Sergio Pitol – Defilee der Liebe

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt: Der Historiker Miguel kehrt nach einem Auslandsaufenthalt nach Mexiko zurück. Er hat ein Buch über das für Mexiko wichtige Jahr 1914 geschrieben und ist nun auf der Suche nach einem neuen Projekt. Durch Zufall stößt er auf Akten und damit Ereignisse des Jahres 1942: eine Schießerei, bei der ein junger Österreicher, der Stiefsohn von Miguels Onkel, ums Leben kam – vor dem Haus, in dem auch Miguel damals selbst als Zehnjähriger bei Onkel und Tante wohnte. Miguel will die Hintergründe entwirren und unterhält sich mit allen noch lebenden Beteiligten, vor allem den Hausmitbewohnern, der damaligen Ereignisse. Alle widersprechen dem offiziellen Untersuchungsbericht von damals und sie widersprechen sich auch untereinander. Geht es um rivalisierende politische Gruppen? Ein dummer Zufall? Eine Verwechslung? Kriminelle Machenschaften? Ob Miguels mikro-historischer Ansatz überhaupt zum Erfolg führen kann, wird zunehmend fraglich. Sicher zu sein scheint nur, daß ein gewisser Martínez eine zentrale Rolle spielte ...



    Meine Meinung: Nach der einleitenden Präsentation des Szenarios läßt Pitol Miguel in jedem Kapitel mit einem anderen Beteiligten (dabei mit manchen auch mehrfach) reden. Jeder versucht, seine Sicht der Dinge, gefiltert, verändert, verzerrt durch den zeitlichen Abstand von rund 30 Jahren, an den Mann zu bringen. Genauso verwirrt wie Miguel aus diesen Gesprächen hervorkommt, ist es auch der Leser, letzterer vielleicht sogar noch mehr, weil er natürlich bei weitem nicht so viel über die Personen und Zusammenhänge weiß wie der Miguel. Ich zumindest habe annähernd die Hälfte des Buch benötigt, um endlich die Namen, Personen und Familienbeziehungen auseinanderhalten zu können.


    Trotzdem hatte das Arrangement einen gewissen Reiz, Pitol konstruiert dieses Verwirrspiel ausgesprochen bühnenähnlich, bis ins Handeln der Personen hinein, die sich in Rollen präsentieren. Das letzte Kapitel, auch wenn es als „Das Ende“ betitelt war, war für mich aber kein richtiges und läßt mich etwas unzufrieden zurück, weil es mir weder den Kernsachverhalt erklärt (damit kann ich als Historiker leben, aber als Romanleser schätze ich es nicht :zwinker: ) noch das Drumherum. Vielleicht ist das für jemanden mit besserer Kenntnis über das Mexiko Anfang der 1940er Jahre mit größerem Gewinn zu lesen, bei mir löste es eher Fragezeichen aus. So bleibt im wesentlichen ein über Strecken amüsant zu lesendes Buch mit völlig abgedrehten Figuren.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen