Liliana Bodoc – Die Tage des Hirsches (Die Grenzländersaga 1)

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    Inhalt: Die obersten Astronomen in der Stadt Beleram sind verwirrt, denn die allerorten auftauchenden Vorzeichen lassen sich nicht in eine Richtung deuten. Klar ist nur: Es werden Schiffe über den Ozean kommen, aber bringen diese die Borier, das Volk aus den Alten Ländern, von denen einige Nachkommen auch in den Fruchtbaren Ländern leben? Oder sind es doch die Abgesandten Misaianes, des Ewigen Hasses, der der Welt zerstören und beherrschen will? Boten werden in alle Ecken des Kontinents geschickt, um höchst vertraulich und geheim je einen Abgesandten jedes Volkes zu einem Konvent nach Beleram zu holen. Für die Husihuilke im Süden ist Dulkancellin der Auserwählte. Zwar glaubt dieser dem alten Erdzauberer Kupuka, daß etwas Wichtiges im Gange ist und läßt sich auch überreden, mit dem Zitzahay Cucub, der als Bote zu ihm geschickt wurde, nach Beleram aufzubrechen, aber trauen tut er Cucub nicht. Der Konvent in Beleram beschließt eine sinnvolle Taktik: Auf den schlimmsten Fall einstellen, aber vorsichtig abwarten, sprungbereit bleiben wie der Hirsch. Vor Beleram tauchen drei harmlos scheinende Schiffe auf, aufgebrochen war eine ganze Flotte. Die Auseinandersetzung ist unausweichlich.



    Meine Meinung: Fantasy aus Argentinien schien mir durchaus einen Versuch wert zu sein, vielleicht findet sich ja ein neuer Tonfall. Die Neugier war also groß. Allerdings bin ich noch etwas unentschlossen ob der Wertung. Einerseits war es mir trotz des Erdzauberers und seiner durchaus beeindruckenden Fähigkeiten nicht fantasy-mäßig genug, sondern erinnerte mich streckenweise mehr an „virtual history“, also jenen Zweig der Historiographie, der sich mit spekulativen Was-wäre-wenn-Fragestellungen auseinandersetzt, denn die historischen Vorbilder sind einigermaßen offensichtlich und auch die beigegebene Karte zeigt etwas sehr Südamerikaähnliches. Ich habe gar nichts dagegen, wenn sich Fantasy-Autoren ihre Anregungen und Vorbilder aus der Geschichte unserer Welt holen, aber hier war es mir ein wenig zu platt. Andererseits gab es durchaus einige schöne Ansätze (wie z. B. die Patenfalken, über die ich nichts verraten will) und einige Motive erinnerten mich an südamerikanische Märchen, die ich mal gelesen habe. Immerhin auch erfreulich, daß das Buch, obwohl der erste Teil einer Trilogie, nicht mit einem völligen Cliffhanger endet.


    Irritiert war ich aber über die Namen von v. a. Personen aber auch Orten, die mir teilweise einfach nicht in das Setting zu passen schienen. Besonders lästig, daß davon auch die Hauptperson Dulkancellin betroffen war. Etwas anderes ist möglicherweise mehr dem Übersetzer anzulasten, aber es gab einige Sätze, in denen definitiv Wörter gefehlt haben und einige andere wirkten irgendwie „unfertig“ auf mich. Auch die ständige Verwendung des Begriffs „Kreatur“ hat mich, wegen der im Deutschen damit auch einhergehenden negativen Konnotation gestört, man hätte auch einfach mal von Lebewesen oder Geschöpfen reden können, das wäre wertfreier gewesen.


    Die Geschichte entwickelt sich insgesamt eigentlich recht gemächlich aber stimmungsvoll, das Setting ist auf jeden Fall mal etwas anderes und durchaus liebevoll gezeichnet, nur weniges wird erklärt, manches ergibt sich im Verlauf und manches wird wohl in den beiden Folgebänden eine Rolle spielen, die sicher auch Antworten auf noch offene Fragen liefern. Allerdings brennen mir diese nicht derartig auf den Nägeln, daß ich unbedingt wissen müßte, wie sie beantwortet werden.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Aldawen, Deiner Einschätzung habe ich kaum etwas hinzuzufügen. Auch ich fand die Parallelen zur realen Welt sehr offensichtlich, aber auch schön angereichert mit Fantasy- und Märchenelementen. Seltsam fand ich allerdings das Erzähltempo - die Handlung ist recht dünn und teils eher gerafft erzählt, teils sehr detailverliebt. Wirklich in die Geschichte eintauchen konnte ich daher leider nicht. Hinzu kommt, dass die Protagonisten ebenfalls recht flach erscheinen und ich besonders mit Dulkancellin nicht warm geworden bin.


    Über die Übersetzung und besonders über das schlechte Lektorat habe ich mich auch geärgert. Über vereinzelte Fehler kann ich meist gut hinweglesen, aber in diesem Buch gibt es einfach zu viele Auslassungen.


    Auch wenn Die Tage des Hirsches der Auftakt einer Trilogie ist (was ich übrigens nur schwer nachvollziehen kann, anscheinend folgte Bodoc lediglich einem Trend), werde ich mir die Folgebände sicherlich sparen.


    Für die gute, aber nicht fesselnde Unterhaltung gibt es von mir
    2ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges