Hallo,
habe komischerweise keinen Thread über Frischs "Homo faber" gefunden, deswegen kommt hier jetzt meine Rezi rein
Genau wie das Buch ja aufgeteilt ist in die erste und zweite Station, so geteilt war auch meine Meinung...
Über den Autor:
Max Frisch, 1911 in Zürich geboren, 1991 ebenda gestorben, war ein Schweizer Architekt und Schriftsteller und wurde berühmt durch „Stiller“, „Mein Name sei Gantenbein“, „Montauk“ und „Biedermann und die Brandstifter“. Es gibt einige Parallelen zwischen ihm und seiner Romanfigur Walter Faber. So hatte er 1935 ebenfalls eine „halbjüdische“ Freundin, die ihn aber nicht heiraten wollte, er starb auch an Krebs, er hatte wie Faber ein gestörtes Verhältnis zu Frauen – er konnte sich nicht festlegen beziehungsweise längerfristige Beziehungen haben.
Inhalt:
Die Hauptfigur in "Homo Faber" ist Walter Faber, der als Techniker für die UNESCO vor allem in Südamerika aktiv ist, hat 1936 seine damalige Freundin (Jo-)Hanna Landsberg verlassen, weil diese ein Kind erwartete, er jedoch das Jobangebot aus Bagdad unter allen Umständen annehmen wollte. 21 Jahre später lernt er auf einer Schiffsfahrt Elisabeth Piper kennen, 21 Jahre alt, und verliebt sich in sie. Was er zuerst nur vermutet, sich später jedoch als Tatsache herausstellt: Sie ist seine Tochter.
Damit beginnt das Unglück des „Homo Faber“ [lat. faber =Schmied, Handwerker], der versucht, sein Leben als Bericht sachlich zu beschreiben, doch letztendlich feststellt, dass er sich mit seiner rationalgläubigen Denkweise auf dieser Welt nicht zurechtfindet.
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Die ersten 100 bis 120 Seiten von „Homo faber“ lasen sich unheimlich flüssig, spannend, aber auch unterhaltsam, zum Teil sogar ironisch. Danach fiel „der Bericht“ meiner Meinung nach etwas ab. Immer wieder wird um den heißen Brei herumgeredet, dass man verrückt werden konnte. Obwohl die Veränderung oder „déformation professionelle“ von Walter Faber immer deutlicher wird und eindrucksvoll beschrieben wird, wurde es für mich immer verwirrender und schwieriger zu verstehen. Vor allem Zeitsprünge und der Wechsel von dem „Bericht“ zu handschriftlichen Tagebucheinträgen (kursiv geschrieben) trugen dazu bei, dass ich das Ende von „Homo faber“ nicht (komplett) verstanden habe.
Deswegen habe ich mir auch den Lektüreschlüssel zu „Homo faber“ aus dem Reclam-Verlag besorgt. Ich empfehle jedem, der das Buch auch liest oder lesen will, das Gleiche zu tun [ hier bei Amazon.de]. Die Erklärungen, Charakterisierungen und Interpretationen haben mir beispielsweise sehr geholfen, Parallelen von Faber zu Ödipus zu erkennen. Ödipus bringt seinen Vater um und heiratet seine Mutter, Walter Faber will seine Tochter heiraten, es kommt zu Inzest und letztendlich ist er nicht ganz unschuldig an ihrem Tod, obwohl dieser Umstand meiner Meinung nach im Buch als zu unwichtig dargestellt wird. Auch die Rolle von Professor O. wollte mir beim Lesen nicht ganz aufgehen, dank Lektüreschlüssel weiß ich jetzt, dass es sich bei ihm um einen Vorboten des Todes handelt.
Schlussfazit:
*) Ohne die Hilfe des Schlüssels hätte ich das Buch nur zu drei Viertel verstanden, was vielleicht aber auch an mir liegt, denn so fragmentarisch zusammengesetzte Textausschnitte wie im 2. Teil des Buches finde ich nicht unbedingt so prickelnd... Deswegen gibt’s auch nur 3.5 Punkte plus 0.5 Punkte nach dem Lesen der Interpretationen etc. Somit ist mir das Buch doch noch aufgegangen!
Ich würde das Buch aber dennoch weiterempfehlen, da es eben ein Klassiker ist und mir einige Denkanstöße gegeben hat. Was ist der Mensch? Rational? Oder doch eher menschlich-emotional geleitet? Max Frischs Werk setzt sich damit auseinander. Vielleicht lese ich es irgendwann noch mal, wenn ich mehr Leseerfahrung in bezug auf Klassiker gewonnen habe. Viele Stellen haben mich einfach nur gelangweilt, weil ich keinen Nutzwert für die Handlung (oder mich selbst) sehen konnte...
Ich vergeben + + *)