Calderón de la Barca - Das Leben ist ein Traum

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  • [size=12]Das Leben ist ein Traum
    von Calderón de la Barca


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    Zunächst zum Inhalt:


    Der polnische Kronprinz Sigismund kommt unter schlimmen Vorhersagungen zur Welt. Seinen Eltern wird geweissagt, daß ihr Sohn ein schrecklicher Tyrann wird, seine Mutter stirbt schon bei der Geburt. Um diesem vorgegebenen Schicksal zu entkommen, entschließt sich sein Vater den Jungen offiziell für tot zu erklären und läßt ihn in einem Turm im Wald einsperren, bewacht und aufgezogen von einem adligen Wärter. Er lebt abgesehen von dem Wärter völlig allein und ohne soziale Kontakte, ihm wird ein wenig Bildung zuteil, er erfährt aber nicht wer er ist und warum er in diesem Turm eingeschlossen ist.


    Als der Junge zu einem Mann herangewachsen ist, plagen den Vater doch vermehrt Gewissensbisse


    <i>"Ferner bleibt zu überlegen,
    Daß es höchst unchristlich scheint,
    Wenn ich meinem eigenen Blute
    Jenes Lebensrecht verweigre,
    Das ihm Gott und Menschen sichern; " </i>


    und er läßt seinen Sohn frei, läßt ihm sagen wer er ist und führt ihn an die Macht. Dies ist von vorneherein als Prüfung gedacht, wenn sich der Sohn als "gut" erweisen sollte kann er frei bleiben, sollte sich die Weissagung erfüllen wird er wieder ins Verlies gesperrt und um ihm das erträglich zu machen sollte ihm gesagt werden, er hätte all das nur geträumt und er hätte den Turm nie verlassen .....



    In einem zweiten darin verwobenen Handlungstrang wir die Geschichte Rosauras erzählt, deren Liebhaber sie sozusagen entehrt verlassen hat und der nun eine andere heiraten will. Rosaura will um ihre Ehre kämpfen und ist deshalb auf dem Weg nach Polen. Auf diesem Weg entdeckt sie zusammen mit ihrem Reisegefährten Clarin den Prinzen im Turm. An dieser Stelle beginnt die Geschichte, die in Versform und als Theaterstück mit Rollenverteilung geschrieben ist. Verbindendes Element der beiden Handlungsteile ist unter anderem Clotald, der Wärter von Sigismund, der gleichzeitig in enger Beziehung zur Geschichte Rosauras steht.


    Das Theaterstück entstand 1634/35.



    Meine Meinung:


    Die Geschichte dreht sich um die Fragen "Was ist Traum, was ist Wirklichkeit, ist der Unterschied überhaupt vorhanden?" und "Gibt es ein vorherbestimmtes Schicksal, wird ein Mensch geformt, wie entsteht ein Charakter", "Nach welchen Idealen soll man streben?" und letztlich und umfassend "Was ist Leben?" .

    Der Handlung ist leicht zu folgen, der Text trotz Versform sehr gut verständlich und leicht zu lesen. Über die Geschichte nachdenken kann man dafür umso länger und es finden sich mehr Aspekte als man im allerersten Moment vielleicht denkt, jeder wird sich sicherlich ein eigenes Bild darüber machen.


    Ich bin über das Zitat


    "Denn ein Traum ist alles Sein,
    und die Träume selbst sind Traum."


    auf dieses Buch aufmerksam geworden und wollte die Geschichte dazu lesen.


    Der Autor gibt (natürlich) keine endgültigen Antworten auf die Fragen die er stellt, aber es regt zum Nachdenken an und enthält die ein oder andere überraschende Finesse und Wendung in der Geschiche, die auch teilweise recht humorvoll ist. Trotz dieser Wendungen wirkt das Ganze von Anfang an als ob die Charaktere anfangs alle in irgendeinerweise fehlgeleitet sind und am Ende in die einzig richtige Lebenssituation gebracht werden (und hier findet auch eine Bewertung statt, was den richtig und gut und falsch und verurteilenswert ist) , was dann – auf andere Art wie anfangs gedacht – wohl doch wieder „Schicksal“ sein könnte. Allein über die Frage ob, wie und warum sich die Weissagungen bei Sigismunds Geburt erfüllt haben kann man schon geraume Zeit nachdenken, ebenso über die Vergänglichkeit des menschlichen Daseins auf Erden, den diese Vergänglichkeit zu erkennen und trotzdem das "Gute" zu wählen ist u.a. das was Sigismund im Laufe seiner Geschichte lernt :
    <i>
    "Wahr ist es; es gilt zu zäumen
    Meines Mutes jähes Beben,
    meiner Ehrsucht wildes Streben,
    Wenn wir wieder einmal träumen;
    Und dies werden wir; wir leben
    In so fremden Lebensräumen,
    Wo das Leben Traum nur heißt.
    Was mir selbst geschah, beweist,
    Daß wir unser Sein nur träumen,
    Bis man uns dem Schlaf entreißt.
    König sei er , träumt der König,
    Und, befangen in dem Wahn,
    Herrscht er stolz und ordnet an
    ...
    Und ihm Tod vergeht er doch,
    Wird der Asche gleich gemacht
    .... " </i>


    und an anderer Stelle :


    <i>
    "Daß ich träume und begehre,
    Recht zu handeln; nicht verliert sich,
    Was man Gutes tut in Träumen." </i>



    Ich kann dieses Theaterstück wirklich empfehlen, es lohnt sich auf jeden Fall es zu lesen. In diesen doch sehr überschaubaren 93 Seiten steckt eine Menge an Gedanken und Philosophie. Auch das Nachwort in der Reclam-Ausgabe ist sehr lesenswert, allerdings ist es auch die einzige momentan erhältliche Ausgabe des Stückes die ich gefunden habe.



    Viele Grüße


    Yvaine :)

    Einmal editiert, zuletzt von Yvaine ()

  • Ich kann mich Yvaines schöner Rezi eigentlich in allen Punkten anschließen. Gerade habe ich das Theaterstück zu Ende gelesen und bin begeistert davon. Es wirft viele interessante Fragen auf und liefert auch Denkansätze dazu, die Lösungen man allerdings für sich selbst finden, plumpe Lebensweisheiten gibt es hier zum Glück nicht.
    Sprachlich ist das Stück auch wunderbar, ich lese gerne Texte in Versform und es ist auch wirklich nicht übermäßig kompliziert.
    :tipp:

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Eine schöne Rezension, und da mich die Themen sehr interessieren, habe ich meine heute rausgehende Bestellung um den Titel erweitert.
    Grüße, mohan