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Inhalt: Ken bekommt ein Stipendium für ein Studium in Europa. Die Umgewöhnung vom sonnigen Senegal in das herbstliche Brüssel ist nicht leicht, was nicht nur am Wetter liegt. Auch das Verhalten der Menschen irritiert Ken. Warum grüßt niemand auf den Straßen? Trotzdem kommt sie rasch in Kontakt mit verschiedenen Leuten, wobei sie feststellt, daß viele ihrer belgischen Bekannten, besonders aus dem Künstlermilieu, an ihr vor allem das Exotische und die Möglichkeit, die eigene Liberalität zu beweisen, schätzen, während sie von anderen allein auf Grund ihrer Hautfarbe abgelehnt oder gerade deswegen angemacht wird. Dieses Schwanken zwischen Ablehnung, Anmache und einer Akzeptanz, von der nie ganz klar ist, wie ehrlich und tief sie ist, treibt Ken zu Drogen. Zum Glück hat sie ein paar echte Freunde, die sie rechtzeitig auffangen und in einen Senegal zurückschicken, der vielleicht auch keine Heimat mehr sein kann.
Meine Meinung: Manche von Kens Problemen scheinen mir unabhängig von ihrer Hautfarbe und Position in einer europäischen Gesellschaft zu sein, attraktrive Frauen europäischer Herkunft könnten sicherlich auch einen Teil der Erfahrungen bestätigen. Allerdings werden diese Erfahrungen und Probleme durch Kens Äußeres wenigstens zum Teil verstärkt, noch stärker aber – schien mir zumindest – durch ihren Charakter. Ken ist nicht besonders gefestigt in ihrem Bild von sich selbst, was die Verortung in einem so anderen Umfeld als dem heimatlichen Dorf nicht erleichtert. Einiges davon klärt sich durch Rückblicke auf die Kindheit in einem polygamen Haushalt, den die Mutter früh verließ, und Kens „Wanderungen“ durch die Familie, bei denen immer mal ein anderer älterer Geschwister oder sonstiger Verwandter sie beherbergt, während sie sich um ihre Schulausbildung kümmert.
Ken Bugul (ein Pseudonym, das bis zu seiner Auflösung für viel Verwirrung gesorgt hat) kritisiert in diesem autobiographisch geprägten Roman durchaus mehrere Seiten. Zum einen kommt die europäische Begeisterung für Exotik und zur Schau getragene Liberalität nicht gut weg, denn diese interessiert sich vor allem für den äußeren Schein, nicht aber für die Person Ken. Dagegen sind die Europäer mit eindeutigen sexuellen Absichten, die nicht auf Kens Interesse stoßen, geradezu leicht auszurechnen und in ihrem Verhalten für Ken dadurch auch handhabbar. Zum anderen wird aber auch die traditionelle senegalesische Lebensweise kritisiert. Ken hat zwar wenig, aber immerhin Kontakt zu einigen anderen Senegalesen, die ihre Wertvorstellungen auch in Belgien innerhalb der Gemeinschaft durchsetzen wollen – ein Grund für Ken, sich dieser Gemeinschaft zu entziehen, da sie dies für sich nicht als Option betrachtet.
Ken steht hier in einem Spannungsgeflecht, das sie selbst von innen nicht auflösen kann, eine Situation, die ich interessant zu verfolgen fand. Sie flüchtet sich hier in eine Verschränkung von mythischen und realistischen Elementen, die gleichzeitig existieren und sich überlagern können. Gerade das hat mir an diesem Roman sehr gut gefallen, auch wenn es eine Erzählform ist, die sich nicht ganz leicht erschließt. Daß es trotzdem keine Höchstbewertung gibt, liegt an der schwachen Ausarbeitung der spezifischen Einflußfaktoren auf das Schicksal und der Sprache, die zu distanziert bleibt.
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Schönen Gruß,
Aldawen