Gordon Dahlquist – Die Glasbücher der Traumfresser

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  • Nee, es ist ja genau anders herum. Der Autor setzt voraus, das der Leser erkennt, was Fiktion und was Realität ist. Wenn jemand nur weiß, das es Mecklenburg gibt, aber nicht mehr darüber weiß, muß er doch annehmen, daß das, was der Autor schreibt, mit der Realität zu tun haben könnte. Es sein denn, der Autor gibt Hinweise auf die Fiktionalität seiner "Fakten" (es muß ja nicht mit der Keule sein, subtil reicht). Bei der Stadt hat er es doch auch geschafft es wie London aussehen, aber keine Verwechslung aufkommen zu lassen.


    Ich plädiere da ja für den mündigen Leser. Meines Erachtens muss ein Leser in der Lage sein, selber zu erkennen was Fakt und was Fiktion ist. Gegebenenfalls muss er sich halt kundig machen, um auf Nimues Einwand einzugehen, das setze ein ungeheures Wissen voraus.
    Bei vielen Büchern (Dan Brown, Die Päpstin sind hier schon genannt worden) kommt es immer wieder zu Irritationen bzgl. der Grenze zwischen Fakt und Fiktion. Das liegt in meinen Augen daran, dass die Autoren nicht konsequent adressatenorientiert schreiben. Aber auch an ungeübtem Umgang der Leser mit Literatur.

  • Ich persönlich hatte ja meinen Spaß mit dem Roman. Mich hat es absolut nicht gestört das dieses Mecklenburg im Roman so gar nichts mit der realen Geschichte zu tun hatte. Denn dies war ja auch gar nicht der Wunsch des Autors, so vermute ich mal. Der Roman ist absolut als Fiktiv zu erkennen und deshalb habe ich auch kein Problem wenn er für sich selbst etwas verändert oder anders benutzt. Stören würde es mich nur dann, wenn es ein Historischer Roman gewesen wäre, dort habe ich schon nochmal einen andren Anspruch an den Autor, als an einen phantastischen Roman, der auch z.B eine Stadt erfindet von der man vermuten könnte es sei London, von der man aber weiß das es dies nicht ist.

  • Das mit Mecklenburg war auch gar nicht mein Hauptproblem mit dem Buch. Die Langatmigkeit und der Splatter-Faktor gingen mir viel mehr auf den Zeiger.
    Das komische ist, im Augenblick liest mein Schatz den Roman, und sie ist davon begeistert. So unterschiedlich ist doch die Wahrnehmung.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Ich hatte das Buch schon in meinem Warenkorb gespeichert und wollte es bestellen, als eure Diskussion anfing. Das hatte ich dann erst mal gelassen. Dieses Buch spaltet ja wirklich total. Ich weiß wirklich nicht, ob ich es kaufen soll oder nicht, denn es ist ja nicht gerade günstig und ich weiß nicht, wer von euch, was mich betrifft, jetzt recht hat. :zwinker:


    Ich glaube ich warte erst mal noch ab....

  • Eure Diskussion verleitet mich eher dazu, recht bald mit dem Buch zu beginnen. Wenn es nichts für mich ist, ist die Chance, es bei Tauschticket loszuwerden, momentan noch sehr hoch :breitgrins:

  • Hallo miteinander,



    Wenn es nichts für mich ist, ist die Chance, es bei Tauschticket loszuwerden, momentan noch sehr hoch :breitgrins:


    Stimmt! Ich hab ne Menge Tauschpunkte dafür gekriegt und konnte mir einige viel bessere Bücher davon holen.


    Grüße von Annabas

  • Um BigBen mal minimal zu widersprechen - begeistert bin ich nicht.
    Allerdings finde ich durchaus, daß Dahlquist einen guten Spannungsbogen erzeugen kann. ich bin gerade bei Teil 6 (glaub ich) mit der Geschichte vom Steinbruch angelangt, und erstmals fand ich es bissl albern.
    Man darf halt keine Hochliteratur erwarten, aber unterhalten wird man schon davon.
    Ich bin ein Leser, der eigentlich ausschließlich an der Idee interessiert ist, und Ideen bietet der Autor.

    kann nur besser werden.

  • So, hier mal meine Meinung zum Buch:


    Miss Temple, von ihrem Verlobten sitzengelassen, spioniert diesem hinterher, um den Grund für die Lösung ihrer Verlobung herauszufinden. Abenteuerlustig folgt sie ihm nach Harschmort Manor, ein Herrschaftshaus auf dem Lande.
    Kardinal Chang, Auftragskiller, wird beauftragt, eine geheimnisvolle junge Frau ausfindig zu machen. Gleichzeitig macht ihm allerdings ein verpatzter Auftrag Sorgen. Sein Opfer starb zwar während eines Festes auf Harschmort Manor, jedoch nicht durch seine Hand.
    Dr. Svenson, Stabsarzt einer mecklenburgischen Abordnung, ist auf der Suche nach seinem Prinzen. Dieser soll mit der Tochter eines einflussreichen Industriellen verheiratet werden. Bereits während eines Festes anlässlich der Verlobung auf Harschmort Manor bemerkte Dr. Svenson ein verändertes Verhalten seines Prinzen und kurz darauf verschwindet dieser sogar.


    Alle drei Personen stoßen separat auf die Machenschaften einer geheimnisvollen Clique um die attraktive Contessa di Lavquer-Sforza, den Vizeminister Crabbé sowie den Industriellen Henry Xonck. Von diesen verfolgt und gejagt treffen sie zufällig aufeinander und verbünden sich, um den Geschehnissen auf den Grund zu gehen. Immer tiefer werden sie in die Geheimnisse des blauen Glases hineingezogen und drohen darin zu ertrinken.


    Gordon Dahlquists „Glasbücher der Traumfresser“ entpuppt sich als eine faszinierende Mischung aus modernem Thriller und fantastischem Krimi im viktorianischen England am Ende des 19. / zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
    Der Aufteilung des Buches folgt auch die äußere Gestaltung: in einem ansprechenden, bläulichen Schuber sind „zehn komfortabel zu lesende Bände für die schlanke Damenhand und für den Herrn auf Reisen“ untergebracht. Jedes dieser Bände enthält ein Kapitel, in dem der Leser aus Sicht eines der drei Widersache der Clique mehr über das geheimnisvolle blaue Glas und seine Anwendungsmöglichkeiten erfährt. So können in kleineren Glaskarten und in größeren und ungleich machtvolleren Glasbüchern Erlebnisse von Personen aufgenommen und damit anderen zugänglich gemacht werden. Häufig drehen sich diese gespeicherten Erinnerungen um erotische Erinnerungen, mit deren Anziehungskraft sich die Clique einflussreiche Persönlichkeiten gefügig machen will.
    Die Schilderung derartiger Erlebnisse rutscht dabei niemals ins klischeehafte ab, sondern wirkt dadurch besonders intensiv, dass der Leser diese zumeist aus Sicht von Miss Temple wahrnimmt und so zusätzlich ihre eigenen Gedanken während des Durchlebens solcher fremden Erinnerungen erfährt. Positiv gefällt hier die Schilderung des Zwiespalts, den Miss Temple durchlebt. Einerseits ist sie von dererlei Aktivitäten angewidert, insbesondere durch den voyeuristischen Aspekt solcher fremder Erinnerungen, andererseits üben die Eindrücke eine besonders starke Anziehungskraft auf die bisher unberührte Landpomeranze aus.
    Negativ anzumerken ist der z.T. verwirrende Wechsel zwischen den verschiedenen POVs der Charaktere. Unproblematisch werden in den ersten drei Kapiteln Miss Temple, Kardinal Chang und Dr. Svenson eingeführt und ihre getrennte Verwicklung in die Aktivitäten der Clique geschildert. Nachfolgend kommt es aber teilweise dazu, dass ihre gemeinsamen Erlebnisse aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt werden und daher im Verlaufe der Erzählung auch zeitlichen Überschneidungen und Vermischungen auftreten.
    Zudem erschwert die Vielzahl der Namen und die unterschiedlichen Motive aller Handelnden das Lesen. An dieser Stelle wäre ein Personenregister eine äußerst hilfreiche Beigabe gewesen.
    Ab einem gewissen Punkt etabliert sich zudem ein gewisser Unglaube angesichts der Vielzahl von Zufällen und den Widrigkeiten, die die Hauptpersonen überwinden müssen, nur um kurze Zeit später vor dem nächsten Hindernis zu verzweifeln. Dennoch fiebert man so sehr mit den Protagonisten mit, dass man bereit ist, solcherlei Auffälligkeiten zu ignorieren, nur um noch tiefer in die unheilvollen Machenschaften der Clique vorzudringen und ihre Verschwörung aufzudecken.


    Insgesamt gesehen ist dieses Buch keinesfalls als leichte Lektüre zu empfehlen. Wer jedoch bereit ist, sich auf aktives Lesen einzulassen und sich von der Vielzahl der Handelnden nicht abschrecken lässt, findet einen spannenden Thriller in viktorianischer Atmosphäre vor, der mit seinen zahlreichen Wendungen keine Langeweile aufkommen lässt.


    Ich vergebe 4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ich fand es rundum gelungen. Angefangen von der Romanaufmachung im Schuber, über Sprache und eben der Story selbst. Mal gespannt was vom Herrn Dahlquist noch so kommt.


    Und auch gespannt bin ich was daraus verfilmt. Filrechte wurden ja schon veräussert. Ich fürchte schlimmstes :breitgrins:

  • Ich kann mir ehrlich gesagt keine Verfilmung vorstellen die an das Rankommt was ich mir in meiner Fantasie wärend des Lesens so zusammengesponnen habe. Auch die Schauspieler nicht ... ne von mir aus brauchts das nicht.^^

  • Ich bin schon sehr gespannt darauf, was bei einer Verfilmung herauskommen wird! Auch wenn ich mir gar nicht vorstellen kann wie und vor allem mit wem das geschehen könnte.


    Ich finde es interessant, wie weit die Meinungen zu dem Buch (mal wieder :smile:) auseinander gehen. Ich habe es mir letztes Jahr zu Weihnachten gewünscht und habe an den Tagen vor Heiligabend wohl 5mal täglich die Homepage zu dem Buch gelesen, weil ich es vor lauter Vorfreude kaum ausgehalten habe. Ich liebe einfach alles was die Atmosphäre des Viktorianischen Zeitalters rüberbringt und deswegen schien dies genau das richtige Buch zu sein. Und dann noch die Optik! Alles so liebvoll gestaltet mit den 10 Heftchen! Unter dem Weihnachtsbaum saß ich dann minutenlang und habe apathisch diesen Pappkarton gestreichelt... :herz:


    Zum Inhalt:
    Die ersten Hefte/Seiten konnten mich total fesseln, aber nach einer Weile fand ich die ganze Geschichte einfach nur noch zu übertrieben.. Und - wie auch schon gesagt wurde - merkt man einfach, dass Gordon Dahlquist ursprünglich für die Bühne schreibt, es war einfach vieles zu ausführlich beschrieben und zu schematisch für mich. Anfangs fand ich diesen Erzählstil total reizvoll, aber nach einigen Kapitel hat es mich nur noch genervt. Was ich wiederum klasse fand, war, dass ständig zwischen den Perspektiven der Charaktere gewechselt wurde. So hatte man öfters mal diesen "Aha!"-Effekt und so einiges schlüsselte sich dadurch nach und nach auf. Noch ein Plus: Das Buch in dieser Ausführung ist perfekt zum Partner-Lesen :breitgrins: Ich habe es gleichzeitig mit meiner Mutter gelesen und so konnten wir uns nach jedem Kapitel kurz austauschen, falls einer von uns zwischendurch den Faden verloren hatte.
    Trotzdem gibt es leider nur folgende Punktzahl (auch, wenn das Buch nun meine Kommode im Schlafzimmer schmückt und das ganze optisch echt aufwertet :zwinker: )
    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    ~ The world is quiet here ~

    Einmal editiert, zuletzt von WitchCookie ()

  • Ich lese den Dahlquist ja gerade (und anschließend auch den Nachfolgeband "The Dark Volume"). Ich finde ausführliche Beschreibungen nicht wirklich verkehrt, zumal in der adaptierten Zeit so etwas weitaus üblicher war als in der heutigen, durch MTV - Videoclips und deren Schnittfolge geprägten. Etwas gewöhnungsbedürftig scheint mir aber der Gegensatz zwischen sehr ausführlichem Erzählen und recht rasanter Action, die kaum einmal Ruheinseln läßt. Als Film kann ich mir das gut vorstellen, denn da wird vermutlich das Actionelement im Vordergrund stehen, während die viktorianische Betulichkeit vermutlich ausgeblendet werden dürfte. Ich fälle meine Urteile erst nach Beendigung - noch 200 Seiten der englischsprachigen PB - Ausgabe, die gottseidank in einem Band veröffentlicht wurde (ich hasse Zettelkram), liegen vor mir, aber als Unterhaltungsroman ohne inhaltlichen oder formalen Tiefgang finde ich das Buch ziemlich gut.


    Die abschließende Rezension findet Ihr hier.

    Einmal editiert, zuletzt von tinius ()

  • Nachdem das Buch erst mal eine Weile pausiert hatte, mir fehlte die nötige Ruhe dafür, habe ich es jetzt zu Ende gelesen und genossen. Den Kauf habe ich nicht bereut, vielen Dank an alle, die mir bei dieser Entscheidung geholfen haben.


    Das Flair des Buches hat es mir einfach angetan, es war toll darin zu versinken und der spannenden Handlung zu folgen. Über eine Fortsetzung würde ich mich auch freuen.

  • Hallo,


    ich hab heute das 1. Kapitel beendet und bin total gefesselt von der Geschichte.


    1.Kapitel
    Miss Temple mag ich sehr. Ich finde ihre Antworten genial. Sie schleicht immer ums Thema herum, obwohl sie doch keine Ahnung hat, worum es geht. In meiner Vorstellung ist Miss Temple allerdings schon etwas älter... gerissen aber hat doch etwas naiv junghaftes. Als 25jährige, die kaum älter ist als ich, mag ich sie mir kaum vorstellen.
    Die Geschichte ist sehr rasant. Schnell ist man im Geschehen drin. Alles ist sehr geheimnisvoll. Der Leser wird lediglich mit kleinen Hinweisbrocken gefüttert. So recht mag ich noch nicht zu ahnen, wohin das alles geht.
    Etwas verworren fand ich die Beschreibungen, wie Miss Temple von einem Raum in den nächsten gelangt. Irgendwann konnte ich nicht mehr folgen, wo sie sich eigentlich befand und welche Richtungen sie eingeschlagen hatte.