Connie Willis - Impossible Things

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    - Kurzgeschichtensammlung


    The Last of the Winnabagos ist nicht nur eines der letzten Wohnmobile in den USA, sondern auch ein Symbol für die Veränderung die das Land und die Menschen durchmachen mussten. Der Erzähler ist Fotograph und auf der Suche nach echter Menschlichkeit, etwas was ausgestorben scheint in diesem von Umweltproblemen geplagten Staat, überwacht von der „Human Society“, sich auch darum kümmert, dass man für das (versehentliche) Töten eines Tieres nach den Buchstaben des Gesetzes bestraft wird und im Gefängnis landet


    Even the Queen ist eine Satire über die Frauenbewegung und die Frage, ob die Befreiung von weiblichen Körpervorgängen eine Befreiung ist, oder nur eine Anpassung an männliche Doktrin. Außerdem ein typischer Mutter-Tochter-Konflikt – welche Tochter entspricht schon den mütterlichen Wunschvorstellungen.


    Schwarzschild Radius (=Ereignishorizont) spielt im WKI an der Ostfront, wo der Erzähler Schwarzschild, (nach dem mehrere Phänomene Schwarze Löcher betreffend benannt sind) getroffen hat. Ein Schwarzes Loch als Synonym für die Hoffnungslosigkeit den Schrecken des (Graben-)Krieges zu entkommen, auch nach dem Ende des Krieges, trägt man ihn weiter in sich.


    Ado beschäftigt sich mit political correctness und mit der für Amerika so typisch wirkenden Eigenschaft, dass man Bücher zensiert, damit nur ja kein sexistisches, rassistisches, religiöses, antireligiöses, irgendeinen Beruf oder eine Personengruppe verunglimpfendes Detail übrig bleibt. Weder Shakespeare noch Bibel bleiben davon verschont, auch wenn am Ende nichts mehr vom Inhalt übrig bleibt. Man kann es halt niemals allen recht machen, die absurdesten Interessengruppen nehmen immer an irgendetwas Anstoß. Redefreiheit darf nicht da enden, wo jemand beginnen könnte sich über den Inhalt zu beschweren.


    Spice Pogrom handelt von einer überbelegten Raumstation, Aliens, Rechtsanwälten, Möchtegern-Kinderfilm-Sternchen, … Willis versammelt jede Menge ausgefallenes Personal auf kleinstem Raum, fügt ein paar Sprachschwierigkeiten hinzu und schon haben wir eine hervorragende kleine Screwball-Komödie. Ein Plot voller Missverständnisse, in der außerdem die Hälfte der Personen nicht die sind, für die man sie hält und am Ende bekommt doch jeder das, was er verdient – so liebe ich Willis.


    Winter's Tale ist eine historische Geschichte, die eines der großen Geheimnisse der Literaturgeschichte berührt - mehr zu verraten würde alles verraten.


    Chance: Kleine Momente, einfache Entscheidungen können entscheidend sein für unser ganzes Leben. was wäre, wenn man zurückgehen und sie ändern könnte - würde es etwas an uns ändern. Eine Frau, die auf den Unicampus ihrer Jugend zurückkehrt und genau damit konfrontiert wird.


    In the Late Cretaceous fragt ob Relevanz als alleingültiges Argument für Wissensvermittlung gelten darf. Wissen um des Wissens willen ist scheinbar eine ebenso aussterbende Art wie Dinosaurier oder welches Wissen zur Bewältigung moderner Probleme kann Paläontologie vermitteln?


    In Time Out spielt Willis wieder mit ihrem Lieblingsmotiv, der Zeitmaschine und kombiniert sie mit einer äußerst gestressten Frau, die eigentlich dringend ein Time-out benötigt. Natürlich funktioniert die Maschine nicht ganz so, wie es gedacht gewesen wäre.


    Jack spielt in einem bevorzugten Szenario von Connie Willis, die Brandwächter Londons im WK2, die die Einschlagsorte von Bomben aufsuchen, das Feuer löschen und versuchen verschüttete Menschen zu retten. Der neue in der Truppe, Jack, hat ein unglaubliches Talent Menschen unter den Trümmern zu finden und dieses Talent und andere kleine Details lassen den Erzähler misstrauisch werden - vielleicht ist Jack gar kein Held, sondern hat seine eigenen Motive.


    At the Rialto ist wieder einmal ein Beweis dafür, dass Vorhersagen und Paradigmen nicht funktionieren, Chaos-Theorie beherrscht das Leben und bei einem wissenschaftlichen Kongress in Hollywood findet sich der Beweis dafür.



    Die Zukunft, die Connie Willis in ihren Geschichten beschreibt ist häufig nicht schön und wünschenswert, aber dabei so übertrieben beschrieben, dass man sie nicht so sehr fürchtet, sondern eher über sie lacht. Trotzdem warnt die Autorin durch ihre überzogene Darstellung von political correctness und ähnlichen Bestrebungen vor dem, was uns blühen könnte, wenn die momentane Entwicklung aus dem Ruder läuft.


    Obwohl ich „Impossible Things“ genossen habe, habe ich das Gefühl Willis braucht schon ihre 100 Seiten um richtig in Fahrt zu kommen und ihre Stärken auszuspielen, den kürzeren Geschichten fehlt einfach der richtige Pfiff. In den langen Geschichten kann sie besser tragische, kritische und komische Momente vermischen, bei kürzeren Geschichten beliebt es eher bei einer der Richtungen stecken und das ergibt dann zwar eine nette Story, ist aber nicht der große Wurf.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Erst mal: :schuld: (insbesondere Miss illy :breitgrins: ), dass ich freiwillig Kurzgeschichten lese. Davon bin ich ja bekanntermaßen kein großer Fan, aber von Connie Willis mag ich sogar die Kurzform.


    In diesem Buch versammeln sich 11 Kurzgeschichten, ganz unterschiedlich in Länge und Thematik, aber alle großartig geschrieben und äußerst lesenswert. Hut ab vor Frau Willis' Ideenreichtum und Vielseitigkeit!


    The Last of the Winnebagos


    In einer nicht allzu fernen Zukunft sieht die Welt recht trostlos aus - Wasser ist knapp, der Straßenverkehr ist strengstens geregelt, Big Brother is watching everyone, und Hunde sind praktisch ausgestorben. Ein Reporter soll über eines der letzten noch existierenden Wohnmobile berichten, doch auf dem Weg dorthin ruft ein toter Schakal in ihm Erinnerungen wach. In die Gegebenheiten der Geschichte musste ich mich erst mal einlesen, aber dann fand ich sie richtig gut.


    Even the Queen


    Hier geht es um DAS Frauenthema schlechthin - bzw. um eine Zukunft, in der frau nicht mehr menstruieren muss, wenn sie das nicht will. Nur ein kleines Häuflein "freakiger" Frauen tut sich das nach wie vor an. Schräge Idee und sehr witzig geschrieben (die Schlusspointe war der Knaller!)


    Schwarzschild Radius


    Ein alter Astrophysiker denkt zurück an seine Begegnung mit dem Namensgeber des Schwarzschild-Radius - einem entscheidenden Faktor bei der Entstehung schwarzer Löcher - während des Ersten Weltkriegs. Eine recht kurze Geschichte, die aber sehr eindrucksvoll die traumatische Erfahrung im Schützengraben einfängt.


    Ado


    Frage: Was passiert, wenn man Political Correctness auf die Spitze treibt? Antwort: Man kann kein einziges Shakespeare-Werk mehr im Unterricht lesen! Eine humorvoll-bissige Auseinandersetzung mit übertriebener PC, die mir aus der Seele spricht.


    Spice Pogrom


    Irgendwann in der Zukunft: Reisen ins Weltall sind Standard geworden, und der Planet Sony ist ziemlich überbevölkert. Wohnraum ist so knapp, dass sogar die Treppen in Mietshäusern stufenweise als Schlafplätze vermietet werden. In dieser merkwürdigen Welt quartiert sich ein Außerirdischer in Chris' Wohnung ein, der zu einer wichtigen Delegation gehört, deren Zweck allerdings niemand so richtig kennt. Und dann taucht ein weiterer Übernachtungsgast auf, der Chris' Gefühlsleben ziemlich auf den Kopf stellt. Witzig, originell und gespickt mit herrlich schrägen Figuren.


    Winter's Tale


    Eine Familie wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr des lang verschollenen Vaters. Sein Name: William Shakespeare. Doch nicht alles ist so, wie es scheint. In leicht altertümelndem Tonfall gelungen erzählt, auch wenn ich, glaube ich, nicht alle Anspielungen verstanden habe.


    Chance


    Elizabeth ist gerade mit ihrem Mann umgezogen, nachdem der eine vielversprechende Stelle an einer Universität ergattern konnte, trifft erstmals diverse Nachbarinnen (Tupperparties inklusive) und gerät nach einem Zusammenstoß auf dem Campus ins Grübeln über Ereignisse in ihrer Vergangenheit. Wie viel Einfluss haben scheinbar unbedeutende Taten und Worte auf das Leben anderer? Nachdenkliche Geschichte, hat mir auch gut gefallen.


    In the Late Cretaceous


    Eine kurze Geschichte über den ganz alltäglichen Irrsinn an einer Universität. Ich mag Willis sehr gerne, wenn sie über blödsinnige Vorschriften und seltsame menschliche Eigenheiten schreibt.


    Time Out


    Ein Wissenschaftler experimentiert mit Zeitsprüngen, und Carolyn, gestresste Mutter zweier Töchter, ist eine seiner Versuchspersonen, wenn sie nicht gerade ihre Mädchen durch die Gegend kutschiert und sich mit irgendwelchem organisatorischem Kram herumschlägt. Eine gelungene Mischung aus Familienalltag und Sci-fi.


    Jack


    London im 2. Weltkrieg. Zu einem Häuflein Freiwilliger, die nach verirrten Brandbomben Ausschau halten und in den Trümmern getroffener Häuser nach Verschütteten suchen, stößt ein Neuer, Jack, der über eine ungewöhnlich gute Spürnase bei der Suche nach Menschen verfügt. Das Grauen des Bombenkrieges und der Galgenhumor der Helfer sind wunderbar geschildert, und was es mit Jack auf sich hat - selber lesen!


    At the Rialto


    Ein Quantenphysikermeeting führt die Wissenschaftlerin Ruth nach Hollywood - doch da ist alles nicht so einfach, nicht einmal, ein Hotelzimmer zu reservieren. Die Irrungen und Wirrungen sind witzig beschrieben, dennoch nicht die beste Geschichte in der Sammlung.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen