Ivo Andrić - Die Brücke über die Drina

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    Inhalt
    Die Brücke über die Drina verband über vier Jahrhunderte lang nicht nur Bosnien und Serbien, sondern auch Okzident und Orient. Sie wurde vom Großwesir des osmanischen Reichs erbaut und ist über viele Jahre lang das Herz der Stadt. Die Menschen verabreden sich bei ihr, die Kinder spielen auf ihr und Händler bringen auf ihr die Waren nach Wischegrad. Wie die Menschen der Regionen, die sie verbindet übersteht Hochwasser und Trockenheit und mehrere Kriege. Erst mit dem Bau einer Eisenbahnstrecke, die die kleine Provinz mit der großen Welt verbindet verliert sie ihre Bedeutung und wird schließlich im Krieg zerstört.


    Meine Meinung
    Mit der Brücke wird der Leser durch die Jahrhunderte geführt. Sie wurde in einer wirren und oft grausamen Zeit durch einen Mann gebaut, der sein Ziel mit allen Mitteln verfolgte, gleichsam ein Bild seiner Zeit. Viele Dinge ereignen sich um sie herum, schöne und traurige und viele ganz alltägliche. Oft ist scheint die Brücke sogar die Geschichten, die um sie herum passieren selbst zu erzählen. Und wie viele der Menschen aus Wischegrad scheint sie oft mit der immer schnelleren Zeit und den Veränderungen nicht zurecht zu kommen. Die Eisenbahn, die Wischegrad den Fortschritt bringt bringt auch das Ende einer Ära. Durch sie gehen die jungen Leute in nach Prag, Graz oder Wien. Sie kommen zwar noch in ihren Geburtsort zurück, fühlen sich dort aber nicht mehr heimisch. So wird mit der Zerstörung der Brücke im ersten Weltkrieg auch das zerstört wofür sie steht. Die Brücke über die Drina ist ein leises, aber eindringliches Buch hinter dem mehr steckt als man beim ersten Anlesen vermutet. Von mir bekommt es
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    Kirsten


    [size=1]EDIT: Dem ć in Andrić ein ´verpasst. LG, Saltanah[/size]

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Rund 350 Jahre Geschichte der bosnisch-serbischen Grenzregion rollt Andrić vor dem Hintergrund der Stadt Višegrad und der Drinabrücke auf. Von Sokollu Mehmed Pascha im 16. Jahrhundert gestiftet und im Ersten Weltkrieg teilzerstört erlaubte sie der Straße von Sarajewo nach Serbien die Drinaüberquerung und bildete einen wichtigen Punkt im Stadtbild und -geschehen. Von den Widerständen gegen die mit dem Bau einhergehenden Frondienste bis zur Sprengung der mittleren Bögen 1914 erlebt man als Leser eine Vielzahl von kleinen alltäglichen und bedeutenden Ereignissen rund um diese Brücke.


    Dabei ist es schon klasse, wie Andrić hier die Brucke zu einem ganz eigenständigen Charakter werden läßt, der in die Geschicke der Stadt förmlich einzugreifen zu scheint. Nach Fertigstellung von der Bevölkerung schnell angenommen, entwickelt sie sich zum Herzen der Stadt, zum allgemeinen Treffpunkt für Gespräche bei Kaffee und Zigaretten. Sie verkörpert die Beständigkeit der Stadt und des Lebens in ihr. Solange sie unverändert steht, muß sich niemand Sorgen machen. Mit der allgemeinen Beschleunigung des Lebens, eingeleitet durch die österreiche Besetzung, der die „orientalische Ruhe“ (oder Behäbigkeit) zum Opfer fällt, wird aber auch die Brücke zu einem bloßen Objekt strategischer Überlegungen. Das alles wird von Andrić gut erzählt und natürlich vermittelt es ganz nebenbei noch einiges von dem nie einfachen, aber auch nicht immer wie heute so komplizierten und streckenweise gar blutigen Zusammenleben in dieser Region. Die Menschen der Stadt, auch wenn man einige ganz gut kennenlernt, spielen im Vergleich zur Brücke selbst eine eher untergeordnete Rolle in diesem Roman. Hilfreich ist es möglicherweise, sich mit Hilfe von Karten einen Überblick über die Geographie zu verschaffen, und einen Kurzabriß bosnischer Geschichte zu lesen, weil es doch eine Vielzahl von Details gibt, die ohne weitere Erklärung präsentiert werden – wohl auch, weil sie für ein regionskundiges Publikum nicht notwendig sind bzw. waren.


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen