Maria Campbell – Cheechum's Enkelin

  • Autobiographie einer kanadischen Halbindianerin


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    Das Buch erschien im Original 1973 und endet ungefähr ein halbes Dutzend Jahre früher, umfaßt damit – abgesehen von einigen kurzen Ausflügen in die Familiengeschichte – im wesentlichen Marias Leben bis sie etwa 27 war. Sie entstammt einer Métis-Familie in Sasketchewan, die als Mischlingsnachfahren vorwiegend europäischer Pelzhändler und indianischer Frauen wohl inzwischen als eigenes Volk anerkannt sind. Das Leben der Métis ist von ziemlicher Armut gekennzeichnet, das gilt also auch für Marias Kindheit und Jugend, die aber dank einer liebevollen Familie und einer großen Solidarität der gesamten Gemeinschaft durchaus glücklich wirkte.


    Die Probleme beginnen mit dem frühen Tod der Mutter. Maria als die älteste von acht Geschwistern übernimmt die Verantwortung, der Vater bringt aber nur selten genug Geld heim. Als die Behörden auf die Familie aufmerksam werden und Maria als „zu jung“ bezeichnen, um sich um ihre Geschwister zu kümmern, sieht sie den einzigen Ausweg in einer Heirat mit einem ungeliebten Mann, zu dem sie die Brüder und Schwestern mitnimmt. Daß die Ehe sehr schnell und sehr gründlich scheitert, ist daher nicht verwunderlich. Maria und ihre Geschwister werden auseinandergerissen, die Kleinen kommen in diverse Pflegeheime, ohne daß dem Vater oder Maria Kontakt erlaubt wird.


    Maria, inzwischen selbst Mutter einer Tochter, gerät nach und nach völlig auf die schiefe Bahn: von Gelegenheitsjobs (schließlich hat sie keine Ausbildung) auf den Strich, von Alkohol über Tabletten zu harten Drogen, zwei Entziehungskuren, immer wieder Rückschläge und wenige echte und viele falsche Freunde, die ihren Teil zur Entwicklung beitragen. Erst mit Kontakten in die Métis-Bewegung und der Bekämpfung ihrer Alkoholsucht ist Maria in der Lage, auch ihr privates Leben wieder so weit zu ordnen, daß es ihr so etwas wie Ruhe bringt.



    Es ist wirklich erstaunlich, was ein Mensch alles aushalten kann und aus welchem Dreck er sich wieder hochziehen kann. Es muß Maria Campbell wahnsinnig viel Kraft gekostet haben, allerdings habe ich mich während des Lesens des öfteren gefragt, was davon durch ethnische Herkunft bedingt ist. Vieles könnte so oder ähnlich sicher auch in anderen Ländern und Gesellschaften passieren. Das macht es als persönliches Schicksal nicht leichter, aber ich hätte mir gewünscht, mehr über die besonderen Bedingungen dieses Volkes zu erfahren. Im Abschnitt über ihre Kindheit, der im Verhältnis sehr viel umfangreicher geraten ist als die Jahre ab etwa 18, spielt die Lebensweise noch eine größere Rolle und vermittelt wirklich interessante Einblicke. Leider ist dann gerade der letzte Teil, in dem sie mit ihrem sozialen/politischen Engagement beginnt, so kurz, daß er eigentlich nur noch aus einer Auflistung von Leuten besteht, die sie kennengelernt hat. Ich weiß nicht besonders viel (um nicht zu sagen: gar nichts) über die Politik der kanadischen Bundesstaaten bzw. der Zentralregierung im Hinblick auf die Indianer und Métis seit den 1970er Jahren, also die Zeit nach dem Ende dieses Buches. Zu deren Gunsten will ich aber hoffen, daß der menschenverachtende Umgang mit diesen Bevölkerungsgruppen, der sich hier so demütigend zeigt (selbst wenn ich gewillt bin, etwas Übertreibung abzuziehen), der Vergangenheit angehört ...


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen