Necla Kelek - Die fremde Braut

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.676 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von leseliese.

  • Hallo!


    Ich lese momentan folgendes Buch:


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    Necla Kelek - Türkin - berichtet vom Leben der türkischen Frau in der Türkei, aber insbesondere auch hier in Deutschland.


    Hat das schon mal jemand von euch gelesen? Würde mich gerne darüber austauschen, da mir der Inhalt doch sehr zu denken gibt.


    leseliese

    :leserin:<br />Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Ja, ich habe das mal vor einiger Zeit gelesen.


    Müsste es wieder rauskramen und noch mal überfliegen.

    Derweil könntest Du mal erzählen, was Dich da so nachdenklich gemacht hat.


    Ich denke allerdings auch, dass sie nur von/für eine bestimmte Schicht türkischer Immigranten spricht, also nicht für "die Türken in Deutschland".


    Mich hat u. a. irritiert, dass in den Familienkonstellationen, die sie beschreibt, ALLE unglücklich sind (bis auf die Schwiegermutter vielleicht, die jetzt ihr früheres Unglück kompensieren kann). Müsste man dann nicht mal einen Familienrat einberufen und überlegen, wie die Situation für ALLE besser wird?


    Dann fällt mir noch ein, dass sie ja vorwiegend "einfache" Menschen beschrieben hat, die evtl. kulturell geprägt, aber auch situationsbedingt, sehr auf alltägliche Pflichten in der Familie (arbeiten, Hausarbeit, Kindererziehung) fixiert sind.
    Ich denke, sie erwartet da etwas zu viel, wenn sie von diesen Menschen eigenständige Informationsbeschaffung und Integrationsbemühungen verlangt.


    Ich kenne genug "deutsche" Familien (arbeitender Vater, "Hausfrauenmutter") in ähnlichen Situationen, die auch oft sagen, "das geht mich doch nichts (mehr) an" - sei es nun Tagespolitik, oder Computer-/Fremdsprachenkenntnisse (rudimentäres Englisch), Handybenutzung über das reine Telefonieren hinaus...


    Und das kann ich voll nachvollziehen, weil man all diese Dinge u. U. "in der Gesellschaft", nicht aber im eigenen Mikrokosmos braucht.



    LG von Susan

  • Hallo Susan!


    Schön, dass sich noch jemand gefunden hat, der das Buch auch gelesen hat!


    Fandest du es nicht befremdlich, wie untergeordnet die türkisch-muslimische Frau lebt? Und besonders krass finde ich das Frauen- und Ehebild im Islam. :entsetzt:


    Mir war nicht klar, dass die Mädchen und Frauen, die hier in Deutschland leben, so eingeschränkt werden und kaum etwas von deutscher Seite getan wird, um ihnen zu helfen. Ich war früher auch eher der Mulit-Kulti-Vertreter, aber da hat sich bei mir schon etwas geändert.


    Glaubst du, dass in einer patriarchisch/autokratisch "regierten" Familie ein Familienrat zustande kommt? Ich bezweifel, dass da eine Änderung aus dem Inneren heraus stattfinden kann. Da wäre dann meiner Meinung nach die türkische Community gefragt etwas für die Integration zu unternehmen. Schließlich haben doch die jungen Türken darunter zu leiden. Keine Abschlüsse, keine Ausbildung, schlechtes Image.


    Hast du persönlich Kontakt zu Türken? Ich hatte früher nur mal drei Mitschüler. Die zwei Mädchen sind dann nach irgendwelchen Ferien in der 7. oder 8. Klasse nicht wiedergekommen aus der Türkei. Sie wurden dort verheiratet... Keiner unserer Lehrer hat da irgendetwas zu gesagt.


    Bei mir bleibt die Frage, was man tun kann?


    lesliese

    :leserin:<br />Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Also,was mich oft irritiert, ist die Selbstsicherheit, teilweise das aggressive (nicht: gewalttätige) Durchsetzen der eigenen Interessen bei türkischen Mädchen.
    Viele, natürlich nicht alle, "deutschen" Mädchen haben da viel größere Hemmungen, sich z. B. gegen Autoritätspersonen aber auch Freunde/Fremde zu behaupten.


    Viele Türken die ich (flüchtig) kenne oder sehe kämpfen verbissen für ihre Meinung, ihr "Recht" in Alltagssituationen (Gruppe im Sportunterricht, Bestellung falsch mitbekommen und so) mit fordernder Aggressivität, wo die meisten Deutschen, die ich kenne, meist aus Höflichkeit oder weil es nicht so wichtig ist, nichts sagen würden.
    Ehrlich, deutsche Meckerziegen (Reklamation!!! MEIN Recht!) sind mir auch unsympathisch.

    Ich frage mich: Woher kommt dieser Mut, Dieses absolute Selbstvertrauen, wenn man zur Unterwürfigkeit erzogen wurde?


    Das wurde ich nämlich z. T. auch und bei mir ist eher eine Scheu geblieben, für mich einzutreten, andere mit meinen Problemen zu belästigen.

  • Vielleicht weil die anderen "Ungläubige" sind und damit ja noch weniger wert sind als sie selbst als muslimische Frauen/Mädchen?


    Und vielleicht sind das auch all die unterdrückten Aggressionen, die sie zu hause nicht ausleben dürfen, da dort dem Vater und dem großen Bruder zu gehorchen ist? Bzw. treten wir eben nicht so autoritär auf und sie haben keinen Respekt vor uns.


    Ach, mir fällt soeben doch eine Türkin ein, die ich vor kurzem erst kennengelernt habe. Sie wirkte auch sehr selbstbewußt und in ihren Statements vehement. Sie selber meinte, dass würde auf uns nur so wirken, da sie eben viel emotionaler sei. Wir Deutschen seien ja immer so zurückhaltend. Trotzdem hatte sie bis vor kurzem sehr nach den Regeln ihrer muslimischen Familie gelebt (so wie von Necla Kelek beschrieben). Sie hat sich erst nach der Scheidung mit über dreißig ein wenig verändert.


    Vielleicht scheinen manche Dinge nur für uns so, aber sind im Grunde ganz anders.


    Ich bin auch eher zurückhaltend, aber das liegt auch daran, dass ich Respekt vor allen anderen Menschen und Rücksichtnahme gelernt habe. In der islamistisch-muslimischen Kultur wird ja anscheinend viel dem Familien- und Gemeinwohl unterstellt. Der Einzelne zählt weniger. Außerdem wollen sie laut Kelek ja auch den Regeln des Korans gehorchen und diese überall umsetzen, um als besonders gute Muslime vor der Familie und Gemeinde dazustehen. Insbesondere Mädchen/Frauen würden dies tun, um mustergültige Koranschülerinnen zu sein. Denn dann bekommen sie mehr Freiheit. Deswegen würden ja auch viele intelligente Mächen/Frauen freiwillig Kopftuch tragen. Sie "erkaufen" sich Anerkennung und Freiheit. :sauer:


    Das Denken und Handeln ist so anders als in unserer Kultur, dass man es schwer nachvollziehen kann.

    :leserin:<br />Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher