Jorge Ibargüengoitia – Augustblitze

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    Inhalt: Der Divisionsgeneral José Guadalupe Arroyo, genannt Lupe, fühlt sich genötigt, die Ereignisse der „neunundzwanziger Revolution“ aus seiner Sicht darzustellen, da frühere Kampfgefährten und damalige Feinde ihn verleumdet haben. Die Probleme beginnen damit, daß der als nächster Präsident gewählte General, der Lupe den Posten des Privatsekretärs angeboten hatte, vor Antritt seines Amtes stirbt. Die Übergangsregelungen für einen solchen Fall sind reichlich kompliziert und verschiedene Grüppchen versuchen, sich mindestens ein ordentliches Stück von der Macht abzusäbeln. Lupe und einige Militärkollegen überlegen sich zuächst eine politische Vorgehensweise, die aber am Abgeordnetenhaus scheitert, das einen anderen Interimspräsidenten ernennt. Trotzdem glaubt man noch eine legale Lösung und stützt die Kampagne eines genehmen (militärischen) Kandidaten. Die Gegenseite ist aber nicht untätig, und so schaukelt sich die Geschichte zu militärischen Aktionen hoch.



    Meine Meinung: Es ist ungeheuer schwer, hier eine Inhaltsangabe zu geben, die dem Buch gerecht wird. Die revolutionär-militärischen Aktionen spielen nämlich weder eine echte Hauptrolle noch kann man sie als solche wirklich ernst nehmen. Das liegt vor allem an Lupe und seinen Kollegen. Diese wirken nicht wie qualifizierte Generäle (nicht einmal in originär militärischen Angelegenheiten), sondern reichlich chaotisch. Sie gehen das Unternehmen eher an wie eine gemeinsame Jagdpartie oder ähnliches Freizeitvergnügen und es wird auch mehr aus Langeweile (neben der Machtoption natürlich) begonnen, man hat schließlich nichts besseres zu tun als zu revolutionieren. Dauernd finden irgendwelche Besprechungen statt, die ohne Ergebnis enden, die Planung ist bestenfalls minimal zu nennen, Improvisation herrscht allerorten und dementsprechend sind dann auch die Resultate dieser Revolutionäre nicht unbedingt wider Willen aber wider die Vernunft.


    Der Autor geht dabei recht respektlos mit seinem General und dessen Kollegen um. Die Sprache, die er Lupe in den Mund legt, ist geradeheraus, aber nicht simpel. Mit manchen Formulierungen stellt sich der General allerdings selber als ziemlichen Dummkopf dar, über den ich schallend gelacht habe. Auch sein ständiges Reden davon, Leute zu füsilieren konnte man nicht ernst nehmen, eher erwies es sich als running gag. Schwieriger fand ich den Überblick darüber zu behalten, wer jetzt gerade mit wem wie und warum kooperierte oder neue Bündnisse schloß, aber das tat der Erzählung kaum Abbruch, und letztlich geht es darum auch nicht. Ibargüengoitia erläutert im Nachwort, daß es 1938 tatsächlich in der mexikanischen Armee wohl über 200 Generäle im aktiven Dienst gegeben habe, davon vierzig Divisionsgeneräle, die mit ihren Truppen nur knapp drei Divisionen bilden konnten. Und dabei hatten in den Revolutionszeiten zuvor schon beträchtliche Beseitigungen von Offizieren stattgefunden. Dieses an sich ja eher erschreckende Vorkommnis verarbeitet der Autor zu einer spritzigen Geschichte.


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich bin zunächst an dem Namen des Autors hängen geblieben. Aber auch nachdem ich gemerkt hatte, dass es sich nicht um einen Basken handelt, fand ich die obige Rezension interessant genug, um das Buch auf meinen Wunschzettel zu schieben.


    Das Buch ist aus der Perspektive des mexikanischen Generals José Guadalupe Arroyo (kurz Lupe genannt) geschrieben, der seine Sicht auf die Geschehnisse der mexikanischen Revolution darlegen möchte und dabei auch den negativen Berichten über seine Rolle dabei widersprechen will.


    Die revolutionären Taten bestehen hauptsächlich aus endlosen Sitzungen, die fast nie einen Beschluss hervorbringen, man wundert sich als Leser, dass so etwas tatsächlich in militärischen Aktionen enden kann. „Lupe“ trägt die ganze Geschichte alleine. Natürlich sind an sämtlichen Problemen die anderen schuld, er selber macht nie etwas verkehrt, ihm geschehen höchstens Missgeschicke. Er verrennt sich total und ist grundsätzlich nicht in der Lage eine einmal getroffene Entscheidung oder Meinung als falsch anzuerkennen und abzuändern. Der aufbrausende Erzähler lässt den Leser schmunzeln, man kann nur den Kopf schütteln über die Selbstgerechtigkeit, die er an den Tag legt. Trotzdem wirken die Intrigen und Mauscheleien fürchterlich realistisch und man weiß genau, dass man es sich in der Wirklichkeit nicht leisten könnte über Lupe zu lachen, sonst wäre man ganz schnell vor dem Erschiessungskommando gelandet und würde selber „füsiliert“. Das Ende ist typisch für das ganze Buch, noch einmal wird Lupe ganz deutlich charakterisiert, rechthaberisch und das letzte Wort behaltend.


    „Augustblitze“ ist ein Schelmenstück und auch wenn das Buch nicht viel über die reale mexikanische Revolution verrät, ist es doch voller boshafter Seitenhiebe des Autors über Revolutionäre oder besser gesagt, über die selbstgefälligen, intriganten, machtbesessenen Militärs, die sich dafür halten und somit unabhängig von Zeit und Ort.


    4ratten