Jean-Dominique Bauby - Schmetterling und Taucherglocke

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 3.580 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von SunshineSunny.

  • Jean-Dominique Bauby, Chefredakteur des Magazins „Elle“ erlitt im Jahr 1995 43-jährig einen Gehirnschlag und war von da an vollständig gelähmt, unfähig zu sprechen, zu schlucken oder auch nur irgendeine Bewegung zu machen – mit Ausnahme seines linken Augenlides. Und das bei vollem Bewusstsein. „Locked-In-Syndrom“ nennt man diese „Gefangenschaft“ eines wachen Geistes in einem gelähmten Körper. Der Körper ist eingesperrt wie in eine Taucherglocke, der Geist ist frei wie ein Schmetterling.


    Das Blinzeln war sein einziges Tor zur Außenwelt und mithilfe eines ausgeklügelten Spezialalphabetes – geordnet nach der Häufigkeit der Buchstaben in französischen Wörtern – diktiert er der Lektorin Claude Mendibil alles, was ihn bewegt, von der Alltagsroutine im Krankenhaus, dem Verhalten der Besucher, das Heranwachsen seiner Kinder, seinem eigenen bisherigen Leben bis hin zu Gedanken über die Zukunft. In seinen Ausführungen ist kein Platz für Sentimentalitäten, noch weniger für Selbstmitleid oder Bitterkeit. Ganz im Gegenteil. Viel Humor und Sarkasmus, eine erstaunliche Beobachtungsgabe und Wahrnehmungsschärfe sowie der vermittelte Lebensmut machen dieses Buch zu einem ganz besonderen Juwel!
    Nur 3 Tage nach der Veröffentlichung des Buches starb Jean-Dominique Bauby am 9. März 1997.


    Das Buch wurde 2007 von Julian Schnabel verfilmt. Der Film „Schmetterling und Taucherglocke“ erhielt bei den Filmfestspielen in Cannes den Preis für die beste Regie, sowie 2 Golden Globes. Er läuft derzeit in den Kinos.


    5ratten


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    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Ich konnte mich mit dem Buch leider nicht so sehr anfreunden.
    Mir hat der Stil einfach nicht so gefallen und da es so episodenhaft war, konnte ich irgendwie keine richtige Beziehung zum Protagonisten aufbauen.


    Andererseits ist mir aber klar, was für ein Wunder es ist, dass es so ein Buch überhaupt gibt und welche Anstrengungen und Mühen in dem Buch stecken. Ein 100-Seiten-Buch nur durch Blinzeln zu diktieren ist schon eine große Leistung und gibt viel Aufschluss über das Locked-In-Syndrom.


    LG
    Dalloway

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Das Buch ist vielleicht kein ganz großer literarischer Wurf, aber es hat mich vor einigen Jahren doch sehr beeindruckt. Man stellt sich bei der Lektüre unwillkürlich die Frage, wie man selbst mit einem derartigen Schicksalsschlag umgehen würde. Das Locked-in-Syndrom hat mich danach noch eine ganze Weile beschäftigt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Das Buch ist vielleicht kein ganz großer literarischer Wurf,


    Natürlich, aber in Anbetracht, dass es "buchstabiert" wurde - im wahrsten Sinne des Wortes - vielleicht doch?


    Es beschäftigte mich nicht nur damit, wie ich selber mit damit umgehen würde, sondern auch, wie allgemein mit diesen Patienten umgegangen wird. Wieviel bekommen (Wach-)Koma Patienten mit? Nichts - oder vielleicht doch alles??

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Natürlich, aber in Anbetracht, dass es "buchstabiert" wurde - im wahrsten Sinne des Wortes - vielleicht doch?


    Stimmt, so rum gesehen ist es wirklich etwas Besonderes :daumen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo,


    ich habe das Buch gestern bekommen und heute habe ich es durch gelesen. Und ich fand es sehr gut. Den Witz des Autors fand ich toll und das er einem an seinem Leben ein Stück teilhaben lässt ebenfalls. Mich macht es sehr nachdenklich. Besonders an den Stellen wo er beschrieb, wie mit ihm umgegangen wurde, haben mich nachdenklcih gestimmt. Ich arbeite selber mit Menschen mit Behinderungen und man fragt sich auch, wie die Personen die man selber pflegt sich fühlen, ob man alles immer richtig macht und sie sich nicht herumgeschubst oder ähnliches fühlen...
    Ich bin dankbar für dieses Buch und auch das meine Praxisanleiterin es mir (mehr oder weniger ;) ) empfohlen hat.


    Liebe Grüße :blume:
    Debby

    &quot;Das neue und überraschende an der Zukunft ist, dass sie nie so verläuft wie wir uns es vorstellen&quot; Nora Roberts - Töchter des Windes


  • Es beschäftigte mich nicht nur damit, wie ich selber mit damit umgehen würde, sondern auch, wie allgemein mit diesen Patienten umgegangen wird. Wieviel bekommen (Wach-)Koma Patienten mit? Nichts - oder vielleicht doch alles??


    Ich hab das Buch auch vor einem Weilchen gelesen und auch den Film gesehen.
    Bevor ich zu meinen Eindrücken dazu komme: Aussagen und Verhaltensweisen, wie sie im Buch - vor allem aber im Film - dem Patienten gegenüber vorkommen, gibt es natürlich, kenne ich auch. Aber diese Horrorvision von komatösen oder sonstwie wehrlosen Patienten, mit denen einfach irgendwie umgesprungen und über deren Köpfe hinweg sonstwas beredet oder entschieden wird, ist in erster Linie wirklich nicht mehr als eine Vision. Schwarze Schafe gibt es natürlich immer und überall, aber grundsätzlich erlernen Ärzte, Pflegepersonal und Therapeuten ihren Beruf ja, um anderen zu helfen und sie zu unterstützen und nicht, um sie als "Ware" zu behandeln oder ähnlich.
    Zumindest an meiner Arbeitsstelle (Krankenschwester) ist es so, dass wirklich alle Mitarbeiter grundsätzlich davon ausgehen, dass jeder Patient alles mitbekommt - und so wird er auch behandelt, unabhängig von Erkrankung, Wehrhaftigkeit und Co.
    Ich denke nicht, dass das in allen anderen Häusern so grundsätzlich anders ist. :zwinker:


    Aber jetzt mal zu meinen Eindrücken:


    Das Buch wurde uns im Grundkurs "Basale Stimulation" empfohlen und dort auch Passagen daraus zitiert. Basale Stimulation ist ein Konzept, bei dem ein Mensch nonverbal gefördert und gefordert wird, beispielsweise durch vibratorische, olfaktorische, akustische ... Reize.


    Bauby litt wohl nicht am klassischen Locked In-Syndrom, da er laut Buch und Film ja auch den Kopf bewegen konnte, aber das nur am Rande. Abzugrenzen ist das durchaus übrigens von dem, was man allgemein beispielsweise als Wachkoma bezeichnet. Während aus medizinischer Sicht oft unklar ist, was ein Mensch noch mitbekommt (wie ja oben schon zitiert), ist beim Locked In klar, dass der Patient alles mitbekommt. Das ist durch diverse Untersuchungen also messbar.



    In dem Buch, das nur wenig mehr als 100 Seiten umfasst und viele leere Seiten enthält (Kapitelübergänge), schildert er seine Erkrankung, seine Wahrnehmung der Erkrankung, der Therapien, des gesamten Umfelds. In jeweils sehr kurzen Kapiteln nimmt er den Leser mit auf eine Reise, die einzigartig ist.
    Unterbrochen werden seine Schilderungen des Alltags immer wieder von Erinnerungen und “Spinnereien”, also Fantasien, die sich mit der Zeit ergeben und mit denen er sich die Zeit vertreibt.


    Gerade diese Fantasien sind es, die mich persönlich beim Lesen ziemlich genervt haben. Ein grundsätzlich großartiges Buch, aber die Menge an Ausschweifungen bei dem geringen Umfang des Buches (und dem Aufwand, der dafür erforderlich war) ist ein bisschen viel des Guten.


    Darum kann ich eher den Film empfehlen, der auf Basis des Buches entstand. Dieser ist visuell wirklich gigantisch umgesetzt worden, schafft viel mehr (auch freien) Raum, in dem man auch zwischen den Zeilen lesen und die gesamte Geschichte viel besser verarbeiten kann. Im Vergleich zum Buch ist der Film auch sehr umfangreich (Laufzeit etwa 2,5 Stunden) und bietet Szenen, in denen nicht viel mehr passiert, als dass man sich auf das eingeschränkte Sichtfeld von Bauby konzentriert oder auf die Art und Weise der für uns, nicht aber für den Patienten, alltäglichen Außenreize.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Empfehlen kann ich summa summarum beides, war vom Film jedoch wie vorbeschrieben mehr angetan.


    Grüße,
    Tanja

  • Hallo


    Auch ich habe das Buch gelesen, aber leider hat es mich etwas enttäuscht.
    Das Schicksal von Jean finde ich sehr ergreifen, denn wir können uns gar nicht vorstellen wie es ist in unserem eigenen Körper gefangen zu sein. Den Pflegern hilflos ausgeliefert zu sein und nie dass zu machen was man gerne gerade in diesem Moment machen möchte.
    Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass er mit seinem Buch darauf aus war Mitleid für ihnen bei den Lesern zu wecken. Eher vermute ich er wollte, denn Lesern ein Bewusstsein dafür nahe bringen, wie es ist wenn man nichts machen kann. Leider sind wir heut zu Tage fast nie mit etwas zufrieden und vielleicht wollte er genau darauf hinaus, dass wir viel dankbarer für die Dinge sein sollten die wir können und die uns selbstverständlich vorkommen.


    Enttäuscht hat mich das Buch, weil ich seine Gefühle nicht wirklich "gespürt" habe.


    Ich vergebe:


    3ratten

    Nigends findest du Frieden als in dir selbst.