Maarten 't Hart - Gott fährt Fahrrad

Es gibt 19 Antworten in diesem Thema, welches 5.364 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von miss.mesmerized.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt
    Schon der Untertitel "Die wunderliche Welt meines Vaters" beschreibt worum es dem Autor bei diesem Buch geht. Maarten 't Hart malt ein liebevolles Bild seines Vaters. Der oft wortkarge Mann hat seine Bestimmung als Totengräber gefunden. Dadurch ist der Tod in 't Harts Kindheit ständig gegenwärtig, was man in seinen Büchern deutlich spürt. "Gott fährt Fahrrad" ist die Aufzeichnungen der Erinnerungen an den Vater, aber auch der Versuch einigen Wahrheiten auf den Grund zu kommen.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo!


    Bis jetzt habe ich die beiden ersten Kapitel gelesen. Im Gegensatz zu einigen anderen Büchern schreibt Maarten 't Hart nicht ganz so düster, auch wenn seine Gedankengänge nicht wirklich fröhlich sind. Er wirkt eher ruhig und gelassen, was mir deutlich besser gefällt als z.B. die Stimmung in "Ein Schwarm Regenbrachvögel", wo er sich meiner Meinung nach zu sehr bemitleidet.


    Auf dem Hafenkai
    Mein erster Gedanke war: warum in aller Welt macht jemand bei Eisregen einen Spaziergang zum Hafen? Aber ich kann ihn auch verstehen weil ich auch leidenschaftlich gerne im strömenden Regen unterwegs bin. Bei solchem Wetter trifft man nur auf Leute, die ähnlich ticken wie man selbst und die einen deshalb nicht stören. So fühlt 't Hart sich von einem weiteren Spaziergänger, der mit dem glatten Boden kämpft nicht weiter gestört, während der unbekannte Autofahrer ihn eher irritiert.


    Besuchszeit
    Die Anonymität im Krankenhaus macht 't Hart zu schaffen, die Menschen werden zu Schlafanzügen im Bett reduziert und so fällt es ihm auch schwer, zuerst seinen Vater und dann einen Bekannten zu erkennen. Ich kann verstehen, warum er seinen Eltern nicht die Telefonnummer seines Ferienhauses gegeben hat. So gekränkt wie seine Mutter das erwähnte kann ich mir gut vorstellen, dass sie ihn ständig anrufen würde und das will er bestimmt nicht.


    Ich bin über die Einteilung in relativ kurze Kapitel recht froh. Maarten 't Hart ist ein Autor für den man sich Zeit lassen muss. Dieses Mal hat mich die freie Übersetzung des Titels auch nicht gestört. Im Original heißt das Buch "de aansprekers" was so viel wie "Die Leichenbitter" heißt und dieser Titel wäre mir dann doch zu düster gewesen :zwinker:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo Kirsten,


    aha, du schreibst hier deine Eindrücke kapitelweise nieder. Dann versuche ich das auch einmal.


    Ich habe gestern die ersten 4 Kapitel gelesen und es geht im Buch bisher darum, wie Maarten ´t Hart mit dem Sterben seines Vaters umgeht.


    Auf dem Hafenkai
    Dieses Kapitel ist gewissermaßen ein Vorwort im Rückblick: Der Vater ist kürzlich verstorben, und Maarten besucht seine Mutter. Während er einen Spaziergang am Hafenkai macht, beginnt es zu regnen, er gerät auf dem eisglatten Pflaster langsam ins Rutschen. Niemand ist in der Nähe, der ihm helfen kann, und kann sich nur mühsam im letzten Moment davor retten, von dem abschüssigen Kai ins Wasser zu rutschen. Ein ganz typisches Alptraummotiv. Meiner Meinung nach ein Bild für Situationen im Leben, bei denen uns bewußt wird, daß wir uns langsam, aber unaufhaltsam auf den Tod zubewegen (und der Tod eines Elternteils ist eine solche Situation), und dabei sind wir ganz allein. Außerdem wird noch die Frage aufgeworfen, wieviel von unserem Schicksal wir eigentlich selbst in der Hand haben.


    Besuchszeit
    Hier bricht (anderthalb Jahre vor dem Kapitel "Auf dem Hafenkai") die erbarmungslose Realität in Maartens Welt ein: zuerst in Gestalt von zwei Polizisten, die sein Ferienhaus durchsuchen, ohne ihm zu sagen was sie eigentlich suchen, und dann kommt die Nachricht vom Krankenhausaufenthalt seines Vaters. Die Beschreibung des Krankenbesuchs ist voll von grotesken Details und Assoziationen (auch deswegen liebe ich ´t Harts Bücher).


    Gefurchte Wege
    Maarten hat von seinem Vater den Auftrag bekommen, einige Dinge auf dem Friedhof für ihn zu erledigen. Auf dem menschenleeren Friedhof sieht man noch die Spuren der Egge, mit denen Maartens Vater die Friedhofswege bearbeitet, damit es dort schön ordentliche Spuren gibt. Die Obstbäume blühen, und Maarten beobachtet, wie ein Vogelfänger von zwei Polizisten festgenommen wird, während er selbst noch überlegt, ob er eingreifen soll. Später versucht er im Krankenhaus anzurufen, denn an diesem Tag sollte sein Vater operiert werden. Es gelintgt ihm nicht, Informationen über den Zustand seines vaters zu bekommen, ebensowenig bei dem Krankenbesuch am Abend.
    Das Telefonat mit dem Krankenhaus fand ich köstlich. DIE perfekte Taktik, keine Auskünfte geben zu wollen. Solche Telefonate, bei denen man von einem zum anderen verbunden wird und keiner zuständig ist, hat wohl jeder von uns schon erlebt.


    Die dunklen Abende
    Bei einem Treffen mit dem Hausarzt seines Vaters erfährt Maarten, daß sein Vater unheilbar an Krebs erkrankt ist. Im Moment geht es ihm zwar wieder gut, aber er hat nicht mehr lange zu leben. Maarten überlegt, ob und wann er das seinem Vater sagen kann. Es ist Frühjahr, vielleicht das letzte das sein Vater erlebt, und er möchte, daß sein Vaters das genießen kann, er möchte seinen Frieden nicht stören.
    Ich meine, hier merkt man, daß das Buch schon ein paar Jahrzehnte alt ist. Ich halte es für ein Menschenrecht, daß ein Arzt, der Informationen über meinen Gesundheitszustand hat, diese auch an mich weitergibt. Daß alle wissen, ich muß sterben, und ich bin die letzte die es erfährt, wäre für mich eine Ungeheuerlichkeit. Wenn ich es nicht wissen möchte, lasse ich keine Untersuchungen machen. Wenn aber Untersuchungsergebnisse vorliegen, dann ist man heute hoffentlich überall in Europa schon so weit, diese dem Patienten auch mitzuteilen. Obgleich ich Maartens Gründe, seinem Vater zunächst nichts zu sagen, auch sehr gut verstehen kann. Eine ziemliche Zwickmühle. Ich hoffe mal, daß ich so eine Situation gut meistern kann, sollte ich mal in sie geraten (auf der einen oder der anderen Seite). Dies ist auf jeden Fall ein Thema, über das man länger nachdenken und diskutieren kann.


    Soweit erstmal,
    liebe Grüße,


    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Hallo,


    noch ein paar Kommentare und Ergänzungen:



    Bis jetzt habe ich die beiden ersten Kapitel gelesen. Im Gegensatz zu einigen anderen Büchern schreibt Maarten 't Hart nicht ganz so düster, auch wenn seine Gedankengänge nicht wirklich fröhlich sind. Er wirkt eher ruhig und gelassen,


    Hier kann ich dir zustimmen.



    was mir deutlich besser gefällt als z.B. die Stimmung in "Ein Schwarm Regenbrachvögel", wo er sich meiner Meinung nach zu sehr bemitleidet.


    Dieses Buch kenne ich noch nicht, möchte es aber gerne lesen, nachdem ich den Thread dazu hier im Forum gelesen habe.
    Insbesondere wenn ich z.B. lese, was er über seinen Vater am Ende des Kapitels Die dunklen Abende schreibt:
    Zitat:
    ... vor ihm hatte ich eine Todesangst gehabt, wenn er mich in wilder Wut getreten und durchs Zimmer gestoßen und dabei geschrien hatte "Ich tret dich, bis du tot bist."
    (Zitatende)
    *schluck*
    Und im gleichen Atemzug beschreibt er die Erinnerung, die "Gott fährt Fahrrad" seinen deutschen Titel gegeben hat: wie er als kleiner Junge vorn auf dem Fahrrad seines Vaters mitfährt und sich rundum von ihm beschützt fühlt...
    Klar, daß er diese kindlichen Traumata offenbar in seinen Büchern bearbeitet.



    Auf dem Hafenkai
    Mein erster Gedanke war: warum in aller Welt macht jemand bei Eisregen einen Spaziergang zum Hafen?


    Niederländern macht Regen nichts aus. Wenn man dort warten würde, bis es mal gar keinen Regen gibt, käme man nie aus dem Haus. :zwinker:



    Besuchszeit
    Die Anonymität im Krankenhaus macht 't Hart zu schaffen, die Menschen werden zu Schlafanzügen im Bett reduziert und so fällt es ihm auch schwer, zuerst seinen Vater und dann einen Bekannten zu erkennen. Ich kann verstehen, warum er seinen Eltern nicht die Telefonnummer seines Ferienhauses gegeben hat. So gekränkt wie seine Mutter das erwähnte kann ich mir gut vorstellen, dass sie ihn ständig anrufen würde und das will er bestimmt nicht.


    Interessant, daß du so ganz andere Eindrücke als wesentlich erachtest als ich...



    Dieses Mal hat mich die freie Übersetzung des Titels auch nicht gestört. Im Original heißt das Buch "de aansprekers" was so viel wie "Die Leichenbitter" heißt und dieser Titel wäre mir dann doch zu düster gewesen :zwinker:


    Auch hier kann ich dir zustimmen. Zumal "Leichenbitter" im Deutschen noch eine zweite Bedeutung assoziiert ("bitter" im Sinne des Geschmacks). Das wäre mir dann auch zuviel der Düsternis.


    Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo!


    ...aha, du schreibst hier deine Eindrücke kapitelweise nieder. Dann versuche ich das auch einmal.


    Das mache ich bis jetzt nur bei Maarten 't Hart. Obwohl die Kapitel recht kurz sind, sind sie trotzdem dicht gepackt und man darf nichts überlesen.



    Und im gleichen Atemzug beschreibt er die Erinnerung, die "Gott fährt Fahrrad" seinen deutschen Titel gegeben hat: wie er als kleiner Junge vorn auf dem Fahrrad seines Vaters mitfährt und sich rundum von ihm beschützt fühlt...


    Dieser direkte Bezug zum Titel hat mir sehr gut gefallen. Bei anderen deutschen Titeln von ihm frage ich mich nämlich, warum es ausgerechnet dieser Titel sein musste :rollen:


    Interessant, daß du so ganz andere Eindrücke als wesentlich erachtest als ich...


    In dieser Beziehung bin ich ähnlich, ich muss nicht immer und überall erreichbar sein und meine Familie stört es genauso :zwinker:


    ... so, und jetzt schnell weiterlesen... ich hatte bis jetzt noch gar keine Zeit dazu :sauer:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo!


    Hab' ein bisschen weitergelesen...


    Gefurchte Wege
    Ich kann verstehen, warum sich Maarten auf dem Friedhof so wohl fühlt. Alles ist so ordentlich und sauber und in den ersten beiden Kapiteln habe ich den Eindruck gewonnen, dass das genau das ist, was er braucht. Deshalb fühlt er sich durch den alten Vogelfänger gestört, der so dreist auf dem Friedhof seiner Arbeit nachgeht wo doch der Vater kaum ein paar Tage weg ist. So wie sich der alte Mann verhält dachte ich eher, dass er vielleicht dem Vater bekannt ist. Auf der anderen Seite kann ich mir nur schwer vorstellen, dass der alte Herr so etwas Illegales dulden würde.


    Über das Telefongespräch mußte ich auch schmunzeln und habe mich sofort an ein paar Gespräche erinnert, bei denen ich so im Kreis geleitet wurde. Leider verfehlt diese Hinhaltetaktik bei Maarten ihre Wirkung und er begreift recht schnell die Dinge, die ihm nicht gesagt wurden.


    Die dunklen Abende
    Ich verstehe den Arzt nicht, der die direkte Aussprache mit dem Patienten vermeidet und statt dessen die Last an den Sohn weitergibt. Natürlich wußte Maarten schon vorher, dass etwas nicht stimmt aber jetzt derjenige sein zu müssen der die schlechte Nachricht überbringt ist zu schwer für einen Angehörigen. Ich weiß dass ich so etwas nicht kann und wollte auch selbst die Nachricht von meinem Arzt hören. Ich denke, dass ich erst mal selbst damit fertig werden wollte bevor ich es meinen Lieben sage.


    Im Lauf dieses Kapitels erfährt man auch einiges über den alten Mann und Maartens Verhältnis zu ihm. Besonders sympatisch waren mir die Eltern von Anfang an nicht, aber was Maarten hier erzählt macht ihn mir wirklich unsympatisch. Ich kann der Aussage, dass man das am meisten liebt was man fürchtet, auch nichts abgewinnen.


    Hier werden die Leichenbitter auch zum ersten Mal erwähnt. Ohne die Übersetzung des Titels wären sie mir wahrscheinlich nicht aufgefallen....


    Ein Zitat aus diesem Kaitel finde ich sehr schön:
    "Ja, dachte ich, es ist, als würde ich mit jedem heraufkommenden Jahr mehr vom Frühling entdecken und als hätte ich jedes Jahr wieder ein wenig von dem vergessen, wie es im Jahr davor gewesen war, als könnte ich mich nur daran erinnern, während ich es erlebe."


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo!


    Im Haus für die Totenbahren
    Dieses Kapitel beschreibt bis jetzt am deutlichsten das Verhältnis von Maarten und seinem Vater. Der Vater sieht auf den Sohn herunter, weil dieser ein Wissenschaftler ist während er schon immer mit seinen eigenen Händen sein Geld verdient hat. Er kann auch nicht verstehen, warum der Sohn nur in Cordhosen und Pullover wie ein gewöhnlicher Arbeitet herumläuft. Für die meisten Dinge, die seinen Sohn betreffen hat Pau nur abwertende Bemerkungen übirg. Das ist mir auch schon in den vorangegangenden Kapiteln aufgefallen.
    Für die "Verweichlichung" Maartens gibt sich der alte Mann die Schuld, weil er ihm als Kind "den ganzen Mumm aus den Knochen geschlagen hat". Er bricht nach diesem Geständnis sogar in Tränen aus, aber die sind keine Tränen der Reue sondern des Selbstmitleids. Hier kann man nur ahnen, wie Maarten sich gefühlt haben muss. Er scheint seinen Vater wirklich zu lieben, kann ihn aber nie zufrieden stellen und erntet nur Verachtung für was er tut und was er ist.


    Der Zwischenfall und der Traum
    Der Druck auf Maarten wird immer größer. In seinem Fall macht es sich durch starke Abneigung, fast schon Hass, auf alte Menschen deutlich. Kommt diese Abneigung daher weil er weiß, dass er seinen Vater nie im hohen Alter erleben wird oder weil er weiss, dass sein Vater auch bald gebrechlich sein wird, obwohl er doch viel jünger ist.
    Der Traum, den Maarten erwähnt hat mich sehr beschäftigt. Es kommt mir so vor, als ob es in der Vergangenheit ein dunkles Geheimnis gibt ohne das man das Verhältnis der beiden Männer nicht wirklich verstehen kann aber ich kann mir nicht vorstellen, was es sein kann.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo!


    Katja: bist Du noch da :hallo:


    Das himmlische Magazin
    Mit diesem Titel konnte ich überhaupt nichts anfangen und habe mir auch etwas komplett anderes darunter vorgestellt. In diesem Kapitel ist mir wieder die besondere Art der Dialoge in Maarten 't Harts Büchern aufgefallen: ein Mann will Selbstmord begehen. Er bespricht mit dem Totengräber den besten Zeitpunkt dafür und lässt sich sogar ein paar Tage abringen, weil gerade der Boden so sehr gefroren ist und Pau deswegen kein Grab ausheben könnte. Der Dialog ist sehr sachlich und ohne das kleinste bisschen Ironie geführt. Letztendlich macht der Mann sogar das, was Pau ihm sagt: er hängt sich auf sobald der Boden nicht mehr gefroren ist. Das ist jetzt aber Pau nicht recht "er hätte sich ja auch vergiften können". Warum ihn das stört ist mir nicht ganz klar, denn schließlich hat ihm der verspätete Selbstmord einiges an Arbeit erspart. Vielleicht hat macht ihm das genaue Befolgen seines Rats auch Sorgen.
    Die Episode mit der Schleifmaschine finde ich auch interessant. Pau schleift lieber alle Grabsteine zu anonymen Klötzen ab als sich die Mühe zu machen, die Schrift neu nachzumalen. Die Gefühle der Anghörigen sind ihm nicht so wichtig wie die Arbeitsersparnis, die er hat.
    Maarten 't Hart erzählt diese ganzen Episoden zwar sehr genau, aber er sagt nie, was er vom Verhalten seines Vaters hält. Die einzigen Kommentare dazu kommen von anderen Menschen.


    Der Hubschrauber
    Im Urlaub findet Maarten endlich die Kraft, das Schicksal seines Vaters anzunehmen. Eine große Last fällt von ihm ab und er beginnt die Dinge wieder positiver zu sehen. Doch dann wird ein ertrunkener Junge aus dem Fluß geborgen. Maarten und seine Frau haben die Fußspuren des jungen ein paar Tage früher im Schnee gesehen und sich gewundert, warum sie so plötzlich abbrachen. Gerade als sie eine harmlose Erklärung dafür finden wird der Junge aus dem Bach geborgen. Was Maarten dabei fühlt erfährt der Leser nicht, denn auch dieses Kapitel wird ohne weiteren Kommentar erzählt.


    Die Räumung
    Der Vorfall ruft alte Erinnerungen in Maarten wach. Er erinnert sich an die erste Grabräumung, zu der er mitgehen durfte. Er musste seinen Vater erst dazu überreden weil der ihn zu jung dafür hielt. Trotzdem konfrontiert er ihn am offenen Grab auf eine so makabere Weise mit dem Tod, die man nicht mal einem Erwachsenen zumuten sollte.
    In diesem Kapitel werden die manchmal seltsamen Moralvorstellungen des Vaters nochmal erwähnt. Er schimpft den Blumenhändler, der die Blumengestecke von den Gräbern holt und wiederverwendet einen Betrüger, denkt aber selbst darüber nach den Grabstein vom geräumten Grab nochmal zu verwenden. Auf solche Ungereimtheiten bin ich immer wieder gestossen und sie machen mir den Mann nicht sympatischer.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo Kirsten!



    Katja: bist Du noch da :hallo:


    jaha, hier bin ich :winken:


    Ich habe in den letzten Tagen nicht so die Konzentration gehabt, und mich auch noch gedanklich etwas beim bisher Gelesenen aufgehalten, und daher gestern abend nur ein weiteres Kapitel gelesen.


    Im Haus für die Totenbahren
    Hier habe ich mich zuerst einmal damit aufgehalten, Maartens Radtour von Leiden nach Maassluis auf der Landkarte (die ich meistens zur Hand habe, wenn ich Bücher von ´t Hart lese, weil er oft irgendwelche Wege beschreibt) zu verfolgen. Das ist übrigens eine ganz ordentliche Strecke mit dem Rad.
    Dann die Begegnung auf dem Friedhof mit dem alten Mann, der ihm das Grab seiner Familie zeigt und sich auf seinen Tod freut. Wieder geht es um den Tod, aber unter einem ganz anderen Gesichtspunkt. Der alte Mann erwähnt Lukas 2, 29-31 ("...denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen...") und ich erinnerte mich, daß ich zu genau dem Thema vor einigen Wochen eine passende Bachkantate gehört habe (BWV 82 "Ich habe genung") und dabei schon einmal über das Thema: Kann man sich auf seinen Tod freuen? oder: Wann kann man in Frieden sterben? nachgedacht habe. Hier habe ich noch einmal zurückgeblättert zum vorigen Kapitel Die dunklen Abende, in dem ´t Hart schreibt, Bach sei ihm nicht hilfreich gewesen bei der Bewältigung der Todesgewißheit seines Vaters, und niemand könne sich auf seinen Tod freuen... Die Frage um die es hier geht, ist wohl: wann ist der Moment, und was muß man erlebt haben, um das Leben in Frieden und ohne Bedauern lassen zu können. Bei Maartens Vater ist es offenbar noch nicht soweit (jedenfalls für den Sohn).
    Am Ende des Kapitels erfahren wir noch etwas über die Beziehung zwischen Maarten und seinem Vater, die ziemlich offen miteinander reden (vielleicht ahnt der Vater doch etwas von seinem Zustand?) Dem Vater sind die Mißhandlungen seines Sohnes im Kindesalter durchaus bewußt und er bedauert es, während Maarten die Folgen herunterspielt (wohl um seinen Vater zu schonen, oder will er sie wirklich nicht wahrhaben??)


    Ich hoffe, daß ich heute abend etwas mehr Muße zum Lesen finde.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Hallo!



    Am Ende des Kapitels erfahren wir noch etwas über die Beziehung zwischen Maarten und seinem Vater, die ziemlich offen miteinander reden (vielleicht ahnt der Vater doch etwas von seinem Zustand?) Dem Vater sind die Mißhandlungen seines Sohnes im Kindesalter durchaus bewußt und er bedauert es, während Maarten die Folgen herunterspielt (wohl um seinen Vater zu schonen, oder will er sie wirklich nicht wahrhaben??)


    Ich denke, wenn Maarten sich der Mißhandlungen voll bewußt wäre könnte er seinen Vater nicht so lieben, wie er es offensichtlich tut. Bis jetzt haben wir viele kleine Geschichten aus seiner Kindheit gehört und keine davon hat bei mir den Eindruck erweckt, dass sie glücklich war. Trotzdem liebt Maarten seinen Vater aus vollem Herzen und nicht nur, weil man seine Eltern lieben sollte.


    Der Vater ahnt bestimmt dass es um ihn schlimmer steht als ihm gesagt wird. Ihm geht es zwar sehr gut, aber er traut dem Frieden nicht. Deshalb erwähnt er meiner Meinung nach auch immer seinen Zustand weil er hofft, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, die er nicht zu stellen wagt.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Der Zwischenfall und der Traum
    Hier beschreibt Maarten seine aggressiven Gefühle gegenüber alten Männern, die er plötzlich überall um sich her entdeckt (bemerkenswerterweise sieht er keine alten Frauen), und die er beginnt zu hassen, weil sein eigener Vater niemals so alt sein wird. Ein weiterer Grund für diese starke Aggression ist möglicherweise die Wut, die er eigentlich auf seinen Vater hat, weil der ihn beleidigt und einen Weichling genannt hat, und die er auf die alten Männer projiziert. Bis er zum Glück zur Besinnung kommt, als er einen alten Herrn mit dem Fahrrad über den Haufen fährt.
    Der Traum an sich, den er beschreibt, ist meiner Meinung nach eigentlich gar nicht schlimm, aber Maarten empfindet ihn als sehr schrecklich. Ich kenne das aber von mir auch, daß ich Dinge träume, die eigentlich gar nicht schrecklich sind, trotzdem habe ich dabei ganz starke negative Empfindungen wie Angst, Wut etc. Dann sind das Gefühle, die ein Ventil suchen, weil ich sie an der Stelle, wo sie hingehören, verbergen muß. Außerdem drückt der Traum meiner Meinung nach Maartens Trauer darüber aus, daß es zwischen ihm und seinem Vater trotz Kindesliebe einen Abstand gibt, der unüberwindbar bleibt, selbst im Angesicht des Todes.


    Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Ich denke, wenn Maarten sich der Mißhandlungen voll bewußt wäre könnte er seinen Vater nicht so lieben, wie er es offensichtlich tut. Bis jetzt haben wir viele kleine Geschichten aus seiner Kindheit gehört und keine davon hat bei mir den Eindruck erweckt, dass sie glücklich war. Trotzdem liebt Maarten seinen Vater aus vollem Herzen und nicht nur, weil man seine Eltern lieben sollte.


    Doch, ich meine schon, daß er sich der Mißhandlungen bewußt ist (er beschreibt sie ja detailgenau), und trotzdem seinen Vater sehr lieben kann. Kinder können ihren Eltern viel verzeihen, verdrängen vieles, und lieben sie trotzdem noch, einfach so und nicht weil "man sollte". Außerdem hat der Vater zwei Gesichter, und eines davon ist sehr liebenswert.
    Aber dennoch ist es auch für einen Erwachsenen schwer, sich die Folgen solcher Mißhandlungen einzugestehen und richtig zuzuordnen und dann noch produktiv damit umzugehen. Viele Leute schaffen das nicht.



    Der Vater ahnt bestimmt dass es um ihn schlimmer steht als ihm gesagt wird. Ihm geht es zwar sehr gut, aber er traut dem Frieden nicht. Deshalb erwähnt er meiner Meinung nach auch immer seinen Zustand weil er hofft, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, die er nicht zu stellen wagt.


    Ja, das sehe ich auch so.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo!


    ...(bemerkenswerterweise sieht er keine alten Frauen), und die er beginnt zu hassen, weil sein eigener Vater niemals so alt sein wird.


    Das ist mir auch aufgefallen. Die einzige alte Frau die er erwähnt ist die Verlobte seines Nachbarns. Die Erzählung ist ohnehin sehr männerlastig, auch seine Frau und seine Mutter werden oft nur nebenbei erwähnt. Aber schließlich handelt das Buch ja auch von seinem Vater :zwinker:


    Die Flucht vor dem dritten Oktober
    Endlich fasst Maarten sich ein Herz und will seinem Vater die Wahrheit sagen. Vorher will er noch das Laub auf dem Friedhof zusammenrechen. Das kann ich gut verstehen, vor unangenehmen Dingen versuche ich auch meine Nerven zu beruhigen. Leider kommt es nie zu dem Gespräch und später findet er den Mut nicht mehr. Dafür führen Vater und Sohn ein anderes, wichtiges Gespräch: der Vater erzählt aus seiner Kindheit und wie er selbst von seinem Vater schlecht behandelt wurde. Aus seinem guten Vorsatz zu seinen Kindern anders zu sein ist nichts geworden. Ich kann mir nur vorstellen wie schwer es ist nicht dieselben Fehler zu machen wie man sie jahrlang vorgelebt bekommt. Aus Paus kann ich keine Liebe zum Vater heraushören.


    Hennoch
    Ein typisches Kapitel von Maarten 't Hart, den mit dem Zwischenfall mit den Pferden beginnt er das Kapitel mit etwas, das nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Der kleine Maarten darf das erste Mal den weiten Weg zu seinem Vater in den Garten laufen. Auf dem Weg denkt er über Gott nach und was passiert, wenn er sterben muss und Gott ihn zu sich ruft. Dabei kommt er auf einen Gedanken wie ihn nur ein Kind haben kann, denn er ist einem Mann auf einem Fahrrad begegnet, der ihn ein Stück mitnehmen wollte. War das etwa Gott, der ihn zu sich rufen wollte? Als ich das gelesen hatte musste ich erst mal schmunzeln. Irgendwie erinnert mich dieser Gedanke an das Lied "What if god was one of us".


    Der Monitor
    Der Vater hat einen Herzanfall und kommt ins Krankenhaus. Für Maarten ist das die bessere Lösung als ein langes Dahinsiechen. Er bleibt die Nacht über bei Pau und ist bei ihm als er stirbt. Als er mit der Mutter das Krankenhaus verläßt kommt ihnen eine hochschwangere Frau auf dem Weg zur Entbindung entgegen, die seine Mutter nicht einmal bemerkt. Diese kleine Bemerkung am Ende des Kapitels zeigt für mich deutlich die Leere, die Maarten empfindet.


    Gott fährt Fahrrad hat mich zum Nachdenken gebracht, hauptsächlich über mein Verhältnis zu meinen Eltern. Jeder von uns hat Dinge, die er schon immer sagen wollte und für die nie der richtige Zeitpunkt schien. Das Buch hat nur zu deutlich gezeigt, dass man diese Dinge besser gleich sagen sollte denn egal wie sehr man darüber nachdenkt, der wirklich richtige Zeitpunkt kommt nie.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo Kirsten,
    leider bin ich nicht ganz so schnell wie du... :redface:


    Das himmlische Magazin
    Ja, der Titel war mir auch zuerst rätselhaft. Eine ziemlich gewagte Interpretation eines Aspekts der Auferstehungsgeschichte, die uns weiteren Aufschluß über Paus Auffassung von Religion gibt.
    In diesem Kapitel begegnet der Tod uns wieder in einer neuen Variante: als Todeswunsch eines Selbstmörders, von dem Pau seiner Familie erzählt. Der Mann kommt auf den Friedhof und fragt, wo er nach seinem Tod denn zu liegen käme.


    Der Dialog ist sehr sachlich und ohne das kleinste bisschen Ironie geführt.


    Stimmt, und ich meine, das ist Paus Methode, ihn von seinem Selbstmord abzubringen, obwohl er das nicht direkt ausspricht. Deswegen geht er auf ihn ein und bleibt so sachlich, denn ein "Tu es nicht" würde das Gespräch mit dem Selbstmörder sofort beenden. Immerhin verschafft Pau ihm Bedenkzeit durch seinen Hinweis auf die Schwierigkeit mit dem gefrorenen Boden, und da der Winter sehr hart und lang ist, werden sogar mehrere Monate Aufschub daraus. Leider gibt der Selbstmörder am Ende seine Absicht dann doch nicht auf.


    Die Episode mit der Schleifmaschine finde ich auch interessant. Pau schleift lieber alle Grabsteine zu anonymen Klötzen ab als sich die Mühe zu machen, die Schrift neu nachzumalen. Die Gefühle der Anghörigen sind ihm nicht so wichtig wie die Arbeitsersparnis, die er hat.


    Das würde ich nicht ganz so sehen. Er tut das ja nur bei den Hinterbliebenen, die sich zuvor bei seinem Vorgesetzten über seine Arbeit beschwert haben (die sozusagen am Grab stehen und nicht ihrer Verstorbenen gedenken, sondern sich darüber ärgern, daß der Grabstein nicht ganz sauber ist, sondern z.B. Vogelkacke drauf ist oder die Buchstaben nicht ordentlich genug sind).


    Der Hubschrauber
    In diesem Kapitel begegnet uns die nächste Todesvariante: Unfalltod durch Ertrinken. Also auch am Urlaubsort wird Maarten wieder mit dem Tod konfrontiert, er kann nicht vor dem Thema weglaufen.


    Die Räumung
    Nächste Variante der Beschäftigung mit dem Tod in diesem Kapitel: wir erfahren, wie Maarten als Kind bei einer Grabräumung dabei sein durfte (also ein lange zurückliegender Tod) und von seinem Entsetzen, als er sich dabei seiner eigenen Sterblichkeit bewußt wird. Und wir lesen von einem Mann, der auf den Friedhof kommt, um Pau zuzurufen: "Mich kriegst du noch lange nicht!" - also ein erst in fernerer Zukunft bevorstehender Tod.



    Die Erzählung ist ohnehin sehr männerlastig,


    Ist dir auch aufgefallen, daß sämtliche Toten, von denen erzählt wird (Sterbenwollender, Ertrunkener, Selbstmörder, Ausgegrabener,...) männlich sind?


    auch seine Frau und seine Mutter werden oft nur nebenbei erwähnt. Aber schließlich handelt das Buch ja auch von seinem Vater :zwinker:


    und von ihm selbst!


    Ich denke, daß ich heute das Buch zuende lesen werde.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Ist dir auch aufgefallen, daß sämtliche Toten, von denen erzählt wird (Sterbenwollender, Ertrunkener, Selbstmörder, Ausgegrabener,...) männlich sind?


    Jetzt wo Du es sagst... vorher ist mir das nicht wirklich bewußt geworden.



    Ich denke, daß ich heute das Buch zuende lesen werde.


    Wenn Du nochmal Lust hast, ein Buch von Maarten 't Hart in Gesellschaft zu lesen wäre ich dabei. Diese Mikro-Leserunde hat mir großenh Spaß gemacht :klatschen:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die Flucht vor dem dritten Oktober
    Im Urlaub hat Maarten sich mit dem bevorstehenden Tod seines Vaters abgefunden. Er will seinen Vater besuchen, um auf dem Friedhof Laub zusammenzuharken (ich habe mich beim Lesen etwas gewundert, daß am dritten Oktober schon so viel Laub unten liegen soll) und bei der Gelegenheit will er Klartext mit seinem Vater sprechen. Dazu kommt es durch verschiedene Störungen aber nicht, und als der Vater ihn sogar ganz direkt darauf anspricht und fragt, ob Maarten mehr über seinen Gesundheitszustand weiß als er selber, antwortet Maarten ausweichend. Allerdings fragt Pau auch auf eine Weise, die eine wahrheitsgemäße Antwort kaum möglich macht.
    Am Endes des Kapitels erfahren wir auch noch etwas darüber, wie Pau als Kind von seinem eigenen Vater behandelt wurde. Das erklärt, warum er wiederum Maarten als Kind mißhandelt hat. Zwar hat Pau sich vorgenommen, seine eigenen Kinder besser zu behandeln. Aber heutzutage wissen wohl die meisten Eltern, wie schwer es ist, solche Mechanismen zu durchbrechen und es wirklich besser zu machen. Daß Pau es wenigstens versucht hat, und nicht auf dem Standpunkt stehen geblieben ist "Prügel dienen der Erziehung und haben mir früher auch nicht geschadet" verdient Achtung, trotz aller Ecken und Kanten, die er sonst so hat.


    Henoch
    Dies ist für mich das schönste Kapitel des Buches. Hier schildert Maarten eine sehr schöne und klare Kindheitserinnerung: wie er als kleiner Junge erstmals alleine in den Garten zu seinem Vater laufen durfte. Auf dem Weg dorthin denkt er, angeregt durch die Beerdigung des Nachbarn, und durch die Begegnung mit einem Mann, der ihn auf dem Fahrrad ein Stück mitnehmen will, über Gott nach. Dabei kommt der Gedanke auf, ob dieser Radfahrer vielleicht Gott war, der ihn zu sich nehmen wollte (deutscher Buchtitel!), ein gar nicht so abwegiger Gedanke, wie ich finde. Überhaupt macht Maarten sich sehr reife Gedanken über Gott. Über sein Alter wird nichts gesagt, aber er muß etwa 4-5 Jahre alt gewesen sein, denn er kann zwar den Weg alleine laufen, ist aber noch klein genug, um bei seinem Vater auf dem Fahrrad vorn auf der Stange mitzufahren. Außerdem ist das genau das Alter, in dem Kinder sich sehr viele Gedanken über Gott, den Tod usw. machen. Maarten hat eine für ein Kind schon ziemlich tiefgehende Bibelkenntnis, aber seine Eltern scheinen offenbar nicht mit ihm über diese Dinge gesprochen zu haben. (Ich finde es ziemlich wichtig, solche Themen kindgerecht mit Kindern zu bereden.)


    Der Monitor
    Maarten wird zu seinem Vater gerufen, der einen Herzanfall hatte und im Krankenhaus liegt. Sein tröstlicher Gedanke ist, daß seinem Vater das langsame Dahinsiechen erspart wird, wenn er jetzt an einem Herzanfall stirbt. Maarten bleibt über Nacht bei ihm im Krankenhaus, bis zu seinem Tod.
    Die Schwester, die darauf besteht, daß er seinen Vater in Ruhe läßt, obwohl dieser ihn gern bei sich haben möchte, und ihn praktisch aus dem Zimmer schickt, habe ich nicht verstanden.
    Auch in diesem Kapitel spürt man deutlich den Abstand, der zwischen Vater und Sohn besteht. Auch der Schluß (seine Mutter sieht die lachende Schwangere nicht, er hingegen schon) bestätigt das. Trotzdem sagt er im ersten Kapitel (ein Jahr nach dem Tod seines Vaters, wenn ich das richtig deute), er könne sich noch immer nicht daran gewöhnen, daß sein Vater tot ist.



    Kurze Zusammenfassung folgt.


    Grüße,
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Wenn Du nochmal Lust hast, ein Buch von Maarten 't Hart in Gesellschaft zu lesen wäre ich dabei. Diese Mikro-Leserunde hat mir großen Spaß gemacht :klatschen:


    Sehr gerne! :smile: :smile:


    Allerdings habe ich viele seiner Bücher schon gelesen. Doch manche verdienen gut und gerne eine Zweitlektüre.


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo,


    hier kommt die versprochene Kurzrezension.


    Maarten ´t Hart
    "Gott fährt Fahrrad"
    oder "Die wunderliche Welt meines Vaters"


    "Gott fährt Fahrrad" ist ein Buch, das man langsam und genau lesen sollte, und das man sicher auch ein zweites oder drittes Mal zur Hand nehmen kann. Es geht hier darum, wie Maarten ´t Hart mit dem (drohenden) Tod seines Vaters Pau fertig wird. Der Tod eines nahen Angehörigen führt, neben dem aktuellen Verlust, jedem von uns die Gewißheit vor Augen, daß auch man selbst eines Tages sterben wird. Außerdem geht es um das Verhältnis zwischen Maarten und seinem Vater, das trotz großer Liebe sehr distanziert ist. Wegen des Berufes des Vaters (Totengräber) ist der Tod in allen seinen technischen Aspekten in den Gesprächen und im Alltag der Familie ´t Hart stets gegenwärtig, und in beinahe jedem Kapitel ist die Rede von verstorbenen Personen, die auf die unterschiedlichste Art zu Tode gekommen sind. Obwohl der Tod ein ernstes Thema ist, muß man beim Lesen der kuriosen Details mancher Geschehnisse und vor allem der trockenen Kommentare und Sichtweisen Paus (dessen Welt wirklich wunderlich ist) des öfteren schmunzeln.
    Trotz dieser Allgegenwart des Todes ist es für Maarten unmöglich, mit seinem Vater über dessen eigenen bevorstehenden Tod zu sprechen, und damit den Abstand zu seinem Vater zu überwinden.
    Am Ende kommt es dann zwar anders als erwartet - aber die Auseinandersetzung damit war trotzdem nicht sinnlos.


    Jeder von uns hat Dinge, die er schon immer sagen wollte und für die nie der richtige Zeitpunkt schien. Das Buch hat nur zu deutlich gezeigt, dass man diese Dinge besser gleich sagen sollte denn egal wie sehr man darüber nachdenkt, der wirklich richtige Zeitpunkt kommt nie.


    Ja, das sehe ich auch so, aber genauso sollte man auch akzeptieren lernen, daß es Dinge gibt, die für immer unausgesprochen bleiben.


    Ich vermute, daß ich hiermit eins der Lesehighlights des Jahres gelesen habe.


    5ratten :tipp:


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Ich habe das Buch vor einigen Tagen zu Ende gelesen und es hat mich sehr bewegt. Die Kapitel sind alle sehr unterschiedlich, erzählen entweder, wie Maarten in der Gegenwart mit dem drohenden Tod seines Vaters umgeht, oder sind Erinnerungen aus der Kindheit, besondere Erlebnisse mit dem Vater usw. Manche Geschichten machen traurig und nachdenklich, andere auch lustig.
    Alles in allem ist es aber ein Buch, das den Leser zum Nachdenken bringt. Darüber, wie man mit dem drohenden, bevorstehenden Tod eines geliebten Menschen umgeht, über den Tod im allgemeinen und über die unabdingbare Liebe eines Kindes zu seinen Eltern.
    Es ist ein sehr schönes Buch, bei dem man das Gefühl hat, dass Maarten 't Hart einem sehr persönliche Episoden aus seinem Leben erzählt. Ich würde es auf jeden Fall weiteremfehlen, es wird auch für mich eines der Lesehighlights des Jahres sein!


    5ratten

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Ich habe das Buch gestern fertig gelesen und fand es irgendwo zwischen beeindruckend und verstörend.


    Der Ich-Erzähler erinnert sich an die letzten Lebensmonate seines Vaters. Er weiß, dass dieser todkrank ist und muss dies für sich behalten. Mit dieser Last umzugehen fällt ihm unendlich schwer, gleichzeitig erlaube es ihm diese Situation, sich auf den Tod des Vaters vorzubereiten und sich an Episoden mit seinem Vater zu erinnern.Das Verhältnis der beiden war nie einfach, beide können einerseits mit Nähe schwer umgehen, andererseits ist doch eine enge Verbundenheit zu spüren.


    auch wenn sich für mich glücklicherweise diese Situation nicht akut stellt, macht einem das Buch nachdenklich. Was wurde mit den Eltern (noch) nicht besprochen, wie viel Zeit bleibt einem noch, wie möchte man irgendwann auseinandergehen?


    Ein sehr bewegendes Buch, Lektüre unbedingt empfohlen!
    5ratten