Yann Martel - Schiffbruch mit Tiger

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  • Das Ende, dieses "Genauso ist es mit Gott", habe ich so interpretiert: man kann vielleicht nicht logisch belegen, dass es Gott gibt, aber der Gedanke, dass es ihn geben könnte, kann helfen, manches besser verstehen und ertragen zu können.


    So hatte ich das auch verstanden. Zum einen hilft die Vorstellung, dass da jemand sein könnte und zum anderen hilft da vielleicht wirklich jemand. ;)
    So fühlte ich mich, wie swank, auch keinesfalls bekehrt, weil ich nicht finde, dass Martel seinen Lesern das Religiöse aufdrängt, sondern ihnen Gelegenheit gibt, sich selbst Gedanken zu machen.



    Die Variante zwei kann Pi ja auch nur erzählt haben da er gemerkt hat dass man ihm die Wahrheit nicht abnimmt :rollen:


    Das habe ich mir auch gedacht. Zumal mir die erste Geschichte besser gefallen hätte. Aber dabei stolpere ich dann ebenfalls über dieses Inselerlebnis, dass ich mir einfach nicht erklären kann. Fieberphantasien wären natürlich eine Möglichkeit, aber dafür fände ich die Passage insgesamt ein wenig zu lang.

  • Auch die Begegnung mit dem anderen Schiffbrüchigen ist zumindest... seltsam.


  • ja ich hab auch daran gedacht, dass es um den Glauben an Gott im Verhältnis zu dieser fantasiereichen Geschichte geht. Das finde ich auc sehr einleuchtend was Papyrus gesagt hat.


    Sry. Nicht papyros, sondern Valentine.

    "Lesen war ein Zustand, in dem die Zeit verstrich, weil sie nicht anders konnte, während Adas Verstand in Nahrung eingelegt wurde, so dass seine hektische Gier in ein gleichmäßiges Einsaugen und Verwe

  • Bei dieser Begegnung, mit dem anderen Schiffbrüchigen, habe ich, bis kurz bevor Richard Parker ins spiel gekommen ist, an eine Halluzination gedacht. Wirklich sonderbare Begegnung auf dem Meer.


    Die Zweitbesetzungen waren ungewöhnlich. Seine Mutter, der Koch, und ein Matrose. Und er selber spielt zum Schluss die Rolle des Tigers.
    Er hätte ja auch die Geschichte mit seiner Mutter, seinem Vater und dem Bruder erzählen können, aber dann hätten die Beziehungen und Morde nicht gepasst. - Das würde heißen, dass die 2.Geschichte von der 1. abhängig ist und somit wäre die zweite erfunden.
    Und seine Mutter hat er in der Zweiten mitspielen lassen, weil er mit der Begegnung des Orang-Utan Weibchens Hoffnung und Zutraulichkeitgespürt hat. oder was meint ihr zu der Rolle der Mutter??

    "Lesen war ein Zustand, in dem die Zeit verstrich, weil sie nicht anders konnte, während Adas Verstand in Nahrung eingelegt wurde, so dass seine hektische Gier in ein gleichmäßiges Einsaugen und Verwe

  • Hallo zusammen!


    Ihr macht mich wirklich neugierig auf den Schluss des Buches!


    Das Gefühl, zum Glauben bekehrt zu werden, hatte ich durch Sätze wie "Religion wird uns retten", die abwertenden Bemerkungen gegenüber Agnostikern im Vergleich zu Atheisten, und den Anspruch des Buches, mich an Gott glauben zu lassen. Es kann auch daran liegen, dass ich sehr sensibel auf Religion reagiere. Martel hat hier aber wunderschöne Ansätze. Der kleine Pi, der nur an Gott glauben will, und dadurch ein gläubiger Hindu, Christ und Muslim wird, ist ein sehr schönes Bild. Dies mag vielleicht plattitüdenhaft klingen, aber solche Ansichten sollen gefördert werden, um friedlich miteinander leben zu können. Und es ist machbar, ich weiß es aus eigener Erfahrung (Vater orthodox, Mutter Moslemin und Stiefvater römisch-katholisch, alles kein Problem; zwar nicht wirklich streng religiös, aber viele Bräuche und Traditionen verfolgend). Dass Religion genau den Gegenteil bewirken kann, habe ich auch erlebt, v.a. wenn Menschen aufgrund ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit vertrieben und getötet werden. Vielleicht deshalb meine Reaktion.


    Aber genug von Religion, zurück zum Buch. Wie bereits gesagt, hat Martel oft gute Ansätze. Pi's Kampf ums Überleben wird sehr plastisch dargestellt. Dann zerredet Martel aber die Geschichte, zieht sie unnötig in die Länge.
    Aber ich bin jetzt sehr neugirig auf den Schluss geworden, v.a. was es mit den zwei Versionen der Geschichte auf sich hat.


    Lg
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg


  • [...]und den Anspruch des Buches, mich an Gott glauben zu lassen.


    Wenn das die Aussage des Autors wäre, würde es mir auch sauer aufstoßen. Aber soweit ich weiß hat sich das doch nur ein Klappentextler zusammengewurschtelt, oder?



    Dann zerredet Martel aber die Geschichte, zieht sie unnötig in die Länge.


    Vielleicht dient die ein oder andere kleinere Durststrecke aber auch dazu, dass der Leser sich noch mehr in die zähe Reise von Pi einfühlen kann. ;)

  • Hallo *Sternenstauner*!


    Martel meint auch in der Vorbemerkung, dass dies eine Geschichte ist, "die einem den Glauben an Gott geben konnte" (s.12). Aber wie gesagt, vielleicht reagierte ich einfach aufgrund meiner persönlichen Gesichte sensibler darauf.



    Vielleicht dient die ein oder andere kleinere Durststrecke aber auch dazu, dass der Leser sich noch mehr in die zähe Reise von Pi einfühlen kann. ;)


    Wenn das die Absicht war, dann ist sie ihm voll gelungen; es muss ja irgendwie auch klar werden, wie zermümbend und nierderschmetternd es Pi zwischendurch gegangen ist :zwinker:


    Lg
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg


  • Martel meint auch in der Vorbemerkung, dass dies eine Geschichte ist, "die einem den Glauben an Gott geben konnte" (s.12).


    Danke für die Info. :) Das hatte ich so jetzt gar nicht mehr im Kopf.
    Allerdings verstehe ich das so, dass er da aus seiner Sicht spricht. Also, dass die Geschichte quasi das Potential hat, jemanden an Gott glauben lassen zu können, aber er sagt nicht, dass der Leser automatisch glauben wird. Vielleicht bin ich da jetzt auch ein wenig kniepsig, aber zumindest ist es nicht so extrem formuliert wie im Klappentext. ;)
    Ich denke aber, dass der Autor halt auch mit dieser Möglichkeit spielen muss, damit man sich als Leser am Ende tatsächlich darüber Gedanken macht, ob nun Gott eine Rolle spielte oder nicht. Und darum geht's doch, oder?


  • Ich denke aber, dass der Autor halt auch mit dieser Möglichkeit spielen muss, damit man sich als Leser am Ende tatsächlich darüber Gedanken macht, ob nun Gott eine Rolle spielte oder nicht. Und darum geht's doch, oder?


    Da hast du vollkommen Recht. Ich wäre traurig, wenn mich ein Buch nicht zum Nachdenken anregen würde. Und wie man sieht, hat es Martel ja auch tatsächlich geschafft :zwinker:


    Lg
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Auch von mir gab es nach der Lektüre 5ratten


    Irritierend fand ich die religiös verbrämten Rezis in der Presse, den Klappentext. Denn die Geschichte kann man auch einfach als solche lesen - gerade auch den Start, wo sich bei Pi drei Religionen die Klinke in die Hand geben.


    Den Schluss finde ich übrigens genial. Denn hier scheidet sich, wie man das Buch verstehen kann/will/möchte. Ich habe in meiner damaligen Buchwertung geschrieben: Nie setzt das Buch die eine Religion über die andere oder wertet sie in irgendeiner Form. Ich fand eher, dass Martel alle Religionen gleichermaßen zutiefst schätzt, aber ihre irdischen Vertreter zwischen den Zeilen ein bisschen vorführt. Irgendwie ist da eine Essenz "Nathan der Weise" drin. Für mich ein "kluges" und gleichzeitig unterhaltsamens wie phantasievolles Buch.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Es ist wirklich kein Lehrbuch über Religion. So habe ich das auch empfunden. Der Start, wie Bettina sagt, ist sehr angenehm zu Lesen, weil es interessant aber auch nett erzählt ist. Überhaupt kein Gedanke von Bekehrung oder sonstiges.
    Und im zweiten Teil verblasst der Religionsgedanke, da es dann wirklich um das Überleben geht. Der Glaube ist dann für Pi die Hoffnung und vielleicht auch dieser "Überlebensdrang", den er selber beschreibt. Das bezieht er aber nicht auf den Glauben speziell, sondern auf den individuellen Menschen.


    Chrissi

    &quot;Lesen war ein Zustand, in dem die Zeit verstrich, weil sie nicht anders konnte, während Adas Verstand in Nahrung eingelegt wurde, so dass seine hektische Gier in ein gleichmäßiges Einsaugen und Verwe

  • Eines der Bücher, was ich nicht zu Ende gelesen hab. Nach 60 Seiten hab ich aufgehört und es verkauft. Mir gefielen weder Schreibstil, noch diese philosophisch-religiösen Anspielungen ( ich kann mit Esoterik und Religion absolut nix anfangen ).


    Maren

  • Kurzbeschreibung/Klappentext

    Zitat

    Schiffbruch mit Tiger? Diese Geschichte würden Sie nicht glauben? Kein Wunder. Fantastisch. Verwegen. Atemberaubend. Wahnsinnig komisch. Eine Geschichte, die Sie an Gott glauben lässt. Pi Patel, der Sohn eines indischen Zoobesitzers und praktizierender Hindu, Christ und Muslim erleidet mit einer Hyäne, einem Orang-Utan, einem verletzten Zebra und einem 450 Pfund schweren bengalischen Tiger namens Richard Parker Schiffbruch. Bald hat der Tiger alle erledigt - alle, außer Pi. Alleine treiben sie in einem Rettungsboot auf dem Ozean. Eine wundersame, abenteuerliche Odyssee beginnt.


    Da hatte ich schon ein wenig Religion erwartet. ;)
    Aber macht ja nichts. Ich bin mir sicher, dass du das Buch auch ganz schnell wieder losgeworden bist und die Fehlinvestition daher nicht so dramatisch war. :)

  • So, nun wird diese Rezi mal wieder hervorgekramt...


    Ich bin gerade mit dem Buch fertig geworden und emontional noch irgendwie total durch den Wind. Einfach ein tolles Buch !!! :klatschen:


    So wie es sich mit den zwei Geschichten von Pi verhält, so ist es auch mit dem Buch an sich: Sieht man es einfach als "fiktiven" Roman an oder betrachtet man ihn als realen Tatsachenbericht.


    Ich habe mich durch den Thread gelesen und ärger mich etwas, dass ich das Buch nicht schon früher gelesen habe, da sich damals ja doch eine ganz heiße Diskussion entsponnen hat. Interessant fande ich auch, dass einige mit dem Buch nichts anfangen konnten und es wieder weggelegt haben... Mich hat es von Anfang an fasziniert und infiziert.


    Vom ersten Gefühl heraus bekommt das Buch auf jeden Fall auch 5ratten von mir, auch wenn ich die Geschichte jetzt erst einmal ein paar Tage lang sacken lassen muss, um für mich selber rauszufinden, was ich jetzt für mich persönlich aus der Geschichte heraushole und was ich davon glauben will oder kann.

  • Der erste (Kindheit von Pi) und zweite (Schiffbruch) Teil des Buches hatten für meinen Geschmack einige Längen, die ich oft auch nur überflogen habe. Den dritten Teil fand ich überraschend. Und auch gut zum Nachdenken geeignet. Ich bin hiermit offizieller Verfechter der 1. Version. :zwinker: Toll fand ich den Umgang mit und die Beschreibung von den Tieren. Respektvoller Umgang, ja. Vermenschlichung, nein.


    Irgendwie fällt es mir schwer das Buch zu bewerten. Aus dem Bauch heraus vergebe ich


    4ratten


    da es einige Längen hatte. Aber ein tolles Buch. So anders.

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

  • Großartiges Buch, welches ich auf dringende Empfehlung von mehreren Seiten gelesen habe.


    Fordert es Anfangs Durchhaltevermögen, so wird der Leser - vor allem durch den Mitteilteil und den wunderbaren Schluss, aber auch durch die Tiefe des Buches - später zur Genüge für die anfänglichen Mühen belohnt.


    Mein Tipp für dieses Buch:


    Dranbleiben - Durchbeißen - Genießen!!!


    Lg, P.

  • Ich hab mir das Buch vor kurzem gekauft, weil ich den Klappentext so toll fand. Danke für die rezi! Jetzt weiß ich wenigstens dass es kein Fehlkauf wahr.