Mirjam Wilhelm - Die Liebenden des Lichts

Es gibt 22 Antworten in diesem Thema, welches 8.213 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • Vorweg: Sollte ich mit der Genre-Sortierung daneben gegriffen haben, bitte verschieb es, nimue, ja?!


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    Kurzbeschreibung


    Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Gerta, bürgerliche Fabrikantentochter aus Leipzig, und André, ungarischer Jude und überzeugter Kommunist, dessen kostbarster Besitz eine Leica ist. Sie träumt von einem Leben im Luxus. Er träumt davon, der größte Fotograf aller Zeiten zu werden. Als die beiden jungen Menschen im Paris der dreißiger Jahre aufeinander treffen – im kulturellen Umfeld von Hemingway, Anais Nin und Henry Miller –, werden sie ein Liebespaar, dessen Leidenschaft ebenso groß ist wie alle Gegensätze. Um der Armut zu entgehen, entwickelt Gerta einen grandiosen Plan: Sie erfindet den amerikanischen Fotografen Robert Capa (in Wirklichkeit der erfolglose André), der später die weltberühmte Bildagentur MAGNUM gründet. Bald schon sind Capas Bilder gefragt wie nie zuvor. Zunächst fotografiert auch Gerta unter dem Namen Capa. Doch dann geht die eigenwillige Frau ihre eigenen Wege und wird die erste Bildreporterin an der Front. Zerwürfnisse, Konkurrenz und Eifersucht prägen die Beziehung des attraktiven Paars. Ihre Fotos vom Spanischen Bürgerkrieg rütteln die Welt auf. Von einer großen, tragischen Liebesgeschichte im Umfeld von Faschismus und kultureller Erneuerung, aber auch von der leidenschaftlichen Liebe zur Fotografie erzählt dieser Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht...

    Meine Meinung


    "Die Liebenden des Lichts" ist ein ganz wunderbarer, sehr stimmungsvoller Roman, der sicher zu meinen Highlights 2006 zählen wird.


    Stil und Sprache haben mir außerordentlich gut gefallen. So wird durch den ständigen Perspektivenwechsel zwischen den beiden Hauptpersonen von Beginn an eine fesselnde Spannung aufgebaut, die bis zum Ende bestehen bleibt.
    Mirjam Wilhelm schafft eine sehr dichte und einzigartige Atmosphäre, die alles in deutlichen Bildern vor dem inneren Auge des Lesers erscheinen lässt. Gerade dadurch wurde ich getröstet, dass es keine Abbildungen der Fotografien von Bandi und Gerta in disem Roman gibt. Sie sind auch gar nicht wirklich nötig, da die Beschreibungen sehr detailliert und anschaulich sind. Ich bin wirklich begeistert!


    Für die Entwicklung der Charaktere hat sich die Autorin unheimlich viel Zeit gelassen und das kommt dem Roman wirklich zu Gute. Gerta und Bandi binden den Leser sehr schnell und sehr eng an sich und im Laufe der Zeit zeigen sich Facetten der Charaktere, mit denen man nie gerechnet hätte.


    Auch wenn die 30er Jahre dunkel und bedrohlich waren, fehlt der Humor und die Leichtigkeit des Lebens nicht. Das Buch strahlt trotz der düsteren, unheilvollen Aspekte unheimlich viel Hoffnung und Leben aus! Hoffnung, Liebe und Glück neben Gewalt, Verfolgung und Diktatur könnten Schwarz-Weiß-Malerei befürchten lassen, aber genau das hat die Autorin vermieden und einen wirklich ausgewogenen Roman geschaffen.


    Sehr interessant fand ich die vielen berühmten Namen, bei denen ich beim Großteil nicht wusste, dass sie zu der Zeit gelebt haben. Sie sind wundervoll in die Geschichte eingebunden und bringen den Leser immer wieder zum Staunen.


    Leider gibt es ein kleines Manko. Man erfährt leider nicht, was in diesem Roman Fiktion und was Realität ist. Sieht man sich die Biographien der beiden Hauptpersonen an, die im Internet zu finden sind, trifft man auf viele Widersprüche...


    Fazit: Jeder, der auch nur das geringste Interesse an diesem Thema hat, sollte dieses Buch unbedingt lesen!


    Bewertung


    5ratten

    Liebe Grüße<br />Melli

  • Hallo,


    "Die Liebenden des Lichts", war ein sehr schönes Buch, welches ich sehr genossen habe. Erst einmal weil es eine wahre Geschichte ist und diesem Buch noch mehr Leben einhaucht. Dann die Kombination aus Geschichte und Liebe, die perfekt ist. Interessant fand ich auch die Erwähnung anderer real existierender Personen, wie Hemingway, Brecht und die ganze bohemische Gesellschaft. Ich bin eigentlich überhaupt kein Fan von Paris, aber Mirjam Wilhelm hat es geschafft, in mir den Wunsch zu wecken, genau in diesem Moment in einem Pariser Café auf dem Mont Matre zu sitzen und mit vielen interessanten Menschen über das Leben zu philosophieren. Mirjam Wilhelm kann Situationen beschrieben und den Leser verführen sich darin fangen zu lassen. Die Protagonisten haben ihre positiven, wie auch ihre negativen Seiten und das Ende der Liebesgeschichte ist ohne Frage sehr tragisch, aber wäre es nicht so, wäre die Geschichte auch weniger romantisch. Eine grausame These, aber in den meisten Fällen wahr. Wer liest nicht lieber eine tragische Liebesgeschichte, als eine langweilige. Ich für meinen Teil empfand den Spanien-Teil gar nicht so kurz, denn ich bin nicht gerade ein Freund von Beschreibungen von Kriegsgeschehen.
    Alles in allem, ein sehr schönes Buch das ich gerne weiterempfehlen werde.
    Ganz klar: 5ratten


    Viele Grüße Tina

  • Hallo,


    vor kurzem habe ich zusammen mit Tina und Cait eine Minileserunde zu Mirjam Wilhelms Buch "Die Liebenden des Lichts" gemacht...
    Eine Inhaltsbeschreibung hat ja Cait weiter oben schon geschrieben, daher nur meine persönlichen Eindrücke:


    Mir hat die Mischung aus zwei Biographien, Liebesgeschichte und Ausflug in das Paris der 30er Jahre (voller Flair) und die bedrückende Stimmung in Deutschland rund um die Machtergreifung Adolf Hitlers sehr gefallen.
    Interessant waren vor allen Dingen auch die berühmten Persönlichkeiten der damaligen Künstlerszene, die die Geschichte immer wieder gestreift hat.



    Mirjam Wilhelm kann Situationen beschrieben und den Leser verführen sich darin fangen zu lassen.


    Treffender kann man es nicht beschreiben! Mirjam Wilhelm erzählt eine äußerst dichte Geschichte, in die man komplett eintaucht... Man bekommt richtig das Gefühl, an den Ereignissen teilzuhaben und die einzelnen Personen tatsächlich ein bißchen kennenzulernen.
    Mag sein, dass einen hierbei die ein oder andere fiktive kleine Geschichte historisch/biographisch irreführt - aber das schadet überhaupt nicht! Die Figuren sind geradezu greifbar und man lernt "Hem" eben mal anders kennen, nämlich bissig und nicht gerade redselig, was (seine) Literatur angeht oder man begreift Anais Nin als fragile und trotzdem lebensfrohe Frau, die ihre Therapeuten manchmal nicht so sehr schätzt wie ihre Tagebücher...
    Der Ausgang der Geschichte ist bekannt, aber deshalb nicht weniger tragisch. Gefallen hat mir hier besonders, dass ein tröstendes Detail ganz zum Ende auf uns wartet... Es wäre (vor allem für Robert Capa) schön, wenn dies tatsächlich so gewesen wäre!


    Ein rundherum tolles Buch! 5ratten


    Liebe Grüße
    dubh


    PS. Und von wem ist jetzt bloß dieses Bild? :zwinker:

    Liebe Grüße

    Tabea


  • PS. Und von wem ist jetzt bloß dieses Bild? :zwinker:



    Vielleicht klärt uns dieser Fund ja endlich darüber auf. :zwinker:


    Ich habe das Buch heute beendet und bin genauso begeistert wie ihr. Ein ganz wundervolles Buch. Auch wenn sich Mirjam Wilhelm viele Freiheiten nimmt und viele Fakten ändert oder etwas verdreht, ist das Buch einfach sehr schön und stimmungsvoll erzählt.
    Die 30er Jahre werden mit diesem Roman so lebendig und so fesselnd erzählt, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann. Die düstere Stimmung in Berlin, kurz vor und nach der Machtübernahme von Hitler, steht im totalen Kontrast zur Extravaganten, sehr sinnlichen Atmosphäre Paris.
    Die Figuren sind wundervoll und sehr lebendig gezeichnet. Die Liebe kommt nicht zu kurz auch, und vor allem, die körperliche nicht. :zwinker:.
    Sehr gut hat auch mir gefallen das wir hier bekannte Persönlichkeiten näher "kennen lernen" durften: Anais Nin, Henry Miller, Hem(ingway) und natürlich die beiden Hauptfiguren Gerda Taro und Robert Capa.


    Nach dem Lesen war ich geradezu süchtig danach die Fotos anzusehen die hier beschrieben werden. Und auch die echte Gerta und den echten Capa mal zu sehen. Leider habe ich nur ein Bild von Gerta gefunden und auch auf diesem ist sie nicht besonders gut zu erkennen. Robert Capa ist einfacher zu finden und die Bilder, die die beiden gemacht haben, sind eh nur einen klick entfernt :zwinker:.


    Dieses Buch ist absolut empfehlenswert :klatschen:


    5ratten


    Hier habe ich ganz interessante Bilder der beiden gefunden, leider nur auf spanisch.

    Einmal editiert, zuletzt von Flor ()

  • Vielleicht klärt uns dieser Fund ja endlich darüber auf. :zwinker:



    Hallo Flor,


    vielen Dank für den interessanten link! Da kann man nur hoffen, dass es bald mal wieder eine (neue) Ausstellung von Capa/Taro gibt... Abgesehen davon sind die Hintergründe der Fotos auch sehr interessant. Ich glaube ja, dass das oben angesprochene Bild echt ist und vielleicht von Gerda Taro stammen könnte.


    Außerdem freut es mich sehr, dass Dir das Buch ebenfalls so gut gefallen hat! Die Sucht nach den Photographien der beiden im Anschluß kann ich übrigens nur bestätigen. :smile:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • dubh
    Kennst du schon diesen Artikel?
    Den finde ich ganz interessant, auch wenn ich mich nicht durch alle Seiten gelesen habe. Aber gerade die Fotos auf der verlinkten 2. Seite sind sehr berührend.
    Diese beiden Bilder werden ja auch im Buch verarbeitet. Einmal das Bild das, laut Mirjam Wilhelms Geschichte, von Gerta stammen soll und das andere, nicht so berühmte da zu spät abgedrückte, von Robert Capa.

  • Die Personen Gerta Taro und Robert Capa dienen als Grundlage dieser Geschichte, wobei die Biografien von der Autorin wohl ein wenig freier umgesetzt worden sind, dies ist jedoch nebensächlich.
    Der Leser erhält einen wunderbaren Einblick in die Zeit von Paris in den 1930er Jahren, wobei man diesen Einblick als intensiv beschreiben kann.
    Intensiv ist die Liebe von Gerta und Robert zueinander, zur Fotografie, zum Leben und der Wahrheit.
    Die Geschichte reduziert sich jedoch nicht nur auf die Liebesgeschichte und die Atmosphäre des vergangenen Paris, sie ist gleichzeitig ein Plädoyer für den freien Journalismus. Liest man die Tageszeitung weiß man wie aktuell das Thema gerade heutzutage wieder ist.


    5ratten

  • Hallo Papyrus,


    freut mich sehr, dass Dir das Buch so gut gefallen hat! Ich habe es mir erst vor einigen Wochen noch mal als Hardcover besorgt, das Taschenbuch so a) nicht mehr wirklich gut aus und ist b) schon länger verliehen... :rollen: Sicher ist sicher! :breitgrins:
    Und das mit dem freien Journalismus ist sehr, sehr wahr. Hoffentlich findet das Buch noch einige LeserInnen - es hat sie verdient.


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Es beginnt mit einem Kuss, der eigentlich gar keiner ist. 1931 marschieren in Leipzig schon SA-Leute auf, dem jungen Fotografen André "Bandi" Friedmann sind sie zutiefst suspekt, und ihm gelingt es, einen Überfall auf eine wehrlose Frau mit seiner Kamera festzuhalten. Um den Nazischlägern nicht aufzufallen, verbirgt er die Kamera und drückt dem jungen Mädchen, das entsetzt in der Nähe steht, einen stürmischen Kuss auf die Lippen.


    Gerta Pohorylle, "höhere Tochter" aus einer Fabrikantenfamilie, ist gerade aus ihrem entsetzlich langweiligen Schweizer Pensionat zurückgekehrt, nachdem sie dort für einen Skandal gesorgt hat, und reist bald zu ihrer Tante nach Paris, die dort beste Kontakte zur Hautevolée hat und ihre Nichte am liebsten bestens verheiraten möchte.


    An den Leipziger Fotografen, der inzwischen bei seiner Fotoagentur eine ganz ordentliche Karriere hingelegt hat denkt Gerta ab und an noch - bis er ihr in Paris wieder über den Weg läuft, wohin er vor den erstarkenden Nazis schließlich geflohen ist ...


    Die beiden Protagonisten sind nicht erfunden, sie wurden als Robert Capa und Gerta Taro mit erschütternden Kriegsfotografien weltberühmt. Mirjam Wilhelm setzt den beiden mit diesem wunderbaren Roman ein würdiges Denkmal und stellt die beiden so glaubwürdig dar, als hätte sie sie persönlich erlebt. Beide sind hitzköpfig, risikofreudig und willensstark. Bandi ist ein wahrer Lebenskünstler, der sich immer irgendwie durchwurschtelt, und mit Hartnäckigkeit und Einfallsreichtum immer wieder Gertas Herz zu gewinnen sucht. Ganz ohne Kitsch erzählt Mirjam Wilhelm die Geschichte dieses mutigen Paares, das sich in den Dienst der Wahrheit gestellt hat, wobei sie sehr viel Raum lässt für die Entwicklung ihrer Figuren.


    Die bekannten Orte, an denen der Roman spielt, die Menschen, mit denen die beiden zusammenkommen (darunter zahlreiche Künstler und Kultfiguren wie Ernest Hemingway, Anaïs Nin oder Sylvia Beach) und die historischen Ereignisse, die den Hintergrund bilden, bleiben nicht bloß Staffage und Namedropping, sie werden richtig lebendig.


    Dieses Buch berührt, erschüttert, nimmt den Leser mit hinein ins Leipzig und Paris der 30er Jahre und in den spanischen Bürgerkrieg und ist eins dieser seltenen, herrlichen Bücher, die man langsam und häppchenweise lesen möchte, damit sie nicht so schnell zu Ende gehen.


    5ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo Valentine,


    eine tolle Rezension - es freut mich sehr, dass Dir das Buch ebenfalls so gut gefallen hat!



    Dieses Buch berührt, erschüttert, nimmt den Leser mit hinein ins Leipzig und Paris der 30er Jahre und in den spanischen Bürgerkrieg und ist eins dieser seltenen, herrlichen Bücher, die man langsam und häppchenweise lesen möchte, damit sie nicht so schnell zu Ende gehen.


    Das trifft den Nagel auf den Kopf! Ebenso wie Deine Feststellung, dass die großen Namen nicht nur Staffage, sondern sehr lebendig sind. Hach, nach Deinen Sätzen hab' ich wieder richtig Lust auf dieses Buch! :herz:


    Liebe Grüße
    dubh


    PS. Schade ist eigentlich bloß, dass Mirjam Wilhelm bei BasteiLübbe gelandet ist - dieser Verlag ist meiner Meinung nach für so ein Buch definitiv der falsche.

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Inzwischen achte ich eher wenig auf die Verlage, denn auch bei den eher "schundigen" (sorry) Verlagen gibt's gelegentlich kleine Perlen.


    Und rate mal, wer mich auf das Buch gebracht hat - Deine Tips kann ich allmählich wirklich blind kaufen ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich lese "Die Liebenden des Lichts" momentan und bin sehr angetan. Vor allem die lebendige Schilderung der Zeit in der die Handlung spielt gefällt mir sehr gut. Da mein Seminar in der Uni zum Teil zeitlich passt (Wobei es da um die Weimarer Republik ging), ist das für mich zum Teil auch in der Hinsicht recht interessant. Außerdem finde ich es spannend da es sich hier ja um reale Personen handelt.^^ Bisher hatte ich von den Beiden jedoch ehrlich gesagt nichts gehört, muss aber sagen das es der Autorin gelungen ist die Geschichte in einen guten Roman umzuwandeln. Man hat richtig Lust weiter zu lesen und vor allem herauszufinden wann die Beiden endlich wieder aufeinander treffen werden :breitgrins:
    Momentan bin ich erst auf Seite 140. Ich werde aber schon bald weiterlesen.^^

  • @ Holden: Viel Spaß weiterhin bei der Lektüre! Ich kann mir eigentlich nicht wirklich vorstellen, dass Dir das Buch nach 140 Seiten nicht mehr gefallen könnte... Und ich freue mich mal wieder, dass es eine Leserin mehr gefunden hat! :klatschen:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Mittlerweile hab ich das Buch gelesen und daher hier nun meine Meinung:


    Soviel Leidenschaft und Liebe in einen Roman zu stecken ohne das es kitschig wird, da zu gehört schon etwas! Frau Wilhelm ist das so lebendig gelungen, wie das nur selten ein Autor schafft. Sie lässt dabei auch die Zeit in der das Liebespaar lebt wiederauferstehen und so hat man auch die glänzende, schillernde Fassade des dekadenten Lebens der Pariser Exilanten das Gerta zum Teil führt direkt vor Augen.


    Die Zeit scheint nur so da hinzu rasen, wie auch die Zeit die das Paar gemeinsam verbringen kann. Gerta stirbt viel zu früh und man merkt im Rückblick jeden einzelnen kostbaren Moment den sie gemeinsam verbringen durften. Der Roman ist berauschend, traurig aber auch impulsiv und erotisch. Das echte Leben scheint wohl doch die besten Geschichten zu schreiben. Die Autorin erzählt ihre Geschichte und verwebt dabei unmerklich Fiktives mit den echten Begebenheiten. Dies gelingt ihr vortrefflich und so hat man nicht nur einmal den Eindruck, so könnte es gewesen sein. Ich glaube so würdigt sie die Beiden am besten, in dem sie versucht die Menschen dahinter und vor allem auch ihre tiefen Gefühle zu einander zu zeigen. Ich fand es ganz wunderbar!


    4ratten

  • Nachdem ihr hier alle so begeistert seid von diesem Buch wandert es mal auf die Wunschliste - mal sehen wann es dann in eines meiner Regale spaziert. Klingt wirklich sehr schön die Beschreibung(en)

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • So, dann werd ich doch auch mal den Versuch wagen, meine Ansicht bezüglich dieses Werkes zu formulieren.


    Kleiner Nachtrag: Diese Rezi sollte vielleicht nicht ratsamerweise bei Nichtkenntnis des Buches und gleichzeiter Absicht, es kennenzulernen, gelesen werden. :zwinker:


    Wobei mit diesem Satz, in dem ich Mirjam Wilhelms Die Liebenden des Lichts höflich als "Werk", ohne denkbare, weil plausible Präfixe wie Mach-, Schund- oder Adjektive wie enttäuschend oder kläglich, bezeichne, eigentlich mein Empfinden bei diesem Buch etwas unterminiert wird.


    Das Konzept, historische Persönlichkeiten mit einem möglichen, fiktiven, letztenendes auf jeden Fall spannenden Werdegang zu versehen, stößt bei mir indes gar nicht mal auf taube Ohren, oder besser blinde Augen - noch gerade eben habe ich den dreistündigen Director`s Cut von Amadeus, dem Film über Mozart und seinen Nebenbuhler zu Hofe Joseph II., Antonio Salieri.


    Daher würde ich Frau Wilhelm auch keineswegs den, z. B. laut Amazon-Rezis aufgekommenen, Vorwurf machen, sich prägnanter Namen und historisch bedeutsamer oder zumindest bemerkenswerter Persönlichkeiten zu bedienen, um ihre Romankutsche mit erfolgversprechenden Zugpferden auszustatten.


    Dumm, ja regelrecht tragisch nur, dass die Autorin unter der somit sich selbst installierten Messlatte, nämlich bei Adaption der Biographien berühmter Pioniere der Fotografie auch letzterer einen gebührenden Platz, der fiktiv nachempfundenen Vita, ja dem Alltag beider Progatonisten auch eine angemessene, vom Leser - zumindest von mir - erwarteten und ersehnten, Faszination für diese Kunst einzuräumen. Bildhaft gesprochen, hatte ich also ursprünglich gehofft, die Autorin würde diese Messlatte namens "Biografien berühmter Fotografen" um 90° Grad herumdrehen und die Fotografie, als aus damaliger Sicht aufkeimende Kunst und gleichzeitig als moderne Erscheinung der medialen Kriegsführung, sich wie eine Kletterrose um einen Paravent winden lassen.


    Leider kam es mir anstelle dessen so vor, als würde die Autorin auch mit noch so viel Anlauf, beim Versuch diese Messlatte im Sprung zu überwinden, mit meterweitem Abstand darunter hindurchrutschen und eine satte Bauchlandung im Matsch, der aus schriftstellerischem Mittelmaß und diversen narrativen Placebos besteht, vollführen.


    Ebenjene erzäherlischen Notausgänge bestanden dann aus meiner Sicht zuallervorderst darin, dass die Protagonisten weniger als visionäre Künstler und vielmehr als typisch hedonistische, manchmal lauwarme, amorphe, sehr oft allerdings einfach nervtötende Teenager hingestellt werden - kurz gesagt, nervt es einfach unwahrscheinlich, dass es in dem Buch so dermaßen oft um Sex geht, dass ich mir schon beinahe einen Pornofilmmarathon gegönnt hätte, um mal auf andere Gedanken zu kommen.


    Genaugenommen denke ich bei diesen Schilderungen eigentlich vornehmlich an Gerta, deren gedankliche Beschäftigung mit Sex später in Paris ungefähr so zeitintensiv und damit enervierend wie die Schilderung ihrer ersten fotografischen Schritte, die ihr so leicht und nebenher von der Hand gehen, dass man sie instinktiv für eine Touristin hält, der es nur darum geht, zu dokumentieren, dass sie in der Stadt der Liebe war, nebensächlich und damit ebenso enttäuschend für den Leser wirkt. Aus Gertas Sicht sollte es zudem wohl eher die Stadt der Hintertürchen genannt werden, denn als sie im späteren Verlauf des Buches Bandi auffordert, bei ihr doch mal den Dienstboteneingang auszuprobieren, woraufhin dieser regelrecht in eine humanistisch-existentielle Krise stürzt, ist spätestens der nächste Zeitpunkt erreicht, an dem ich der Autorin nur die Einnahme bewusstseinsverändernder Substanzen während des kreativen Prozesses unterstellen kann - nicht zuletzt, um ihrer schriftstellerischen Integrität willen.


    Der fürsorgliche Vater, der allerlei Unkosten auf sich nimmt, um seine Tochter kompatibel zum Umgang der high society zu machen - von der er, wie wir später erfahren, allerdings selber, aus seinem familiären Umfeld heraus, nichts hält, genausowenig wie von der Vorstellung, auf jedwede Art Teil selbiger zu sein -, erkennt innerhalb einer Sekunde an, dass seine liebliche filia wohl doch nichts damit anfangen kann.
    Also ab mit ihr ins high life nach Paris - hier soll die Tochter auf gar keinen Fall mit der Voluptas, die auf den Namen Amalia hört, zusammenziehen. Und obwohl Tante Terra prinzipiell von den Eltern so genau instruiert wurde, dass sie sogar den Verdauungsrhythmus Gertas kennen müsste, spricht zu keinem Zeitpunkt irgendwas dagegen, dass sie regelmäßigen und intensiven Umgang mit Amalia hat.


    Warum also dieser herbe Widerspruch, Frau Wilhelm? Ach ja, natürlich, Gerta muss ja bei Tante Terra und Onkel John wohnen, um auf Jonathan zu treffen - auf dass ein Paradebeispiel gesellschaftlicher Inkompatibilität und dem daraus resultierenden Herzensschmerz bedingt durch Standesdünkel sowohl zwischen Gerta und ihren Gefühlen für Bandi, aber auch zwischen Gerta und Jonathan - dessen Familie eigentlich auch zu gut für sie ist -, vor allem aber aus Gertas Sicht zwischen Bandi und Jonathan, losbricht, von dem selbst Autorinnen vom Schlage einer Elizabeth Gaskell wohl noch lernen könnten.



    Obwohl unserer Julia allerdings eigentlich, nachdem sie sich erwartungsgemäßg für den bettelarmen, aber bildhübschen Romeo entscheidet, alle gesellschaftlichen und zum Reichtum Zugang verschaffenden Türen explizit vor der Nase zugeschlagen werden, stehen ebendiese, nachdem sie sich mit ihrem Seelenverwandten verkracht hat, allerdings wieder himmelweit offen - gut so, denn auch der an dieser Stelle längst aller Faszination, frohen Lesererwartungen und schlichtweg Authentizität entledigte Plot bedarf ja wieder mal eines Schlupfloches, durch das er hindurchschlüpfen kann, um wieder an Fahrt aufzunehmen.
    Will sagen, dadurch, dass Gerta sich nun also mit allen, die sie eigentlich im Stich gelassen und hintergangen hatte, wieder blendendst versteht, kann unsere Geschichte also auch fortgeführt werden - so erhält Gerta also vom eigentlich so klinisch sauberen, ja sterilen und schier anämischen Jonathan die für seine Verhältnisse verdächtig kreative Idee mit den Pseudonymen.


    Vielerlei weitere solche plottechnischen Ungereimtheiten, stilistischen Unsauberkeiten und nicht zuletzt die sehr enttäuschte Erwartung, eines vom damaligen Zeitgeist, besonders also den politischen Begebenheiten, geprägtes Fotografenleben ausgemalt zu bekommen, haben also für mich dazu geführt, dass dieses Buch ein ziemlicher Reinfall gewesen ist.


    Man könnte meinen, die ganze Recherche zu diesem Buch hätte aus der Lektüre der, von der Autorin selbst angeführten, Biografien von Robert Capa und Gerta Taro, einem Geschichtsbuch über den zweiten Weltkrieg, einem Nackenbeißer oder irgendwie gearteten Erotikroman und eventuell einer Straßenkarte von Paris bestanden.


    Leider hätte die Autorin die beiden Biografien in zudem engerer Verbindung mit dem Geschichtsbuch deutlich intensiver berücksichtigen sollen und den erotischen Groschenroman einfach gänzlich außen vor lassen - die Straßekarte wurde, so weit ich das beurteilen kann, ganz adäquat literarisch absorbiert.


    1ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Hildegunst ()

  • Holla na das nenn ich mal einen Verriss. ;) Ich denke Du bist sicher auch mit anderen Erwartungen an diesen Roman herangegangen als ich z.B. Ich hab eine Liebesgeschichte erwartet und bekam eine.^^ Zugegebener Maßen hatte ich mich aber vorher mit den beiden Künstlern noch nie beschäftigt, weil ich sie nicht kannte.

  • :klatschen:
    Wow Hildegunst, was für eine Rezi! Ich fühle mich jedenfalls glänzend unterhalten :zwinker:


    Leider hätte die Autorin die beiden Biografien in zudem engerer Verbindung mit dem Geschichtsbuch deutlich intensiver berücksichtigen sollen und den erotischen Groschenroman einfach gänzlich außen vor lassen - die Straßekarte wurde, so weit ich das beurteilen kann, ganz adäquat literarisch absorbiert.


    Dieser Satz! Genial! :totlach:


    Trotzdem: Wie Holden denke ich, dass deine Erwartungen einfach sehr weit an der literarischen Wirklichkeit dieses Romans vorbeigegangen sind, bzw. du Ansprüche stellst, die dieser nicht erfüllen kann! Die Widmung Mirjam Wilhelms hat mich kurz stutzig gemacht, aber die restliche Aufmachung, zumindest meiner Ausgabe, spricht eine klare Sprache: Das wunderschöne Titelbild (ich liebe dieses Bild wirklich, ich werde es mir wohl kaufen und meine Wohnung damit zieren, ich glaube, es gibt auch ein Puzzle), der Titel "Die Liebenden des Lichts" und ein Klappentext der ankündigt:

    Zitat

    Ihre Liebe geht über den Tod hinaus.

    (Der Verlag Lübbe wäre ein weiterer Hinweis, allerdings kann auch der schlimmste Schundverlag mal einen Glücksgriff tun, und wenn mich nicht alles täuscht, hat Lübbe ja auch mal David Lodge verlegt, der ein ganz anderes literarisches Kaliber darstellt!)
    Die Genrezugehörigkeit ist klar (und wird bei der Lektüre immer klarer): Es ist ein Liebesroman (im gängigen Verständnis, denn natürlich haben auch große Autoren unvergleichbare Liebesromane geschrieben, die man anders kategorisieren müsste).

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    Und da ich ihn als solchen gelesen habe, mit dem einzigen Ziel, mich unterhalten zu lassen, bin ich begeistert! Zwar ist meine Erfahrung in diesem Bereich sehr beschränkt, aber selbst mir erscheinen die typischen Entwicklungen offenkundig: Die reiche Göre, die mehr vom Leben will, der arme Rebell, der einen großen Traum verfolgt (und natürlich so viel interessanter ist, als sein konventioneller Gegenpart). Dass diese beiden Protagonisten zufällig die Namen Gerta Taro und Robert Capa tragen, ist für mich ein interessantes Gimmick.
    Nichts anderes sehen wir in den historischen Liebesschnulzen, in denen ewig gleiche Strukturen von immer neuen Persönlichkeiten heruntergelebt werden. Dass dies, wie überhaupt das Auftreten realer Figuren in fiktionalen Werken, einmal besser und einmal schlechter gelöst wird, und teilweise auf Aspekte beschränkt wird, die allein die gesamte historische Person natürlich nicht fassen können, ist klar.
    Von Capa kannte ich nur das Foto des gefallenen Soldaten. Gerta Taro kannte ich eigentlich überhaupt nicht, beide sind mir nur am Rande bei sonstigen Recherchen begegnet. Von daher: Natürlich denke ich jetzt nicht, die beiden oder ihr Werk näher zu kennen. Aber alleine mein Interesse, mich damit auseinanderzusetzen, ist geweckt worden.


    Und natürlich bieten die beiden für einen Liebesroman noch weitere verwendbare Eigenschaften: Er Jude, sie anscheinend Arierin, die Zeit selbst peppt das Setting auf und belebt es. So werden historische Entwicklungen gestreift und das Paris der 30er Jahre mit seinen illustren Zeitgenossen (Nin, Miller, Hemingway) bietet die Kulisse für die sich entwickelnde Romanze.
    Und natürlich kann man bekritteln, dass all dies, wie auch die Kunst der Fotografie, in den Dienst dieser Romanze gestellt wird und als eigenständiges Thema quasi nicht existieren. Die Figuren gewinnen dadurch natürlich an mehr Tiefe, als es in einem 08/15 vergleichbaren Produkt der Fall ist. Dass sie selbst dabei mehr als Typen und Klischees auftreten, ja, viel anderes war nicht zu erwarten. Trotzdem: Der Leser, der unterhalten werden will, kann sich fortreissen lassen, kann mitschwärmen und mitleiden, kann beide Figuren lieben lernen und ihre Hoffnungen teilen. Ein anderer als dieser identifikatorische Zugang wird nicht möglich sein, ist vermutlich weder nötig noch gewünscht, um die Sogwirkung entstehen zu lassen.



    kurz gesagt, nervt es einfach unwahrscheinlich, dass es in dem Buch so dermaßen oft um Sex geht, dass ich mir schon beinahe einen Pornofilmmarathon gegönnt hätte, um mal auf andere Gedanken zu kommen.


    Ach du, so oft geht es gar nicht darum. :zwinker: Ich finde die Szenen ok, teilweise sehr schön, teilweise musste ich doch auch mal die Stirn runzeln, einmal nur erschien es mir sehr erzwungen. Gut, mich hat es nicht gestört. Seltsamer hätte ich gefunden, hätten sie bei all dieser glühenden Leidenschaft und unendlichen Liebe überhaupt nicht miteinander geschlafen (oder schon, aber leider nur zwischen Kapitelende und Kapitelanfang siehe Twilight :breitgrins:
    Im Übrigen denke ich, dass du mit deiner Einschätzung der vorhergehenden Lektüre der Autorin wohl nicht allzu falsch liegen kannst. :zwinker:


    Alles in allem halte ich "Die Liebenden des Lichts" (der Titel ist doch wirklich furchtbar) für einen wunderbaren Liebesroman, vielleicht sogar Schnulze (zumindest stellenweise :smile:), der durch das ungewöhnliche Setting und die interessanten Protagonisten viel gewinnt. Man fiebert mit und vergießt wohl die ein oder andere Träne, die Figuren wachsen einem ans Herz und darüber hinaus wird man scheinbar angehalten, sich mit diesen überaus interessanten historischen Figuren auseinanderzusetzen.


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Auch ungelebtes Leben<br />geht zu Ende<br />- Erich Fried

  • Hallo miteinander,


    das Buch habe ich heute angefangen zu lesen. Eigentlich wollte ich das erst im zweiten Halbjahr tun, aber ich habe gesehen, dass es zu Gerda Taro eine aktuelle Ausstellung im Stuttgarter Kunstmuseum gibt: Klick
    Da muss ich natürlich noch hin, bevor sie zu Ende ist.


    Grüße von Annabas :winken: