Bruno Schulz: Die Zimtläden

  • Bruno Schulz: Die Zimtläden. Hanser, 229 Seiten, 21,50 EUR


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    Bruno Schulz ist ein polnischer Schriftsteller mit jüdischem Vater. Er wurde 1892 geboren, studierte Architektur und war von Beruf Kunstlehrer an einem Gymnasium. 1934 veröffentlichte er dieses Buch (mit 10 Illustrationen des Autors) und wurde mit einem Schlag berühmt. 1942 wurde er am Tag seiner geplanten Flucht auf offener Straße von einem Nazi erschossen.


    Das Buch ist eine Sammlung von (zusammenhängenden) Kurzgeschichten, die eine Familie und die Einwohner eines galizischen Städtchens auf ganz eigenartige Weise beschreiben. Nicht reale Elemente stehen im Vordergrund, nicht Begebenheiten und Charaktere, sondern der mythische Gehalt. Nicht der äußere Lebenslauf wird geschildert, sondern die geistige Dimension der Figuren - so das kluge Nachwort. Das klingt kompliziert - und das ist es auch. Das Buch ist beileibe nicht einfach zu lesen. Dafür entschädigt eine Sprache, die seinesgleiches sucht. Ein Zitat möge das verdeutlichen (Beginn der Erzählung "Die Zimtläden"):


    In der Zeit der kürzesten, verschlafenen Wintertage, die auf beiden Seiten, sowohl vom Morgen als auch vom Abend her, in die pelzigen Ränder der Dämmerung eingefaßt waren, in der Zeit, in der sich die Stadt , vom kurzen Morgengrauen mühsam zur Besinnung und zur Umkehr gerufen, immer weiter in die Labyrinthe der Winternächte verästelte, war mein Vater schon an jene Sphäre verloren, verkauft und ihr versprochen.


    Solch ein langer, metaphernreicher Satz erinnert an Proust (ein Verlag hat das Manuskript abgelehnt, mit der Begründung, man brauche keinen zweiten Proust), dennoch wird er nicht imitiert. Schulz schafft vollkommen neue Bilder von gewaltiger Kraft. Mir fehlt dann jedoch die Erdung dieser Bilder, wie sie Proust immer wieder hinbekommt und auch den etwas einfacher gestrickteren Leser (so wie mich) wieder abholt und ihn in die Geschichte zurückführt. So bleibt dieses Buch stellenweise rätselhaft. Das macht es faszinierend, nimmt dem Werk aber auch ein gewaltiges Maß an Lesespaß.


    3ratten


    Gruß, Thomas


    P.S. Wenn dieses Buch auf den richtigen Kopf trifft, dann gibt es sicher die Bestwertung mit 5ratten.

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()