann die Figuren und das Zeit-/Lokalkolorit stimmen, dann kann ich vieles verzeihen. Oder der Roman hat phantastische Elemente wie z.B. Kai Meyer Das Buch von Eden.


    Zitat

    Was mich allerdings stört ist, dass im Moment einfach zu viele Bücher das Prädikat "Historischer Roman" erhalten - Hauptsache, die Handlung spielt nicht in den letzten 20 Jahren. :rollen:


    Das Stichwort "historisch" garantiert Quote -- das ist der einzige Grund. Aber indem die großen Publikumsverlage unüberlegt jede Menge Schund absondern, der die Leser letztendlich nur verärgert, bringen sie das ganze Genre in Verruf und schaden damit wiederum nur sich selbst.
    Als ich mich letztens mit jemandem über meine Arbeit unterhielt und seine Frage, was ich denn schrieben, damit beantwortete, daß ich zwei historischen Romane veröffentlicht hätte, quittierte er das mit leicht geschürzten Lippen: "Ach, Liebesschnulzen!"
    Der Mann ist kein Einzelfall. Das Vorurteil sitzt tief. :grmpf:
    Liebe Grüße, :blume:
    Iris :sonne:


    Viele Grüße[/quote]

  • Zitat von "Iris"

    Als ich mich letztens mit jemandem über meine Arbeit unterhielt und seine Frage, was ich denn schrieben, damit beantwortete, daß ich zwei historischen Romane veröffentlicht hätte, quittierte er das mit leicht geschürzten Lippen: "Ach, Liebesschnulzen!"
    Der Mann ist kein Einzelfall. Das Vorurteil sitzt tief. :grmpf:


    Bei den meisten Klappentexten von solchen Romanen bekomme ich allein von der bloßen Erwähnung einer enthaltenen Liebesgeschichte schon Bauchweh und lasse das jeweilige Buch im Laden stehen. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass einem so auch gut mal was richtig Gutes entgeht, denn auf Klappentexte kann man sich wahrlich nicht immer verlassen.

    &quot;Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler&quot; (Philippe Dijan)<br /><br />[url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/11612.0.html]Mein SUB[/url

  • Zitat von "Fandorina"

    Bei den meisten Klappentexten von solchen Romanen bekomme ich allein von der bloßen Erwähnung einer enthaltenen Liebesgeschichte schon Bauchweh und lasse das jeweilige Buch im Laden stehen. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass einem so auch gut mal was richtig Gutes entgeht, denn auf Klappentexte kann man sich wahrlich nicht immer verlassen.


    Ich habe mich auch mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, mußte aber dem Argument nachgeben, daß die Buchhändler und Leser das so wollen und das Buch keine Käufer findet, wenn nicht explizit was von einer Liebesgeschichte draufsteht. Und dazu bräuchte es Reizwörter wie "schön", "verliebt" etc. :rollen:
    Für die Aufmachung können die Autoren nichts! Das ist nahezu ausschließlich Sache des Verlags. Insofern sollte man sich nicht am Einband orientieren, sondern einfach mal kurz reinlesen. Was bei online-Buchhändlern natürlich wieder schwierig ist ... :sauer:
    Liebe Grüße :blume:
    Iris :sonne:

  • Iris


    Das ist wirklich sehr schade, dass die Autoren da kein Mitspracherecht haben. Ich muss nämlich zugeben, dass mir als erstes das Cover ins Auge sticht, dann der Titel und und dann lese ich den Klappentext. Wenn ich schon viel Gutes von einem Buch gehört habe, aber Cover,Titel und Klappentext sind nicht so berauschend, ist die wahrscheinlichkeit hoch, dass ich es nicht lese. In letzter Zeit mache ich es jedoch so, dass ich die erste Seite des Buches lese und wenn die mich nicht überzeugt, dann wandert das Buch wieder ins Regal...
    Bei Online-Verkäufen orientiere ich mich sehr an den bisherigen Rezensionen. Aber 4-5 Rezis bei Amazon müssen es schon sein, ansonsten verfahre ich wie oben...


    Grüße,

  • Oh Mann, habe ich diese Diskussionen um historische Genauigkeit in Romanen dick. :grmpf: Sie sprießen wie Pilze aus dem Literaturboden und überall stößt man auf solche Diskussionen. Überall wird der Stab über Autoren gebrochen, die sich auch nur einmal in geographischer Ungenauigkeit, sich mal um ein zwei Jahre vertun, oder im Wetter vergriffen haben, gebrochen. Ob ein römischer Soldat zugestochen hat, oder zuschlug, ist mir, erlich gesagt, recht egal, da ich nicht glaube, dass ein Soldat im Angesicht einer grausamen Schlacht immer daran dachte ausschließlich zuzustechen. Das ist eine absolute Ausnahmesituation und die Handlungen sind reflexartig, instinktiv, da wird nicht nachgedacht! Autoren, die sich auf sowas versteifen, sollten sich diese lebensbedrohlichen Augenblicke erst einmal selbst vor Augen führen und Leser, die das für bare Münze halten auch. Ob diese dann in einer solchen Situation daran denken, mit einem Kurzschwert zuzustechen, wage ich zu bezweifeln!
    Und bei dem Thema Winter fällt mir doch gleich der, ach so hochgelobte Eco mit seinem Roman "Der Name der Rose" ein. Mittelalterliches Kloster, tiefster kalter Winter - wie war das noch mit dem Winter im Mittelalter? Also hält es ein Eco auch nicht so genau!
    Oft wird doch vergessen, dass der Begriff Historischer Roman, kein Gütesiegel ist, oder gar ein eingetragenes Trademark, auf das man pochen kann - es ist immer noch ein Roman. Es soll sogar Leser geben, die schon Augenkrebs davon bekommen, wenn sie diese "Metapher" auf einem Buch auch nur sehen.
    Also mir kommt es so vor, als ob diese Diskussion hauptsächlich von Autoren aufrecht erhalten wird, die sich historsich entweder sehr gut auskennen oder gar Historiker sind und denken, sie seien die besseren Autoren. Zumeist weichen diese nicht einen Millimeter von ihrer Ansicht ab. Das ist in meinen Augen pure Verkaufsstrategie. SIEHE, ICH BIN DER GESCHICHTPROFESSOR, ALLES WAS DU VON MIR LIEST IST GESETZ. DU SOLLST KEINE AUTOREN NEBEN MIR HABEN! ZUMINDEST NICHT IM HISTORISCHEN ROMAN .


    Dabei vergessen eben genau diese Autoren oft eines: Die meisten Leser sind KEINE Geschichtsprofessoren und wollen NUR unterhalten werden. Was ist daran bitte verwerflich? Sind das Leser zweiter Klasse? Scheint so, wenn man sich die Verkaufszahlen ansieht: Der Leser vulgaris, der gemeine, dumme Leser, keine Ahnung hat und jeden Schwachsinn kauft, auf dem "Historisch" steht und auch noch begeistert ist, wenn das ganze nicht 100% korrekt ist und bei Amazon seine Begeisterung kundtut. Es wird immer zwei Arten von Lesern geben!


    Aber bei einem stimme fast überein: Ein Raumschiff, das jetzt plötzlich irgendwo in einem historsichen Roman auftaucht, ist sicherlich nicht gerade erstrebenswert, aber wissen wir es wirklich? Man sehe sich doch nur einmal die Fresken der Mayas an, immer wieder sieht man dort, in Stein gemeiselt, Gebilde, die durchaus an "Raumkapseln" erinnern und Astronauten ähneln, also woher kommen diese Gebilde? Vielleicht landete ja wirklich ein Ufo bei den Mayas!


    Was am Ende zählt, ist doch nur die Geschmacksache der Leser und wenn man noch so über Harris' Pompeji schimpfen mag, der Roman verkauft sich blendent und man sehe sich eben die Rezis bei Amazon an. 90% in den höchsten Tönen lobend. Also, was soll das bitte? Historischer Roman bedeutet für mich, dass es eine Geschichte ist, die sich in der Historie abspielt und nichts weiter. Über Fehler braucht man sich nicht streiten, denn was heute noch als "neuester Recherchestand" gilt, kann morgen schon vollkommen verworfen sein und eben diese Autoren, die sich jetzt so hervorheben, in Zunkunft als "unkorrekt" gebranntmarkt werden.

  • Ach ja, eines habe ich noch vergessen: Ich bin eben einer dieser "dummen" Leser, die sich auch über Romane freuen, die nicht historisch Korrekt sind, dafür eine wundervolle Geschichte erzählen, in die ich eintauchen kann. Und oft genug werde ich das Gefühl von historisch visierten Autoren nicht los, dass sie mit ihrem Wissen prahlen wollen und oft genug schulmeisterisch in ihren Werken einbinden - allerdings bin ich kein Schüler mehr.

  • Hallo,
    i
    meines Erachtens ist historische Genauigkeit in Historischen Romanen sehr wichtig.


    Für mich ist es ein Hauptkriterium bei Historischen Romanen, ob das Buch historisch möglichst genau recherchiert wurde, oder nicht.
    Ist ein Historischer Roman gut recherchiert, sind kaum historische Fehler enthalten, dann ist das für mich ein gutes Buch.


    Für mich ist es unvorstellbar, dass es mir wurscht sein soll, was mir vorgesetzt wird.


    Ich will, dass sich ein Autor in diesem edelsten aller Genre bemüht, ja, ich will es spüren, dass sich ein Autor wirklich bemüht, so wenige Fehler wie möglich zu machen, ich will spüren, dass sich der Autor seiner Verantwortung bewusst ist.


    Autoren, die Bücher mit dem Prädikat Historischer Roman schreiben, und denen es völlig wurscht, so wenige historische Fehler wie wenig zu machen, denen unterstelle ich einmal grobe Fahrlässigkeit, Verarschung des Lesers und gezielte Geldmacherei.


    Denn gerade jene Romane sind leider immer ganz oben in den Bestsellerlisten, jene, die alle Vorurteile bedienen und die Geschichte so verdrehen, damit es den Lesern am Besten passt.


    Perfektes Beispiel - ich muss es leider erwähnen, ist "Die Päpstin". Ich habe viele Historische Romane gelesen, aber so viele Fehler wie da enthalten sind, da könnte man ein eigenes Buch schreiben.
    Die gesamte Gesellschaftsform wird falsch dargestellt, die Menschen essen laufend Dinge, die es damals nicht gegeben hat, Ingelheim wird geographisch völlig falsch dargestellt: Ja, ist es denn nun völlig wurscht, was ein Autor zu leisten hat?


    Warum das mich aufregt?


    a) Weil jene Autoren, die mit Herz Historische Romane schreiben und wirklich akribisch und sorgfältig arbeiten, ins Hintertreffen kommen. Es ist einfach nur unfair gegenüber diesen Autoren, dass diese betrügerischen Bücher zum größten Teil bevorzugt werden.


    b) Das Schlimmste ist, dass viele Menschen, die meinen, dass nur Unterhaltung zählt und die Genauigkeit der Geschichte egal ist, unbewusst falsche Informationen mitnehmen, später Sachbestände aus den schlechten Büchern mitnehmen und diese dann in ihren Argumentationen extremistisch verwenden.


    Wenn mir als geschichtlich interessierten Menschen einer weiß machen will, dass es die Päpstin wirklich gegeben hat, nur weil es Donna Cross behauptet, dann wird mir einfach nur schlecht, auch Angst und Bange, wie manipulierbar die Menschen sind, wenn nur etwas erfolgreich und "spannend" ist, es auch doch stimmen muss.


    Wie zum Hohn hat "Die Päpstin" alle Verkaufsrekorde geschlagen. Ich kann darüber nur mitleidig den Kopf schütteln.


    Gruß

  • Also ich muss zugeben, dass ich wirklich wenige historische Romane lese, aber ich bin der gleichen Meinung wie Historikus.
    Klar, Bücher haben einen Unterhaltungswert, aber deswegen heißt das ja noch lange nicht, dass nur die Story zählt und alles andere nicht so genau genommen werden darf.
    Schließlich lernt man ja auch ein wenig aus Büchern. Ich war selbst sehr erstaunt, dass ich aus Romanen (DIE NICHT HISTORISCH WAREN) Dinge gelernt habe, die ich sonst nirgendwo aufgeschnappt hätte. Beispielsweise haben sie mich schon in der Physik, Religion oder auch in Geschichte sehr reich belehrt. Wo kämen wir denn da hin, wenn man keinem Wort mehr trauen könnte, welches in einem Buch steht, sei es auch nur in einem Roman.


    Und deshalb würde ich auch keinen historischen Roman lesen, der absolut nicht gut recherchiert wurde. Wenn sich die Autoren bei einem historischen Roman keinerlei Mühe geben, dann verdient der Roman auch nicht die Auszeichnung "Historisch". Denn meiner Meinung nach gehört Recherche zu einer Autorentätigkeit genauso wie der Stift zum Schreiben...

  • Zitat von "Historikus"

    ... dass diese betrügerischen Bücher zum größten Teil bevorzugt werden.


    Wie wir schon gesagt hatten, kennt sich der Durchschnittsleser (und zu diesen zähle ich mich auch, und ich wette auch die meisten User hier gehören dazu) in der Historie nicht besonders aus. Es sind einige Eckdaten vorhanden, aber das wars auch schon.
    Und die erwarten in erster Linie, was man von allen Romanen erwartet: gute Geschichte, gute Unterhaltung.
    Wenn man nicht weiß, dass es falsch ist, störts auch nicht :rollen:
    Deshalb verkaufen sich diese Romane genau so gut wie diese, bei denen jedes Detail stimmt.


    Zitat von "Historikus"

    ...dass viele Menschen [...] unbewusst falsche Informationen mitnehmen, später Sachbestände aus den schlechten Büchern mitnehmen und diese dann in ihren Argumentationen extremistisch verwenden.


    Das stimmt natürlich, dass viele Leser falsche Informationen aufnehmen.
    Ich persönlich habe solche Dinge jedoch noch nicht radikal verwendet :breitgrins:


    Zitat von "Historikus"

    Wie zum Hohn hat "Die Päpstin" alle Verkaufsrekorde geschlagen.


    Siehe oben: Die Geschichte war gut, das Buch war spannend zu lesen.
    Das zählt für den Großteil der Leser.


    Ich habe "Die Päpstin" auch gelesen, und fand es auch gut.
    Vielleicht weil ich zu dumm bin ?
    So jedenfalls kommen mir hier einige Posts vor.
    Es befasst sich nun mal nicht jeder so intensiv mit der früheren Zeit!

  • Zitat von "Marypipe"

    Und deshalb würde ich auch keinen historischen Roman lesen, der absolut nicht gut recherchiert wurde.


    Klar, das möchte ich auch nicht, aber das Problem ist doch, dass man das vorher meistens nicht weiß. :zwinker:

  • Wie schon erwähnt, ist mein schulisches Geschichtswissen nicht eben bedeutend. Da liest man dann schon mal gern einen historischen Roman und hofft, so nebenbei ein wenig dazu zu lernen. Ein Jammer, wenn man dann an Autoren gerät, die absolut danebenliegen. Gegen dichterische Freiheiten hab ich ja nichts, sie sollten nur in einem Nachwort erklärt werden.


    Persönlich finde ich es übrigens schade um das Geld, das ich damals für "Die Päpstin" ausgab. Und zwar nicht, weil ich Belege dafür gehabt hätte, dass die darin ausgebreitete Historie so nicht stimmen konnte, sondern schlicht, weil ich das Buch grottenschlecht fand.


    Kann mich übrigens vielleicht hier jemand darüber aufklären, ob die Romane von Candace M. Robb historisch stichhaltig sind? Mir hat damals, als ich mich durch Band 1-3 der Geschichten um Owen Archer quälte, jemand gesagt, sie seien es nicht.


    Also, solange eine Geschichte ansonsten gut erzählt ist, kann ich Ungenauigkeiten durchaus verzeihen. Aber wenn die dann ebenso hanebüchen umgesetzt wurde... Nein, danke!

    &quot;Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler&quot; (Philippe Dijan)<br /><br />[url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/11612.0.html]Mein SUB[/url

  • Zitat

    Wie wir schon gesagt hatten, kennt sich der Durchschnittsleser (und zu diesen zähle ich mich auch, und ich wette auch die meisten User hier gehören dazu) in der Historie nicht besonders aus. Es sind einige Eckdaten vorhanden, aber das wars auch schon.
    Und die erwarten in erster Linie, was man von allen Romanen erwartet: gute Geschichte, gute Unterhaltung.
    Wenn man nicht weiß, dass es falsch ist, störts auch nicht


    Das Hauptproblem ist - da muss ich jetzt etwas Kulturchauvinismus betreiben - dass nirgends mehr eine gewisse Ethik vorhanden ist.


    Sei es in der Musik, wo die Musik und der Gesang oft nur mehr aus dem Computer kommt, sei es im Fernsehen, wo Menschen zum Gaudium den Fernsehpublikums regelmäßig erniedrigt werden, oder im Theater, wo sich die Regisseure in "Wer kann ein Stück noch perverser gestalten" wild messen.


    Erschütternd ist nun einmal für mich, dass diese Verwahrlosung auch den Büchermarkt befallen hat, die eigentlich die letzte Bastion für Ethik und Moral sein sollte.


    Unzähliche Bücher mancher "berühmter" Autoren sind nichts anderes als Marken. Der Autor ist die Marke, schreiben tut das Buch nicht er, sondern eine Schreibfirma mit billigen, jungen, etwas talentierten Autoren, die sich so etwas Geld verdienen dürfen und ausgenutzt werden. DAS ist die traurige Realität!
    Diese Misere wäre nicht vorhanden, wenn es nicht genug Konsumenten geben würde, die diese Produkte "genießen" würden.


    In dieser Hinsicht muss man jetzt die Frage stellen: Wieso ist es denn soweit gekommen?


    Es geht nun nicht darum, dass Durchschnittsleser es nicht wissen können. Das ist ja ohnehin klar.
    Es geht darum, dass sich Unternehmen und Autoren schon so weit trauen, die Leser schamlos zu belügen und gezielt verblöden, um nur mächtig Kohle zu machen.


    Wo sind da die Zeiten hin, wo Schreiben und Autorensein noch ein höchst edler Beruf war, ein gesegneter Beruf mit großer Geschichte?


    Zitat

    Vielleicht weil ich zu dumm bin ?
    So jedenfalls kommen mir hier einige Posts vor.


    Wo steht denn dieser Vorwurf?


    Gruß

  • Zitat von "Historikus"

    Das Hauptproblem ist - da muss ich jetzt etwas Kulturchauvinismus betreiben - dass nirgends mehr eine gewisse Ethik vorhanden ist.


    Sei es in der Musik, wo die Musik und der Gesang oft nur mehr aus dem Computer kommt, sei es im Fernsehen, wo Menschen zum Gaudium den Fernsehpublikums regelmäßig erniedrigt werden, oder im Theater, wo sich die Regisseure in "Wer kann ein Stück noch perverser gestalten" wild messen.


    Auch hier muss ich dir Recht geben, da lässt sich nichts gegen sagen.



    Zitat von "Historikus"

    Erschütternd ist nun einmal für mich, dass diese Verwahrlosung auch den Büchermarkt befallen hat, die eigentlich die letzte Bastion für Ethik und Moral sein sollte.


    [...] Diese Misere wäre nicht vorhanden, wenn es nicht genug Konsumenten geben würde, die diese Produkte "genießen" würden


    Aber Fakt ist doch auch, dass die Verlage die historisch "falschen" Romane bereitwillig veröffentlichen.
    Da dem unwissenden Leser diese Bücher quasi vor die Füße geworfen werden, kann er in erster Linie nichts dafür.
    Eigentlich sollten die Verlage in einer Vorauswahl auf solche Dinge achten, aber die sind auch mehr auf den Gewinn aus als auf Qualität.



    Zitat von "Historikus"

    Wo steht denn dieser Vorwurf?


    Oooch, hab ich so zwischen den Zeilen herausgelesen..... :breitgrins:

  • Hallo Arwen!


    Zitat von "Arwen"

    Vielleicht weil ich zu dumm bin ?
    So jedenfalls kommen mir hier einige Posts vor.


    Ich kann mich nicht erinnern, daß das irgend jemand hier geschrieben hätte, und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß das jemand in irgendeiner Weise gemeint hätte!
    Es geht nicht darum, ob Leser selbst schuld wären, wenn sie Autoren glauben, sondern um die Frage, ob es in Ordnung ist, wenn dem Plot, der "Unterhaltung" alles geopfert wird.
    Es geht keineswegs darum, die Leser verantwortlich zu machen, sondern es geht um die Verantwortung des Autors und der Mitarbeiter in den Verlagen für ihre Arbeit, es geht um ihre Verantwortung gegenüber dem Leser, der schließlich für das bezahlt, was man ihm verkauft!
    Liebe Grüße :blume:
    Iris :sonne:

  • Zitat

    Aber Fakt ist doch auch, dass die Verlage die historisch "falschen" Romane bereitwillig veröffentlichen.
    Da dem unwissenden Leser diese Bücher quasi vor die Füße geworfen werden, kann er in erster Linie nichts dafür.


    Wenn ein Betrieb faule Äpfel erfolgreich verkauft, wird er weiterhin faule Äpfel verkaufen.
    Wenn ein Betrieb faule Äpfel nicht erfolgreich verkauft, wird er das Produkt schnellstens absetzen.


    Was mich am meisten wundert in diesen Diskussionen, ist der ständige Einwand "Wir wollen doch nur unterhalten werden. Wenn wir etwas lernen wollen, beziehen wir es aus einem Lehrbuch. "


    Da stellt sich mir die Frage, warum in Augen einiger Leser man anscheinend Qualität mit Unterhaltung nicht verbinden kann.


    Eco, Luther Blissett, Rebecca Gable, Iris Kammerer haben doch gegenteiliges bewiesen.


    Zitat

    Eigentlich sollten die Verlage in einer Vorauswahl auf solche Dinge achten, aber die sind auch mehr auf den Gewinn aus als auf Qualität.


    Die magische Frage lautet: Warum verkaufen sich nicht so genau recherchierte Romane besser?


    Zitat

    Oooch, hab ich so zwischen den Zeilen herausgelesen.....


    :zwinker:


    Gruß

  • @ Iris:


    Natürlich hat das niemand direkt geschrieben, und ich gehe ebenfalls nicht davon aus, das wirklich jemand hier die auf dem Gebiet der Historie nicht so sehr bewandeten User als dumm bezeichnen würde.
    (Zumindest hoffe ich das nicht...)



    Der Satz war auch eher provokant gemeint, da Historikus gesagt hat, dass "Die Päpstin" trotz der vielen Fehler alle Verkaufsrekorde geschlagen hat.
    Dabei ist es doch unbestreitbar - ich muss leider nochmal auf die Leser zurückkommen - dass sich solche historisch nicht korrekten Romane in erster Linie deshalb verkaufen, weil der Leser einfach die Fehler nicht erkennt ?!
    Und somit können auch weiterhin faule Äpfel massenhaft verkauft werden.


    Natürlich haben auch meiner Ansicht nach Autoren eine gewisse Verantwortung zur historischen Korrektheit.
    Und scheinbar kommen sowohl Autoren als auch Verlage damit klar, dieser Verantwortung nicht gerecht zu werden.
    Was ihnen wegen des Profits auch nichts ausmacht :rollen:

  • Zitat

    Der Satz war auch eher provokant gemeint, da Historikus gesagt hat, dass "Die Päpstin" trotz der vielen Fehler alle Verkaufsrekorde geschlagen hat.
    Dabei ist es doch unbestreitbar - ich muss leider nochmal auf die Leser zurückkommen - dass sich solche historisch nicht korrekten Romane in erster Linie deshalb verkaufen, weil der Leser einfach die Fehler nicht erkennt ?!


    Weißt du, warum sich "Die Päpstin" so gut verkauft? Bitte liebe Päpstin-Fans, nicht beleidigt sein! ;)


    - weil es von einer Verschwörungstheorie (in der Kirche) handelt. Alle Bücher mit Verschwörungstheorien gehen weg wie warme Semmeln, sei es Michael Moore oder Dan Brown, so auch Donna Cross.


    - weil es den Feministinnen-Frauen-Wunsch befriedigt: Armes, kleines, Mädchen schlägt sich in einer harten Männer-Welt, gegen eine Frauen-hassende Kirche durch, ist allen überlegen, kämpft sich von ganz unten nach oben, und zeigt es allen! Sowas ist noch immer der Renner! ;)


    Diese bewusste Zielsetzung der Autorin kommt dann genau dadurch zu Tage, indem sie zu Gunsten des Wunsches Nummer 2 die Geschichte fälscht: Sie stellt die damalige Gesellschaft so dar, als wäre den Frauen die Bildung verboten, also reine Männersache. Das ist aber purer Unsinn. Damals waren den Frauen die Bildung vorbehalten, denn diese galt unter Männern als "weibisch". So wackelt schon das gesamte Gerüst des Buches! ;)



    Diese Bücher verkaufen sich natürlich nicht so gut, weil die Leser unbedingt Bücher haben möchten, wo sie belogen werden. ;)



    Gruß

  • Ich hab die Päpstin zwar noch nicht gelesen, wird aber sicher bald passieren. Deshalb kann ich über die Rahmenbedingungen des Buches nicht urteilen, aber das die Geschichte der Päpstin eine Legende ist muss dabei auch beachtet werden.


    Wenn Autoren im Roman Kleinigkeiten hinbiegen ist es nicht so schlimm. Gut gefällt mir aber, wenn am Ende ein kurzer Kommentar folgt, was man verändert hat (z.B. bei Ulrike Schweikert).
    Auch schön ist eine kurze Zusammenfassung der Entwicklung der historischen Wahrheit wie es z.B. bei den Büchern von Iris Kammerer hinten enthalten ist.