Sigrid Damm - Christiane und Goethe. Eine Recherche

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  • Kurzbeschreibung http://www.amazon.de
    "Wärst Du nur jetzt bei mir! Es sind überall große breite Betten, und Du solltest Dich nicht beklagen, wie es manchmal zu Hause geschieht. Ach! mein Liebchen! Es ist nichts besser als beisammen zu sein. Wir wollen es uns immer sagen." (Goethe an Christiane.)
    Nach aufwendiger Spurensuche entwirft Sigrid Damm ein gültiges Porträt von Goethes Geliebter und späteren Ehefrau Christiane Vulpius. Gleichzeitig zeichnet sie das Bild einer spannungsvollen Partnerschaft, einer Verbindung, die 28 Jahre währte. Ins Blickfeld rücken auch der Lebensalltag Goethes in den Jahren 1788 bis 1816, die Entstehungsbedingungen seines Werkes und sein Verhältnis zu Frauen."(...) ein akribischer, fesselnder Dokumentarbericht (...). So manche Legende löst sich dabei auf (...). Die junge Frau, die der Minister Goethe nach der Rückkehr aus Italien zu seiner Geliebten machte, war couragiert, lebenstüchtig und keineswegs überdreht." (Der Spiegel)


    Über den Autor
    Sigrid Damm wurde 1940 in Gotha/Thüringen geboren, dort aufgewachsen. 1959-65 Studium der Germanistik und Geschichte in Jena (Dr. phil.). 1965 bis 1970 Hochschullehrerin in Jena. Seit 1970 Kritikerin und Herausgeberin in Berlin, seit 1978 freie Schriftstellerin. 1993 Gastdozentin an den Universitäten Glasgow und Edinburgh. 1994 Gastprofessorin in Hamburg. Mitglied des P.E.N.. Lebt in Berlin und in Roknäs/Nordschweden.

    Meine Meinung

    Etliche Werke von Goethe habe ich sehr gern gelesen. Seine Gedichte liebe ich. Aber wie ist der Mensch Goethe, mit wem teilt er sein Leben und seine Gedanken? Kann ich den Menschen Goethe mit dem Zitat von ihm „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, das bei bloßer Nennung des Dichterfürsten sofort in meinem Kopf spukt, identifizieren. Christiane Vulpius fällt mir ein, sein Bettschatz und spätere Ehefrau. Ich wollte mehr wissen, deshalb kam es mir gerade recht, als mir dieses Buch ans Herz gelegt wurde.


    Christiane Vulpius (eigentlich Christiana) war mir bis dahin nur als „ein rundes Nichts“ (Charlotte v. Schiller) bekannt, die ihr Leben im Hintergrund führte. Sigrid Damm zeigte mir eine ganz andere Christiane als ich sie erwartete. Sie belegte mit Briefen und diversen historischen Dokumenten, dass Christiane eine anpackende, couragierte und leidenschaftliche Frau war. Sie hielt Goethe den Rücken frei, ermöglichte ihm dadurch ein ungestörtes Schaffen. Sie verwaltete seine Ländereien und führte seinen Haushalt. Sie liebte das Leben in allen Facetten, das Essen und das Trinken, das Tanzen und das Reisen und die Liebe. Mit fortschreitenden Alter bekam sie Depressionen, häufig begleiteten sie nun Krankheiten und über den Tod von 4 ihrer Kinder, die scheinbar gesund zur Welt kamen und nur wenige Tage nach der Geburt starben, kam sie nie ganz hinweg.


    Aber mit jeder Seite, die ich in diesem Buch las, wandelte sich auch mein Goethe-Bild. Er war ehrgeizig, verfolgte seine dichterischen, politischen und wissenschaftlichen Ziele bis zur Besessenheit. In seinem Ehrgeiz war sein Egoismus maßlos. Er hungerte nach Anerkennung und Erfolg. Blieb dieser aus oder gab es für ihn unangenehme Situationen flüchtete sich der große Dichter in (eingebildete) Krankheiten, so auch beim Tod Christianes. Auf seinen diversen Reisen und Kuren tankte er neue Energie. Er ließ sich von der Natur und den Damen der Gesellschaft inspirieren, die auch mal mehr als nur ein Äuglein für ihn waren.


    Christianes Leben war nicht leicht. 18 Jahre lebte sie die freie Liebe. Der gemeinsame Sohn August war bereit 17 Jahre alt, als das Verhältnis legitimiert wurde. Für das Weimar der damaligen Zeit war diese „wilde Ehe“ ein noch nie da gewesener Skandal. Aber beide setzten sich über geltende Konventionen und Etikette hinweg und lebten ihre Liebe. Ich bin jetzt nach dem Lesen dieses Buches fest davon überzeugt, dass sowohl für Christiane als auch für Goethe die große Liebe war. In einigen Briefen, manchmal auch nur zwischen den Zeilen, fand ich Beweise dafür.


    Sigrid Damm hat mich mit ihrer Recherche sehr beeindruckt. Sie analysiert die historischen Hintergründe ebenso wie die noch erhaltenen Dokumente aus der damaligen Zeit. Damit schafft sie ein eindrucksvolles Zeitbild des Weimar zur Goethezeit. Gut gefallen haben mir die immer wieder eingefügten Originaltexte. Das erforderte beim Lesen zwar mehr Konzentration, macht aber die Recherche äußerst lebensnah. An einigen wenigen Stellen verlor sie den dokumentarischen roten Faden und stellte eigene Spekulationen an. Im Großen und Ganzen hielt sie aber den authentisch-rationalen Erzählstil durch.


    Selten habe ich eine Biographie gelesen, die so spannend und zugleich so informativ geschrieben wurde, dass mich das Buch auch in den Gedanken nicht los ließ. Ich freute mich auf jede neue Lesestunde und fieberte darauf, die neuen Beiträge meiner Mitleserinnen der kleinen Leserunde zu lesen.


    Dieses Buch ist auf jeden Fall ein Lesetipp, der Lust macht, mehr von der Familie Goethe zu erfahren.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


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    EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah

    Liebe Grüße<br />Karthause :schmetterling:<br /><br />Die Kunst zu lesen, in ein Buch hineinzufallen, darin zu versinken, kaum noch auftauchen zu können, ist ein Stück Lebenskunst. <br />Elke Heidenreich

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Bei mir ist es schon einige Zeit her, dass ich das buch gelesen habe. Auch ich wollte gerne mehr erfahren über den menschen Goethe. Das Bild, das von ihm und seiner Familie gezeichnet wurde, hat mich überrascht. Sowohl positiv (Wilde Ehe in der damaligen Zeit), als auch negativ (wenn es "ungemütlich" wird, ist herr Goethe unpäßlich oder geht auf Reisen).


    Spannend fand ich das Buch jedoch nicht. Interessant - ja, natürlich. Aber ich habe mich doch sehr lange durch diese lektüre "gequält". Mag aber auch daran liegen, dass ich Erzählungen generell nicht so viel abgewinnen kann.


    Für alle, die wirklich etwas über Goethe erfahren möchten, ist es aber sicherlich zu empfehlen.

  • Hallo,


    Da kommt Schiller zu Besuch und Christiane sieht ihn gar nicht, weil sie irgendwo im Haushalt beschäftigt ist....das kann ich nicht vergessen.


    Wer aber eine Biografie über Goethe selbst lesen möchte, dem empfehle ich gerne
    Karl Otto Conrady: Goethe Leben und Werk , Artemis Winkler, 1994 (antiquarisch).


    Liebe Grüße
    mombour

  • Christiane und Goethe. Eine Recherche.


    Sigrid Damm zeichnet in diesem Buch die gemeinsame Zeit von Christiane Vulpius und Goethe nach. Beginnend mit Recherchen in der Familie Vulpius zeigt sich aus welchen Verhältnissen Christiane kommt, ihre Großeltern, Eltern, ihre Kindheit. Weiter geht es dann mit den 3 großen Jahrzehnten in der Beziehung zu Goethe. Wilde Ehe, der uneheliche Sohn, die späte Heirat. Sie zeigt Gemeinsamkeiten und gleichzeitig die Entfernung zwischen den Liebenden. Die Originaltextstellen passen wunderbar zum Gesamtwerk und zeigen ein Bild vom Leben, Denken und Handeln der damaligen Zeit.


    Für mich war die Lektüre, wie eine Zeitreise. Die Originaltexte haben mich dabei besonders beeindruckt. Die Art zu Schreiben, die Briefwechsel, Konversation und Details die man ausgetauscht hat. Da kam mir manchmal die heutige Zeit als "Überschriftengesellschaft" vor und ich habe überlegt, wann habe ich das letzte Mal solch lange, persönliche Briefe geschrieben und sei es nur als Email...


    Christiane selbst mochte ich in vielerlei Hinsicht, aber alles verstehen was sie so tat konnte ich nicht. Ihr Liebe und Hingabe war wirklich groß und mit Goethe hatte sie da keinen leichten Gefährten. Ihre Vorliebe für Tanzen jedoch konnte ich nicht ganz verstehen.
    Für mich wird mit diesem Buch nicht nur einer Lebensgeschichte nachgespürt sondern einer ganzen Zeit und das hat mich sehr fasziniert.


    Ich glaube ich werde noch mehr von Frau Damm in der Zukunft lesen.


    Von mir 4ratten


    Grüße
    schokotimmi

  • Christiane und Goethe fand ich sehr interessant. Ich habe es vor einigen Jahren beinahe atemlos, ruck zuck gelesen. Ganz besonders gefallen haben mir natürlich die Briefe, die Goethe seinem Erotikon schrieb, und auch die, die er selbst zurück erhielt. Die beiden muss eine große Liebe, die auf starker und ehrlicher Zuneigung basierte, verbunden haben. Die Art, wie sie sich miteinander "unterhielten" wirkte auf mich dabei sehr modern. Das hatte ich so nicht erwartet, wobei das natürlich dumm von mir war (denn warum sollten sich die Menschen vor zweihundert Jahren so viel anders geliebt haben als Heute?). Die kleinen Einblicke in die damalige Gesellschaft waren ebenfalls spannend.


    Allerdings konnte ich mich Frau Damms Stil überhaupt nicht begeistern. Ihr Ausdruck hat mein Lesevergnügen doch deutlich gemindert.


  • ...Allerdings konnte ich mich Frau Damms Stil überhaupt nicht begeistern. Ihr Ausdruck hat mein Lesevergnügen doch deutlich gemindert.


    Also ich muss sagen, der Stil war am Anfang gewöhnungsbedürftig, aber als ich mich eingelesen hatte, ging es dann ganz gut. Ich würde auf jeden Fall wieder etwas von ihr lesen. Schon komisch wie man sich doch an die verschiedenen Schreibstile gewöhnen kann.


    Grüße
    schokotimmi

  • Ich muss sagen, dass ich auch gar nicht mehr genau benennen kann, was mich daran so sehr gestört hat (liegt ja auch schon einige Jahre zurück). Auf mich wirkte es so kühl, abgehackt, irgendwie unfertig. Das hat mir damals überhaupt nicht gafallen. Eigentlich gewöhne ich mich auch immer sehr schnell an ganz unterschiedliche Schreibstile, bei Sigrid Damm ist mir das jedoch nicht so gut gelungen. Aber wer weiß, vielleicht würde es mich Heute auch weniger stören.


    Schöne Grüße
    Tia

  • Hallo!
    Ich lese zurzeit "Das Leben des Friedrich Schiller" und will immer "ich möchte ein Verb kaufen" schreien.
    Komisch, ich habe vor Jahren ( 2002/03) das Buch über Christiane und Goethe gelesen und es ist mir damals gar nicht so negativ aufgefallen.
    Hat vielleicht auch was damit zu tun, dass mir Christiane sympathischer ist als Schiller?!


    Gruß
    Bibse

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

  • Danke für die ausführliche Rezi, macht Lust auf mehr. Das Buch steht schon seit ein paar Tagen auf meienr Wunschliste.