Mark Childress - Abgebrannt in Mississippi

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    Daniel Musgrove ist in seinem Leben schon unzählige Male umgezogen, wie es ihm scheint. Der Beruf seines Vaters, der als Vertreter bei einer Chemiefirma arbeitet, verlangt das. Doch ein Umzug wird der Familie unvergesslich bleiben, nämlich der nach Mississippi, als der Umzugslaster mit fast allen Habseligkeiten der Familie mitten auf der Straße abgebrannt ist.


    Das könnte man als Vorzeichen für das turbulenteste Jahr in Daniels bisherigem Leben werten.


    Als "Yankee" wird Daniel in seiner neuen Klasse kräftig veräppelt. Zum Glück gibt es den cleveren und witzigen Einzelgänger Tim Cousins, mit dem er sich anfreundet. Zunächst erleben die beiden die üblichen Highlights im Leben amerikanischer Teenager: durchgeknallte Lehrer, Aufregung um den Schulball, Stunk mit den Eltern ...


    Doch auf dem Schulball geschieht etwas, das es im konservativen Süden noch nie gegeben hat: ein schwarzes Mädchen, Arnita Beecham, wird zur Ballkönigin gewählt. Die im Alltag so unscheinbar wirkende Arnita raubt Daniel schier den Atem.


    Auf dem Heimweg vom Ball gibt es einen Unfall, Tim und Daniel fahren versehentlich Arnita auf ihrem Fahrrad an, rufen einen Krankenwagen und machen sich aus dem Staub.


    Dass Arnita überlebt, beruhigt Daniels Gewissen nur teilweise. Er besucht auf Drängen seiner Mutter Arnitas Familie, hilft beim Rasenmähen und Haus anstreichen und ist auch dabei, als Arnita aus dem Krankenhaus entlassen wird. Da beginnt eine "rassengemischte" Beziehung, die 1973 in Mississippi auf sehr großes Unverständnis stoßen würde und deshalb vorerst geheim bleiben muss. Auch Tim kommt mit dem Gedanken nicht so recht klar, dass Daniel sich in eine Schwarze verliebt hat...


    Thematisch zunächst ein typischer Coming-of-Age-Roman aus der Zeit, in der sich die Rassenproblematik in den USA zu wandeln beginnt. Aber in dem Buch steckt noch mehr als das. Childress hat wunderbar skurriles Personal - Daniels verkrüppelten Großonkel, die hässlichen, aber gutherzigen Frillinger-Zwillinge, den verhinderten Musicalkomponisten Eddie und die durchgeknallte Mathelehrerin Mrs. Passworth. Herrlich verrückt sind die Szenen, in denen Tim und Daniel einer christlichen Band beitreten, die ein reichlich schräges Jesus-Musical probt, oder Mr. Musgroves Art, mit seiner Entlassung umzugehen. Das Buch kippt zum Ende hin von der Komödie ins Tragische, was man vorausahnen kann, mich dann aber doch schockiert hat.


    Ein Manko der deutschen Fassung ist allerdings die Übersetzung, mit der ich gar nicht zufrieden war. Da werden englische Begriffe zwanghaft eingedeutscht, die auch im deutschen Sprachraum bekannt sind, während vieles andere einfach auf englisch stehenbleibt, wofür mit etwas gutem Willen sicher eine Übertragung ins Deutsche hätte gefunden werden können :sauer:


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Dieses Buch hat mich überrascht. Nach dem Klappentext und dieser Rezi hatte ich eine unbeschwerte Geschichte erwartet, und diese Erwartung wurde lange Zeit auch erfüllt. Der Humor, der sich durch die ganze Geschichte zieht, trug einen guten Teil dazu bei und die Charaktere sind jede für sich bemerkenswert und wunderbar vielfältig.


    Die Sprache des Buches ist recht einfach gehalten, streckenweise las es sich wie ein Buch für Jugendliche. Das Thema Diskriminierung tauchte immer wieder auf, und nicht nur in Bezug auf das Rassenproblem in den Südstaaten der USA. Allerdings fand ich es eher lax abgehandelt und vermisste die Ernsthaftigkeit, bis plötzlich eine überraschende und für mich unerwartete Wendung eintrat, die deutlich machte, dass die vorherigen unwichtig erscheinenden Ereignisse für das Ende des Buches von großer Bedeutung waren. Unvermittelt war die vermisste Ernsthaftigkeit da, in einem Ausmaß, in dem ich es über drei Viertel des Buches nie erwartet hätte.


    Eine schöne Geschichte über die Sorglosigkeit und das abrupte Ende einer Jugend.


    4ratten

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    Mark Childress bisherige Bücher haben mir alle ziemlich gut gefallen, mein Favorit war aber „Verrückt in Alabama“, wegen seiner gelungene Mixtur aus Humor und ernsten Rassenproblemen. Mit „Abgebrannt in Mississippi“ hat er nun ein weiteres Buch vorgelegt, dessen Klappentext eine ähnliche Thematik verspricht.


    Die 1970er Jahre: Daniels Vater arbeitet als Vertreter und jedes Mal, wenn er einen neuen Bezirk bekommt, zieht die Familie um. Diesmal verschlägt es sie nach Mississippi und an Daniels neuer Schule gibt es ab diesem Schuljahr auch schwarze Schüler, was Daniel als Yankee allerdings relativ unbeeindruckt lässt. Als er sich dann aber in ein schwarzes Mädchen verliebt, merkt auch er, wie problematisch die Situation eigentlich ist.


    Vordergründig geht es um eine ziemlich verrückte Familie, mit ungewöhnlichen Mitgliedern und Ideen und um eine gemischtrassige Beziehung. Irgendwann wird einem aber klar, dass das nur die Oberfläche ist, unter der noch ganz andere Dinge brodeln und am Ende nimmt die Geschichte eine dramatische und überraschende Wendung, die einen ein wenig beklommen zurücklässt. Lustig ist da plötzlich nichts mehr, sondern stattdessen viel aktueller als man es sich wünscht.


    Mir hat dieses Buch leider nicht ganz so gut gefallen, wie ich es gehofft hatte, ich bin Hauptfigur Daniel mit seinen pubertären Problemen nicht so nah gekommen, wie ich es für ein wirklich gutes Buch gebraucht hätte. Trotzdem würde ich es weiterempfehlen, einfach weil es Childress gelungen ist, eine Menge Tiefgründigkeit unter einer amüsanten Oberfläche zu verstecken.


    4ratten